Shinobi von Perro (One-Shot Collection) ================================================================================ Kapitel 3: ~°~ Sins ~°~ ----------------------- STORY 3 - SINS ~°~°~°~ Was ist Schicksal? Ist es der von Konoha geliebte Wille des Feuers, ein innerer Funke, der uns antreibt, zusammenhält und schließlich an die nächste Generation weitervererbt wird? ~°~°~°~ Ein greller Blitz zuckte weiß und blau über den Nachthimmel und zeichnete die Welt für einen Moment in scharfe Kontraste. Dann folgte der Donner wie die Stimme einer Bestie, ein wildes Kreischen, ein lauter Knall, der über alles hinweg rollte und es verschlang. Neji stand regungslos im Innenhof des Hyuuga-Anwesens und ließ das Unwetter auf sich einwirken. Es traf etwas in seiner Seele, ließ sein Innerstes erzittern. Mit angehaltenem Atem lauschte er auf den tosenden Lärm und durch geschlossene Augen sah er das grelle Licht des Blitzes. Andere Menschen suchten Schutz bei einem solchen Sturm. Kinder versteckten sich zitternd unter ihren Bettdecken, Erwachsene verbarrikadierten ihre Wohnungen, doch Neji suchte die Nähe zum Gewitter. Es machte seinen Kopf von all den schweren Gedanken frei, die ihn immer wieder quälten. Es lenkte ihn von der Tatsache ab, dass er sein Leben mit Gewalt gegen die Wand fuhr und nichts dagegen tun konnte... Laub wirbelte aufgebracht um seine Füße. Der Wind riss an seinen schwarzen Haaren und an seinem blütenweißen Seidengewand, das er bis zur Hüfte geöffnet hatte. Der elektrisch geladene Sturm kribbelte auf der nackten Haut seines Oberkörpers, gestählt und vernarbt von unzähligen Missionen und Kämpfen. Auch das Mal auf seiner Stirn prickelte als ständige Erinnerung an sein Schicksal als Diener. Neji wünschte, es würde ihm richtige Schmerzen bereiten und in die Knie gehen lassen. Wenn es tatsächlich dafür da war, dass er gehorsam blieb und sein Leben für den Schutz der Hauptfamilie gab, warum bestrafte es ihn dann nicht? Warum ließ es ihn sündigen? Hinter ihm schob sich langsam eine Papiertür des Anwesens auf. Neji ließ die Augen geschlossen, ließ das stürmende Laub gegen seinen Körper peitschen, ließ das Unwetter in ihm beben. Er tat so, als hätte er nicht die leisen Schritte auf der Veranda gehört. Erste Tropfen fielen aus den unruhigen Wolken und besprenkelten sein in den Himmel gerichtetes Gesicht. „Neji?“ Ein paar gehauchte Worte gegen den Sturm. „Was machst du da?“ Der schwache Regen wurde schnell zu einem prasselnden Niederschlag, der die ganze Welt zu ertränken versuchte. In Sekunden hatten sich Pfützen im Innenhof gebildet, war das Laub wie von wässrigen Nadeln gegen den Boden gepinnt, flossen Sturzbäche von dem Überdach der Veranda. Auch Neji war durchnässt bis auf die Knochen. Sein schwarzes Haar klebte ihm im Gesicht und ihm war kalt, so verdammt kalt. Es tat gut sich so elend zu fühlen... „Neji? Komm rein, du wirst ganz nass...“ Wieder die Stimme, die seinen Verstand peinigte und sein verräterisches Herz schneller schlagen ließ. Er versuchte sich wieder in dem Gewitter, den hellen Blitzen und dem kreischenden Donner zu verlieren, doch der Moment war verflogen. Die Stimme hatte ihn zurück in die verdrehte Wirklichkeit zurückgeholt. Neji drehte sich um und sah den Grund für sein Leid auf der Veranda: Hinata Hyuuga, barfuß und umhüllt von ihrem samtenen Schlafkimono. Mit traurigen Augen blickte sie durch das Geflecht von Regentropfen zu ihm herüber. Ihre Kleidung war ein Stück von der Schulter gerutscht und entblößte den Ansatz ihres milchweißen Nackens. Hinter ihr war das Zimmer von ein paar Kerzen erleuchtet, gerade hell genug um die Umrisse des zerwühlten Futons auszumachen. „Das ist alles falsch“, knurrte Neji. Hinata sah ihn einfach nur an mit ihren großen traurigen Augen. Sie sah so zerbrechlich aus, dass er sie umarmen und beschützen wollte, dass er sie wegstoßen und in kleine kristallene Splitter schlagen wollte. Er hasste sie. Oder war es Liebe? Manchmal gab es dabei kaum einen Unterschied. „Komm rein, Neji... Du wirst noch krank“, wiederholte Hinata. „Bitte...“ Neji schüttelte den Kopf, doch seine Beine bewegten sich von alleine, folgten ihrer Stimme gefügig ins Zimmer, als hätten sie ein Eigenleben entwickelt. Wie immer war er nur eine Schachfigur in dem makaberen Spiel des Schicksals. Er wollte sich wehren, wollte im Regen stehen bleiben und sich schlecht fühlen und sich selbst bestrafen, doch er konnte einfach nicht. Etwas in ihm wollte es auch gar nicht. Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wurden die Geräusche des Gewitters leiser, seine tobenden Gedanken dafür schienen gegen seine Schädeldecke zu schreien. Das Zimmer lag im Zwielicht, die Möbel waren nur zu erahnen. Im schwachen Schein der Kerzen war Hinata nicht mehr als ein Schatten. Das einzig wirklich Deutliche war der kleine goldene Ring auf ihrem Nachtschränkchen, von dem sich das Licht der Flammen brachen. Der Verlobungsring. Von Naruto. „Das muss aufhören“, sagte Neji, die Augen auf das Symbol von Narutos Liebe gerichtet. Wie oft er schon diese Worte ausgesprochen hatte und wie oft er sie wieder brach... Er wollte das alles nicht, doch er konnte sich auch nicht dagegen wehren. Irgendetwas zog ihm jedes Mal zurück zu seiner Cousine, die er genauso quälte wie sich selbst. Sie konnte nicht Nein sagen, hatte es noch nie gekonnt und war damit genauso wie er in ihrem schrecklichen Schicksal gefangen... „Warum höre ich nicht einfach auf?“, fragte er sich selbst. „Neji...“ „Warum sagst du mir nicht, dass ich aufhören soll?“, tobte er. „Warum gibst du Naruto nicht endlich deine Antwort? Warum heiratest du ihn nicht endlich, damit das alles endet?“ Hinata kam ein paar vorsichtige Schritte auf ihn zu, eine Göttin in Weiß, unschuldig wie Schnee, bis er sie besudelt hatte. Warum konnte er nicht damit aufhören, woher kamen die unsichtbaren Fäden, die ihn gegen seinen Willen tanzen ließen? Die Verbindung zu seiner Cousine war nicht zu lösen, war krank und so dermaßen falsch. Er verstieß gegen jede Moral, gegen die Regeln seines Clans, sogar gegen das Gesetz. Er sündigte. Donner brüllte wieder, einmal, zweimal. Neji drehte seinen Kopf zur Seite. Ein anderes Geräusch hatte sich zwischen den Lärm des Gewitters gedrängt und geisterte in seinem Gehör, lenkte ihn von Hinata ab, von dem Ring und seinem ganzen gespaltenen Wesen. Ein seltenes Lächeln wehte über seine Lippen. „Endlich...“ Auch Hinata hatte inzwischen bemerkt was sich im Innenhof abspielte und verkrallte ihre Hände zitternd in ihrem Gewand. „Neji... Nicht...“ Doch er hörte nicht auf sie, ging zurück zur Tür und riss sie mit einer Wucht auf, die sie aus den Angeln fliegen ließ. Eisiger Wind fegte ins Zimmer, riss ihm die Kleidung von den Schultern und löschte mit einem sachten Zischen sämtliche Kerzen. Im Innenhof standen zwölf Shinobi, die Kunai und Schwerter gezückt, ihr Chakra abrufbereit in ihren Körpern zirkulierend. Von ihren weiß-roten Keramikmasken perlte der Regen herab wie vergossene Tränen. „Neji Hyuuga“, sagte einer der ANBU emotionslos. „Wir müssen Sie bitten mit uns zu kommen. Sie sind festgenommen!“ Neji nickte und schritt würdevoll über die Veranda hinein in den Sturm. ~°~°~°~ Was ist Schicksal? Ist es irgendein Gott, der uns wie Spielfiguren über das Antlitz der Erde schiebt? ~°~°~°~ Man ließ ihn allein mit der Dunkelheit und seinen Gedanken. Er wusste nicht wie lange er in seiner Zelle saß, vielleicht Stunden, vielleicht Tage. Das einzige Geräusch in all der Zeit war das schwache Klirren der Ketten, die seine Arme an der Wand hielten, und hin und wieder das Schaben der Türklappe durch die ihm Nahrung zugeschoben wurde. Wie war es nur dazu gekommen? Wann hatte es angefangen, dass er vom Schicksal geführt und in diesen Abgrund gestoßen worden war? Er dachte an Hinata und es bereitete ihm ein seltsames Gefühl der Befreiung nun zumindest von ihr losgerissen zu sein. Zumindest körperlich losgerissen, denn in seinem Kopf steckte sie immer noch so fest wie er in seinem Gefängnis. Er glaubte TenTens Flüstern in der Dunkelheit treiben zu hören: „Es tut mir Leid, Neji... Ich wollte dich nicht so verlassen...“ Ja, wahrscheinlich hatte es mit ihr angefangen. TenTen war immer an seiner Seite gewesen, hatte ihn besser verstanden als jeder Andere und ihm bei allem unterstützt. Als sie von einer Mission nicht mehr zurückgekehrt war, hatte etwas in ihm Sprünge bekommen und als Lee so schwer verletzt worden war, dass er das Leben als Shinobi aufgeben musste, war es endgültig zerbrochen. Danach war er nur noch geleitet worden: von Sensei Gai, vom Clan, von seinen Missionen, dem Schicksal und schließlich dem Wein, der ihn in Hinatas Zimmer und ihr Bett geführt hatte... Die Tür zu seiner Zelle schob sich knirschend auf. Neji blinzelte gegen das plötzlich eintretende Licht und brauchte eine Welle, bevor er Naruto im Eingang erkennen konnte. Der blonde Chaosninja und inzwischen Siebter Hokage von Konoha stand einfach nur da, die blauen Augen eine tobende See aus Wut und Trauer. „Warum, Neji?“, fragte er leise. Neji hätte beinahe gelacht. „Schicksal...“ „Immer wieder das gleiche dumme Gerede von dir!“, brauste Naruto auf. „Weißt du, was du getan hast? Ein Verhältnis mit Hinata! Deine Cousine, eine Frau aus der Hauptfamilie! Meine Verlobte!“ Ein Teil von Kyuubi schien in ihm zu toben und blutete rot in seine blauen Augen. Neji seufzte und lehnte den Hinterkopf gegen die Wand. „Wärst du genauso wütend, wenn es jemand anderes gewesen wäre?“ „Es geht hier nicht nur um dich und mich!“, schrie Naruto. Seine Stimme hallte mehrfach von den Wänden wieder wie ein Echo und vertrieb TenTens geisterhafte Präsenz. „Du hast die Regeln gebrochen! Dein Clan verbietet eine Verbindung zwischen Zweig- und Hauptfamilie! Sie verlangen eine Bestrafung, sie verlangen deinen Kopf! Als Hokage kann ich das nicht einfach übersehen!“ Endlich entzündete sich auch ein Funken Wut in Neji. Es war seit Tagen das erste wirkliche Gefühl in ihm und er umarmte es gierig und fachte es weiter an. „Du wolltest die Regeln ändern! Du hast gesagt, wenn du Hokage wirst, änderst du die Hyuuga!“ „Du hättest mir mehr Zeit geben müssen!“, brüllte Naruto und hämmerte seine Faust gegen die Wand. „Und selbst dann hätte es nicht entschuldigt, was du hinter meinem Rücken mit Hinata getrieben hast! Ich liebe sie, du Idiot!“ „Ich wollte das nicht...“ „Ach, dann war es mal wieder das Schicksal, nicht wahr?“, spie Naruto. „Oder noch besser: Hinata war Schuld an der ganzen verdammten Situation! Verdammt, Neji, der Clan will sie auch bestrafen!“ Jegliche Energie schien plötzlich aus Naruto zu weichen und hinterließ einen gebeugten Körper, der unter dem Druck seines Amtes zu zerbrechen drohte. Kraftlos ließ er sich an der Wand herabrutschen, so dass er Nejis Position nachzuahmen schien. „Warum habt ihr das nur getan?“ „Es ist einfach passiert...“ „Liebst du sie?“, fragte Naruto nach einer Weile matt. Neji schloss die Augen und dachte lange über diese Frage nach. Liebte er Hinata? Vielleicht... Doch es spielte eh keine Rolle mehr für ihn, denn sein Leben war verwirkt. Der Hyuuga-Clan würde auf sein persönliches Recht bestehen einen der Ihren mit dem Tod zu bestrafen. Eigentlich gab es nur noch eine Sache, die er tun konnte... „Ich liebe sie nicht“, antwortete er. „Und sie wollte es nicht. Doch du kennst sie ja gut genug. Sie kann einfach nicht Nein sagen. Es war das Gleiche, als hätte ich sie gezwungen.“ Narutos Faust kollidierte mit seinem Gesicht und riss ihm die Lippe auf. Als Neji die Augen öffnete, stand der Siebte Hokage schwer atmend über ihm und starrte ihn an als suche er etwas in seinem Gesicht. „Du lügst“, murmelte er mehr zu sich selbst als zu ihm. „Trotzdem solltest du die verdammte Klappe halten!“ Neji versuchte sich das Blut vom Kinn zu wischen, doch seine gefesselten Hände reichten nicht so weit. So wie er sein ganzes Leben lang nie das erreicht hatte, nach dem er zu greifen versuchte... „Lass mich allein, Naruto... Ich bin müde...“ Doch Naruto machte keine Anstalten zu gehen. Stattdessen trat er sogar noch näher und hantierte für ein paar Sekunden an den Ketten herum, bis die Handschellen mit einem lauten Klicken aufschnappten. Neji rieb sich verwirrt die aufgescheuerten Handgelenke, während er sich von Naruto sein Stirnband abnehmen ließ. „Verschwinde“, knurrte der Hokage. Mit grimmigem Gesicht starrte er für endlose Sekunden auf das Stirnband. Dann zog er plötzlich ein Kunai aus seinem Waffenhalter und kratzte einen breiten Strich über die Metallplatte mit dem Blattsymbol des Dorfes. Das Zeichen eines Verstoßenen. Nuke-Nin. „Verschwinde! Und komm niemals wieder!“ „Naruto“, murmelte Neji überrascht. Der Hokage grinste düster. „Glaubst du immer noch an das Schicksal? Hattest du den Tod erwartet? Ich treffe meine eigenen Entscheidungen und lasse mich von nichts und niemandem leiten! Wenn auch du das nur eingesehen hättest...“ „Der Ältestenrat wird dich damit niemals durchkommen lassen...“ „Offiziell bist du geflohen“, erklärte Naruto ruhig. Er drehte das Kunai seelenruhig in seiner Hand, bis sich die Spitze auf seinen eigenen Körper richtete. „Du hast mich überwältigt...“ „Naruto! Hör auf! Das bin ich nicht wert!“, schrie Neji, als er den Plan seines ehemaligen Freundes erkannte. Doch es war bereits zu spät. Mit aller Kraft, die Naruto aufbringen konnte, rammte er sich die Klinge seiner Waffe in die eigene Schulter. „Verschwinde!“ ~°~°~°~ Was ist Schicksal? Spinnt es sich selbst - Ein Teppich aus Lebensfäden, die sich in den verschiedensten und unverständlichsten Wegen miteinander kreuzen? ~°~°~°~ Der Wald um Konoha war vollkommen still. Ein paar Sterne blitzten zwischen den Blätterkronen der Bäume hindurch und warfen ihr kühles Licht auf den Pfad vor Nejis Füßen. Noch immer hielt er sein zerkratztes Stirnband in der Hand, das Zeichen seines Exils, seiner Sünde. Naruto hatte ihn verschont und ihm gegeben, was er schon immer zu wollen geglaubt hatte. Sämtliche Ketten und Verpflichtungen waren von ihm abgefallen als er zum Abtrünnigen geworden war – die Missionen, der Clan, Hinata. Hatte das Schicksal für ihn ein Leben in Einsamkeit vorgesehen? Oder hatte sich Naruto tatsächlich ein weiteres Mal gegen die Bindungen des Schicksals gewehrt und sie zerschlagen? War es möglich seinen eigenen Weg zu bestimmen? TenTens Wärme schien ihn zu umfangen, als er immer tiefer in den Wald eindrang. Seine Gedanken kehrten häufig zurück zu Hinata, die ohne ihn nun hoffentlich ein besseres Leben führen würde. Er fühlte sich schrecklich entzwei gerissen bei der Vorstellung sie nie wieder zu sehen. Seine Beziehung zu ihr hatte ihn in den Abgrund gestoßen, in dem er sich nun befand. Doch hatte er sie geliebt? Ja, vermutlich schon... Glück und Verzweiflung lagen so dicht beieinander... „Der Weg führt nur nach vorne“, flüsterte Neji in die Finsternis, während er sich das Stirnband eines Nuke-Nin anlegte. „Es gibt kein Zurück mehr...“ Neji Hyuuga war frei. Doch eine bedrückende Traurigkeit begleitete ihn, als er durch die Stille des Waldes schritt. ~°~°~°~ Vielleicht ging es nie um das Schicksal... ~°~°~°~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)