Fragmente von SamAzo (One Shot Sammlung) ================================================================================ Wunschtraum?! ------------- Miles konzentrierte sich auf die Melodie, die er versuchte dem Klavier zu entlocken. Die ersten Male als er in Quints Wohnung war, hatte er sich nicht getraut tatsächlich einmal daran zu sitzen und zu spielen. Oder in seinem Fall: Etwas darauf zu klimpern, immerhin konnte er nicht einmal Noten lesen. Quint hatte ihm dann jedoch an einem Abend erklärt, dass jedes Instrument, seiner Meinung nach, dazu da war damit darauf gespielt wurde und nichts so einfach kaputt gehen konnte. Nachdem Miles daraufhin noch immer nicht gewillt war sich freiwillig daran zu setzen, um einfach sicher zu gehen, dass auch weiterhin alles heile blieb, hatte der Vampir angefangen mit Miles zusammen einige einfachere Melodien zu spielen. In diesen, inzwischen unzähligen, Stunden hatte der Vampir neben ihm gesessen und ausgiebig erklärt, was zu beachten war. Wieso das eine schnell und das andere langsam gespielt wurde. Wie Miles die Finger richtig über die Tasten legte und noch vieles mehr. Mit einer Engelsgeduld hatte er verbessert, vorgespielt und Miles immer wieder ermutigt weiter zu probieren ohne ihn jedoch dazu zu drängen. Am schönsten fand der junge Mann es allerdings, wenn sie nach einer langen Nacht hier ankamen und Quint alleine am Klavier saß um seinen Tag ausklingen zu lassen. Er sagte, dass er das schon seit Jahren so machte, zumindest, solange die Möglichkeit dazu bestand. Fast immer schlief Miles dabei auf dem Sofa ein und wachte erst später am Tag wieder auf. Manchmal blieb er dort und wartete bis zur Dämmerung, meistens jedoch fuhr er vorher nach Hause. Immer wieder spielte Miles die Melodie und fing von vorne an, sobald er sich verspielte. Bei Quint sah es immer so unglaublich einfach aus. Als wäre es das natürlichste der Welt Lieder zu spielen, die klangen als habe der Vampir mindestens vier Hände. Nach so vielen Jahren des Lernens und der Übung, dürfte das aber auch kein Wunder sein, was auch Quint immer wieder beteuerte. Etwas frustriert fing Miles schließlich an sich mehr auf das Wasserrauschen zu konzentrieren, das aus dem Badezimmer zu hören war. Es war schon interessant wie der Vampir so lebte. Was er den ganzen Tag so tat und vor allem die ganze Nacht lang. Ein Teil dessen geworden zu sein, war einfach fantastisch und auch wenn es ihm schon Schmerzen gebracht und Tränen gekostet hatte, würde er die Erlebnisse nie mehr missen wollen. Miles drehte sich auf dem Hocker bis er zur Tür sehen konnte, zog die Knie hoch und lehnte sein Kinn darauf. Das Beste an dem morgendlichen Klavierstunden war, dass er Quint so nah sein konnte. Normalerweise ließ der Vampir immer einen gewissen Abstand zwischen sich und allen anderen. Doch auf diesem Hocker gab es einfach keinen Platz zum ausweichen und dennoch blieb er, ja er rutschte sogar näher. Automatisch bildete sich ein breites Grinsen auf Miles' Gesicht. Es war einfach toll und alleine der Gedanke daran ließ ein Kribbeln durch seinen Körper ziehen. Unsicher biss er sich leicht auf die Unterlippe. Soeben hatte sich eine Idee in seine Gedanken geschlichen und wollte ausprobiert werden. Nur vielleicht wäre Quint dann nicht mehr so gut auf ihn zu sprechen. Immerhin gab es Gründe wegen denen er es nicht mochte, wenn jemand zu weit an ihn heran kam. Trotzdem wollte Miles es testen. Bislang hatte er sich viel leisten können. Was wohl daran lag, dass der Vampir ihn mochte. Noch immer unsicher stand er auf und ging Richtung Bad. Die Tür stand, wie jedes Mal, einen Spalt weit offen, so dass er vorsichtig hineinsehen konnte. Kein Wasserdampf versperrte ihm die Sicht, da Quint scheinbar nicht besonders gerne mit warmen Wasser duschte. Somit hatte er, bis auf die Trennscheibe mit milchigem Muster eine freie Sicht auf die Rückseite des Vampirs, der mit dem Gesicht in den Wasserstrahl gerichtet unter der Dusche stand. Schnell entledigte sich Miles seiner Sachen und öffnete die Glastür durch die er zu dem Untoten kam. Leise zog er die Luft ein als ihn das kalte Wasser traf. Es war eisig. Da konnte man sich direkt in ein Gefrierfach legen. Der Vampir drehte am Wasserhahn und verstellte die Temperatur auf eine, die sein Mitduscher eher als angenehm empfand. Miles schaute zu Quint. Er hatte nichts gesagt, also war es wohl OK für ihn, nicht mehr alleine in der Glaszelle zu sein. Zu seiner Überraschung hatte der Vampir die Augen geschlossen und schien das auch nicht ändern zu wollen. „Quint?“ Der Angesprochene streckte seinen Arm aus und reichte Miles das Shampoo. Das war zwar nicht das, was er wollte, doch wenn er schon einmal unter der Dusche stand... Während Miles versuchte etwas vom Wasser abzubekommen, was Quint bemerkte und kurz ein wenig Platz machte, musterte er den Vampir. Es war nicht das erste Mal, dass er zu ihm ins Badezimmer gekommen war, somit kannte er diesen Anblick bereits. So nah war Miles dem Untoten dabei jedoch noch nicht gewesen. Vorher hatte er allerdings auch noch nie diese Idee gehabt und vor allem nicht diese Gedanken. Woher die kamen war ihm selber nicht ganz klar. Miles biss sich erneut auf die Unterlippe. Sollte er wirklich diesem Drang nachgeben? Er wollte wissen wie es sich anfühlte von seinem Gegenüber berührt zu werden. Die immer leicht kühlen Finger auf seiner Haut, die schmalen Lippen auf den eigenen. Noch immer starrte Miles auf den nackten Körper vor sich. In seinem Kopf lief derweil weiter all das ab, was er gerade gerne machen würde. Je weiter die Szenerie in seinen Gedanken ging, umso mehr spürte er das Kribbeln wieder, das sich langsam in seiner Körpermitte sammelte und ... Nein, er musste diese Gedanken los werden! Quint mochte es nicht besonders angefasst zu werden und er würde es ihm womöglich übel nehmen. Vor allem, wenn er so überfallen wurde. Miles nahm sich etwas vom Shampoo und wusch sich die Haare. Mit dem Rücken zu Quint, damit dieser, falls er mal die Augen aufmachte, nicht sehen würde, dass Miles ein klein wenig angetan war von dem Anblick des Vampirs und seinen eigenen Gedanken. Seine Gedanken.. Er riss die Augen auf, als ihm einfiel, dass der Vampir diese lesen konnte. Im gleichen Moment wie ihn diese Erkenntnis traf, spürte er eine Hand an seiner Taille, die langsam bis zu seinem Bauch strich. Es war einfach zu erraten, wem sie gehörte, was nicht nur an der Temperatur lag, denn seine Eigene war es hundertprozentig nicht. Noch bevor Miles etwas tun oder sagen konnte, spürte er auch Quints zweite Hand. Mit dieser strich er dem jungen Mann sanft über den Hals. Vampire und Hälse... Hoffentlich hatte Quint keinen Hunger, gebissen werden wollte Miles nämlich nicht. Noch immer kam kein Ton über seine Lippen und als er seine Arme sinken ließ um Quints Hand tiefer zu führen, erhaschte er einen kurzen Blick über seine Schulter auf das Gesicht des Untoten. Auch jetzt hatte der Vampir die Augen geschlossen und erst als er in den Schaum, der auf Miles Haaren verteilt war, fasste, zog er den Jüngeren weiter zu sich unter den Wasserstrahl. Sofort lief diesem der Shampooschaum über das Gesicht. Um nichts in die Augen zu bekommen, kniff Miles sie zu, weswegen er sich nur noch mehr auf die Berührungen des Anderen konzentrierte. Jetzt war er noch näher an dem Vampir, näher als jemals zuvor. Eine Gänsehaut zog sich über seine Haut, als er Quints Kühle an sich spürte. Das Wasser war noch nicht lange genug warm, als dass es ihn hätte aufheizen können. Wobei das für gewisse Körperteile auch nicht nötig war, was ihm soeben auffiel, als er sich endgültig an den Anderen lehnte.. Miles war durcheinander. Vor allem wegen dem was hier passierte. Normal war er doch nicht so. Woher also kam dieses Verlangen? Quint hatte ihm einmal erklärt, dass jegliches Gefühl, das ein Mensch einem Vampir gegenüber bekam, meistens nur eine Illusion war. Ein Trick mit dem sich einfacher Beute machen ließ. Allerdings etwas, worüber er keine Kontrolle hatte. Daraufhin hatte ihm der Vampir aufgezählt, was ein normaler Mensch alles an ihm anders sah. Miles hatte sich gut 5 Minuten Quints Finger angesehen, um sie so zu erkennen wie der Untote sie beschrieben hatte. Es war nicht einfach und auch jetzt, wo er davon wusste, sah er ihn als Vampir und nicht als den Menschen der er mal gewesen war. War es also dieser Trick der ihm gerade die Sinne vernebelte und Wünsche in ihm aufkeimen ließ, die er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt hätte? Nein, das konnte es nicht sein! Miles genoss, trotz der gelegentlich ablenkenden Gedanken, die Streicheleinheit des Vampirs, der sich offensichtlich weigerte seine Hand wenige Zentimeter weiter runter wandern zu lassen. Dabei hätte er gerne gewusst wie es sich anfühlt. Die kühlen Finger an seiner empfindlichsten Stelle ... Bei der Vorstellung biss Miles sich leicht auf die Unterlippe. Was musste er dafür tun um ihn dazu zu bekommen? Das Wasser prasselte über die beiden Körper und mittlerweile war es unglaublich warm um sie herum. Miles Beine fühlten sich weich an. Als würden sie jeden Moment unter ihm wegknicken und dass nur, weil die Wärme und das Kribbeln auf seiner Haut ihn langsam aber sicher in die Knie zwangen - im wahrsten Sinne des Wortes. Er lehnte sich endgültig an Quint und suchte nach etwas, das er ihm sagen konnte. Irgendetwas. Hauptsache er hörte nicht auf. Egal was noch passieren würde, er wollte weiter diese Hände spüren. Doch diese Wärme, das weiche Gefühl in seinen Beinen, das langsam bis zu seinem Kopf aufstieg. Ihm wurde schwindelig. Wieso jetzt? Sonst konnte er stundenlang heiß duschen, wieso ausgerechnet jetzt nicht? Die, langsam angewärmten Finger des Vampirs lösten sich von ihm. Sofort öffnete Miles die Augen und versuchte durch die Tropfen, die auf sein Gesicht fielen, Quint zu erkennen. Dazu blinzelte er einige Male und wischte sich beinahe unbeholfen über die Lider. Der Vampir sah ihn an, mit einem sanften, ehrlichen Lächeln. Es war so selten, das es ansteckte und Miles ebenfalls anfing zu lächeln. Fürsorglich strich Quint ihm die Haare aus der Stirn und hielt eine Hand so, dass dem jungen Mann nicht mehr das Wasser in die Augen tropfen konnte. „Du solltest jetzt aufwachen!“ Die volle Wucht der Verwirrtheit war in seinem Blick zu erkennen. „Aber ...“ „Kein aber! Wach auf. Die Sonne scheint schon.“ Bevor Miles noch lange nachdenken konnte verblasste das Badezimmer um ihn herum. Nichts von diesem wunderbaren Traum war noch da, als er die Augen aufschlug. Er lag alleine auf dem Sofa im Wohnzimmer von Quints Apartment. Das einzige Andenken, war eine sehr eng sitzende Hose, die ihn gerade zu aufforderte selber Hand anzulegen, was ihm widerstrebte. Verschlafen und alles andere als zufrieden über den Ausgang des Traumes blinzelte Miles durch den Raum. Alles war wie am Abend. Nur dass jetzt die Sonne herein schien und vermutlich auch der Grund war, weswegen er so unpassend geweckt wurde. Um auf andere Gedanken zu kommen, versuchte er sich zu erinnern wann er eingeschlafen war. Immerhin hatte er wach bleiben wollen. So lange, bis der Vampir wieder die Augen öffnete. Gen hatte ihn kurz nach Einbruch der Dunkelheit vorbeigebracht. Sie hatte Miles angerufen, weil sie nicht wollte, dass Quint alleine war, wie sie sagte. Schon beim hereinbringen, musste der Untote gestützt werden, um sich überhaupt auf den Beinen halten zu können und kaum war er in seinem Bett, verfiel er in Tiefschlaf. Es waren schon zwei Tage ... Was war ihm nur passiert, das ihn so fertig gemacht hatte? Dazu hatte Gen nichts sagen wollen. Ihr einziger Kommentar war sowieso nur, dass Quint wohl schlecht auf sie zu sprechen sein würde, sobald er aufwachte. Was ihn nur noch neugieriger werden ließ. Vielleicht solle er mal nachsehen gehen wie es ihm jetzt ging? Miles stand auf und schlich sich ins Schlafzimmer. Im Normalfall wäre Quint jetzt schon wach, trotz der Tageszeit, denn sein Schlaf war alles andere als fest. Doch jetzt, nichts. Kein Gemurmel, dass er schlafen wolle oder irgendein anderes Genuschel, das keiner verstand. „Quint?“ Der junge Mann setzte sich zu dem Vampir auf das Bett und piekste ihm in die Schulter. „Hey, Quint. Komm schon irgendwann hast du doch ausgeschlafen!?“ Keine Regung, was zusammen mit der fehlenden Atmung ein recht totes Bild abgab. Zum Glück war Miles das schon gewohnt. Wieder biss er sich leicht auf die Unterlippe, während seine Gedanken zurück zu dem Traum wanderten. „Kannst du dir vorstellen, irgendwann mal – mit mir?“ Ein leises Murren. „Was soll das denn jetzt heißen?“ Miles seufzte, so konnte das nichts werden. Außerdem sollte er sich diese Frage lieber sparen, wenn Quint wirklich wieder wach war. Die Antwort war offensichtlich und noch wusste er ja nicht einmal woher dieser Gedanke, dieser Wunsch, überhaupt kam. Selber noch immer müde, legte Miles sich neben Quint. Vielleicht würde der Vampir reagieren, wenn er lange genug auf ihn einredete. Nur was sollte er tun, wenn er ihn so sehr nervte, dass er wütend aufwachte? Konnte Quint überhaupt so richtig sauer sein? Miles überlegte. Er hatte es noch nie gesehen. Genauso wenig, wie er ihn jemals hatte trinken sehen. Es gab halt genügend Dinge, aus denen Quint ein Geheimnis machte. Weiter in Gedanken verloren kuschelte sich der junge Mann an den Untoten und versuchte wenigstens ein winziges Lebenszeichen zu bekommen. Doch alles was er vorfand, war der tote Körper. Wie sollte es auch anders sein!? Miles schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, was wohl in den Tagen, in denen Quint mit Gen unterwegs gewesen war, passiert sein könnte, als der Vampir sich zu ihm drehte. Er war keinesfalls wach und obwohl er sonst immer auf dem Rücken lag, drehte er sich nun auf die Seite und legte dabei dem perplexen Miles einen Arm um die Hüfte. Während Miles ihn anstarrte, sah er ein kurzes blinzeln und meinte aus dem müden Nuscheln sogar etwas sinnvolles verstehen zu können: „Halt endlich die Klappe!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)