Welcome to my life von Karma ================================================================================ Von Heimfahrten und Familienleben --------------------------------- Da mich gestern Abend so nett genervt hat, doch endlich das nächste Kapitel hochzuladen und endlich in die Gänge zu kommen, leiste ich dieser Bitte brav Folge und präsentiere ich euch hier das nächste Kapitel. Ich hoffe, es wird euch gefallen. ^____^ @: Ich muss mir Deinen Geburtstag wirklich mal ordentlich notieren, damit ich das nicht immer erst auf den letzten Drücker merke. .___. Aber wenn ich Dir trotzdem eine Freude machen konnte, freut mich das natürlich sehr, genauso wie dieser schicke Monsterkommi. *____* Also danke dafür und auch für die ♥chen - und für die blöde Idee, die Du mir eingepflanzt hast und die ich einfach nicht mehr loswerde. Wie schon angedroht, werd ich alle Verantwortung von mir weisen und alles auf Dich schieben, wenn's akut wird. Das wird zwar noch etwas dauern, aber Du bist gewarnt. XD Ach, und auf Der Teufel ist nur so schwarz, wie man ihn malt... freu ich mich jetzt schon riesig. Mein Finny-Schatz! *ihn an♥* @: Das mit dem Idiotentrio/duo/wasauchimmer werd ich möglicherweise später noch irgendwann auflösen. Ich weiß ja, was gelaufen ist, aber da Janni das nicht weiss, wär es komisch, wenn ich das jetzt schon aufklären würde. Das muss also noch warten. Aber hier ist wenigstens schon mal das Ende des Freitags, auf das Du gewartet hast. ^____^ @: Zu Malte schweige ich mich jetzt einfach mal aus. Das kommt später irgendwann noch. Aber nyan, kann es sein, dass ich alles immer viel zu offensichtlich mache? *drop* @: Ich glaub, ich muss die Kekse vor Dir verstecken. Nicht, dass Du nachher noch eine Überdosis kriegst. XD Ich glaub, ich muss zwar zu Deiner Vermutung im Bezug auf Christie nichts mehr sagen, aber ich tu's trotzdem: Das wird natürlich nicht verraten, aber freu Dich diesbezüglich schon mal auf dieses und das nächste Kapitel. Da darf wieder ein bisschen spekuliert werden (obwohl ihr's alle ja eigentlich eh schon wisst *dropsel*). Und was Simon betrifft ... Lass Dich überraschen, was genau mit ihm ist. Das kommt alles im Laufe der nächsten Kapitel so langsam in die Gänge - jedenfalls dann, wenn meine Jungs mir nicht zum hundertsten Mal den Plot zerschiessen. Das machen sie ja besonders gerne. *grml* @: Bezüglich Malte ... *mir den Mund zukleb* *g* Und was Ruben und Janni betrifft: Der Kleine ist einfach leicht zu durchschauen - besonders, wenn er sich selbst immer wieder verplappert. Und das kann er ja schliesslich ganz besonders gut. XD @: Tja, zumindest hat Ruben eindeutige Verkupplungspläne. Inwieweit die umsetzbar sind, wird sich zeigen. *kicher* Und voilà, Du wolltest Simon, also sollst Du ihn in diesem Kapitel natürlich auch kriegen. ^____^ @: Psssst! Du weißt das ja auch nur, weil Du eh schon den Großteil dessen weißt, was ich geplant hab. Dass ich alte Labertasche aber auch nie die Klappe halten kann. *mich selbst auspeitsch* Aber ich hoffe, das Kapitel muntert Dich ein bisschen auf und lenkt Dich ab. Gute Besserung, Liebes! *gesundknuddel* *Dir Deinen ganz speziellen persönlichen Krankenpfleger (nein, nicht Flo! ^.~ vorbeischick* So, und jetzt wünsch ich euch viel Spaß beim Lesen! *Keksteller zur Selbstbedienung dalass* Karma ~*~ Dieses Hochgefühl hält auch noch die nächsten zweieinhalb Stunden an und lässt mich die elend lange Busfahrt verfluchen und gleichzeitig ihr Ende herbeisehnen. Ruben findet mein Rumgehibbel unglaublich komisch und amüsiert sich die ganze Zeit königlich, aber das ist mir total egal. Ich bin viel zu aufgekratzt, um mich darüber zu ärgern. Dafür freue ich mich einfach viel zu sehr auf das bevorstehende Wiedersehen mit Simon – so sehr, dass ich, kaum dass mir die Gegend einigermaßen bekannt vorkommt, auch schon förmlich an der Fensterscheibe klebe und nach draußen starre. Von schräg hinter mir kann ich Rubens Lachen hören, aber ich störe mich nicht daran. Sobald die Schule endlich in Sichtweite kommt, halte ich sofort Ausschau nach Simons Wagen und kralle mich in Rubens Pulli, als ich ihn tatsächlich erblicke. "Simon ist schon da! Genau wie er versprochen hat!" Wenn ich nicht so aufgeregt wär, wäre es mir sicher peinlich, wie quietschig meine Stimme klingt, aber jetzt gerade könnte mir nichts gleichgültiger sein. Simon ist wirklich gekommen! "Hab ich Dir doch gleich gesagt." Ruben wirkt vollkommen zufrieden mit sich und der Welt und grinst gleich wieder breit, als ich hektisch nach meinem Rucksack krame, während der Bus auf den Schulparkplatz einbiegt. Immerhin will ich Simon ja gleich nicht unnötig lange warten lassen. "Mann, bist Du überdreht!", kommentiert Ruben mein Verhalten, angelt aber selbst ebenfalls seinen Rucksack unter seinem Sitz hervor, stopft seinen MP3-Player hinein und zieht dann den Reißverschluss zu. Kaum dass der Bus zum Stehen kommt, bin ich dieses Mal einer der Ersten, der aufspringt. Ruben lacht, als ich mich an ihm vorbeiquetsche, aber er folgt mir direkt und hält mich fest, als ich bei dem Versuch, eilig aus dem Bus zu hopsen, noch fast einen Sturzflug allererster Güte hinlege. Mein Gesicht fängt gleich wieder an zu glühen, aber ehe ich mich in Grund und Boden schämen kann, werde ich überraschend energisch zur Seite gezogen und im nächsten Moment hängt meine kleine Schwester auch schon wie eine Klette an mir. "Da bist Du ja endlich, Janni!", krakeelt sie mir ins Ohr und drückt mir einen feuchten Schmatz auf die Wange, den ich mir gleich peinlich berührt abwische. Darüber, dass sie mich schon wieder Janni genannt hat, bin ich allerdings nicht mal wirklich böse. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann muss ich zugeben, dass ich das in den letzten zwei Tagen schon ein bisschen vermisst habe. Irgendwie fehlt mir einfach was, wenn Vicky mich nicht so ruft. Aber ich werde mich hüten, ihr das auch zu sagen. "Und Du bist Ruben, oder? Simon hat mir erzählt, dass Du sein Bruder bist." Vicky lächelt Ruben an und legt dann den Kopf schief, ohne meinen Arm wieder loszulassen. "Besonders ähnlich seht ihr euch aber nicht", stellt sie fest und Ruben grinst mich an. "Deine Schwester ist lustig", teilt er mir mit und ich muss ebenfalls grinsen, als Vicky ihre Schmollschnute auspackt. Da das allerdings nicht fruchtet, streckt sie Ruben und mir die Zunge heraus. "Jungs sind sooo unreif!", beschwert sie sich, lässt mich los und stolziert hoch erhobenen Hauptes zurück in die Richtung, wo Simons Wagen steht. Ruben und ich sehen uns kurz an und zucken beinahe unisono mit den Schultern, ehe wir uns entschließen, uns erst mal in das Getümmel um die Gepäckausgabe zu stürzen, um unsere Taschen zu holen. Sobald wir sie haben, kämpfen wir uns durch die Masse an Mitschülern und ihren Eltern in Richtung Simons Auto und mein Herz klopft zum Zerspringen, als ich Simon nach endlosen zwei Tagen endlich wieder leibhaftig vor mir sehe. Mit einem Mal sind meine Hände so feucht, dass ich meine Tasche beinahe fallen lasse. Ich bin unglaublich nervös und von meinem Magen aus verteilen sich Tausende von Schmetterlingen durch meine Blutbahn, als Simon, der sich gerade mit einem Paar, das ich nicht kenne, unterhält, sich umdreht und mich anlächelt. Rein logisch betrachtet weiß ich, dass dieses Lächeln nicht nur mir, sondern auch Ruben gilt, aber ich fühle mich trotzdem, als würde er nur für mich so lächeln. Der Rest der Welt ist für mich gerade total nebensächlich. Nur dadurch, dass Ruben mir unauffällig einen Stoß in den Rücken gibt, schaffe ich es irgendwie, nicht wie angewurzelt stehen zu bleiben, sondern weiterzugehen. "Da seid ihr ja endlich, ihr Zwei", begrüßt Simon uns und ich nicke einfach nur, weil ich mir hundertprozentig sicher bin, dass ich jetzt keinen einzigen Ton rauskriege – jedenfalls nicht, ohne ultrapeinlich rumzuquietschen. Und das muss ja nun wirklich nicht sein. Ruben neben mir hat damit weniger Probleme. Er lässt seine Tasche einfach auf den Boden plumpsen und hängt im nächsten Moment auch schon an Christie, der von der Wucht des Aufpralls beinahe umgerissen wird und ächzend einen Schritt nach hinten taumelt. Trotzdem fängt er Ruben auf, knuddelt ihn kräftig durch und lächelt dabei. "Hey, Sonnenscheinchen. Willkommen zu Hause", murmelt er leise. Vicky fängt an zu kichern, das Paar neben Simon – ganz offenbar Christies Eltern, jedenfalls vermute ich das jetzt einfach mal – schmunzelt und ich kippe fast aus den Latschen, als Simon in meine Richtung grinst. "Das ist so typisch", sagt er amüsiert und wieder kann ich nur nicken. Währenddessen ist Ruben offenbar fürs Erste mit der Begrüßung seines besten Freundes fertig. Er lässt wieder von Christie ab, hüpft zu seinem Bruder und fällt diesem stürmisch um den Hals. "Schön, dass Du da bist, Simon", nuschelt er in Simons Pulli und ich beiße mir auf die Unterlippe, als Simon Ruben ganz nah an sich zieht. Er sagt nichts, aber sein Lächeln spricht Bände. Ich muss gestehen, ich beneide Ruben ein bisschen – oder, wenn ich ganz ehrlich sein soll, vielleicht auch mehr als nur ein bisschen – darum, dass er Simon jetzt gerade so nah sein kann. Ich würde ihn auch nur zu gerne umarmen, aber ich traue mich nicht, das einfach so zu tun. Was würde Simon denn auch von mir denken, wenn ich so etwas Komisches mache, ohne ihn vorzuwarnen oder ihn vorher um Erlaubnis zu fragen? Lange kann ich nicht über diese Frage nachdenken. "Ruben hat mir geschrieben, dass wir morgen noch zwei Leute mehr sind", holt Christies Stimme mich aus meinen Grübeleien und nach dem ersten kurzen Schreck nicke ich. "Ja, mein bester Freund Jassi kommt auch mit. Und er wollte auch noch ein Mädchen mitbringen. Sina", bestätige ich und Christie legt fragend den Kopf schief. "Bleibt es denn trotzdem dabei, dass Du bei mir übernachtest?", will er wissen und ich beiße mir auf die Unterlippe. Zum Antworten komme ich allerdings nicht, denn das übernimmt Ruben für mich. "Klar bleibt's dabei!", behauptet er und grinst, als ich rot anlaufe. Ich werfe einen kurzen Seitenblick zu Simon, aber der ist gerade damit beschäftigt, meine Tasche und meinen Rucksack, den Vicky mir abgenommen hat, in seinem Kofferraum zu verstauen. Meine kleine Schwester steht neben ihm und plappert munter auf ihn ein, also kriegt er nichts von dem mit, was hier vor sich geht. "Wenn es keine Umstände macht ...", ringe ich mir ab und lächele ein wenig verlegen, als Ruben und Christie fast gleichzeitig die Köpfe schütteln. "Nein, das passt schon. Platz genug hab ich ja", beruhigt Christie mich und ich kann nicht umhin, festzustellen, dass ich ihn wirklich ziemlich nett finde. Er behandelt mich nicht wie einen beinahe vollkommen Fremden, sondern so, als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen. "Okay, dann gerne", nuschele ich leise und Christie lächelt mich an, während Ruben sich mit einem zufriedenen Grinsen bei seinem besten Freund und mir gleichermaßen einhakt. "Ich freu mich schon riesig auf morgen. Das wird bestimmt total lustig!", verkündet er im Brustton der Überzeugung und lacht, als Christie ihm durch die Haare wuschelt. Ich fühle mich wirklich wohl bei den beiden und bin zugegebenermaßen auch schon ziemlich neugierig auf den Rest der Clique. Rubens Worten nach zu urteilen müssen seine anderen Freunde ja auch alle sehr nett sein. Ich bin schon echt gespannt darauf, sie morgen kennen zu lernen. Und komischerweise bin ich auch nicht mehr nervös deswegen. Wenn sie alle so nett sind wie Christie, dann werd ich sie sicher mögen – und sie mich hoffentlich auch. "Kommst Du, Janni? Mama wartet schon", reißt die Stimme meiner kleinen Schwester mich aus meinen Überlegungen und im nächsten Moment kehrt meine bis gerade noch erfolgreich verdrängte Nervosität mit einem Schlag zurück. Unwillkürlich huscht mein Blick zu Simon, der sich allerdings noch mit Christies Mutter unterhält. Christies Vater lädt gerade Rubens Gepäck in einen Kombi mit der Aufschrift Blumen Renning und ich erinnere mich unsinnigerweise erst jetzt daran, dass Ruben mir irgendwann mal erzählt hat, dass Christies Eltern eine eigene Gärtnerei besitzen. "Wir holen Dich dann morgen ab." Ruben grinst mich an und umarmt mich zum Abschied. "Viel Glück, Jan", flüstert er mir dabei leise ins Ohr, zwinkert mir noch einmal zu und schnappt sich dann Christies Hand, um diesen noch eben zu seinem großen Bruder zu ziehen. "Bis bald", verabschiedet er sich von Simon und strahlt, als dieser ihn daraufhin noch mal in den Arm nimmt. Ich kann nicht verstehen, was er sagt, aber allein sein Lächeln zu sehen macht mich schon glücklich. Dass das total bescheuert ist, weiß ich selbst, aber ich kann nichts dagegen machen. Noch während der Verabschiedung der beiden Brüder werde ich von Vicky zu Simons Auto geschleift. Sie klettert auf die Rückbank, sieht mich auffordernd an und kuschelt sich gleich an mich, sobald ich mich neben sie gequetscht hab. "Du hast mir gefehlt, Janni", seufzt sie und ich muss unwillkürlich lächeln. So nervig meine kleine Schwester auch manchmal ist, so süß kann sie auch wieder sein. "Du mir auch", gebe ich deshalb zu, lege einen Arm um ihre Schultern und zwirbele eine ihrer braunen Locken zwischen meinen Fingern. Normalerweise mag sie das zwar nicht, aber aus irgendeinem Grund beschwert sie sich bei mir nie darüber, wenn ich es doch tue. Aber da sie mir im Gegenzug dafür auch in den Haaren herumwühlen darf, wenn ihr gerade mal danach ist, sind wir da wohl quitt. Ich bin so mit meiner kleinen Schwester beschäftigt, dass ich erschrocken zusammenzucke, als Simon, der inzwischen offenbar auch eingestiegen ist, den Motor startet. Im Rückspiegel kann ich erkennen, dass er deswegen schmunzelt. Sofort legt mein Herz eine Extraschicht ein und ich bin froh, dass Vicky neben mir sitzt. Ich werde zwar trotzdem rot, aber wenigstens kann ich mein Gesicht jetzt in ihren Haaren verstecken, bis ich mich wieder ein bisschen beruhigt hab. "Dieser Chris ist übrigens echt süß", dringt Vickys Stimme in meine Gedanken und ich löse mich von ihr, um sie ansehen zu können. In ihren Augen liegt dieser verträumte Vicky-Glanz und ich schlucke schwer. Oh Mann, kleine Schwestern am Beginn der Pubertät sind echt schlimm! Gibt's da nicht irgendein Mittel dagegen? Vielleicht von Ratiopharm oder so? "Ruben ist auch total niedlich, aber Chris gefällt mir noch besser", schwärmt sie weiter und ich rücke demonstrativ ein Stück von ihr ab. "Für so was bist Du ja wohl noch viel zu jung!", entscheide ich und sie zieht einen Flunsch. "Ach was! Ist doch gar nicht wahr!", schmollt sie und verschränkt die Arme vor der Brust, aber das hält nicht lange vor. Als sie hört, dass Simon leise lacht, wendet sie sich ihm zu. "Wenn, dann heirate ich später sowieso Dich", beschließt sie und mir klappt die Kinnlade herunter. Das meint sie doch wohl jetzt nicht ernst, oder? Das kann doch wohl – bitte, bitte, bitte – nur ein Scherz sein! Das darf sie einfach nicht ernst meinen! "Das ... das geht doch nicht!", widerspreche ich sofort, noch ehe Simon etwas dazu sagen kann. Sofort schießt Vicky wieder zu mir herum und sieht mich halb fragend, halb beleidigt an. "Und warum nicht?", will sie wissen. "Weil ... äh ...", setze ich zu einer Antwort an, aber dieses Mal kommt Simon mir zuvor. "Weil ich nicht heiraten werde", stellt er klar und Vicky hängt sich in die Nische zwischen Fahrer- und Beifahrersitz, sobald wir an der nächsten Ampel halten müssen. "Warum nicht?", fragt sie neugierig und ich kann im Rückspiegel sehen, dass Simon sich durch die Haare fährt. Er wirkt auf mich etwas verlegen, aber vielleicht täusche ich mich da auch. "Na ja, ich ... Selbst wenn ich heiraten würde, würde ich keine Frau heiraten", redet er dann um den heißen Brei herum und Vicky zieht wieder einen Flunsch, während mein Gesicht knallrot anläuft. Im Gegensatz zu meiner Schwester weiß ich ja immerhin schon, worauf dieses Gespräch hier ganz offensichtlich hinauslaufen wird. Irgendwie bin ich gerade verdammt froh, dass Ruben mich vorgewarnt hat. Ansonsten würde ich wahrscheinlich einfach umkippen, wenn Simon wirklich das ausspricht, was ihm so offensichtlich auf der Zunge liegt. Mein armes Herz dreht ja jetzt schon total am Rad. "Weißt Du, Vicky", oha, ganz offenbar ist "Victoria" heute ausverkauft, "ich mag Dich wirklich, aber ich interessiere mich einfach nicht für Frauen. Ich bin schwul." Okay, er hat es tatsächlich gesagt. Und das scheinbar ohne dass es ihm wirklich peinlich ist. Bei mir sieht das ganz anders aus. Mein Gesicht glüht gleich noch etwas mehr und ich rutsche auf der Rückbank etwas weiter nach unten, damit die Beiden das bloß nicht bemerken. Trotzdem nehme ich meinen Blick nicht vom Rückspiegel und so kann ich sehen, dass Vickys Augen groß werden. "Dann ist Morgaine also nicht Deine Freundin?", vergewissert sie sich und Simon schüttelt den Kopf. "Nein, ist sie nicht. Wir sind nur Freunde, nichts weiter. Ihr Freund studiert im Moment im Ausland", erklärt er meiner Schwester und im nächsten Moment fallen mir fast die Augen aus dem Kopf, als Vicky ohne Vorwarnung anfängt zu lachen. "Wenn Franzi das wüsste!", kichert sie und ich verstehe gar nichts mehr. Was ist denn jetzt kaputt? "Franzi findet Dich nämlich eigentlich auch ganz toll – ich hab kurz nach Deinem Einzug mal gehört, wie sie mit ihrer besten Freundin Kirsten über Dich gesprochen hat –, aber sie war total sauer, als sie Morgaine zum ersten Mal gesehen hat. Sie dachte, sie wäre Deine Freundin. Genau wie Mama." Vicky scheint sich gar nicht mehr beruhigen zu wollen. Und während sie immer weiter kichert und sich schließlich sogar ein paar Lachtränen aus dem Gesicht wischt, versuche ich, die Informationen, die ich gerade bekommen hab, zu verdauen. Meine dämliche Zickenschwester Franzi steht auch auf Simon? Das darf doch wohl nicht wahr sein! Diese blöde Kuh! Über die gedanklichen Verwünschungen meiner dämlichen großen Schwester vergesse ich beinahe, dass ich nicht alleine bin. Zum Glück gelingt es mir allerdings, meine Gedanken für mich zu behalten und nicht wieder irgendwelche peinlichen Selbstgespräche zu führen, die Simon und auch Vicky alles und noch mehr verraten würden. Na ja, wenigstens etwas. Trotzdem hasse ich meine doofe große Schwester jetzt gleich noch ein bisschen mehr. Kann die sich nicht einen Anderen suchen, den sie anschmachten kann? Wehe, sie gräbt Simon an! Dann bringe ich sie um, das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist! "Ist doch witzig, oder, Janni?" Vicky rammt mir ihren Ellbogen in die Rippen und grinst mich an, als ich sie etwas konfus anblicke. "Was meinst Du, wollen wir Franzi gleich zu Hause direkt unter die Nase reiben, dass sie eh keine Chance bei Simon hat?", fragt sie mich weiter und ich frage mich entsetzt, was mit meiner süßen, unschuldigen kleinen Schwester passiert ist. Wer auch immer das hier neben mir ist, das kann einfach nicht meine kleine Vicky sein. Das muss ein Klon oder so was sein. Wie wahrscheinlich ist es wohl, anzunehmen, dass meine Schwester in den vergangenen zwei Tagen von Außerirdischen entführt und gegen eine sehr seltsam tickende Kopie ausgetauscht worden ist? "Eigentlich wär's mir lieber, wenn ihr das nicht tun würdet", mischt Simon sich ein, bringt den Wagen zum Stehen und dreht sich halb zu uns um. "Ich mag es nicht, in irgendwelche innerfamiliären Streitigkeiten hineingezogen zu werden", teilt er Vicky dann mit und obwohl er eigentlich nur sie anspricht, fühle ich mich trotzdem mies. Immerhin weiß ich ja seit Donnerstagabend, dass er im Bezug auf Streit in der Familie schon ziemlich viel mitgemacht hat. Da ist es sicher nicht schön für ihn, wenn er jetzt wieder in so was verwickelt wird. "Sorry", nuschele ich leise und auch Vicky zieht ein reumütiges Gesicht. "Okay, dann halt nicht. Dann bleibt das unser Geheimnis und ich sag Franzi nichts davon – auch nicht, wenn sie mich danach fragen sollte", verspricht sie und Simon schüttelt den Kopf. "Du musst es ihr nicht verschweigen. Ich fände es nur nicht gut, wenn Du mich dafür benutzt, um Deiner Schwester eins auszuwischen", sagt er und nun verschränkt Vicky trotzig die Arme vor der Brust. "Aber Franzi ist die ganze Zeit total fies zu Janni!", murrt sie, als wäre das eine vernünftige Rechtfertigung für diesen Käse, den sie hier veranstaltet. Mir hingegen ist das Ganze einfach nur furchtbar peinlich. Am liebsten würde ich mich in Luft auflösen, echt. Jetzt verteidigt mich nicht nur Ruben vor den Idioten aus unserer Klasse; nein, plötzlich meint meine kleine Schwester auch noch, mich vor Franzi in Schutz nehmen zu müssen. Wirke ich etwa wirklich so hilfsbedürftig? Verdammt, das ist doch peinlich! "Das kann ich schon alleine regeln, danke", nuschele ich beschämt und angefressen zugleich. Simon ist ganz sicher der Letzte, vor dem ich so eine Diskussion führen will. Er muss wirklich nicht mitkriegen, dass seit Neuestem jeder der Meinung ist, mich irgendwie beschützen zu müssen. "Franzi ist mein Problem. Da musst Du Dich nicht einmischen. Und Du musst Simon auch nicht da mit reinziehen", stelle ich deshalb klar und versuche, seinem Blick auszuweichen. Ich kann ihn jetzt nicht ansehen. Vicky zieht wieder einen Flunsch, ehe sie übertrieben seufzt. "Dann mach doch, was Du willst", nörgelt sie, löst den Anschnallgurt, steigt aus und knallt die Autotür so laut wie möglich zu. Ich merke erst jetzt, dass wir schon auf dem Parkplatz bei uns zu Hause stehen. Meine Schwester ist schon an der Haustür, schließt sie auf und verschwindet im Inneren, während ich immer noch auf der Rückbank von Simons Wagen sitze und nicht so recht weiß, was ich jetzt tun oder sagen soll. "Brüder sind eindeutig pflegeleichter als Schwestern", bricht Simon schließlich das Schweigen und ich sehe ihn doch wieder an. Und erst jetzt bemerke ich, dass er heute – wie schon am Mittwoch – keine Kontaktlinsen trägt. Wieder schlägt mein Herz bei diesem Anblick schneller und ich beiße mir schnell auf die Unterlippe, um nichts Blödes zu sagen oder mich sonst wie zu verplappern. Auch wenn Simon hundertmal auf Jungs ... schwul ist, ein Kompliment von mir fände er bestimmt trotzdem komisch. "Aber vielleicht kommt es mir auch nur so vor und ich hatte mit Ruben einfach Glück", murmelt er und ich grinse schief. "Ach, Vicky ist eigentlich ganz okay. Zumindest war das bis Mitte des Jahres so. Seit sie zwölf ist und angefangen hat, sich für Jungs zu interessieren, ist sie manchmal etwas anstrengend. Aber im Großen und Ganzen ist sie auch nicht so schlimm. Franzi ist jedenfalls viel, viel ätzender", verteidige ich meine kleine Schwester und kriege im nächsten Moment fast einen Herzinfarkt, als Simon mich anlächelt. "Vicky und Du, ihr scheint euch ziemlich nahe zu stehen", vermutet er und ich nicke leicht, ohne ihn anzusehen. Stattdessen beschäftige ich mich überaus intensiv damit, den Anschnallgurt aufzukriegen, um endlich auch aussteigen zu können. Irgendwie ist das hier gerade zu viel für mich. Dadurch, dass Vicky schon vorgegangen ist, bin ich schließlich mit Simon alleine. Ich glaub, ich fall gleich tot um oder so. "Dachte ich mir schon. Sie hat mir die ganze Fahrt zur Schule über erzählt, wie sehr sie sich doch darauf freut, dass Du endlich wieder zurückkommst. Sie meinte, ohne Dich wäre es zu Hause einfach langweilig", bekomme ich zu hören, nachdem ich mich endlich erfolgreich aus dem Auto befreit habe. Darüber muss ich ungewollt ein bisschen lächeln. Auch wenn Vickys Einsatz mir gerade mal wieder ziemlich peinlich war, eigentlich hat sie's ja nur gut gemeint. Sie ist eben doch ein Schatz, auch wenn sie hin und wieder nervt oder übertreibt. Weil mir keine wirkliche Erwiderung einfällt, hangele ich einfach nur meinen Rucksack aus dem Kofferraum, während Simon meine Tasche übernimmt. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zum Haus und kaum dass wir den Hausflur betreten haben, drängt Slim sich auch schon aus der nur angelehnten Wohnungstür und kommt schnurrend auf uns beide zu gesaust. "Ich hab Dir doch versprochen, dass ich Dir Deinen Jan heute wieder zurückbringe", kommentiert Simon die Anschmiegattacke des Katers of Doom an mein Bein und als ich ihm einen kurzen Seitenblick zuwerfe, lächelt er mich an. "Wie ich Dir gestern gesagt hab: Er hat Dich ganz furchtbar vermisst", sagt er mit einem Nicken in Slims Richtung und ich bücke mich, um das Mistvieh hochzuheben und gleichzeitig mein glühendes Gesicht vor Simon zu verstecken. So, wie das dumme Vieh mir gerade um die Beine streicht, würde ich sonst frühestens in zwei Stunden in die Wohnung kommen, und ich will eigentlich nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag hier draußen rumstehen. "Ähm ... komm doch ..." "rein", wollte ich eigentlich noch sagen, aber dazu komme ich nicht mehr. "Da bist Du ja wieder, Jan", werde ich von meiner Mutter mit einem Kuss auf die Stirn überfallen, kaum dass ich die Wohnungstür mit dem Fuß aufgeschoben hab. "Danke, dass Sie Jan abgeholt haben", wendet Mama sich dann an Simon und wedelt uns beide in die Wohnung. Ich überlege kurz, Slim abzusetzen, aber so, wie das Vieh sich in meiner Jacke festkrallt, verschiebe ich das auf später und schleppe das schnurrende schwarze Fellknäuel stattdessen erst mal in mein Zimmer. "So, und jetzt kannst Du mich auch endlich wieder loslassen. Ich bin ja wieder zu Hause. Und ich bleib auch erst mal hier", erzähle ich dem dummen Kater dann, rupfe seine Krallen aus meiner Jacke und befreie mich von meinem Rucksack. Als nächstes muss meine Jacke dran glauben und sobald ich die einfach irgendwo auf meinen Teppich geworfen hab – aufhängen kann ich sie auch später noch –, lasse ich mich erst mal rücklings auf mein Bett fallen. Nichts gegen die Herberge und das gemeinsame Zimmer mit Ruben, aber es geht doch nichts über mein höchstpersönlich eigenes Bett. Jetzt gerade fühle ich mich so wohl, dass ich mich nicht mal daran störe, dass Slim meinen Bauch mal wieder als Katzentrampolin missbraucht. Schon komisch, aber selbst das hat mir irgendwie gefehlt. Zu Hause ist es eben doch immer noch am schönsten. Ein leises Lachen von meiner Zimmertür her bringt mich dazu, mich auf meine Unterarme zu stützen und aufzusehen. Und in dem Moment, in dem ich Simon im Türrahmen stehen sehe, ein Schmunzeln auf den Lippen, werde ich gleich wieder knallrot. Hab ich meine Gedanken gerade etwa schon wieder laut ausgesprochen? Wie peinlich ist das denn bitteschön? Wo sind ein Dachbalken und ein stabiler Strick, wenn man beides mal wirklich ganz dringend braucht? "Ähm ...", mache ich nicht sehr intelligent und Simon stellt erst mal meine Tasche auf dem Boden ab, ehe er mich wieder ansieht. "Das muss Dir nicht peinlich sein, Jan", sagt er dabei, aber das hilft mir gar nicht. Ich werde eigentlich nur noch röter, sofern das überhaupt möglich ist. Auf jeden Fall kommt es mir so vor. "Ich führe manchmal auch Selbstgespräche. Hab ich früher schon gemacht. Ich weiß also, wie das ist", schiebt er noch hinterher und ich versuche, Slim loszuwerden, um wieder aufstehen zu können, aber das dumme Katzenvieh verkrallt sich in meinem Pulli und verteidigt fauchend seinen Platz. Scheiße, nicht mal Franzis blöder Kater nimmt mich ernst. Ganz toll, echt. Ich hasse mein Leben. Seufzend lasse ich mich wieder zurück aufs Bett fallen und schließe einen Moment lang die Augen. "Na, wenigstens hab ich dieses Mal nichts allzu Peinliches gesagt", nuschele ich und schaffe es sogar, schief zu grinsen, obwohl mein Magen nervös flattert und mein Herz wie wahnsinnig rast. In Zukunft muss ich definitiv noch wesentlich besser aufpassen, dass meine Lippen auch ja geschlossen bleiben, wenn ich denke. Nicht, dass ich mich irgendwann doch noch verplappere und mich total lächerlich mache. Das will ich nicht. Nicht ausgerechnet vor Simon. Glücklicherweise geht er nicht weiter auf das Thema ein. Trotzdem bringt er meinen Herzschlag auf andere Weise gleich noch mehr aus dem Takt, weil er nicht einfach wieder geht, sondern stattdessen mein Zimmer betritt und zu meinem Bett kommt. Genau vor mir bleibt er stehen, sieht mich von oben herab einen Moment lang einfach nur an und ich halte unwillkürlich den Atem an, als er sich vorbeugt. Gleichermaßen zu meiner Erleichterung wie auch zu meiner Enttäuschung streichelt er allerdings nur über Slims Kopf, der sich gleich schnurrend an Simons Hand schmiegt. Als mir bewusst wird, was ich mir gerade gewünscht hab – ich hab tatsächlich für eine Sekunde gehofft, Simon würde mich küssen –, nehmen meine Wangen eine Rotschattierung an, die sie vorher ganz sicher noch nie hatten. Ich bin mir absolut sicher, dass sich im Rest meines Körpers gerade kein einziger Tropfen Blut mehr befindet. Das ist gerade alles ohne Umwege in mein Gesicht geschossen. Hilfe! "Ich werd dann mal wieder. Wir sehen uns, Jan", höre ich nur wie durch Watte, schaffe es aber trotzdem irgendwie, meinen Kopf zu einem Nicken zu bewegen. Eine verbale Antwort gebe ich Simon allerdings nicht, weil meine Stimmbänder definitiv den Geist aufgegeben haben. Da rührt sich nichts mehr. Alles kaputt. Nicht mehr zu reparieren. Ich glaub, ich bin tot. Obwohl ... Nein, mein Herz schlägt eindeutig noch – und das viel zu schnell –, also kann ich doch nicht tot sein. Es sei denn, mein Herz hätte das nur noch nicht mitgekriegt und ich ... Okay, das ist krank. Über solches Zeug will ich nun wirklich nicht nachdenken. Bin ich denn eigentlich total bescheuert? So richtig erwache ich erst wieder aus meiner Trance, als Slim mir in dem Versuch, es sich auf mir so bequem wie möglich zu machen, seine Krallen durch den Pulli in den Bauch schlägt. Mit einem Schmerzenslaut jage ich das blöde Vieh von mir runter und tapere erst mal ins Bad, um mir meine neuesten Kratzer anzusehen. Da sie allerdings nicht allzu schlimm sind, verzichte ich auf ein Pflaster und latsche stattdessen ins Wohnzimmer, wo Vicky und Franzi sitzen und sich gemeinsam irgendeine vollkommen hirnlose Daily Soap reinziehen, während Mama in der Küche herumwerkelt. Eigentlich ist so ein hirnloser Müll wie der, den meine Schwestern sich da gerade antun, ja absolut nicht mein Fall, aber ich schmeiße mich trotzdem neben Vicky auf die Couch, ziehe die Beine an und mache es mir gemütlich. Dafür ernte ich einen skeptischen Blick von meiner kleinen Schwester – Franzi ignoriert meine Anwesenheit nach wie vor –, aber keine Minute später klebt sie auch schon an mir und kuschelt sich seufzend an mich. Ich kann nichts gegen das Lächeln tun, das sich dabei auf meine Lippen legt. Egal, wie sehr sie mich vorhin auch ausgerechnet vor Simon in Verlegenheit gebracht hat, jetzt gerade ist sie wieder meine süße kleine Vicky. Ebenfalls zufrieden seufzend beginne ich damit, wieder mit ihren Haaren zu spielen. Das Fernsehprogramm ignoriere ich dabei. Das ist gerade nur Hintergrundgeräusch, mehr nicht. Im Augenblick genieße ich es einfach nur, wieder zu Hause zu sein. "Kann mir mal eben jemand helfen?", ruft Mama aus der Küche und nach kurzem Überlegen und einem noch kürzeren Seitenblick zu Franzi, die im Sessel sitzt und sich scheinbar nicht von ihrer ach so wichtigen Serie losreißen kann oder will – wie kann man sich diesen Mist eigentlich ankucken, ohne davon zu verdummen? –, schiebe ich Vicky von mir und stehe auf, um rüber in die Küche zu gehen. Franzi kommentiert das mit einem Schnauben, aber darauf reagiere ich nicht. Soll sie doch glauben, dass ich mich bei Mama einschleimen will. Das hab ich genauso wenig nötig wie mir diesen Schwachsinn in der Glotze anzutun. Da kann ich meine Zeit doch lieber sinnvoll in der Küche verbringen, indem ich Mama vielleicht ein bisschen zur Hand gehe. Immerhin hat sie mit uns Dreien ja auch so immer genug Arbeit. "Jan?" Mama wirkt etwas erstaunt, dass ausgerechnet ich rübergekommen bin, lächelt mich dann aber an und deutet auf den Schrank, in dem das Geschirr steht. "Deckst Du schon mal den Tisch?", bittet sie mich und dreht sich wieder zum Herd um. Ich werfe einen kurzen, neugierigen Blick in die Töpfe und krame dann Teller aus dem Schrank. Danach hole ich das Besteck und während ich das ebenfalls auf dem Tisch verteile, bemerke ich, dass Mama mich über die Schulter hinweg ansieht. "Wie war die Fahrt?", fragt sie und ich schenke ihr ein Lächeln. "Toll. Ruben und ich hatten jede Menge Spaß zusammen", erzähle ich ihr und sie lächelt ebenfalls wieder. "Das ist schön", sagt sie und ich nicke. Dann allerdings fällt mir ein, dass ich ihr wegen morgen ja noch gar nicht Bescheid gesagt hab. Allerhöchste Zeit, das endlich nachzuholen. Nicht, dass Ruben und Christie mich hier morgen abholen wollen und Mama einen Aufstand veranstaltet. Das muss echt nicht sein. "Ich bin morgen übrigens mit Ruben verabredet. Wir wollten zusammen mit seinen Freunden Halloween feiern. Jassi kommt auch mit und Ruben hat angeboten, dass ich danach bei ihm übernachten kann." Dass ich eigentlich bei Christie schlafen werde und nicht bei Ruben, behalte ich lieber für mich. Mama ist da manchmal etwas komisch. Dabei sollte sie mittlerweile doch wohl langsam gemerkt haben, dass ich kein kleines Kind mehr bin, um das sie sich ständig Sorgen machen muss. Ich werd immerhin in knapp vier Monaten schon siebzehn. "Hältst Du das denn wirklich für eine gute Idee?", fragt Mama auch prompt und ich verkneife mir ein Seufzen. Irgendwie bin ich, wenn ich es genau betrachte, ja wohl zumindest zum Teil selbst schuld, dass alle mich dauernd betüddeln wollen. Irgendwas muss ich eindeutig an mir haben, das für alle außer mir laut und deutlich "Helft mir!" schreit. Anders kann ich es mir echt nicht erklären, dass sogar meine kleine Schwester neuerdings für mich in die Bresche springen will. "Ich pass schon auf mich auf, Mama", verspreche ich meiner Mutter und bemühe mich, ihr fest in die Augen zu sehen. "Außerdem ist Jassi ja auch dabei." Der wird zwar sicher hauptsächlich mit seiner Sina beschäftigt sein – den Gedanken daran, dass er mich seinen eigenen Worten zufolge wegen Simon coachen will, verdränge ganz schnell wieder ich in die hinterste Ecke meines Bewusstseins –, aber das muss Mama ja nicht wissen. Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß. Hieß das Sprichwort nicht so? "Und ich bin schließlich auch schon sechzehn", schiebe ich noch als absolutes Totschlagargument hinterher und Mama runzelt skeptisch die Stirn, gibt sich dann aber seufzend geschlagen. "Na gut. Wenn es Dir so viel bedeutet, von mir aus. Dann wünsche ich Dir morgen viel Spaß mit Deinen Freunden", sagt sie leise und ich tue etwas, was ich schon verdammt lange nicht mehr gemacht hab: Ich umarme meine Mutter – einfach nur so, weil ich ihr dankbar bin. So ganz alleine und ohne Unterstützung mit Franzi, Vicky und mir fertig zu werden ist sicher nicht immer leicht für sie, aber sie gibt sich immer die größte Mühe, dass keiner von uns zu kurz kommt. Wann, frage ich mich unwillkürlich, hat sie eigentlich das letzte Mal irgendetwas nur für sich getan? Das ist so ewig lange her, dass ich mich nicht mal daran erinnern kann. In der Sekunde, in der mir klar wird, wie viele Opfer meine Mutter für uns Drei bringt, bekomme ich schlagartig ein schlechtes Gewissen, aber das schüttele ich schnell wieder ab. Ich nehme mir einfach nur vor, Mama in der nächsten Zeit mal ein bisschen mehr unter die Arme zu greifen und ihr weniger Sorgen zu bereiten. Und ich werde nachher mal unter vier Augen mit Vicky sprechen, damit sie sich auch Mühe gibt, Mama ein bisschen zu helfen. Ein bisschen Unterstützung von uns würde sie bestimmt freuen. Mama scheint im ersten Moment etwas irritiert von meiner plötzlichen Umarmung zu sein, doch dann drückt sie mich auch und als ich ihr ins Gesicht blicke, lächelt sie. "Ihr Drei seid alle so schnell groß geworden", murmelt sie, lässt mich los und wendet sich hastig ab, aber ich habe trotzdem gesehen, dass ihre Augen feucht geworden sind. So wirklich weiß ich nicht, was ich jetzt sagen soll, deshalb krame ich schnell ein paar Gläser aus dem Schrank und reiche meiner Mutter dann schweigend das Nudelsieb, damit sie die Spaghetti abschütten kann. Während sie das tut, stehe ich unschlüssig neben dem Herd und kaue auf meiner Unterlippe herum. Im Moment sind wir trotz meiner beiden Schwestern im Wohnzimmer ganz alleine in der Küche und der Fernseher ist so laut, dass Vicky und Franzi unmöglich verstehen können, worüber wir gerade reden. Ein Teil von mir möchte Mama jetzt am liebsten die ganze Sache mit Simon erzählen und sie um einen Rat bitten, aber schlussendlich verlässt mich in der letzten Sekunde doch der Mut. Ich öffne zwar den Mund, klappe ihn jedoch unverrichteter Dinge wieder zu und verschwinde schnell aus der Küche in Richtung Wohnzimmer, um meine beiden Schwestern zum Essen zu holen. Dabei schimpfe ich mich selbst einen Feigling, aber so bin ich eben. Ich habe, das muss ich zugeben, einfach tierische Angst davor, wie meine Mutter reagiert, wenn ich ihr erzähle, was im Moment mit mir los ist und warum ich in der letzten Zeit immer so komisch war. Wer weiß schon, ob sie mich nicht vielleicht abartig findet, wenn ich ihr sage, dass ich mich zwar verliebt hab, aber eben nicht in ein Mädchen, sondern ausgerechnet in unseren neuen Nachbarn? Den Kopf schüttelnd, um diese Gedanken zu verdrängen, sage ich meinen Schwestern wegen des Abendessens Bescheid. Vicky hüpft sofort von der Couch in Richtung Küche davon, während Franzi erst mal in aller Ruhe den Fernseher ausschaltet. "Du bist so ein Schleimer, Jan", zischt sie mir im Vorbeigehen zu, aber das beachte ich gar nicht. Soll sie doch denken, was sie will. Das ist mir total egal. Ich habe im Moment echt anderen Probleme als meine zickige große Schwester. Obwohl, genau betrachtet ist sie – oder zumindest das, was ich dank Vicky jetzt über Franzi weiß – ja eigentlich doch zumindest ein Teil meines Problems. Klar, sie hat eh keine Chance bei Simon – das hat er ja schließlich selbst gesagt –, aber allein die Tatsache, dass sie auf ihn steht, bedeutet für sie noch ein paar fette Minuspunkte mehr auf meiner imaginären Liste. Außerdem, nur weil Franzi keine Chance bei Simon hat, heißt das ja noch lange nicht, dass es mit meinen Chancen bei ihm besser aussieht. Verdammt! Durch diese Gedankengänge wieder etwas deprimiert zuckele ich meinen beiden Schwestern hinterher und setze mich in der Küche auf meinen Platz. Wie üblich hab ich auch heute Abend gleich wieder Slim an mir kleben, aber anstatt ihn wie sonst immer wegzuscheuchen, erlaube ich ihm heute, auf meinen Schoß zu springen und sich da zusammenzurollen. Irgendwie ist die Anwesenheit dieses kleinen schwarzen Fellbündels from Hell im Moment seltsam tröstlich für mich. Es ist fast so, als wüsste er, dass ich jetzt gerade ein bisschen Zuspruch brauche. Aus der Unterhaltung beim Abendessen halte ich mich größtenteils raus. "Bin einfach nur ziemlich müde", begründe ich das Mama gegenüber und streichele weiter Slims Kopf, den er immer wieder zufrieden schnurrend an meinem Bauch reibt. Franzis giftige Blicke ignoriere ich dabei einfach. Wenn es ihr nicht passt, dass ihr dummer Kater immer wieder zu mir kommt, dann soll sie ihn halt besser erziehen. Ist ja nicht mein Problem, wenn das Vieh mich lieber mag als sie. Genau betrachtet ist das ja eigentlich auch nur logisch. Er kennt mich schließlich schon praktisch seit seiner Geburt. Immerhin ist seine Mutter Bessy die Katze meines besten Freundes und ich war fast ständig bei Jassi, als Slim noch ein Baby war. Ich hätte ihn ja nur zu gerne selbst genommen, aber das war Mama nicht recht. Das ist der einzige Grund, aus dem Slim – den Namen hab ich ihm damals gegeben, weil er so ein dürres, klappriges Baby war – heute Franzis Kater ist. Wenn Mama einverstanden gewesen wär, wär er heute stattdessen meiner. Trotz meines Vorsatzes, Mama ein bisschen mehr zu helfen, räume ich nach dem Abendessen nur eben schnell mein benutztes Geschirr in die Spülmaschine und verkrümele mich dann in mein Zimmer. Slim folgt mir wie so oft, aber er ist nicht der Einzige. Ich hab's mir kaum auf meinem Bett bequem gemacht, da schmeisst Vicky sich auch schon neben mich, dreht sich auf die Seite und sieht mich fragend an. "Sag mal, was denkst Du eigentlich über Simon?", erkundigt sie sich neugierig und ich weiche ihrem Blick schnell aus und konzentriere mich hektisch auf den wieder auf meinem Bauch liegenden Slim. Trotzdem kann ich nicht verhindern, dass mein Gesicht mal wieder die Farbe wechselt. Ich hoffe einfach nur, dass meine Schwester noch zu jung und zu unschuldig ist, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das müsste ich echt nicht haben. Mir reicht's schon, dass Jassi und Ruben Bescheid wissen. "Warum willst Du das wissen?", frage ich zurück und kann aus dem Augenwinkel sehen, wie meine Schwester grinst. "Einfach nur so", antwortet sie achselzuckend und ich verkneife mir ein Seufzen. Ich kenn sie gut genug um zu wissen, dass sie nicht aufhören wird zu nerven, bis ich ihr ihre Frage nicht beantwortet hab, also beschließe ich, es mir heute mal so einfach wie möglich zu machen und das Ganze abzukürzen. "Ich find ihn nett", gebe ich deshalb zu und versuche, mein restliches Blut durch pure Willenskraft aus meinem Gesicht fernzuhalten. Das misslingt mir allerdings gründlich, das kann ich deutlich fühlen. Eigentlich hat es sogar den gegenteiligen Effekt. Ich werde nur noch röter. Ganz toll, wirklich. Warum muss so was Blödes eigentlich immer mir passieren? Und warum sagt Vicky nichts? Hat's ihr jetzt etwa die Sprache verschlagen oder was? "Ich auch", sagt sie schließlich doch noch und klingt dabei so außerordentlich zufrieden, dass ich ihr einen misstrauischen Blick zuwerfe. "Und es stört mich auch gar nicht, dass er keine Mädchen mag. Dann muss ich mir eben einen Anderen zum Heiraten suchen", plappert Vicky weiter und ich kann nicht verhindern, dass ich erleichtert aufatme. Gott sei Dank, sie ist also nicht ernsthaft in Simon verknallt! Was für ein Glück! "Und vielleicht kannst Du mir ja ein bisschen dabei helfen. Dieser Chris war nämlich wirklich echt süß", holt die Stimme meiner kleinen Schwester mich wieder aus meinem Triumph und ich will ihr eigentlich an den Kopf werfen, dass sie sich das mal besser abschminken soll – ich meine, was sollte Christie denn bitteschön mit einer Zwölfjährigen anfangen? –, aber stattdessen ertappe ich mich dabei, wie ich nicke. "Ich kann ihn ja morgen mal fragen, was er über Dich denkt", biete ich ihr zu meinem eigenen Erstaunen an und im nächsten Moment hängt Vicky an meinem Hals und drückt mich so fest, dass ich fast keine Luft mehr kriege. "Du bist echt der allerbeste Bruder der Welt!", schmeichelt sie mir und ich werde wieder rot, aber dieses Mal wegen des Kompliments. So was höre ich nun wirklich nicht allzu oft. Mir ist eigentlich schon klar, dass das hauptsächlich Schleimerei ist, weil ich ihr meine Hilfe versprochen habe, aber das ist nicht so wichtig. Es tut trotzdem hin und wieder gut, mal ein paar Streicheleinheiten fürs Ego zu kriegen. "Aber versprechen kann ich Dir nichts!", schränke ich noch ein, doch auch das kann den Enthusiasmus meiner kleinen Schwester nicht bremsen. Mit strahlenden Augen fängt sie an, erst Pläne zu schmieden und dann einfach so auf mich einzureden. Ich antworte ihr nicht, sondern lächele einfach nur und nicke in den richtigen Abständen. So wirklich höre ich ihr nicht zu, aber das scheint sie auch gar nicht zu erwarten. Sie stellt mir keine Fragen, sondern quasselt einfach nur fröhlich auf mich ein. Anscheinend braucht sie heute Abend jemanden, der einfach nur ein bisschen da ist und sich mit ihr beschäftigt. Und wenn sie meint, dass ich das sein soll, bitteschön. Ich bin ja kein Spielverderber. Außerdem verbringe ich, so seltsam es auch klingen mag, hin und wieder wirklich gerne einfach mal ein bisschen Zeit mit meiner kleinen Schwester. Simon hatte schon Recht mit seiner Vermutung, dass wir uns ziemlich nahe stehen. Ich häng auf jeden Fall schon ziemlich an ihr, auch wenn ich mir das nicht immer so anmerken lasse. Es ist schon weit nach zehn, als Vicky ihren "Ich kann reden, ohne Luft holen zu müssen"-Monolog endlich beendet. Ich glaube, sie hat mir in den letzten Stunden so ziemlich alles erzählt, was in der letzten Woche in ihrem Leben so passiert ist. Ich habe davon bestimmt nicht mal die Hälfte mitgekriegt und morgen weiß ich garantiert nicht mal mehr zehn Sätze davon, aber das wird schon nicht so schlimm sein. Bisher war sie wegen so was jedenfalls nie allzu lange beleidigt, wenn's ihr überhaupt mal aufgefallen ist. Im ersten Moment bin ich etwas irritiert, als sie plötzlich aufhört zu reden, aber als ich ihr einen Blick zuwerfe, muss ich grinsen. Da ist meine kleine Schwester doch tatsächlich mitten im Satz eingeschlafen. Gut, das passiert ihr öfter, aber irgendwie finde ich das heute besonders niedlich. Sie liegt da, ihren Kopf auf einer Hälfte meines Kissens gebettet, die Augen geschlossen und einen Gutteil ihrer braunen Locken im Gesicht. Das sieht einfach nur süß aus. "Hey, Penntüte, nicht schlafen", wecke ich sie und sie murrt leise, schlägt dann aber doch die Augen auf und blinzelt mich müde an. "Was?", fragt sie nuschelnd und ich muss kichern. "Du bist eingeschlafen. Vielleicht solltest Du langsam ins Bett gehen", teile ich ihr mit, hebe den protestierend maunzenden Slim von mir runter und setze mich auf. "Ich bin so langsam nämlich auch ziemlich müde", schiebe ich dann noch schnell hinterher, um Vickys Flunsch vorzubeugen. Auf meine Worte hin trifft mich ein halb skeptischer, halb müder Blick, aber schließlich gibt Vicky sich doch geschlagen und rappelt sich auf, um nach drüben in ihr eigenes Zimmer zu verschwinden. "Okay. Dann gute Nacht, Janni. Und vergiss nicht, was Du mir versprochen hast!", ermahnt sie mich und wartet kurz noch mein Nicken ab, ehe sie mich endgültig mit Franzis evil Katze of Doom alleine lässt. "Zeit zu schlafen", teile ich dem schwarzen Fellball auf vier Pfoten mit und Slim legt den Kopf schief, als wollte er mir sagen, dass es vollkommen bescheuert von mir ist, mit einer Katze zu sprechen. Aber vielleicht interpretiere ich auch einfach nur zu viel in sein Verhalten hinein. Ist ja eigentlich auch völlig egal. Ich bin jedenfalls mittlerweile echt platt, also beschließe ich, das Auspacken meiner Tasche und meines Rucksacks auf morgen zu verschieben. Jetzt werde ich einfach nur noch kurz ins Bad huschen und mich dann wieder in mein Bett schmeissen. Immerhin muss ich für morgen ja schließlich fit sein. Keine Viertelstunde später liege ich tatsächlich in einem meiner Lieblingspyjamas unter meiner kuscheligen Bettdecke, aber im Gegensatz zu eben ist meine Müdigkeit jetzt so gut wie verschwunden. Ich bin hellwach, starre Löcher in die Luft und versuche verzweifelt, meine Gedanken von der Frage abzubringen, was Simon wohl jetzt gerade tut. Ob er auch schon im Bett liegt? Oder ist er noch wach, sieht fern oder macht irgendwas anderes? Hat er vielleicht Besuch oder telefoniert er gerade – möglicherweise mit Flo? Ob er sich vielleicht sogar heute noch mit ihm trifft? Immerhin ist ja schließlich Freitag und wenn sie beide noch nichts vorhaben, dann könnten sie ja zumindest theoretisch ... Nein, ermahne ich mich selbst, nicht daran denken! Das will ich nicht. Und ich will mir das noch viel, viel, viel weniger vorstellen! Auf keinen Fall! Verdammt, Jan, denk an was anderes! Mit einem frustrierten Seufzen rolle ich mich auf die Seite und starre statt der Zimmerdecke jetzt die Wand hinter meinem Bett an, aber irgendwie wollen die Bilder von Flo und Simon zusammen trotzdem nicht aus meinem Kopf verschwinden. Am liebsten würde ich mich jetzt nach oben schleichen, einfach nur um mich zu vergewissern, dass Simon zu Hause und alleine ist, aber da ich das ja wohl schlecht tun kann – wie sähe das denn auch aus? –, ziehe ich mir einfach nur die Bettdecke über den Kopf und verfluche mich selbst dafür, dass ich mir gerade den eigentlich doch recht guten Tag noch nachträglich durch so eine Scheiße ruiniere. Mann, wie blöd bin ich eigentlich? ~*~ Errät irgendjemand von euch, welches meine persönliche Lieblingsszene in diesem Kapitel ist? *kicher* Schwer dürfte das nicht sein. Ihr könnt ja mal spekulieren. ^.~ Bis zum nächsten Mal! *wink* Karma Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)