Black Crow von Hinatara (Akatsuki Tribute) ================================================================================ Kapitel 30: Wer niemals existieren sollte... -------------------------------------------- Bereits am frühen Nachmittag hatten Kisame, Itachi und Haruka die Hälfte des Weges geschafft. Die Chancen standen gut, noch vor Anbruch der Nacht in dem kleinen Stützpunkt, zu dem Pain sie schicken wollte, anzukommen. In einem kleinen Dorf, in dem sie keiner zu kennen schien – oder niemand sie kennen wollte – hatten sie einen kurzen Zwischenstopp eingelegt und sich bei einem Bäcker eingedeckt, und saßen auf einem kleinen Platz, der jetzt zur Mittagszeit nahezu leer war. „Du hast wieder viel zu viel geholt…“, stellte Itachi fest, was Kisame getrost ignorierte. „Das schaffst noch nicht einmal du alles…“ „Heh – aber so weiß ich wenigstens, dass ich satt werde“, murrte der Blauhäutige nun doch zurück. „Die Rechnung darfst aber du Kakuzu zeigen…“ „Wir bewegen uns viel – wir essen viel. So einfach ist das.“ „Wir essen viel, wir kosten viel – so sieht Kakuzu das.“ „Die Reste können wir liegen lassen“, warf Haruka ein und wurde von beiden Männern mit einer stummen Frage angestarrt. „Ich hab vorhin ein paar streunende Hunde gesehen. Die freuen sich bestimmt.“ Kisame legte eine Hand auf ihren Ansatz. „Wir sind kein Wohlfahrtsverein, Haru-chan.“ „Aber es wird was übrig bleiben.“ „Mitleid ist der erste Schritt in schwierige Situationen mit noch schwierigeren Entscheidungen.“ Sie schob bewusst die Unterlippe vor und sah den Blauhäutigen an, was von Itachi mit stillem Interesse beobachtet wurde – er ahnte bereits, wie es endete. „…Ich weiß.“ „Gut“, brummte der Haifischmensch. „…Das eine Mal, okay?“ „Nein, schon okay….“, murmelte Haruka, warf einen kurzen Blick auf ihre Gefährten, um zu wissen, dass sie fertig waren, und stand schnell auf. Sie musste nicht zurücksehen um zu beobachten, wie Kisame ihrer Bitte doch nachkam, das wusste das Mädchen bereits, als sie eine unsicher hervorlugende Hundeschnauze in einer Gasse entdeckte, welche nach den Essensresten witterte. Ein ganz kurzes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Ja… das könnte tatsächlich der Anfang des Morgens sein, von dem Ren-san immer gesprochen hatte. „Hey, denkt ihr nicht auch, dass der Weg dort entlang was kürzer ist?“ Mit ein paar großen Schritten hatte Kisame wieder aufgeholt und ließ ein entschuldigendes Lächeln von sich sehen. „Wenn wir uns beeilen sind wir vielleicht vor Sasori und Deidara zurück.“ „Okay!“ „Nagato…“, murmelte Konan vorsichtig und warf einen unsicheren Blick zur Seite. Pain reagierte nicht, er sah starr weiter nach vorne, aber sie wusste, dass er zuhörte. Außer Hörweite ihres Gespräches übten Hidan und Kakuzu gemeinsam zu kämpfen. Die Einheit wurde von wilden Flüchen und Bedrohungen begleitet, aber man konnte erkennen, dass sich die beiden noch gut ergänzen würden. Um nicht zu sagen, das ‚Zombie-Duo’ würde vielleicht noch im Stande sein, bessere Arbeit leisten zu können, als Kakuzu mit seinen vorigen Partnern zusammen. „Nagato, hältst du es für eine gute Idee, Haruka, Itachi und Kisame zu schicken, anstatt selbst zu gehen?“ Er blinzelte, seine Lippen bewegten sich kaum. „Warum nicht?“ „…Du weißt doch, deine Leute da unten sind etwas seltsam… wenn sie auch gute Arbeit leisten.“ „Sie sind loyal.“ Konan seufzte. Das führte zu nichts. „Na, Hauptsache, du hast Kamui-kun dort weggeholt.“ Ein ganz klein wenig drehte sich Pains Gesicht in ihre Richtung und man konnte einen Anflug von Erstaunen erkennen. „Wieso sollte ich Kamui dort weggeholt haben?“ „WAS!?“, rief Konan entsetzt und wich einen Schritt zurück. Jetzt sahen auch Hidan und Kakuzu in ihre Richtung. „Du hast ihn… Aber er und Haruka dürfen sich auf keinen Fall treffen!“ „Was ist mit Honey?“, winkte Hidan interessiert zu ihnen. Konan ignorierte ihn. „Er wird ihr alles erzählen!“ „Sie hat ein Recht auf diese Wahrheit“, sagte Pain knapp, bevor er ihr in die Augen sah. „Denkst du nicht?“ Die Blauhaarige senkte den Kopf. Pain sah ihr an, dass sie nicht einverstanden war, aber er konnte es jetzt nicht mehr verhindern und wand sich ab. „Heeeeey, wenn ihr über Honey redet, bezieht mich ein!“, rief Hidan ungerührt und bekam von Kakuzu einen harten Schlag auf den Hinterkopf. „Halt die Klappe und konzentrier dich.“ Der Angriff war gut geplant. Kisame wusste zwar schon sehr früh, dass sie verfolgt wurden, aber hätten sie dieses Frühwarnsystem nicht bei sich gehabt, wären sie nicht auf die vermummten Shinobi vorbereitet gewesen, die sich mit einem Atemzug aus den Schatten der Bäume schälten. Sie hatten identische Kleidung an und von ihren Gesichtern waren nur ihre Augen zu sehen, die Haare unter einer engen Kapuze versteckt, die dunkelgrüne Kleidung - ideal zur Tarnung im Schatten des Waldes – lag eng an, um keine Bewegung zu behindern. Das war wirklich ein einstudierter Angriff. Haruka ließ sich, in dem Moment in dem sie ihr Kunai zog, nach vorne fallen, um den Angreifer hinter sich von sich wegzutreten. Dieser ließ sich davon noch überraschen, aber der schwarze Blitz hinter ihm nicht: laut knurrend riss der große Wolf sein Maul auf, stürzte an dem getroffenem Shinobi vorbei und wuchtete Haruka mit seinem Gewicht am Boden fest. Sie hatte noch das Kunai hochreißen können, in welches sich das Tier jetzt verbiss, geifernd die Lefzen gebleckt und die Krallen in ihre Schultern grabend. Um die Pfoten trug der Wolf weiße Verbände zum Schutz, ein klares Zeichen, dass es sich um kein wildes Tier handelte. Ein weiteres Quartett Pfoten flitzte an Haruka vorbei, setzte zum Sprung an und attackierte Itachi. Dieser hatte keine Probleme, sein Genjutsu aufzulösen und in einem Schwarm Krähen zu verschwinden, die wie erschrocken um den zweiten, weißen Wolf herumflatterten. Bereit auf den Angriff, der durch seinen Partner hindurch gegangen war, hob Kisame Samehada, um dem knurrenden Tier den Rest zu geben. „Aufhören!“ Ein schmales Messer blockte den Schlag ab. Fast augenblicklich fing der Wolf seinen Schwung ab und landete, ruhig und freundlich, auf dem Waldboden. Auch der schwarze Wolf ließ von Haruka ab, trat wie entschuldigend zur Seite und ließ sie auf die Beine kommen. „Stellt den Angriff ein“, sagte der Shinobi, dessen Messer Samehadas Schlag abgewehrt hatte. „Die drei gehören zu Kami-sama, ihr Trottel!“ „Ihr gehört zu Pain?“, frage Itachi sachlich, als ob ihn der Angriff eben nicht mehr bekümmert hätte als eine zirpende Grille im hohen Gras. „Ja“, nickte der Shinobi. „Wir bringen euch zu unserem Versteck.“ „Was sollte denn der Angriff eben!?“, brummte Kisame missmutig, und sprach damit aus, was Haruka sich ebenfalls fragte, doch sie tat beschäftigt indem sie sich den Staub von der Hose klopfte. Der Wolf beobachtete sie interessiert. Aber der Shinobi antwortete nicht mehr, führte sie stur durch den Wald. Keine hundert Meter weiter hob sich ein flacher Vorbau vor einer Höhle ab, den nur eine kleine Holztür schloss. Doch selbst Haruka bemerkte die Augen aus dem Geäst der Bäume, die jeden ihrer Schritte folgten. Es war gut gesichert. „Ah, endlich seid ihr hier!“, wurden sie begrüßt, wohl von dem Anführer dieses kleinen Stützpunktes. Es war ein kleiner, älterer Mann, der ein seltsames Lächeln auf den Lippen hatte, das ihn vermutlich jünger aussehen ließ, als er es in Wirklichkeit war. Der Raum war eng und niedrig, nach der Treppe zu urteilen, die sie zuvor hinabgestiegen waren, befanden sie sich jetzt unter der Erde. Die Luft roch etwas abgestanden, aber da neben dem alten Mann noch fünf weitere Shinobi im Schneidersitz an der Wand saßen, die von kleinen Lampen beleuchtet wurde, war es wohl kein Wunder, dass hier nicht genügend Sauerstoff vorhanden war. „Ist das eine Art, Gäste zu begrüßen?“, fragte der Blauhäutige, dem man deutlich ansehen konnte, dass ihm das ganze nicht besonders gefiel. Der Mann lachte. „Hahaha! Natürlich wussten wir von Anfang an, dass ihr von Akatsuki seid. Aber das war ein Test.“ Kisames Hand zuckte ein wenig, bereit, Samehada zu ziehen, aber er hielt sich zurück. Haruka kicherte. „Wir wollten eure Reaktion begutachten“, erklärte der Ältere weiter mit einem breiten Lächeln im Gesicht. „Wir haben so selten Besuch! Pain-sama schickt uns sonst immer nur so unpersönliche Nachrichten…“ „Er wird wissen, warum“, brummte der Hoshigaki. „Also ihr seid das gefürchtete Team der Akatsukis…“, musterte er der Reihe nach. „Hoshigaki Kisame, das Monster aus Kirigakure. Uchiha Itachi, Konohas Clansmörder. Und… dein Gesicht kenne ich nicht.“ Interessiert sah er Haruka an. „Es kann ja nicht sein, aber diese Augen von dir erinnern mich fast an den Amayaka-Clan. Aber das ist unmöglich!“ Er lachte und bemerkte nicht, dass Haruka den Kopf senkte. „Kaum auszudenken, wenn von denen noch jemand herumlaufen würde!“ „Könnten wir zur Sache kommen?“, warf Itachi ein, denn dieses Mal war es Haruka, welche die Hand zur Faust ballte. „Wir haben auch noch andere Dinge zu erledigen.“ Was hatte dieser Kerl gegen den Amayaka-Clan?! Sie hatten doch gar nichts Schlimmes getan! Wer gab ihm das Recht, so über ihre Familie zu reden?! „Das hat Pain-san uns gegeben“, erklärte Kisame und überreichte die Schriftrolle. „Lasst mal sehen, lasst mal sehen“, murmelte der Mann, dem endlich das Lächeln für einen kurzen Moment aus dem Gesicht geglitten war. „Oh-ho! Hört her Jungs!“, lachte er plötzlich. „Pain-sama bietet uns das Mädchen für ein paar Waffen an!“ „WAS!“, entfuhr es Kisame, Itachi und Haruka gleichermaßen, was fast in dem aufkommenden Gegröle der fünf anderen Shinobi unterging. „Hahaha! Nur ein Scherz, nur ein Scherz!“ „Siehst du wen Lachen, Opa?!“, knurrte Kisame wütend, aber er wurde ignoriert. „Wie dem auch sei, bis wir alles zusammengesucht haben, wird es etwas dauern. So lange könnt ihr euch das Gästezimmer im hinteren Gang nehmen.“ Ohne zu zögern nahm Kisame das Mädchen und schob sie aus dem Raum, Itachi dicht hinter sich. Sie hatten gerade die Tür hinter sich geschlossen, als sich der Haimensch schon Luft machen musste. „BAH! Der Humor von dem Irren ist ja mehr als nur ein wenig daneben! Kaum zu glauben, dass Pain-san so jemanden an so eine Position setzt!“ Itachi schwieg beipflichtend, Haruka sagte nichts. Die Worte des Mannes hatten sie verletzt. „Wir sollten ihn gleich zweiteilen“, knurrte der Hoshigaki, als er ihr Gesicht sah. „Kann man bestimmt als Unfall tarnen…!“ Er war gerade dabei, die Tür aufzustoßen, als eine weitere Person im Gang erschien. Zu den Füßen des Mannes in der grünen Kleidung drängten sich die zwei Wölfe, jetzt entspannt hechelnd. Zuerst wollte die Gruppe ihn gar nicht beachten, aber dann richtete er das Wort an sie. „Haruka. Du bist doch Haruka, oder nicht?“ Er zog den Mundschutz herunter und man konnte sehen, dass er freundlich lächelte. „Ich wusste, dass es dir gut geht. Bist ganz schön groß geworden.“ „…Wer ist das, Haru-chan?“, fragte Kisame, alarmbereit. „…Ich wäre froh, wenn ich das wüsste“, erklärte Haruka genauso verwirrt. Der Unbekannte lachte leise und zog mit einer fließenden Bewegung auch noch die Kapuze vom Kopf. Schulterlanges dunkelblondes Haar kam zum Vorschein, was aber ebenfalls nichts in Harukas Erinnerung bewegte. „Verzeih, ich hätte erwarten sollen, dass du dich nicht mehr an mich erinnerst. Immerhin warst du damals noch sehr klein.“ Er blickte sie an. Blaue Augen, offene Seelen, aus denen viel Optimismus sprach. Das Gesicht wirkte ein wenig gestresst, er konnte nicht verbergen, dass er müde war, ein paar Barthaare hatten offensichtlich die morgendliche Rasur überstanden. Er war älter als sie selbst, vielleicht knapp vierzig. „Sagt dir der Name Kamui noch etwas?“ „…Kamui?“, wiederholte Haruka. Er klang bekannt, der Name, aber sie konnte sich nicht entsinnen. „Ich habe für Ojii-san gearbeitet“, erklärte er und man sah ihm an, dass er ihre Erinnerungslücke nicht übel nahm. „War hin und wieder euer Babysitter.“ „…Kamui?“ Jetzt klang es etwas bestimmter. Ojii-sans Helfer… der Junge, der sie in jener Nacht nach ihrem Zusammenbruch gefunden hatte und in die Häuser gebracht hatte… hatte Chiaki ihm nicht auch immer Streiche gespielt? War sein Name Kamui gewesen? „Also kennst du ihn?“, fragte Kisame neugierig. Kamui rückte sich eine Mütze zurecht, die zuvor unter der Kapuze verborgen gewesen war. Auf ihr prangte das Zeichen Amegakures, mit einem breiten Riss zerkratzt. „Ja…“, murmelte Haruka, die langsam ein klareres Bild vor Augen hatte. Kamui. Die Rechte Hand des Dorfvorstehers. Der, der immer lustig, immer optimistisch mit jedem sprach, der gerade jemanden brauchte. Er war blond gewesen. Immer unordentliche Haare. Aufgeweckte blaue Augen. Das war… „Aber… Was machst du hier?“ Wieso war er nicht im Dorf bei Ojii-san? „Das könnte ich dich genauso fragen, nicht?“, lächelte er zurück. „Du arbeitest also für Akatsuki?“ Haruka wich der Frage aus. „Warum… warum bist du nicht im Dorf bei Ojii-san?“ „Ojii-san ist tot, Haruka.” Sie erstarrte, aber er redete weiter. „Mit dem neuen Dorfvorsteher war meine Aufgabe dort zu Ende und Pain-sama hat mich hier herverlegt.“ „Er ist…also tot…“ Traurig senkte sie den Kopf, nur um ihn sofort zu schütteln und wieder aufzusehen. „Pain-sama hat dich… aber warum-“ „Wenn du jetzt auch für Pain-sama arbeitest, muss ich dir ja nichts mehr verheimlichen“, unterbrach Kamui und rückte seine Mütze noch ein paar Zentimeter in sein Gesicht. „Ich war ein auf deine Eltern angesetzter Spion.“ Hätte Haruka gewusst, was danach kam, hätte sie sich den erstaunten Laut für dann aufgehoben. „Was für dich wohl viel interessanter ist… meine Mutter stammte aus dem Amayaka-Clan.“ Genüsslich schnaufend hatten sich die zwei Wölfe auf einem Kissen aneinandergekuschelt. Nach Kamuis Aussage hießen sie Yin und Yang, waren sein Kuchiyose, sein vertrauter Geist. Die meiste Zeit wandelten die beiden an seiner Seite und halfen ihm wohl bei der Arbeit. „Tee?“, lächelte der Blonde die drei Besucher an. Seit sie sich in sein Zimmer begeben hatten, ein ebenfalls niedriger Raum mit einer Matte und einem niedrigen Tisch ausgestattet, um den herum dünne Kissen ausgelegt worden waren. Da Itachi und Haruka in ein tiefes Schweigen verfallen waren, verneinte Kisame für sie. „Nein? Ich bin ja süchtig danach“, sagte Kamui und schüttete sich selbst eine Tasse vor, bevor er sich zu ihnen an den Tisch setzte. „Also, ich bin bereit zu erzählen, was immer du wissen willst.“ Jetzt wandten auch die beiden Akatsukis Haruka ihren Blick zu. Fragend. Neugierig. „…ich will alles wissen.“ „Alles? Ja, wo fang ich denn da an…?“ Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. „Vielleicht bei meinen Eltern? Ja, das wird wohl ein guter Anfang sein.“ Noch ein kurzes Lächeln, das etwas unsicherer aussah als die zuvor, dann setzte er an, sein Versprechen wahr zu machen und Haruka zu erzählen, was er wusste. „Der Amayaka-Clan war immer streng mit Mischblut. Amayakas hatten Amayakas zu heiraten, das war die Regel. Meine Mutter dagegen nahm sich, wen sie wollte – ich habe nie herausgefunden, wer mein Vater war, sie vermutlich auch nicht.“ Er zeigte ein schiefes Lachen. „Das war auch der Grund, warum sie den Ältesten ein Dorn im Auge waren. Als sie eine Mission nicht erfüllte, wurde sie eingesperrt. Zuerst hieß die Strafe ‚drei Jahre’, aber ich hab sie nicht mehr wiedergesehen.“ Er seufzte, aber es klang seltsamerweise nicht wirklich betrübt. „Ich kann nicht einmal das Gekkei-Genkai der Amayaka benutzen. Als so ein Mischblut war ich von Anfang an ganz unten in der Nahrungskette angekommen. Aber um ihr Gesicht zu wahren steckten sie mich in eine Pflegefamilie aus ihrem Clan mit dem Befehl, mich von der Claninternen Öffentlichkeit fern zu halten und möglichst nicht verhungern zu lassen.“ „Hast du dann in Amegakure gewohnt?“, wollte Haruka wissen. „Ja, genau“, lächelte Kamui. „Deine Eltern wohnten damals auch noch dort. Aber dazu später…“ Erneut strich er sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Meine neue ‚Schwester’ hieß Kasumi, ein von Grund auf freundliches Mädchen, das unter dem Druck des Clans litt. Sie war die einzige in der Familie, die mich nicht wie ihren Hofhund behandelte – und gleichzeitig eine gute Freundin deiner Mutter.“ „Meiner Mutter?“ „Genau. Ich durfte sie damals nur aus der Ferne beobachten, denn für den Clan hatte ich ja nicht zu existieren, aber sie waren… sich wirklich nah. Kasumi, deine Mutter Kyoko, die kleine Yoshi und Hanako. Kasumi hat immer von ihnen erzählt, besonders von deiner Mutter. Sie war ihr großes Vorbild.“ Mit großen Augen sah Haruka den halben Amayaka an, der über ihr erstauntes Gesicht lächelte. „Von Pain-sama hörte ich das erste Mal an einem der Tage, als das Haus leer war und ich mich unbemerkt nach draußen schleichen konnte. Der Clan hielt mich ja für blöd, aber ganz so sehr war ich nicht auf den Kopf gefallen. Ich wollte immer Shinobi werden, und dafür legte ich mich auch mit streunenden Hunden oder Kleinkriminellen an, einfach, um selbst zu lernen, wie man sich verteidigen konnte.“ Er senkte den Blick, aber sein Lächeln blieb unverändert, obgleich seine Augen verträumt glänzten. „Tenshi-sa – ehm, ich meine Konan-sama fand mich. Sie schlug mir vor, für sie zu arbeiten. Informationen aus dem Clan gegen eine richtige Ausbildung von ihr und ihren Helfern. War klar, dass ich das nicht ausschlagen konnte.“ „Du hast… sie also verraten?“ „Autsch, das klingt so hart!“, murmelte er und lehnte sich zurück, bevor er die Hände auf dem Schoß faltete. „Aber ja, ich habe sie verraten. Es tat mir nur Leid für Kasumi, sie war ein so herzensguter Mensch…“ „Wann…ist sie gestorben?“ „In der ersten Schlacht, in die man die junge Generation der Amayaka los ließ. Sie war nicht fürs Kämpfen gemacht. Das war keiner von ihren Freundinnen. Hanako starb auch in dem Kampf. Die Jüngste von ihnen, Joshi, verübte Selbstmord. Soweit die Rekonstruktion…“ „Und dann…“ Haruka schluckte. „…dann haben meine Eltern Amegakure verlassen?“ „Schön, dass du mir folgen kannst. Ja, und es war _die_ Möglichkeit für mich, endlich auch dem Wahnsinn dieses Clans zu entfliehen. Mit Yin und Yang“ – er deutete in Richtung der dösenden Wölfe – „sollte ich die Spur der beiden Amayaka, die Amegakure verlassen hatten, aufnehmen und sie einschätzen, ob sie eine Bedrohung darstellten oder nicht, und je nachdem Konan-sama Bericht erstatten.“ Er sah glücklich aus, als er davon erzählte, und nickte zu sich selbst. „Die Möglichkeit, endlich diesen ganzen Clan hinter sich zu lassen… war wie ein nie bekommenes Geburtstagsgeschenk, verstehst du?“ Haruka antwortete nicht. Sie hatte inzwischen keine Ahnung mehr, was sie davon halten sollte. Er war ihrem Clan übel gesonnen gewesen. Er hatte sie verraten. Hatte er auch ihre Eltern verraten? War er vielleicht Verantwortlich für ihren Tod? Aber… warum sollte er ihr dann das alles erzählen? Anscheinend erwartete man von ihr, etwas zu sagen, als sie schwieg, reckte Kisame die Schultern und sprach seinerseits: „Du lässt also alles zurück und folgst Haru-chans Eltern in das Dorf?“ „Ja.“ Keine Regung in seinem Gesicht. „Es kam anders, als ich es erwartet hatte. Den beiden Amayaka zu folgen und dem naiven Dorfvorsteher glaubhaft zu machen, ich sei ein Kriegsflüchtling und harmlos, das war keine Herausforderung. Ich hatte erwartet, zwei verbitterte Amayaka zu finden, die dem Clan enttäuscht und müde verlassen hatten. Aber ich traf Kyoko-chan und Taiki-kun als zwei offene und herzliche Menschen, die etwas weitaus wertvolleres gefunden hatten, als der ganze Amayaka Clan ihnen jemals hätte bieten können.“ Sein Blick legte sich wieder auf die Schwarzhaarige, dieses Mal etwas sanfter als zuvor. „Dich.“ „…Mich?“ „Sie wollten ihrem Kind eine Zukunft ohne den Leistungsdruck des Clans schenken. Eine Aussicht auf ein friedliches Leben. Auf eine Kindheit. Wer ich war oder woher ich kam – das war unwichtig, solange ich jetzt da war und half. Und ich half.“ Er lächelte. „Die Zeit im Dorf… gehörte zu der Zeit, auf die ich am Liebsten zurückblicke.“ „Als der Clan getötet wurde…“, murmelte Haruka. „…Hast du Kontakt zu dem Mörder meiner Eltern gehabt.“ „Wird doch nicht gleich so direkt!“, protestierte Kamui und kratzte sich an die Stirn. „Ich hab mit dem Shinobi gesprochen, als sie das Dorf verließen. Ich sagte ihnen, dass deine Familie in diesem Dorf unter meiner Beobachtung steht und sie versicherten mir, dass ihr nichts zu befürchten habet….“ Wieder suchte er Blickkontakt. „Tut mir Leid, Haruka… ich habe diesen Worten vertraut.“ Schweigend senkte Haruka den Kopf. Sie hörte Kisame neben sich Grummeln und spürte Itachis Blick auf sich Ruhen, voller Trost. „Ich kann verstehen, wenn du mir Vorwürfe machst. Aber hör mich bitte bis zum Ende an.“ Er setzte sich etwas angespannter hin. „Ich wollte Ojii-san eigentlich überreden, dich bleiben zu lassen… aber du warst, was das betrifft, klüger als ich. Chiaki verließ uns kurz nach dir – aber das weißt du vermutlich schon.“ Er machte eine ungewöhnlich lange Pause. „…Pain-sama bekam kurz danach die Information von jemandem, dass noch eine Amayaka am Leben sei. Er… nun ja, ich sollte dich eigentlich auch umbringen.“ „Eigentlich?“, wiederholte Itachi gefasst. „Ich habe für sie gebürgt, dass Haruka keine Gefahr darstellt.“ „Du hast…“ Haruka blinzelte verwirrt. „Aber, warum?“ Ein ehrliches Lächeln antwortete ihr. „Ich weiß doch, wie deine Eltern dich erzogen haben. Töte nicht unnötig. Sie wussten, dass du auch irgendwann dem Fluch des Amayaka-Clans erliegen würdest, sonst hätten sie dir den Umgang mit den Kekkei-Genkai gar nicht erst beigebracht. Das ist doch offensichtlich… Aber sie haben dir auch noch etwas weitaus wichtigeres mitgegeben, nicht?“ Abwartend ruhten seine Augen auf ihrem erstaunten Gesicht, bevor sie vorsichtig sich selbst an diesen Gedanken herantastete. „…Verständnis… und Achtung…vor dem Leben.“ „Ja.“ Er trank seine Teetasse in wenigen Zügen aus. „Deswegen könntest du dich nie auf eine Seite stellen und die andere aus vollstem Herzen verachten. Du hättest Pain-sama niemals im Weg stehen können.“ Wieder glitt ein Lächeln über seine Züge. „Das ist die Wahrheit.“ Sie waren allein in der Nacht. Nicht einmal eine Wache wurde vor der Tür postiert, das Zimmer gehörte wirklich ihnen ganz allein. Kisame hatte sich bewusst ein wenig abseits hingelegt, während Itachi die Chance nutzte, um Haruka etwas näher zu sein. Er hatte einen Arm um sie gelegt und war deutlich schneller eingeschlafen, als er es sonst zu Stande brachte. Haruka dagegen lag wach. Der Tag hatte so viele neue Eindrücke gebracht… und sie rätselte immer noch, ob sie Kamui seine Erzählung so einfach glauben durfte. Was, wenn er nur erzählt hatte, was sie glauben sollte? Vielleicht hing er doch noch mehr da drinnen… Vielleicht sollte sie Konan fragen, wenn sie zurück war. Konan würde sie nicht anlügen… oder? Die bis dahin entspannte Hand an ihrer Schulter verkrampfte sich ein wenig, als sich Itachis Körper anspannte. Ruhig drehte das Mädchen den Kopf zu ihm. Ein Albtraum? Sollte sie ihn lieber wecken? Oder schlafen lassen? Wieder spürte sie seine Muskeln krampfartig zusammenfahren. „….Hey…“, flüsterte sie leise. „…Itachi…“ Schlagartig öffneten sich die Augen vor ihr, rote Pupillen starrten sie an – nur einen Augenblick, dann war die Wirklichkeit schon um sie herum verschwunden. „Schlafen lassen, also…“, murmelte Haruka und sah sich unsicher um. Ein Genjutsu… na, hoffentlich wachte Itachi schnell auf und holte sie hier heraus. „Itachi!“ Ein fremder Junge stand in diesem hellen Raum ohne Boden und ohne Wände. Er trug das Stirnband Konohas, hatte dunkle, krause Haare und ein weiches Gesicht. Der Kleidung nach zu urteilen gehörte er zu der Anbu-Gruppe… „Sag, dass das nicht wahr ist!“, rief er. „Itachi! Du kannst doch nicht den ganzen Clan töten!“ Noch während er sprach tropfte Blut aus seinem Mundwinkel, der Raum verformte sich. Jetzt hatte Haruka die Vision eines Flusses, in der der Junge von eben trieb. Tot. Sie wich erschrocken zurück und stolperte über etwas, das plötzlich hinter sie gekommen war. Als sie den Kopf zurück warf hatte sich die Umgebung in ein Zimmer aus Holz verwandelt. Auf dem Boden lagen zwei Leichen, eine Frau und über ihrem Oberkörper ein Mann. „Nii-san!“ Ein kleiner Junge stand in der Tür, vollkommen aufgelöst. “Warum hast du das getan?!”, schrie er außer sich. Seine Augen hafteten an etwas, das sich wohl auch im Raum befand. Haruka versuchte zu erkennen, was er meinte, und entdeckte einen starren Schatten am Ende des Raumes. „…Hokage-sama…“, flüsterte es in der Luft. „Bitte kümmern Sie sich um Sasuke…“ „Warum, Nii-san!“, schrie der Junge weiter. Inzwischen liefen unkontrolliert Tränen über sein Gesicht. Der Raum verschwand und Haruka fand sich mit dem Jungen auf einer Straße nieder, die mit Toten gepflastert war. „WARUM?!“ „Ah!“, rief Haruka entsetzt, als die Vision sich in grellem Licht auflöste und wieder zurück in die weiße Welt ohne Anhaltspunkte führte. Verwirrt warf sie einen Blick zurück. Da war der Junge wieder. Aber…erwachsener. Vielleicht 15 Jahre. Die schwarzen Haare, vorne glatt, standen an seinem Hinterkopf ein wenig ab, sein Blick war starr nach vorne gerichtet, die Augen zu angestrengten Schlitzen verengt. Der Anblick seiner roten Augen machte ihr Angst. Noch ein…Uchiha. Nein, das musste… Sasuke sein. Itachis Bruder. „Wie du es wolltest“, knurrte er verbissen. „…Ich habe dich gehasst. Alle die Jahre…habe ich dich gehasst.“ „Was…?“, murmelte das Mädchen verwirrt, bis ihr bewusst wurde, dass er gar nicht mit ihr sprach. Er sah etwas – nein jemanden – anderes an. „Um dich zu töten…“ Seine Beine bewegten sich, in seiner Hand sammelte sich eine kochende Kugel voller Blitze. „Itachiiii!!“ „Haruka!“ Ihr Körper bebte. Jemand rüttelte an ihr. Oder war es das, was sie gerade gesehen hatte? „Haru-chan! Wach auf!“ Wieder ein Rütteln, die Stimmen wurden lauter. „Verdammt, hast du es immer noch nicht gelöst?!“ „Natürlich hab ich – Haruka!“ „Du belegst sie _versehentlich_ mit einem Gen-Jutsu und weißt nicht einmal, was für eines?!“ „Ich habe doch gesagt, dass es unabsichtlich war!“ „Wie kann man so etwas unabsichtlich tun? Verdammt, ihre Augen sind dunkel wie graue Felsen!!“ Haruka spürte, dass sie blinzelte. Aber das war nicht bewusst geschehen. Sie hatte nur versucht, die Tränen, die ihren Blick wie Nebel verschleierten, zu verdrängen. Vor ihr machte sie langsam ein besorgtes Gesicht aus, nein, es waren zwei. Itachi war kurz erstarrt, als er die Tränen sah, und drückte sie jetzt tröstend gegen seine Schulter. „Haruka. Wach auf! Was auch immer du gesehen hast, es war nicht real. Haruka! Ich bitte dich…“ Sie war längst wach. Sie wollte ihm das sagen. Aber sie brachte keinen Ton heraus. …Das war es also… was Itachi in seiner Zukunft sah…? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)