Blacklist von Saya_Takahashi (Auf der Liste des Todes) ================================================================================ Kapitel 14: Die Hoffnung stirbt zuletzt --------------------------------------- Sakura schlief fast bis zum nächsten Morgen. Als sie die Augen öffnete fühlte sie sich um einiges besser wie am Tag zuvor. Sie richtete sich auf und sah traurig auf die schlafende Hinata, die am Schreibtisch neben ihr lag. Hatte sie die ganze Nacht bei ihr gesessen? Leise kroch sie aus dem Bett, zog sich rasch an und tapste durch die dunklen Flure ins Erdgeschoss. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, doch lange würde es nicht mehr dauern. Sakura kam zum unteren Ende der Treppe und blieb stehen. Ihr Blick glitt nach rechts in den Vorsaal. Gestern noch hatte dort die widerliche Leiche gelegen, das Blut überall an den Wänden geklebt. Jetzt sah es so aus, als wäre nie etwas passiert … „Guuuuten Morgen, Sakuuuura!“ Plötzlich tauchte Naruto neben ihr auf, verursachte ihr fast einen Herzinfarkt und sah sie unsicher an. Eben noch mit einem breiten Grinsen im Gesicht, blickte er auf die gleiche Stelle, zu der sie gesehen hatte. „Morgen Naruto“, sagte Sakura und zwang sich zu einem Lächeln. „Du bist schon wach?“ „So was in der Art“, lachte der Blonde verlegen und kratzte sich am Kopf. Er wollte ihr nicht sagen, dass er und Sasuke die ganze Nacht im Wohnzimmer gesessen und geredet hatten. Sie sollte sich nicht unnötig sorgen. „Kaffee? Ist frisch gemacht!“, sagte er schnell, damit sie nicht darüber nachdachte. Sakura nickte und folgte Naruto in die Küche. Er füllte ihr eine Tasse und ließ sich ihr gegenüber auf den Stuhl fallen. „Geht’s dir besser?“, wollte er vorsichtig wissen. „Hmm“, machte Sakura, derweil sie einen Schluck nahm und dabei zum Fenster schielte. Die ersten Strahlen der Sonne glitten über die weite Wiese, die man von hier aus sehen konnte. Das Meer lag auf der gegenüberliegenden Seite. Trotzdem wäre sie jetzt gerne auf der Veranda gewesen. Das Wasser zu beobachten, wie es sein strahlendes Antlitz zeigte, war etwas Wunderschönes. „Würdest du vielleicht Hinata ins Bett bringen?“, fragte sie schuldbewusst. „Sie ist am Schreibtisch eingeschlafen. Sicher tut ihr so schon alles weh.“ „Oh je“, seufzte Naruto und stand auf. „Klar, mach ich glatt. Bin gleich wieder da.“ Dann ging er und ließ Sakura alleine. Das Mädchen stand auf, nahm ihre Tasse und lief erneut am Vorsaal vorbei. Sie zwang sich diesmal nicht dort hinzusehen, sondern ging weiter ins Wohnzimmer und stellte sich ans Fenster. „Bist du extra wegen der Sonne aufgestanden?“, fragte Sasuke, der auf der Couch gedöst hatte. Sakura nickte leicht, wandte den Blick aber nicht von draußen. „Du hättest lieber ausschlafen sollen“, bemerkte er im brummigen Ton, erhob sich aber und stand gähnend auf. „Los komm mit.“ Sakura drehte sich verwirrt um und sah den Uchiha fragend an. Er grinste nur und ging voran. „Gehen wir raus?“, erriet Sakura, als er mit ihr zum Vorsaal lief und den Code in den Zahlenblock eingab. Flüchtig sah er sich nach ihr um, ließ sie zuerst nach draußen und folgte ihr schweigend. Sasuke streckte sich ausgiebig und ließ sich auf die Treppe der Veranda fallen, die in den Vorgarten führte und zum Meer zeigte. Sakura lächelte und setzte sich mit ihrem Kaffee neben ihn. „Besser?“, fragte er mit dem Blick aufs rauschende Meer. Er meinte damit nicht nur, ob sie den Sonnenaufgang von hier angenehmer fand. Sakura nickte. „Viel besser.“ Sie ließ eine kleine Pause. „Danke.“ Auch sie meinte nicht nur diese Tatsache. „Der Kommandant hat angerufen“, sagte Hinata, währenddessen sie den lautstarken Naruto im Meer beim Plantschen beobachtete. Er saß auf einer Luftmatratze, Sakura auf einer anderen. Gegenseitig versuchten sie sich immer wieder ins Wasser zu stoßen. „Kommt er her?“ Sasuke lag neben der Hyuuga, hatte die Augen geschlossen und ließ sich die wärmende Sonne auf den Körper scheinen. Die schlaflose Nacht hatte ganz schön an seinen Kräften gezerrt, der Tag zuvor war nicht weniger heftig gewesen. „Nein, noch nicht. Er sagte vorhin, er hätte etwas rausgefunden. Es gäbe vielleicht jemanden, der von Sakura weiß. Allerdings muss er das erst prüfen. Er ruft morgen wieder an und gibt uns Bescheid. Dann entscheidet er auch, ob er her kommt, und was wir unternehmen wollen.“ „Es gibt jemanden?“ Sasuke warf Hinata einen interessierten Blick zu. „Kann das möglich sein?“ „Kakashi ist davon überzeugt. Wir müssen abwarten.“ Hinata seufzte und rieb sich die Schultern. Sie musste sich in der letzten Nacht so ziemlich alles verlegen haben, was man sich verlegen konnte. „Ich bin froh, dass es ihr besser geht. Man könnte meinen, es wäre nichts passiert, wenn man sie mit Naruto toben sieht. Immer noch wie die Kinder.“ Hinata lächelte kopfschüttelnd. „Es scheint so, ja“, gab Sasuke zu. „Aber mehr auch nicht. Es wird dauern, bis sie das abhaken kann.“ „Hmm. Das kam unerwartet. Alles kommt unerwartet, aber das … Hat sie dir gesagt, wer er war?“ Sasuke atmete tief durch. „An sich ein unbedeutender Verbrecher. Er wollte Geld. Er hat das Haus durchsucht und sie hat ihn auf den Kameraaufnahmen gesehen.“ „Dann hat sie dich verständigt?“ „Sie wollte.“ Sasuke schüttelte es innerlich. „Aber sie hat sich im Keller versteckt. Dort gibt es keinen Empfang. Ich habe nur ihr anklingeln bemerkt. Dann bin ich losgefahren. Es hat zu lang gedauert … Sie hätte im Keller bleiben sollen!“, sagte er im altem Zorn. „Er hätte durch keine der Türen brechen können!“ „Stimmt“, nickte Hinata. „Das hat sie mir auch erzählt.“ „Das hat sie dir erzählt?“ „Ja.“ Die Hyuuga lächelte und sah zu Sakura, die mittlerweile Naruto stuckte und feixend mit Wasser bespritzte. „Und warum ist sie nicht da unten geblieben?“ „Das weißt du nicht?“ Sasuke schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, ob sie es mir richtig erklären konnte. Sie war gestern noch ziemlich durcheinander, aber sie erzählte etwas von Schreie. Als hätte jemand die ganze Zeit in ihrem Kopf geschrieen. Sie glaubte, es wäre eine Frau gewesen, und dann musste sie ständig an irgendwelche Folterfilme denken.“ Hinata seufzte. Bisher hatte sie nicht weiter darüber nachgedacht. „Sie bekam Angst, verstehst du?“ „Nicht wirklich. Sie musste doch schon Angst haben, als sie in den Keller rannte.“ „Eine andere Art von Angst“, sagte Hinata leise. „Angst um dich. Sie meinte, ihr wären ständig Bilder von dir in den Kopf gekommen, weil du vielleicht unvorsichtig zurückgekommen wärst und der Einbrecher dich erwischt hätte.“ Sasuke starrte die Hyuuga fassungslos an. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, was sie ihm da gesagt hatte. „Verdammt“, entfuhr es ihm und er richtete sich jäh auf. „Warum denkt sie so ein Scheiß? Das hätte sie fast …“ Er brach den Satz ab und sah zu Sakura hinüber. Es fuhr ihm durch Mark und Bein. „Das ist nicht normal!“ Hinata musste sich ein unhörbares Kichern verkneifen. „Das ist normal, Sasuke!“, sagte sie dann aber ernst. „Sakura mag dich. Anders als sie mich oder Naruto mag. Du hast ihr sooft das Leben gerettet, sie vertraut dir mehr als allen anderen! Sie hatte Angst dich zu verlieren. Angst, dass du ihretwegen sterben könntest …“ Der Uchiha schüttelte nachdenklich den Kopf, und plötzlich kamen ihm seine dahin geworfenen Worte von gestern in den Sinn, die er ihr in seiner Wut gesagt hatte. Nur ein Auftrag … Sasuke sprang auf die Beine. „Ich brauch mal ne Pause“, sagte er knapp, ehe er Hinata und die anderen alleine am Strand zurückließ. Am Abend war Sasuke noch immer nicht zurück und langsam machte sich Sakura Gedanken. Hinata hatte ihr zwar gesagt, dass er nur etwas für sich sein wollte, aber dennoch konnte sie nicht nachvollziehen, warum er dann nicht einfach in sein Zimmer ging. Auch für ihn war es doch gefährlich, oder nicht? „Ich geh ne Runde pennen“, sagte Naruto und gähnte herzhaft. Er hatte sich den Bauch voll geschlagen und wirkte alles andere als munter. Er gab Hinata einen zärtlichen Kuss und Sakura einen Klaps auf die Schulter. „Bis später.“ „Als wenn er noch mal wach werden würde“, brummte Sakura und nippte an ihrem Tee. Dann sah sie zu Hinata. „Geh doch auch ein bisschen schlafen, hmm?“ „Ach was, ich bin gar nicht so müde“, lächelte die Hyuuga. „Was ist mit dir?“ Sakura schüttelte den Kopf. „Ich bleib noch ein bisschen wach.“ „Du wartest auf Sasuke, stimmts?“ „Ach was. Es ist einfach noch zu früh.“ Hinata kicherte leise. „Du wirst rot, Sakura!“ „Wie?“ Sakura fasste sich an die Wangen. „Quatsch! Das ist Unsinn!“ „Es ist die Wahrheit! Gibt’s doch zu, du magst Sasuke, nicht wahr?“ „Ganz und gar nicht!“ „Ach nein?“ Sakura knurrte vor sich her. „Ein bisschen vielleicht. Mehr aber nicht!“ Hinata schüttelte grinsend den Kopf und erhob sich. „Ich geh hoch ins Zimmer. Ich muss noch mit dem Hauptquartier telefonieren. Willst du hier bleiben?“ Sakura nickte. „Ja, aber nicht lange …“ „Gut.“ Die Hyuuga stellte ihre Tasse in den Abwasch. „Aber geh bitte nicht raus, okay?“ „Werde ich nicht. Versprochen.“ Hinata verließ die Küche und auch Sakura setzte sich lieber ins Wohnzimmer. Sie schaltete den Fernseher an und hörte eine Weile dem Abendprogramm zu, als sie eine Sms bekam und neugierig öffnete. Es war Ino, die ihr schrieb, wie toll es in London war und das es ihr gut ging. Sie fragte noch, was Sakura machte und ob sie in den Ferien nicht einfach nach London kommen wollte … Das wäre schön, dachte die Rosahaarige, schrieb aber, dass sie arbeiten musste und nicht genug Geld dafür hatte. Eine ganze Weile schrieben sich die beiden Freundinnen hin und her. Ino erzählte, wie sie während der Proben ihrer Mutter auf dem Catwalk gelaufen war, und dass sie ganz tolle Kleider hatte anziehen dürfen. Sakura erwiderte, dass bei ihr alles seinen normalen Gang lief, sie nun aber ebenfalls krank war und nicht zur Schule konnte. Fast ein bisschen traurig legte das Mädchen ihr Handy weg. Es war wie früher gewesen, wenn sie uns Ino sich schrieben. Das ganze Drumherum hatte sie dabei bald vergessen gehabt. Erst als die Tür im Vorsaal aufging, wurde sie zurück in die Realität gezogen. Sakura sah auf und erwartete Sasuke. „Keiner da?“ Unerwartet trat Kakashi ins Wohnzimmer, und kaum dass er Sakura alleine auf der Couch erblickte, blieb er jäh stehen. „Hallo Sakura“, sagte er, lächelte freundlich und machte einen Schritt rückwärts. Er ging in Hab-Acht-Stellung, verlor aber nicht seine fröhliche Haltung. „Ich komme etwas unangemeldet, aber es gibt wichtige Neuigkeiten.“ „Hmm.“ Sakura war aufgestanden und fixierte den Hatake argwöhnisch. Sie versuchte sämtliche Emotionen, die sich in ihr breit machten, zu verdrängen. Er war nicht der Feind, sagte sie sich immer wieder. „Soll ich noch etwas zurückgehen?“, fragte er aufmerksam. „Geht schon“, presste Sakura zwischen den Zähnen hervor. Wieder wurde die Tür aufgemacht, und diesmal war es Sasuke, der überrascht neben Kakashi erschien. „Sie sind schon da?“ Er sah zu Sakura, die ihre Hände geballt hatte, aber recht beherrscht wirkte. Dennoch ging er zu ihr hinüber und zog sie mit sich auf die Couch. „Wo sind Naruto und Hinata?“ „Wir kommen“, hörte man die Stimme der Hyuuga. Sie hatte natürlich mitbekommen, dass es im Wohnzimmer eine Versammlung gab. „Guten Abend, Kommandant!“, sagte sie lächelnd und setzte sich auf die andere Seite von Sakura. „Gibt es was Neues?“ „Kommandant Kakashi?“ Naruto stand hinter dem Grauhaarigen und rieb sich verschlafen die Augen. „Man, bin ich müüüüüde“, gähnte er und schmiss sich auf den Sessel. „Ich dachte, sie wollten morgen erst anrufen?“ „Haben sie etwas herausgefunden?“, fragte Hinata. Kakashi nickte und seine Züge wurden gleichsam ernster. „Ja. Ich denke, ein starker Kaffee wäre nicht schlecht …“ Es war bereits späte Nacht, doch im Wohnzimmer von Sasukes Elternhaus brannte noch immer das Licht. Sasuke selbst hielt sich mit Sakura etwas abseits, derweil Kakashi, Naruto und Hinata um den Wohnzimmertisch saßen. „Ich kann das noch immer nicht fassen“, sagte Naruto und wirkte verärgert. „Wie kann man ein ehemaliges Akatsukimitglied ins Zeugenschutzprogramm aufnehmen? Das ist doch verkehrte Welt! Der gehört weggesperrt und …“ Ruckartig brach er ab, da er vor Sakura nicht von solchen Dingen reden mochte. Seine Wut jedoch blieb. „Versteh ich ganz und gar nicht!“ „Er hatte eine recht reine Weste“, erwiderte Kakashi fahl. Auch er schien nicht viel davon zu halten. „Und er hat der Regierung einige wichtige Informationen geliefert. Er wäre längst tot, wenn man ihm keine neue Identität verschafft hätte. Er und seine Familie.“ „Hn.“ Sasuke war nicht weniger enttäuscht von seinen Vorgesetzten in Osaka. Kakashi hatte ihnen erklärt, dass sich die Anbu selbst für den Akatsuki eingesetzt hatten. „Wie auch immer“, sagte Hinata, damit sie sich nicht zu lange mit unabänderbaren Dingen beschäftigten. „Dieser Kerl lebt also irgendwo auf russischem Territorium, erfreut sich bester Gesundheit und ist womöglich in der Lage, uns etwas über Sakura zu erzählen?“ Kakashi nickte. „So sieht es aus. Ob er etwas über sie weiß, kann ich nicht zu hundert Prozent sagen, aber die Möglichkeit besteht.“ „Dann fliegen wir nach Russland?“, fragte Naruto und erzitterte. „Dort ist es kalt!“ „Dort gibt es genauso Sommer wie hier“, brummte Sasuke zurück. „Nicht direkt nach Russland“, schmunzelte Hinata ihren Freund an. „Chabarowsk liegt im fernöstlichen Russland. Wir müssen eigentlich nur über das japanische Meer. Es ist gar nicht so weit.“ „Ach nee?“ Hinata schüttelte den Kopf. „Nein. Chabarowsk ist eine Region und auch die gleichnamige Hauptstadt, nicht Russland selbst. Weiter westlich käme dann China. Viel später erst Russland.“ Hinata versuchte es ihrem Freund so einfach wie möglich zu erklären. Geografie gehört mit zu Narutos absoluten Schwächen … Neben Mathe und den anderen Schulfächern. „Und dieser Kerl ist in Chabarowsk?“ Sasuke klang argwöhnisch. Es gefiel ihm nicht besonders das sichere Haus seiner Eltern zu verlassen. „So sieht es aus. Ich habe seine Adresse bekommen, allerdings ist es sehr vage. Die ganze Angelegenheit, was ihn betrifft. Wenn jemand spitz kriegt, dass ich seinen Aufenthaltsort herausgekriegt habe, bin ich meinen Job los!“ Kakashi seufzte theatralisch. „Obwohl ich schon immer dem Ruf der Natur folgen wollte“, philosophierte er. „Gärtner vielleicht? Ach lassen wir das …“ „Wie heißt er?“, fragte Hinata und umging dabei die dramatischen Worte ihres Anführers. „Und welchen Rang hat er bekleidet?“ „Sein Name ist Dr. Rufus Ikamusa. Er ist britisch-japanischer Abstammung und hat als Arzt gearbeitet. Die Akatsuki haben eigene Ärzte“, fügte Kakashi auf Sakuras fragenden Blick hinzu. „Sie kümmern sich um die Verwundeten, die noch gebraucht werden. Der noch von Nutzen ist, hat nicht zu sterben, verstehst du?“ Sakura nickte knapp. „Die Akatsuki foltern auch, nicht?“ Kakashi blinzelte, tauschte mit Sasuke einen irritierten Blick, nickte dann aber. „Auch das, ja.“ „Dann sorgen diese Ärzte auch dafür, dass man die Folter überlebt?“ „Wenn die betroffene Person Informationen hat, die nützlich sind ja. Die Prozedur wiederholt sich, bis man doch verrät, was man weiß. Dann erst lässt man sie sterben.“ Sakura verzog keine Miene. „Ikamasu war so ein Arzt, oder?“ Kakashi senkte den Blick und seufzte. „Ja …“ Wie Sakura zu dieser Schlussfolgerung gekommen war, blieb ein Rätsel. Auch für sie selbst. Nach der Versammlung, es war weit nach ein Uhr nachts, saß sie zusammen mit Hinata auf der Veranda und lauschte dem Meer. Die Haustür ging auf und Sasuke trat ins schwache Licht der Laterne. Hinata stand auf und lächelte Sakura an. „Ich geh mal ins Bett. Gute Nacht.“ Sie nickte dem Uchiha kurz zu, dann trat sie ins Haus und schloss hinter sich die Tür. „Ich kann auch rein gehen“, sagte Sakura, als sich Sasuke auf die Hollywoodschaukel setzte, derweil sie vor ihm auf den Stufen sitzen blieb. „Dann müsst ihr euch hier draußen nicht abwechseln.“ Es war wirklich nicht angenehm, dass ständig jemand um sie sein musste. „Bist du nicht müde?“, fragte Sasuke, ohne auf ihre Aussage einzugehen. „Es ist spät und es war ein langer Tag.“ „Es geht.“ „Willst du aufbleiben, bis die Sonne aufgeht?“ Sakura schmunzelte. „Das wäre schön. Aber dann würde ich euch wohl vom Schlafen abhalten.“ Eine Weile blieb es still und jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Irgendwann stand Sasuke jedoch auf und ließ sich neben Sakura auf die Treppe fallen. Unverwandt sah er in die Dunkelheit, als prüfe er die Gegend. „Ich war vorhin auf dem Weg nach Osaka“, sagte er plötzlich, lehnte sich etwas nach hinten und schloss die Augen. „Osaka? Warum das?“ Sakura sah den Uchiha fragend an, doch ein beklemmendes Gefühl beschlich sie. Sie senkte den Blick und vergrub die Hände in den Ärmeln ihrer Strickjacke. „Warum bist du dann zurückgekommen?“, fragte sie leise, wobei ihre Stimme kaum merklich zitterte. Sasuke zuckte innerlich zusammen. Sie hatte es wohl erraten … „Ich bin nur in die Richtung gefahren“, meinte er und atmete etwas lauter aus. „Aber du hast Recht, ich wollte den Auftrag abgeben …“ „Hmm.“ Sakura lächelte traurig. „Vielleicht wäre es für dich besser gewesen.“ „Nicht für mich!“ Fast wütend schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf. „Hinata hat mir gesagt, dass du wegen mir den Keller verlassen hast! Dass du so ein Mist machst wegen mir … Verdammt, das war total irrsinnig!“ Sakura blieb stumm und lächelte vor sich hin. Sie griff nach einem kleinen Kieselstein und warf ihn zu den Bäumen. „Deswegen bin ich weggegangen.“ Sasuke nahm ebenfalls einen Stein und warf ihn ihrem hinterher. „Ich will nicht mit ansehen müssen, dass du wegen mir … dass wegen mir etwas schief geht. Aber ob ich dir das sage oder nicht …“ Sasuke fuhr sich durch die hochstehenden Haare und schüttelte erneut den Kopf. „Du würdest es wahrscheinlich wieder machen …“ „Weißt du, was man über Steine sagt?“ Sakura kicherte jäh und blickte dabei auf die Stelle, wo die beiden Kieselsteine gelandet sein mussten. „Über Steine?“ Sasuke verstand nicht. Wieso wechselte sie jetzt das Thema? Das Mädchen nickte. „Wenn man sie ins Wasser wirft, gehen sie immer unter. Ob ein kleiner Stein, oder ein großer, langsam oder schnell … so hat es die Natur arrangiert. So und nicht anders. Ein Stein wird immer untergehen.“ Sasuke seufzte gequält. „Das ist kein besonders aufbauender Vergleich, Sakura! Du bist kein Stein, und du wirst nicht sterben!“ „Irgendwann müssen wir alle sterben, schon vergessen? Die kleinen Lichter … Es ist nur eine Frage der Zeit, und meine Zeit ist …“ „Schluss jetzt! Das ist absoluter Schwachsinn! Wenn du noch einmal versucht, jemanden zu retten und dabei dein Leben aufs Spiel setzt, werde ich dich eigenhändig in einen Keller sperren!“ „Aber was will ich mit einem Leben, wenn es niemanden mehr gibt, mit dem ich es teilen kann? Es wäre doch nicht … nicht besonders schön, wenn ich Naruto und Hinata, Ino oder … oder dich nicht mehr darin hätte.“ Sasuke hätte Sakura am liebsten angebrüllt, wie dumm sie sich verhielt, dass sie wirklich sterben würde, wenn sie so weitermachte. Aber er tat es nicht … „Warum bist du nicht nach Osaka gefahren?“, fragte sie, als sie schon aufstand. Sasuke zuckte mit den Schultern. „Ich habs mir einfach anders überlegt.“ Eine Weile blieb es ruhig. „Und weil ich keinem anderen dein Leben anvertrauen möchte.“ Noch lange lag Sakura in ihrem Bett und dachte über das nach, was Sasuke gesagt hatte. Er wollte niemand anderem ihr Leben anvertrauen … Seufzend rollte sie sich auf die Seite und musste plötzlich grinsen. Dieser Satz löste ein angenehmes Gefühl aus, wie eine kindliche Erheiterung. Ob er sie mochte? Sakura kicherte bei dem Gedanken in sich hinein. Sasuke war mit Sicherheit jemand, den man nur schwer einschätzen konnte, aber die Vorstellung, dass er so etwas sagte … doch er hatte es ja getan, oder nicht? Er hatte zu ihr gesagt, dass er auf sie aufpassen wollte. Die Rosahaarige griff nach ihrem Handy und überlegte. Am liebsten hätte sie jetzt Ino davon erzählt. Gesagt, dass es jemand in ihrem Leben gab, der diese Gefühle in ihr weckte. Sie wollte mir ihr ein Gespräch führen, wie es beste Freundinnen in so einer Situation taten. Ein ganz normales Gespräch über Jungs. Sakura legte ihr Handy zurück auf die Kommode und ließ sich in die Kissen sinken. Ihr Leben war nicht normal, und das Sasuke so etwas gesagt hatte, hatte keine weitere Bedeutung für ihn. Und für sie? Was bedeutete ihr der Uchiha? War er für sie mehr als nur ihr ständiger Aufpasser, mehr als ihr Beschützer? Vielleicht, aber war das überhaupt wichtig? Im Moment hatte sie gänzlich andere Dinge im Kopf zu haben, und nicht, ob sie für einen Jungen, der zudem Menschen tötete, Gefühle hegte. Er war anders als sie, er war anders als jeder normale Junge in seinem Alter. Und das konnte sie Ino kaum erzählen, obwohl sie gerne mit ihrer Freundin gesprochen hätte. Wieder seufzte Sakura, griff noch einmal nach ihrem Handy und wählte Inos Nummer. Es bimmelte einige Male, doch schließlich war es nur die Mailbox, die ran ging. Sakura legte auf, schloss die Augen und versuchte nicht weiter darüber nachzudenken. In Wahrheit aber spürte sie, wie ihr die Tränen kamen. Ino war ihre beste Freundin, ihre Familie, alles was sie in den letzten Jahren gehabt hatte. Und nun lagen tausende von Kilometer zwischen ihnen, und vielleicht würden sie sich nicht einmal mehr wieder sehen. Nie mehr … Sakura zuckte zusammen, als ihr Handy lauthals klingelte. Eilig schnappte sie danach und atemlos meldete sie sich. „Ja?“ „Hey du Nuss“, hörte sie die aufgeweckte Stimme der Yamanaka. „Du hast grade angerufen, stimmts?“ „Ino? Ja, hab ich, aber …“ Sakura konnte es kaum glauben und musste sich auf die Lippen beißen, um nicht weinerlich zu klingen. Die vertraute Stimme ihrer Freundin zu hören, ihren heiteren Ton, war so beruhigend, dass sie alles um sich herum vergaß. „Stör ich grade?“ „Nee“, flötete es aus dem Hörer. „Ich war nur grade auf Klo. Was gibt’s neues bei dir?“ „Nichts weiter“, log Sakura und lächelte traurig. „Und bei dir? Haben sie dich schon entdeckt?“ „Ach, das sind Pappnasen hier! Aber die Kleider, boah das kannst du dir kaum vorstellen … man, ich bin echt hin und weg. Aber trotzdem ist es irgendwie langweilig, und ich bin echt froh, wenn ich wieder zu Hause bin.“ „Achso? Warum das?“ Ino lachte auf und Sakura konnte sich vorstellen, wie ihre Freundin dabei den Kopf schüttelte. „Na weil es doof ohne dich ist, du Nuss. Aber weißt du noch, wie wir uns manchmal über die Sterne aufgeregt haben, weil man die in Tokio kaum sieht? Hier ist zwar nicht besser, aber den einen Abend waren wir in ner ganz kleinen Stadt, in irgend so einer Provinz, man waren die Sterne hell! Guckst du ab und an noch nach den Sternen? Hab sie vorhin gesehen, und musste voll an dich denken, ach nee!“ „Echt?“, lachte Sakura zurück, und die ersten Tränen liefen ihr über die Wangen. „Aber ich schau noch nach ihnen, ja. Und dann denk ich auch an dich. Ich freu mich, wenn du wieder da bist.“ „Ja, dann können wir auch mal wieder aufs Land fahren, so richtig mit Zelt, und dann sehen wir sie uns wieder zusammen an!“ „Das wär toll“, sagte Sakura und wischte sich über die Augen. „Ich freu mich darauf.“ „Und ich mich erst! Ich hab dir soviel zu erzählen … oh, du ich muss Schluss machen, Mama ruft. Aber ich ruf dich morgen wieder an, wenn du willst. Ich komm hier sonst um und du musst mir erzählen, was es neues in der Schule gibt!“ „Ja …“, sagte Sakura und konnte die Worte nur noch hinauspressen. „Das mach ich. Wir hören uns morgen, Ino …“ „Wir hören uns morgen!“, rief die Yamanaka, wollte schon auflegen, doch Sakura hielt sie noch einmal auf. „Ino?“, fragte sie und atmete tief durch. „Wir bleiben immer Freunde, oder?“ Für einen Moment blieb es still und Sakura glaubte schon, Ino wäre längst weg, doch dann hörte sie die Stimme der Blonden, die leicht verändert klang. „Wir bleiben immer Freunde, Sakura“, kam es hörbar traurig aus dem Lautsprecher. „Die besten, egal was kommt.“ „Okay. Egal was kommt“, lachte Sakura. „Bis morgen.“ Dann legte sie auf, sank zurück und begann bitterlich in ihre Kissen zu weinen. Es kamen immer mehr Tränen, ließen Sakura erzittern und schluchzen. Das Gespräch mit Ino hatte sie wehmütig an alte Zeiten erinnert, und immer wieder kamen die schönen Erinnerungen mit ihrer Freundin hoch. Verdammt, dachte sie irgendwann, stand auf und ging zum Fenster. Wacklig stellte sie an die Fensterbank, öffnete die Türen und ließ den sanften Wind hinein. Sie musste sich beruhigend, es würde schon gut ausgehen. Ino und sie würden sich wieder sehen, ihr normaler Alltag würde eines Tages zurückkehren können. Sakura schlang die Arme um sich, atmete tief durch und blickte noch einmal zu den entfernten Tannen, die hoch in den dunklen Himmel ragten. Die Sterne strahlten hell, und sie glaubte sich ihrer Freundin im entfernten Europa soviel näher, wenn sie ihr Leuchten beobachtete. Sie lächelte betrübt, schloss die Augen und sagte sich, dass sie nur hoffen musste. Hieß es nicht, die Hoffnung starb zuletzt? So hieß es, ja. Doch dann überkam sie ein seltsames Gefühl. Schlagartig riss Sakura die Augen auf, bewegte sich wenige Zentimeter und fuhr zusammen, als sie den gedämpften Schuss hörte. Keine Sekunde später griff sie sich an die Schulter, fühlte die warme Flüssigkeit an ihren Fingern und keuchte heftig. Gerade so schaffte sie es, sich zur Seite zu schmeißen, als schon der nächste Schuss ertönte, die Vase auf der anderen Seite des Zimmers traf und sie in tausend Stücke zerschoss. „Sasuke!“, rief Sakura, glaubte dabei zu Schreien, doch war es nicht mehr als ein Flüstern. „Sasuke …“ Sie kroch über den Teppich, fasste in die Glasscherben, merkte nicht wie sich die Splitter in ihre Haut bohrten und flüsterte immer und immer wieder Sasukes Namen. Die Tür wurde aufgerissen, doch war es nicht Sasuke, der sie mit erstarrtem Gesicht ansah, ehe er die anderen rief. Hinata griff nach ihr, zog sie aus dem Zimmer und schmiss sich mit ihr in Sicherheit. „Sakura, verdammt was … Wurdest du getroffen?“ Hinatas Stimme klang panisch, und sie zerrte das rosahaarige Mädchen in eine aufrechte Position. „Hörst du mich?“ „Alles okay“, wisperte Sakura schlapp. „Nur gestriffen.“ „Gott …“ Hinata presste sich die Hand auf den Mund, merkte die Tränen, die ihr über die Wangen liefen und riss Sakuras Nachthemd an der verwundeten Schulter auf. Das Blut hatte es längst durchtränkt, und zittrig warf sie den Fetzen zu Boden. „Was ist … scheiße!“ Es war Naruto, dicht gefolgt von Kakashi und Sasuke, der die Treppe hinaufgerannt kam. „Sakura! Hinata, was …“ „Schließt alles ab!“, schrie die Hyuuga. „Sie haben durchs Fenster geschossen!“ „Verdammt!“ Sasuke ging vor der Rosahaarigen auf die Knie. Er sah sie fassungslos an, schaffte es aber die Nerven zu bewahren und Sakura hochzuheben. „Sichert ihr das Haus, ich bringe sie ins Wohnzimmer. Hinata?“ „Ja?“ „Die Verbände sind im Medizinschrank im Bad. Bei dir ist alles okay?“ Hinata nickte atemlos. „Wie konnten sie uns finden?“ „Das überlegen wir später. Naruto, steh nicht so rum, hilf Kakashi!“ Sasuke lief eilends, wohl aber vorsichtig mit Sakura den Korridor entlang und hinunter ins Wohnzimmer. „Hast du jemanden gesehen?“ „Nein.“ Sakura schüttelte den Kopf. „Nur die Sterne …“, flüsterte sie und lächelte leicht, als wäre sie längst in einer anderen Welt. Einer schöneren, zusammen mit ihrer besten Freundin, mit der sie sich ewige Freundschaft geschworen hatte. Würde sie Ino wieder sehen? Vielleicht, doch ihre Hoffnung hatte sie verloren. _________________________________ Ich habs getan! Ich habe doch zwei Kapitel mit einmal hochgeladen *seufz* Aber ich halts kaum aus, die so hinauszuzögern *lach* und dabei bin ich doch so Kommiverrückt und fürchte bei mehreren Kappis, weniger zu kriegen *schnief schnief* Naja, muss ich mit Leben, aber ich bin mittlerweile bei Kapitel 22 und langsam näherte sich die FF dem Ende und ach, ich bin deswegen so aufgeregt und neugierig wie ihr es findet *g* Naja ich wünsch euch noch einen angenehmen Tag und hoffe es hat euch gefallen! Vielen Dank für die ganzen letzten Kommentare, ihr seid echt goldig! Und bald gibts auch Antworten auf sämtliche Fragen, naja bald ... Gut, geschrieben sind die Antworten *lach* aber ehe die Kapitel draußen sind hihi Liebe Grüße, Eure Cherry Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)