Es hätte alles so einfach sein können... von AkiProductions (Glaube an dich selbst!) ================================================================================ Kapitel 5: Wisch die Tränen weg, die Welt ist wundervoll! --------------------------------------------------------- Yuseis POV Der Laptop vor mir ratterte leise vor sich hin, während ich kurz vor einer Verzweiflungstat stand, was durch verschiedenste Gründe hervorgerufen wurde. Genervt zwickte ich mir in den Nasenrücken. Bloß nicht drüber nachdenken! Meine Augen wanderten erneut über den mit Zahlen übersäten Bildschirm, suchten nach dem Fehler, der sich in mindestens einen der Befehle eingeschlichen hatte. So saß ich jetzt schon seit Stunden da: Mit krummen Rücken an dem Schreibtisch in meiner Werkstadt, den Kopf in die Hände gestützt, die Augen weit aufgerissen. Dabei sah ich eigentlich nichts von dem, was mir gegenüber war und meine Aufmerksamkeit in jeder anderen, normalen Situation auf sich gezogen hätte. Mir schwirrte nur ein Gesicht im Kopf herum. Eine Woche war seit dem kleinen Zwischenfall vergangen und Aki hatte sich mehr und mehr in mein Zimmer zurückgezogen. Ihre Eltern hatten bei uns angerufen, gefragt, wie es ihr ginge und uns schließlich darum gebeten, ob es möglich wäre, dass Aki noch etwas länger bei uns bleiben könnte. Natürlich war das für uns kein Problem, doch Aki hatte sich nur schwer überzeugen lassen. Erst nachdem Crow ihr immer wieder eingeredet hatte, dass wir es unmöglich verantworten könnten, sie in ihrem immer noch geschwächten Zustand alleine bei ihr Zuhause zu lassen, hatte sie widerstrebend eingewilligt. Nach einem weiteren Gespräch mit ihrer Mutter hatte ich mich heute mit dieser geeinigt, Aki noch eine volle Woche bei uns zu behalten. Crow war erneut zu ihr gegangen, doch die wie befürchtet heftige Reaktion war ausgeblieben. Laut seiner Berichterstattung hatte sie nur müde genickt, sich aufs Bett geworfen und die Wand angestarrt. Wenn ich den Erzählungen von Jack und Crow glauben schenken konnte, tat sie das meistens. Ich selbst hatte keine Ahnung, wie sie reagierte. Ich hatte ja striktes Zimmerverbot! Den Grund dafür hatte ich auch nach wiederholtem Nachfragen noch immer nicht gesagt bekommen. Das Einzige, was Crow tat, war, mir jeden Tag, wenn er von der Arbeit kam, mit der gleichen Frage auf die Pelle zu rücken. Das würde auch heute nicht anders sein. Deshalb seufzte ich tief, als ich ihn ins Zimmer kommen hörte. „Warst du bei ihr im Zimmer?“, fragte er gereizt, legte seinen Helm ein Stück weit entfernt von mir auf ein Regalbrett und ging direkt weiter Richtung Küche, was seinem alltäglichen Ritual voll und ganz entsprach. „Hallo Crow, freut mich auch, dich zu sehen“, flüsterte ich sarkastisch und fügte schließlich lauter hinzu, „Nein! Warum fragst du mich das eigentlich ständig? Sie will es nicht, und basta!“ Ich hörte ihn laut auflachen: „ Du weißt doch, Alter: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ Genervt stöhnte ich und widmete mich wieder meiner Arbeit. Es war früher Abend, und ich knobelte jetzt schon fast den ganzen Tag an diesem Problem. Allmählich verschmolzen die Zahlen miteinander und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, müde wie ich war. „Ich glaub, ich brauch ne’ Brille.“, nuschelte ich und gähnte herzhaft. Crow setzte sich mit einem schnell zubereiteten Sandwich auf die kleine Couch an der einen Seite des Raumes und sah mich grinsend an. „Wie wär’s erstmal mit einer ordentlichen Portion Schlaf?“ „Ich würde ja schlafen, wenn unsere kleine Missy nicht mein Bett blockieren und mich nicht dazu zwingen würde, auf diesem unbequemen Ding da“ –ich fuchtelte angewidert mit der Hand Richtung Couch –„ schlafen zu müssen!“ Mit diesen Worten flog erneut die Türe auf und Aki (man höre und staune!) schlurfte in den Raum. Um ehrlich zu sein: Sie sah furchtbar aus! Sie trug eine weite Jogginghose und ein schwarzes, eng anliegendes Langarmshirt, was ihr beides sehr gut stand, auch wenn es ein sehr legerer Stile war, den noch lange nicht jeder tragen konnte. Doch wenn man ihr ins Gesicht schaute, überdachte man seine Meinung von dem „verdammt hübschen Ding“ noch einmal. Ihr Gesicht war aschfahl, unter den kleinen Augen mit den dick geschwollenen Lidern lagen tiefe, dunkle Ringe. Es tat mir im Herzen weh, sie so zu sehen, doch ich hielt meinen Mund. Ihre Einstellung mir gegenüber hatte sich von Grund auf geändert: Während sie vor noch einer Woche mir unheimlich nervös und unsicher entgegengetreten war, strafte sie mich nun mit purer Abneigung. WENN ich sie dann einmal sah, bekam ich direkt mehrere bissige Bemerkungen an den Kopf geworfen. Am Anfang hatte ich es noch geschafft, diese zu überhören, doch sie ließ nicht locker und versuchte immer wieder, mich zu reizen. Mit Erstaunen hatte ich festgestellt, dass man einen befriedigten Ausdruck in ihren Augen erkennen konnte, wenn ich selber auch lauter wurde und zurückschlug; wenn es das war, worauf sie hinaus wollte, konnte sie so viele Auseinandersetzungen haben, wie sie ertragen konnte. Heute schaute ich noch nicht mal mehr von meinem Bildschirm auf, und auch sie würdigte mich keines Blickes. Dennoch startete der bereits vorprogrammierte Schlagabtausch zwischen uns beiden fast augenblicklich. „Das hab ich gehört!“, murmelte sie, als sie durch die Werkstadt in Richtung Küche stapfte. „Soso, eine „Missy“ bin ich also…“ „War auch so beabsichtigt!“, schlug ich zurück, ohne näher darauf einzugehen. Allerdings war ich nicht so richtig bei der Sache. „Ach, so was, wenn die anderen wüssten, dass unser Gentleman so UNHÖFLICH sein kann.“ In der Küche erklang ein lautes Scheppern, gefolgt von einem noch lauteren Fluchen. „Wenn die Menschheit wüsste, dass die neue Musterschülerin und Superduellantin fluchen kann wie ein Bierkutscher…“, rief ich mechanisch zurück. „OHHH!“, rief sie laut, trat aus der Küche zurück zu uns in den Raum und somit in mein Blickfeld. Gespielt theatralisch klappte sie die Kinnlade herunter und legte eine Hand auf ihre Brust. „Der Herr, der noch nie eine Schule von innen gesehen hat und in seinem bisherigen Leben keinerlei Unterricht mitverfolgen konnte, bezeichnet MICH als Musterschülerin und wagt es, mir auf diese plumpe Art zu drohen…?!“ „Du hast angefangen!“ Ich stand auf und reckte mich. Dabei spürte ich ein unangenehmes Ziehen in meinem Rücken, was mich sofort die Arme zurückziehen ließ und mir ein schmerzvolles Ächzen entlockte. „Sieh dich doch mal an.“, giftete Aki und blickte mir direkt ins Gesicht, ihre Augen besaßen plötzlich wieder eine Spur von Lebendigkeit. „Du sitzt den ganzen Tag an dieser Kiste und suchst nach einem mehr als offensichtlichen Fehler! Was ist eigentlich mit dir los? Du wirkst nur noch wie eine Maschine, die dazu gezwungen wird, zu existieren und Arbeiten zu verrichten. Für uns bist du in dieser Zeit fast unansprechbar! Dabei verlangt noch nicht einmal jemand von dir, dass du dich ausschließlich um uns bemühst. Aber wie sieht’s denn eigentlich mit deinem eigenen Leben so aus? Wann hast du zum letzten Mal etwas nur für dich alleine getan, völlig ohne Hintergedanken, wie du es gleichzeitig einem von uns Recht machen könntest?“ Verwirrt wanderte mein Blick von ihr zu Crow, und wieder zurück, bis er schließlich an meinem PC hängen blieb. „Offensichtlicher Fehler?“, knirschte ich ausweichend und ließ mich sofort wieder auf den Stuhl vor dem Rechner sinken. Ich hörte Aki aufstöhnen und kurz darauf ein Türknallen. Erleichtert atmete ich aus und lehnte mich zurück, während ich mit den Fingern auf die Tischplatte trommelte. „Du weißt, dass sie Recht hat, willst es aber ihr gegenüber nicht eingestehen?“ Crows Stimme klang ungläubig, fast schon gereizt. „Das geht sie nicht das Geringste an!“ „Und ob es sie was angeht! Ist sie nicht schließlich der Auslöser für deinen derzeitigen Zustand? Beim letzten Mal, als ich dich so gesehen habe, hattest du gerade erfahren, dass Kiryu zu den Dark Signers gehörte. Weißt du noch, wie erleichtert du dich gefühlt hast, als du dich mit ihm ausgesprochen hattest?“ „Das hier ist eine völlig andere Situation!“, presste ich zwischen den Zähnen hervor und kniff die Augen zusammen. Ich hörte Crow aufstehen und öffnete sie sofort wieder. Er stand wenige Schritte von mir entfernt an der Türe, durch die Aki eben entschwunden war, eine Hand hatte er auf die Türklinge gelegt. Ruhig betrachtete er mich, während sich die Stille unangenehm zwischen uns ausbreitete. „Weißt du“, sagte er schließlich, während er die Klinge langsam hinunterdrückte, „Ich habe dich eigentlich immer für wahnsinnig intelligent gehalten, Yusei. Diese Meinung hat sich auch nicht sonderlich geändert. Doch gerade in dieser „völlig anderen Situation“ hätte ich nicht gedacht, dass du die Lösung des Problems, die sich derzeit GENAU vor deiner Nase befindet, scheinbar einfach nicht akzeptieren willst. Es ist kein Rätsel mehr. Das weißt du selber am besten!“ Er lächelte. „Du weißt am besten von uns allen, was du wirklich für diese Lösung in menschlicher Gestalt empfindest. Mach was draus, oder lass es sein! Aber quäl sie nicht so. Es ist an der Zeit, dass du dir mal über einige Sachen klar wirst!“ Damit drehte er sich um und verschwand. Völlig aus dem Konzept gebracht sah ich ihm hinterher. Was meinte er mit „die Lösung nicht akzeptieren“? Als ich auch nach einiger Zeit noch nicht hinter den Sinn seiner Worte gekommen war, stand ich schlecht gelaunt auf, schaltete den Laptop ab und ging zum kleinen Sofa, auf das ich mich schwungvoll fallen ließ. Mühsam wälzte ich mich herum, so dass ich auf dem Rücken lag und gedankenverloren an die weiße Decke starrte. Das unbarmherzige Ticken der Wanduhr zog meine Aufmerksamkeit auf sich, und während ich mir weiterhin den Kopf wegen Crows Worten zermaterte nahm ich kaum wahr, dass es bereits 21:10 Uhr war. Ich ließ meine Augen zufallen und gab mir Mühe, meinem Gehirn die Arbeit zu verbieten. Schon bald wurde ich von der Erschöpfung übermannt und eine dumpfe Dunkelheit zog mich in ihren erbarmungslosen Bann. Als ich aufwachte, war ich fast augenblicklich hellwach. Durch die Fenster hindurch drang kein Licht- es musste wohl noch Nacht sein. Ich setzte mich ächzend auf und überlegte angestrengt, was mich wohl um meinen wohlverdienten Schlaf gebracht haben könnte. Es dauerte eine Zeit, bis ich verstand, dass die erstickten Schluchzer, die aus der Küche zu kommen schienen, wahrscheinlich die Ursache dafür waren. Ich warf die Beine über die Sofakante und stemmte mich hoch. Meine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt und halfen mir nun so gut sie konnten, mir meinen Weg durch die Werkstadt Richtung Küche zu bahnen. Als ich die angelehnte Küchentür erreichte und sie vorsichtig öffnete, weiteten sich meine Augen vor Überraschung. „Aki!?“, flüsterte ich ungläubig. Sie stand mit dem Rücken zu mir am Spülbecken, stützte sich mit den Armen an der Kante ab und hatte den Kopf gesenkt. Wieder und wieder zuckte ihr Körper aufgrund ihrer starken Schluchzer zusammen. Langsam ging ich auf sie zu und blieb unschlüssig hinter ihr stehen. Sollte ich sie beruhigen? Versuchen, sie zu trösten? Sie vielleicht in den Arm nehmen? Bei diesem Gedanke vollführte mein Herz einen unangenehmen Salto. „Was willst du?“, stotterte sie, so gut es ging. Ihre Stimme klang belegt. Sie musste wohl schon eine längere Zeit lang geweint haben. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Vorsichtig hob ich meine Hand an und strich ihr über den Rücken, wobei sie noch stärker zusammen zuckte, als sie es ohnehin schon tat. „Alles klar bei dir?“ Augenblicklich biss ich mir auf die Unterlippe. Was für eine bescheuerte Frage, wenn sie vor mir stand und förmlich in Tränen ertrank! Doch sie tat etwas, was nicht ganz der von mir erwarteten Reaktion entsprach. Mit einem erneuten Aufheulen drehte Aki sich um und warf sich in meine Arme. Nachdem ich mein Erstaunen nach einiger Zeit wieder im Griff hatte, schlang ich ein wenig unbeholfen die Arme um sie und zog sie etwas näher zu mir heran. Ihr Tränenstrom allerdings verebbte nicht. Mein T- Shirt war bald durchnässt und klebte an meiner Brust, genau da, wo ihr Gesicht auf lag. Doch es machte mir überhaupt nichts aus. Im Gegenteil: Ich genoss es, ihre Nähe so deutlich zu spüren und sie so ohne weiteres in meinen Armen halten zu können. In gewisser Hinsicht war ich egoistisch: Ich wollte sie nicht fragen, wieso sie weinte, aus Angst, sie loslassen zu müssen. Aber auch sie machte keine Anstalten, sich wegen ihres Tränenausbruches zu rechtfertigen. Also standen wir stumm in der dunklen Küche, in die durch die Fenster schwach das Licht der Straßenlaternen fiel. Und während ich ihr zärtlich über den Rücken streichelte und hin und wieder leise „Shhh“ machte, beruhigte Aki sich allmählich, doch auch nachdem ihr letzter Schluchzer verklungen war und sie nur noch still zitterte, jedoch keine neuen Tränen mein T- Shirt mehr benässten, entfernte sie sich keinen Millimeter von mir. Vorsichtig legte ich mein Kinn auf ihren Kopf. Obwohl ich noch nicht mitbekommen hatte, dass sie unsere Dusche benutzte, rochen ihre Haare angenehm süß und irgendwie fruchtig. Während ich meinen Gedanken nachhing, hatte ich unbewusst die Augen geschlossen und wurde erst wieder durch Akis letztes Zittern, begleitet mit einem erleichterten Aufseufzen, zurück in die Realität geholt. Die gemeiner nicht hätte sein können! Ohne Vorwarnung wand sie sich geschickt aus meiner Umarmung, drehte mir den Rücken zu und ging zum Kühlschrank. Unfähig ein Wort zu sagen, sah ich ihr wehmütig hinterher. Warum? Warum? Warum? Warum fiel es mir so schwer, mir über meine Gefühle klar zu werden, geschweige denn über sie zu sprechen? Nachdem Aki sich aus dem Kühlschrank Mineralwasser und aus einem kleinen Schrank ein Glas genommen hatte, ging sie schweigend zum Tisch und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Als ihr Blick meinen traf, setzte mein Atem kurz aus: Auch wenn der Raum nur spärlich von draußen beleuchtet wurde, konnte ich dennoch sehen, welche Lebendigkeit sie plötzlich erfüllte. Obwohl sie geweint hatte, waren ihre Augen groß und glänzend, eine Art Zufriedenheit lag in ihnen. Ohne weiter darüber nachzudenken ließ ich mich ihr gegenüber ebenfalls auf einen Hocker nieder und sah sie entgeistert an. Ein plötzliches Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie das halbvolle Glas in ihren Händen hin und her drehte. Endlich hatte ich meine Stimme wiedergefunden. „Was?“ „Wie „was“?“ „Du lächelst.“, stellte ich verwundert fest. „Ist das so unnatürlich?“ „Bei dir schon.“ Ich zog die Augenbrauen zusammen, während ihre Mundwinkel sich noch ein Stückchen weiter nach oben hoben. Normalerweise hätte ich mich über ihre scheinbar nun doch etwas gebesserte Laune gefreut: doch der Ausdruck in ihren Augen hatte sich verändert. Plötzlich lag so etwas wie tiefes Bedauern und Zorn darin, was ihr Lächeln fast schon grausam wirken ließ. „Tja…“, murmelte sie und starrte auf die Tischplatte. Eine Weile saßen wir einfach nur da und schwiegen uns an. Mein Gehirn hatte die Arbeit wieder aufgenommen und ich versuchte mit ihm zusammen wieder Herr der Lage zu werden. Doch wir beide scheiterten kläglich! Zwei Fragen beschäftigten mich immer mehr: Ich hatte wirklich gedacht, ich würde Aki kennen. So, wie Freunde sich nun mal kannten. Irgendwie halt ziemlich gut. Doch ich hatte mich getäuscht. Wer, zum Teufel, war sie eigentlich wirklich? Nur weil ich dachte, dass sie endlich mit ihren Kräften zurechtkam, hieß das noch lange nicht, dass es auch so war! Und nur weil ICH sie für normal hielt, bedeutete das nicht, dass sie auch NORMAL war. Doch die wichtigere der beiden Fragen: Was empfand ich eigentlich wirklich für sie? Freundschaft? Liebe? Ich zitterte, obwohl es in der Küche warm war. Ehrlich gesagt wusste ich nicht, wo die Grenze zwischen Freundschaft und Liebe lag. So etwas hatte man mir nie beigebracht. Wer hätte das auch tun sollen? Meine Eltern waren tot. Sicher, Martha hatte mich liebevoll aufgezogen und ich mochte sie sehr, doch konnte man das Liebe nennen? Unsicher lugte ich zu Aki hinüber. Hübsch war sie ja, sehr hübsch sogar. Ihre roten Haare umrahmten ihr schönes Gesicht, ihre Augen waren groß und hatten die Farbe von goldbraunem, flüssigem Honig, die Nase war perfekt geformt. Mein Blick blieb an ihren Lippen hängen, die sich erneut zu einem Lächeln verzogen, als sie bemerkte, dass ich sie musterte. Strahlend weiße Zähne kamen zum Vorschein. Ohne es zu wollen seufzte ich laut. Während ich mir peinlich berührt die Hand vor den Mund schlug und spürte, wie ich scharlachrot anlief, brach sie in unterdrücktes Lachen aus. „Was ist?“, fragte ich irritiert, doch konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Wenn sie lachte, bildeten sich kleine Grübchen unterhalb ihrer Wangen. Das war mir bisher noch nie aufgefallen! „Dein Gesicht.“, kicherte sie, „Du sahst gerade aus, als wäre dir ein Licht aufgegangen. Kennst du das? Wenn du eine Sache eine ganze Zeit lang nicht verstehst, doch irgendwann begreifst du es doch und wunderst dich über deine eigene…“, sie stockte, ich nickte. „Über deine eigene Blödheit?“, flüsterte ich, in der Hoffnung, ihren Satz richtig beendet zu haben. „Ja“, hauchte sie, doch ich spürte, dass sie nur noch körperlich in diesem Raum anwesend war. Ich sah sie eine Weile stumm an, doch als sie plötzlich wie von der Tarantel gestochen aufsprang, zuckte ich heftig zusammen. „Ich gehe jetzt ins Bett.“, verkündete sie und machte sich auf den Weg aus der Küche. „Warte!“, rief ich ihr völlig überrumpelt hinterher. Ich bekam gerade noch ihre Hand zu fassen. Sie war warm und weich. Aki blieb stehen, drehte sich um und sah mich halb erwartungsvoll, halb verwundert an. „Was ist? Willst du etwa in deinem Bett schlafen?“ „Ähm… nein…“, erwiderte ich verdutzt. „Was ist denn dann?“ „Willst du mir nicht sagen, wieso du geweint hast?“, fragte ich unschuldig. Während sie überlegte, verzog sie nachdenklich den Mund und starrte angestrengt an die Decke. „Nein.“, sagte sie schließlich gedehnt und sah mich mit festen Blick an. „Hat sich eh erledigt!“ Und dann breitete sich ein so herzliches und aufrichtiges Lächeln auf Akis Gesicht aus, wie ich es seit Monaten nicht mehr gesehen hatte. Es erreichte ihre Augen und ließ sie im spärlichen Licht leuchten wie ein von allen Seiten beschienener Kristall. Völlig überwältigt von diesem Anblick registrierte ich kaum, dass sie ihre Hand aus meiner zog, sich auf die Zehenspitzen stellte, mich kurz auf die Wange küsste und schließlich in Richtung meines Zimmers davon rauschte. Mit offenem Mund starrte ich ihr hinterher. Wer war sie nur? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)