Black Crow von Hinatara (Akatsuki Tribute) ================================================================================ Kapitel 24: Frieden ------------------- Hotaru fing an, sich abzuschotten. Er sprach kaum mehr und saß die meiste Zeit nur noch zusammengekauert in einer Ecke. „Morita, sein bester Freund, ist letzte Nacht getürmt“, hatte Taka Haruka erklärt und dann hilflos mit den Schultern gezuckt. „Hotaru wird wohl noch ein paar Tage etwas wortkarg sein – anscheinend hat Morita ihn nicht einmal über sein Vorhaben informiert.“ Haruka betrachtete den Jungen aus der Ferne. Obwohl er nicht sonderlich nett zu ihr gewesen war, fühlte sie sich fast verpflichtet, ihn ein wenig aufzumuntern – aber ihr fiel nichts ein. Zuerst vertraute sie auf Ren gutes Zureden – aber der stand mit genauso schlechter Laune auf wie Hotaru. Bei ihm fand nicht einmal Taka einen guten Grund dafür. Wenngleich Ren sich schnell erholte, veränderte Hotaru sich nach dem Vorfall. Er wurde still und hatte plötzlich kaum noch freche Sprüche auf den Lippen. Nicht einmal gegen sie – im Gegenteil. Als sie mit Kaiya ein wenig durchs Dorf schlendern wollte, stand er plötzlich vor ihr und schloss sich ihr wortlos an. Haruka fand das zwar seltsam – insbesondere, da es Hotaru war! - aber sie ließ ihn gewähren. „Weißt du…“ Sie zuckte ein wenig zusammen, als Hotaru plötzlich anfing zu sprechen, nachdem sie die bisherige Zeit schweigend verbracht hatten, doch er ließ sich davon nicht stören, sah stur Kaiya nach, wie sie über die Wiesen tobte. „…es heißt, der neue Herrscher soll so mächtig sein, dass er den Regen aufhalten kann. Deswegen ist es seit einigen Tagen so trocken.“ „Tatsächlich?“ Immer noch ein wenig misstrauisch sah sie zu ihm, er erwiderte ihren Blick nicht. „Woher weißt du das?“ „Ren hat das in einem der Dörfer aufgeschnappt.“ Kaiya bellte und wartete auf die zwei Nachzügler. „Amegakure soll in den letzten Schlachten vollständig zerstört worden sein. Jetzt wird es wohl wieder aufgebaut.“ „…Der Krieg ist wohl zu Ende, hm?“ „Ja, aber bis wir etwas davon merken, hat der nächste vielleicht schon begonnen…“ Haruka wurde wieder still und kraulte Kaiyas Ohren, als diese wieder zu ihr kam. Das war wahr. Auch, wenn sich die Shinobi aus den anderen Ländern zurückziehen würden – bis alles wieder aufgebaut war, bis wieder Normalität einkehren würde, würde es lange dauern. Und all die Toten könnte das auch nicht zurückbringen… „Haruka…“ Der Weißhaarige hatte den Kopf gehoben. „Uhm… tut mir Leid, dass ich immer so unfair zu dir war. Ich…will mich besser, okay?“ Sie lächelte schwach. „Da bin ich gespannt.“ Er erwiderte dies mit einem breiten Grinsen – und er würde Recht behalten. Fortan bemühte Hotaru sich, Haruka in keiner Weise negativ aufzufallen. Er stand plötzlich morgens in der Küche, um Taka und ihr zu helfen, er lief immer öfter mit ihr und Kaiya mit und schenkte ihr ein Lächeln, sobald sie den Raum betrat. Taka beobachtete alles mit wissendem Grinsen, nur Haruka verstand nicht, was dieser Sinneswandel plötzlich sollte. „Du wirst das bald verstehen“, sagte Taka dazu und hob dann den Finger an die Lippen, als Zeichen des Schweigens. Aber was das alles sollte, das wusste Haruka wirklich nicht. Das verstand sie erst, als Hotaru sie aufsuchte, als sie gerade das dreckige Fell des alten Ponys kämmte, und sie am Arm festhielt, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. „Willst du etwas Bestimmtes?“, fragte sie, doch dann spürte sie auch schon seine Lippen auf ihren. Erschrocken stieß sie ihn zurück. „Wa…Was soll das?!“ Immer war er abweisend zu ihr gewesen, immer hatte er sie ignoriert. Jetzt war er plötzlich nett, umgänglich und jetzt dass – Haruka war verwirrt, sie wusste nicht mehr, welcher dieser Hotarus der echte war, und sie wusste auch nicht, warum er sich so verhielt. Hotaru sah sie verletzt an. „Haruka… ich liebe dich.“ Wortlos drehte Haruka sich um und lief aus dem kleinen Stall, rannte quer über dem Hof und fiel vor Kaiya auf die Knie, um die verwirrte Hündin an sich zu drücken und ihren Kopf in ihrem Fell zu vergraben. Was sollte das? Was sollte das alles? Sie verstand gar nichts mehr. Dass sie sich bei Hotaru entschuldigen müsste, wurde ihr noch in der Hälfte der Nacht klar, als sie wach lag und über sein Verhalten nachdachte. Dass dies nicht mehr möglich war, erfuhr sie am nächsten Morgen von Taka. Hotaru war nicht mehr da. Hotaru war in der Nacht verschwunden. Sie war schuld, das war ihr sofort klar. Hätte sie sich gleich entschuldigt, wäre er nicht weggelaufen. Dann wäre er jetzt noch hier… Fast wie ein Geist, gedankenlos, emotionslos, schritt Haruka durch den verlassenen Flur. Die meisten Kinder waren bereits außer Haus und würden erst am Abend wieder kommen. Auf der verlassenen Veranda erkannte sie Ren, der mit dem Rücken zu ihr in Gedanken versunken schien. „Oh…“ Er drehte sich um, als er ihre Schritte hörte. „Haru-chan.“ Seine Augen waren rot umrundet und sein Lächeln erreichte nicht einmal seine Mundwinkel ganz. Haruka senkte den Kopf. Was Hotarus Verschwinden für ihn bedeutete – das konnte sie sich vermutlich nicht einmal im Entferntesten ausmalen. „…Es ist meine Schuld, Ren-san!“, stieß sie hervor. „Es ist meine Schuld, dass Hotaru weg ist!“ Kurz sah er sie still an, dann wand er den Kopf wieder ab. „…Verzeih mir, Haru-chan.“ Mehr sagte er ihr nicht. Und wieder wurde sie im Unverständnis gelassen. Wieder änderte sich alles für sie. Ren sonderte sich ab, manchmal bekam man ihn wochenlang nicht mehr zu Gesicht, obgleich er im Haus war. Haruka wurde wieder stiller, nur Kaiya und Taka konnten sie erreichen. Taka versuchte, sie aufzumuntern, aber die Kluft, die Hotarus Verschwinden gelassen hatte, konnte er nicht überwinden. Kaiya weckte Haruka mitten in der Nacht. Sie bellte so laut, dass vermutlich inzwischen auch alle anderen Zimmer wach waren. Müde lief das Mädchen nach unten, und strich der aufgeregten Hündin über den Kopf. Die Leine, die sie an die Hütte kettete, welche Taka und Ren für sie gebastelt hatte, war aufs äußerte gespannt und sie fiepte, als sie ihre Besitzerin sah. Fröstelnd in der Abendluft kuschelte Haruka sich an das Tier. „Was ist los, Kaiya?“ Das Bellen hatte aufgehört, aber ganz zufrieden sah Kaiya immer noch nicht aus. Seufzend strich sie über ihr Fell und redete ruhig weiter. „Wie lange ich jetzt schon hier bin…? Vier Jahre. Das ist ganz schön lange, denkst du nicht?“ Kaiya winselte. „…Vier Jahre…“ Noch einmal kraulte sie die Ohren des Hundes, bevor sie aufstand und zurück ins Haus ging. Kaiya schien sich wieder beruhigt zu haben und hatte hoffentlich nicht vor, noch einmal alle aus dem Schlaf zu reißen. „…Wen haben wir denn da…?“ Überrascht von der unbekannten Stimme sah Haruka auf. In der Tür standen zwei Männer, die sie noch nie gesehen hatte und grinsten sie an. Hinter ihr fing Kaiya wieder an zu kläffen. „Wusste gar nicht, dass Ren hier auch Mädchen hat. Und so ein Hübsches gleich dazu…!“ Haruka senkte den Blick. Wer die Männer waren, wusste sie nicht, aber allen Anschein nach kannten sie Ren und dann waren es Gäste. Sie wollte an ihnen vorbei wieder zurück auf ihr Zimmer gehen, doch einer hielt sie am Arm fest. „Wie alt bist du denn, Süße? 15? 16?“ Er hatte ein Tatoo über dem Auge und seine Haare blond gefärbt, sein Bart war schwarz. Vielleicht war er so alt wie Ren, aber Ren trug nicht so viele Waffen am Körper. Trotz diesen machte keiner der beiden Männer den Eindruck eines Shinobi. Wäre Haruka sich nicht sicher gewesen, die Mörder ihrer Eltern auf dem Gewissen zu haben, sie hätte geglaubt, ihre Gesichter in diesen beiden zu erkennen… Ohne auf seine Frage einzugehen, versuchte sie sich loszumachen. „Nicht so schüchtern.“ Er grinste immer noch. „Ich habe dir doch nur eine Frage gestell-“ „Lasst die Kinder in Ruhe!“ Das war Ren. Augenblicklich wichen die beiden Männer von ihr zurück und sahen ihn unverändert an. „Wir haben uns mit der Süßen doch nur unterhalten, Ren-san. Ist das verboten?“ Haruka spürte Ren hinter sich, seine Hand tätschelte wieder ihr Haar. „…Geh schlafen, Haruka.“ „J…ja…“, murmelte Haruka entschuldigend und lief zur Treppe. Auf der ersten Stufe stockte sie, sie konnte die Stimmen der drei Männer hören. „-wie mit dem Jungen, Ren-kun. Sollen wir uns immer wiederholen?“ „Haruka gebe ich nicht her.“ „Dann noch einmal für dich zum mitschreiben: Das sind Straßenkinder, Ren. Wenn du sie so nah an dich heran lässt, ist das nicht unser Problem. Mit dem Jungen letztens war das doch schon so ein Theater für dich.“ „Das ist eine ganze Menge Geld. Mädchen werden höher gehandelt, Ren-kun, das weißt du. Wolltest du sie vor uns verstecken?“ „Aber-“ „Aber?! Ich bitte dich, Ren-kun, du bist nicht in der Position für ‚aber’. Du weißt, der Hokage würde darauf brennen, etwas von den Machenschaften deines verehrten Bruders zu erfahren…!“ „Lasst meinen Bruder aus dem Spiel!“ „Dann sind wir uns wohl einig.“ Haruka hatte sich nicht gerührt. Bilder schwammen vor ihren Augen. Der Junge… Hotaru… Rens unverständliche Entschuldigung… Preis… Bruder… Sie spürte einen Griff in ihr Haar, dann wurde sie mit einem Ruck zurückgezogen. Haruka schrie. „Haben dir deine Eltern nicht gesagt, dass man anderer Leute Gespräche nicht belauscht!“ Das grinsende Gesicht von zuvor schob sich in ihr Blickfeld, ohne dass der Schmerz an ihrem Kopf aufhörte. Der andere Mann kam gerade um die Ecke, Ren folgte ihm regungslos. „Da haben wir unser Prinzesschen ja schon.“ „Ren-san!“ Haruka sah ihn hilfesuchend an. Er würde sagen, dass sie alles falsch verstanden hatte, er würde sagen, dass sie nur träumte, dass er nichts mit dem Verschwinden der Kinder – dem Verschwinden Hotarus! – zu tun hatte, er würde sagen, dass das alles nicht wahr ist. Aber er senkte nur den Blick. „…Nehmt sie mit.“ Die Männer hinter ihr sagten irgendetwas. Der Schmerz an ihren Haaren verklang. Vor ihren Augen wurde es schwarz. ….dann spürte sie Blut an ihren Händen… Haruka erinnerte sich nicht mehr an viel, das an diesem Abend vorgefallen war. Taka war in den Raum gekommen, vermutlich von Kaiya geweckt, und hatte sie zwischen den beiden Leichen gefunden. „Verschwinde!“, hatte sie ihm zugeschrien, und er hatte entsetzt gehorcht. Haruka erinnerte sich, dass sie sich zu Ren gedreht hatte. Er saß entsetzt mit dem Rücken zur Wand und starrte die toten Menschenhändler an. Sie hatte kein Wort zu ihm gesagt; sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und war gegangen. Die anderen Jungen standen hinter Taka, als sie den Flur entlang lief. Kotori rief ihren Namen und wollte zu ihr rennen, aber Taka hielt ihn fest. Er fand keine Worte, und sie wollte keine aus ihm zwingen, deswegen verließ sie das Gebäude. Kaiya stand dort und sah sie aufmerksam an. Haruka erinnerte sich, dass sie das Tier ableinte, und ihr befahl, auf Taka aufzupassen. Aber Kaiya zögerte nicht, sich an ihre Fersen zu heften. Haruka erinnerte sich, dass sie an diesem Tag das zweite Mal ihrer Heimat den Rücken kehrte. Sie sah nicht zurück. Kaiya blieb bei ihr. Die ersten Monate zogen sie fast ständig umher, von Dorf zu Dorf, und erbettelten sich Essen. Manchmal durfte Haruka auch in kleinen Geschäften für eine Mahlzeit aushelfen, doch je mehr der Frieden in den Dörfern einzog, desto schwieriger wurde es für sie, die Gnade der Bewohner zu finden. „Warum sollte ich eine verflohte Töle und ’ne Göre in meinen Laden lassen? Ehe man es sich versieht, ist die Kasse leer.“ „Ich klaue nichts, Oji-san“, versicherte sie dem Händler, wie vielen zuvor auch. „Wirklich, ich-“ Seine Antwort war ein Schlag mit der flachen Hand. Kaiya fletschte die Zähne. „Ich sagte, du sollst abhauen! Und nimm den Hund mit!“ Sie biss sich auf die Lippen, um nicht zu weinen. „…Komm, Kaiya…“ Die Hündin gehorchte glücklicher weise, bevor sie den Mann zerfleischte. Eine Gasse weiter erlaubte Haruka es sich, zu weinen. Kaiya saß ruhig neben ihr und ließ das Mädchen ihre Schulter borgen. „Warum sagt er so was?“, fragte sie schniefend den Hund. „Meint er, wir haben uns dieses Leben ausgesucht?“ Kaiya winselte. Dann ergriff der Hund die Initiative und zerrte Haruka zu einem der Marktstände. Im Nachhinein wusste Haruka nicht mehr, ob es ihr eigener Hunger oder das Betteln des Tieres es war, das sie stehlen ließ. Aber eins war sicher: sie hätte auf keinem anderen Wege mehr überleben können. Die Zeit auf der Straße schweißte sie und Kaiya zusammen. Ihr Teamwork war erforderlich, um die Monate zu überstehen, alles Essbare, was sie bekamen, teilten sie auf. Am Abend suchten sie sich einen Schlafplatz, den Kaiya nachts aufmerksam bewachte, morgens reisten sie ein wenig und ruhten sich danach aus, damit Kaiya ihren Schlaf nachholen konnte, und mittags suchten sie Essen. Länger als ein paar Tage blieben sie nie in einer Stadt. Die meisten Straßenkinder, die Haruka traf, arbeiten in ähnlichen kleinen Gruppen. Wer zu schwach war, blieb auf der Strecke. Alle Gruppen untereinander lebten in Konkurrenz, Kontakt zu anderen Kindern hatte Haruka keinen. Mit dem Herbst kamen noch die Shinobi hinzu, die auf dem Schlachtfeld ihre Moral, ihr ehrliches Leben und ihre Heimat gelassen hatten. Durch sie lernte Haruka, nicht mehr auf ihr Gewissen zu hören. Vor wem Kaiya sie nicht beschützen konnte, vor denen beschützte Haruka sich selbst. Nie hatte sie ihr Kekkei-Genkai so häufig benutzt, wie in dieser Zeit. Und es war auch die Zeit, in der sie ihren Namen von den Anwohnern bekam: Ungeheuer. Monster. Kaiyas Gespür wurde immer unabdinglicher. Wo der Hund nicht entlang wollte, da lief auch Haruka nicht hin, was das Tier nicht aß, das ließ auch sie liegen, wem sie nicht die Zähne zeigte, dem konnte Haruka bedingt vertrauen. Der Hund fing an ihr Auge zu werden. Die Gesichter um sie bedeuteten nichts mehr. Einzig und allein auf Kaiya war verlass, denn sie täuschte sich nicht; sie ließ sich nicht von den Illusionen blenden, die das Auge manchmal sehen wollte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)