Scorpion Flowers von Elysiee ================================================================================ Prolog: Scorpion Flower ----------------------- Vereinung Japans. Was musste man für ein Land opfern? Was sollte man tun um eine Ansammlung von unbedeuteten Provinzen in einem einzigen Land zu vereinen? Sollte man handeln? War es besser zu warten? Sich zurück halten? Eingreifen… Morden? Nein. Das ganz sicher nicht. Morden war niemals eine Lösung. Das hatte nun auch Masamune Date, die lange als Hauptmann an vorderster Front ihrer Armee auf dem Schlachtfeld stand, begriffen. Sie wollte durch das Führen von Schlachten ihr Volk vor Kummer bewahren. Wollte tausende Leben in diesem Krieg durch ihren Einsatz verschonen. Wollte Leben retten, so viele Männer, Frauen und Kinder vor Leid schützen. Und zerstörte damit mit einer einzigen Bewegung ihres Schwertes ihr eigenes. Die Frau mit der blassen Haut hob ihre Hand ins Mondlicht. Sie sass und lebte. Doch wie lange konnte man ‚existieren’ mit ‚leben’ gleichsetzen? In der letzten Schlacht des Einäugigen Drachen hatte dieser eine falsche Entscheidung getroffen, einen falschen Augenblick ergriffen, einen falschen Stoss ausgeführt. Und innerhalb eines Wimpernschlags durchbohrte die junge Frau die Brust ihres Feindes, die Brust ihres Geliebten. Die scharfe Klinge ihres Schwertest stiess so schnell durch seine Haut und sein Fleisch, dass der Moment des Erstaunen zu lange anhielt, doch auch zu schnell wieder vorüber ging um ihren Arm zurück zu ziehen bevor es zu spät war. Masamune legte sich gequält die Hand auf die Stirn und kniff ihr eisblaues Auge zusammen. Noch immer hatte sie das Bild noch genau vor ihren Augen, als wäre es ein Gemälde. Sein Gesicht war nur Millimeter von ihrem entfernt, seine Augen weit aufgerissen und von Schock gezeichnet. Gequält schüttelte die starke Frau den Kopf. Wie sehr sie diese Bilder am liebsten verdrängen würden. Doch sie waren tief in ihr Gedächtnis eingebrannt, sowie in ihr Herz. Die Bilder von ihm, die Berührungen von ihm. Seine Stimme, sein Lachen, seine Wärme. Sein Feuer. Niemals mehr würde sie es spüren können. Da sie selber es war die dieses Feuer erstickt hatte. Sie liess ihn sterben. Sie alleine war diejenige, die das Feuer zu Asche niedertrampelte. Es mit Erde überschüttete. Mit zittrigen Händen hatte sie ihn damals vom Boden aufgehoben als er nach Sekunden des Kampfes gegen die Kälte doch zu Boden sank und seine letzten nahm. Sie hatte ihn eng an ihrer Brust gehalten. Hatte versucht seinen Körper mit ihrer eigenen Körperwärme warm zu halten. Doch die Tränen, die von ihren Wangen fielen erhitzen ihren Geliebten nicht wieder. Doch sie zauberten ein Lächeln auf die Lippen des Kriegers. Sie wusste damals nicht was sagen… Sie kniete im Dreck… in der Erde des Schlachtfeldes. Durchnässt von Blut. Mit den von Blut benetzen und von Dreck verschmierten Händen umklammerte sie den immer kälter werdenden Körper des starken Mannes... Sie konnte nicht mal nach Wörtern ringen, überlegen was sie wohl am besten sagen sollte. Schmerzensschreie waren das Einzige das man von ihr hörte. Geprägt von innerlichem Qual. Die Herrin von Oshu konnte und wollte sich momentan nicht daran erinnern was sie gesagt hatte, was er gesagt hatte… Sie wusste nur, dass sie ihn die ganze Nacht durch im Arm hielt und erst beim Morgengrauen die Tränen trockneten. Hätte ihr treuer Untertan, Kojuuro Katakura sie damals nicht von dem leblosen Körper weggerissen würde sie wohl heute noch an auf dem Hügel kauern und ihn im Arm halten. Das blaue Auge Richtung Mond lenkend liess Masamune die Erinnerung an den Tod des Mannes einfach wieder an sich vorbei ziehen ohne daran nochmals zu ersticken. Das weisse Licht des Mondes erinnerte sie an die Blumen… an die Blumen, die sie Abend für Abend wieder auf dem Hügel besuchen ging. Sie hatte sie vor einigen Wochen gepflanzt. Als Zeichen ihrer Trauer liess sie sie vor dem Grabmal des roten Kriegers gedeihen… Und obwohl sie nur in der Nacht blühten wollte die Frau die Blumen nur vor dem Sonnenuntergang sehen… verschlossen. Immerhin war es nicht nur ein Tauerzeichen für den Tod ihres Geliebten. Denn auch ihr Leben ging mit Yukimura Sanadas letztem Atemzug zu Ende. Deshalb wollte sie die Blumen nur geschlossen sehen. Immerhin würde ihr Leben ohne ihn nie wieder so aufblühen wie die schneeweissen Blüten. Kapitel 1: Erste Blüte ---------------------- Masamune hob ihren Blick als sie Schritte vernahm und kurz darauf eine Silhouette hinter ihrer hellbraunen, mit Blumen gemusterten Schiebetür vernehmen konnte. Die Person im Flur ging auf die Knie und lehnte sich so weit hinunter dass die Frau befürchtete dass die Stirn des Mannes jeden Moment einen unfreundlichen Aufprall mit dem Eichenholzboden haben würde. Doch dazu kam es gar nicht, da sich die Person wieder aufrichtete. „Masamune-Sama“, erklang eine tiefe, respekteinflössende Stimme und kurz darauf wurde die Schiebetür aufgeschoben. Zum Vorschein kam Kojuurou, Masamunes rechte Hand. Erneut verneigte sich der Mann tief, wobei seine Herrscherin ruhig im Türrahmen zum Innengarten sitzen blieb. „Kojuurou“, gab sie wie gewöhnlich gelassen von sich als sie den Mann mit einem Auge beobachtete und ihm damit Eintritt gewährte. Diesen gerne akzeptierend rutschte der Mann in das Zimmer hinein und schloss die Türe hinter sich wieder. „Ja, was gibt’s?“, erklang die Stimme von Masamune wieder. Sie zog ein Bein an und legte ihr Arm lässig darüber. Auch wenn sich vieles geändert hatte, so doch nicht ihr Charakter und ihre Art. Sie wollte noch immer gleich Aussehen in den Augen ihres Volkes. Kojuurou jedoch schüttelte bloss den Kopf und senkte ihn danach bevor er Blickkontakt mit seiner Herrin aufnahm. „Es ist alles ruhig, Masamune-Sama. Kein Grund zur Besorgnis…“, sagte er ruhig und doch mit kräftiger Stimme währendem er immer noch auf den Knien ruhte. Er wollte nicht auf Masamune herabsehen. Das konnte er sich nicht erlauben. Auf diese Antwort hin seufzte diese jedoch nur und wendete das Gesicht ab. Den Ellenbogen au dem Knie abstützend legte sie nun das Kinn in die Handfläche. „How Boring“, seufzte sie dann gelassen als sie erneut den Blick zum Mond richtete, „Dann ist das alles?“ „Ja, meine Herrin.“, antwortete der Mann mit einem tiefen Nicken kurz und bündig. Wie gewöhnlich liess er einen skeptischen Blick durch das Schlafgemach seiner Herrin gleiten. Immerhin könnte sich immer irgendwo ein Eindringling aufhalten. Doch alles schien normal zu sein, die kleinen Schubladen ihres Wandschrankes waren sorgfältig geschlossen, die Räucherstäbchen auf der Anhöhe am glühen und ihre sechs Schwerter ordentlich auf ihrem Gerüst auf einer zweiten, in der Ecke ruhenden Kommode abgestellt. Masamune beäugte dies mit einem Schmunzeln. Sie war es sich langsam gewöhnt und hatte nichts daran auszusetzen. Beruhigt über Kojuurous aufkreuzen wandte sie den Blick wieder zum Mond hin der dann jedoch mit dunklen Wolken überzogen wurde und ihr das Licht nahm. Doch noch immer brannte die flackernde Ölkerze in ihrem Gemach hell genug um jede Silhouette im Zimmer vernehmen zu können. Währendem das Licht des Mondes langsam schwand rutschte Masamunes rechte Hand wieder zur Tür, doch diesmal blieb er aufrecht sitzen und strich sich eine Strähne des schwarzen Haares zurück bevor er wieder die Stimme erhob. „Masamune-Sama… ich will Sie nicht bevormunden aber“, und schon wurde er Unterbrochen. Masamune lachte kurz auf, dann wendete sie den Blick wieder zu ihrem Untertanen und Freund. Sie hatte den breiten Mund zu einem kleinen Schmunzeln verzogen und ihr Augenlid leicht über das blaue Auge sinken lassen. „Kojuurou…“, fing sie gewöhnlich ruhig, doch mit Wärme in der Stimme an, „du wärst nicht du selbst, würdest du mich nicht bevormunden… oder es versuchen.“ Auf diese Anschuldigung senkte Kojuurou das, ein wenig gerötete Gesicht, dann hob er es erneut. Masamune jedoch sprach weiter, wissend dass sich Kojuurou sonst wieder Entschuldigen würde. „Und für das bin ich dir Dankbar.“ Und ohne ein weiteres Wort verneigte sich Kojuurou erneut. Masamune war sich sicher dass Kojuurou wusste was dies zu bedeuten hatte. Hätte er sie damals im Stich gelassen, wüsste Masamune nicht wo sie heute stehen würde… „Masamune-Sama, bitte schliessen sie die Türe bevor sie zu Bett gehen. Es ist zu gefährlich die Tür bei Nacht sperrangelweit geöffnet zu haben.“, bat er die Herrin von Oshu und ignorierte ihr kurzes Gejammer darüber wie heiss es in der Nacht werden würde. Und als sie sich erhob wünschte er ihr eine erholsame Nacht und verliess das Zimmer mit einem dumpfen ton als er die Schiebetür schloss. Mit ruhigem Auge beobachtete Masamune die Schattenbild des Mannes bis er die Kerze auslöschte die den Flur zu ihrem Zimmer erhellte. Der Stolz von Oshu war Kojuurou Katakura dankbar dass er noch immer so gut auf sie acht gab, auch jetzt noch als sie sich ein wenig aus der ganzen Schlachtführerei zurück zog. Sie schaute noch ein letztes Mal zu dem verdeckten Mond, dann horchte sie nach irgendwelchen Unüblichkeiten und schob dann die Tür zusammen. Locker schlenderte sie über den beruhigend kühlen Fussboden bis hin zur gegenüberliegenden Wand. Dort schob sie erneut eine cremefarbene Tür zur Seite um Zugriff zu ihrem Schrank zu erlangen. Langsam liess sie den Kimono, der an den Himmel in den Morgenstunden erinnerte, langsam über ihre Schultern gleiten bis er ganz auf dem Boden lag. Mit den Händen schon im Schrank kickte sie den Kimono unfreundlich zur Seite. Sie hatte keine Lust den Kimono nun wegzuräumen. Das Ganze falten und Sorggeben war nicht so ihr Ding. Sie war zum Teil ne Chaotin, aber für was hatte man nicht Bedienstete? Masamune wendete sich zu dem Spiegel, der neben dem Wandschrank stand als sie den weissen Yukata, den sie gerne zum schlafen trug, aus dem Schrank zog und kurz darauf ein leises metallisches Klirren zu vernehmen war. Mit den Armen schon im Yukata und dessen Stoff über den Schultern wendete die Frau überrascht den Blick zu Boden und zog scharf die Luft ein. Abermals warf sie einen hastigen Blick in den Spiegel und auf ihren Yukata, dann schloss sie die Kleidung leicht um ihre Taille zusammen und ging in die Hocke… Sanft und fast schon zögerlich streckte sie ihre langen Finger zum Boden hin und nahm behutsam den Gegenstand, den sie mit dem Yukata wohl runtergerissen hatte, in die Finger. Auf ihrem Handballen reflektierte die goldene Münze im Licht der Lampe, die den Raum erhellte. „Tch“, zischte Masamune kurz bevor sie den Gegenstand sicher in die Hand schloss und die Faust zu ihrem Mund führte. Bei dem Gedanken an das Andenken in ihrer Hand zog sie qualvoll die Augenbrauen zusammen und schloss die Augen. Sie hatte Nichts mehr von ihrer verstorbenen Liebe ausser dieser einen Münze. Yukimuras Lord forderte damals dass alle von seinen Gütern bei ihm, seinem Herrn, Ruhe finden sollen. Immerhin wollte Shingen Takeda Yukimura als seinen Nachfahren, auch wenn dieser es nicht akzeptieren wollte dass auch sein Oyakata-sama nicht für immer Leben würde… Doch Shingen Takeda wusste damals genau dass diese Entscheidung das Richtige war. Denn Yukimura war noch unerfahren, weltfremd… doch, so konnte es Masamune schon immer spüren, wenn man ihm nur den Weg zeigen würde, so würde er eines Tages als wunderbarer Herrscher den Gipfel des Berges erklimmen. Doch nun war es vorbei, Yukimura war tot. Lange war Masamune ohne irgendeine Regung in dieser Haltung bevor sie wieder den Mund öffnete. „Du Vollidiot…“, hauchte sie zu Yukimura, auch wenn dieser es nicht mehr hören konnte. Plötzlich richtete sich die Frau dann doch auf worauf ihr der Stoff des Yukatas wieder über die Schultern rutschte, jedoch noch hielt da sie ihn zusammen gebunden hatte. Misstrauisch und skeptisch schaute sie in den Spiegel, durch den sie auch die Türe, die zum Innengarten führte, sehen konnte. Ein kaltes Schaudern lief über ihren Rücken. Sie fühlte eine Anwesenheit die ihr Unbehagen einflösste, sich kalt über ihren Nacken und Rücken zog. Sie wickelte das Lederband, an dem die Münze hing um ihre Hand, mit der andern öffnete sie eine der kleinen Schubladen und verstaute ihren Schatz, genau wissend wo er lag. Den Blick hatte sie noch immer auf den Spiegel gerichtet. Da war etwas. Sie wusste es, sie konnte es fühlen. Doch es wollte sich nicht zeigen. Auch nach mehreren von Stille gefüllten Sekunden blieben die Eindringlinge aus. Mit einem Seufzen fuhr sie sich die blassbraunen Haare, die über die Augenklappe fielen, aus dem Gesicht, leider ohne Erfolg da sie schienen als hätten sie ihr Eigenleben. Sie öffnete erneut die kleine Schublade und zog die Münze erneut hinaus. Aus einem noch unerklärbaren Grund hatte sie das Bedürfnis das Andenken, dass sie ohne Takedas Wissen an sich genommen hatte, heute Nacht an ihrer Brust zu tragen. Noch einmal nach einem Geräusch horchend legte sie die Hand an den Schrank, dann wendete sie der Tür den Rücken zu. Ein Fehler. Denn gerade in diesem Moment konnte Masamune vernehmen wie etwas riss. Und bevor sie sich auch umgedreht hatte schnellte etwas links an ihrem Ohr hindurch und bohrte sich in die Wand. Alles was die Frau sehen konnte war das scharfe Widerspiegeln des Lichtes. Doch sie brauchte keine zwei Sekunden um zu realisieren dass neben ihr eine Waffenklinge in ihrem geliebten Kommoden-Schrank steckte. Keinen zweiten Blick an die Waffe verschenkend wollte sie sich um 180 Grad drehen, jedoch rundete sie die Augen als sie die Waffe genauer begutachtete. Die junge Frau wollte ihren Augen nicht trauen. Dieser Speer, der gerade knapp ihre Hand verfehlte gab es nur zwei Mal. Ja, genau solch eine Waffe hatte ihr verstorbener Geliebter geschwungen. Doch die Farbe stimmte nicht. Anstatt einem kräftigen Rot war die Waffe in ein Tiefschwarz getaucht. Masamune warf jedoch die Gedanken an diese Waffen und dessen Besitzer sofort von sich und wendete den Blick zu der Tür hin. Doch sie konnte nichts erkennen. Nur dass dieser Speer anscheinend direkt durch die Schiebetüre geflogen kam. Am liebsten hätte sie nach einem Schwert gegriffen um sich zu beschützen. Doch sie wusste nicht mit wem oder was sie es zu tun hatte, also hielt sie es für besser in sicherem Abstand zu bleiben. Ein Knurren entfloh ihrer Kehle als nichts mehr passierte. Würde etwas auf sie zurasen, so konnte sie ausweichen. Doch dieses Nichtwissen und das endlose flackern der Kerze machte sie noch beinahe verrückt. Leicht kniff sie ihr Auge zusammen bevor sie sich zur vollen Grösse aufrichtete. „Ich würde mal vorschlagen du zeigst dich…“, langsam legte sie die Hand an den langen Stab des Speeres, „sonst kriegst du den hier auf direktem Wege zurück“, hauchte die junge Herrin ruhig jedoch warnend. Doch es kam keine Antwort, es blieb ruhig. Alles was sich änderte war das Licht. Es schien als würde die Wolken nun weiterziehen und den Mond mit all seiner Kraft scheinen lassen. So dass er selbst das Licht der flackernden Öllampe übertrumpfte. Das Mondlicht warf ein Schattenbild auf den Fussboden vor Masamunes Füssen. Eine Silhouette die dazu führte das für einen kurzen Moment Masamunes Atmen hielt, ihr Körper sich versteifte und ihr Brustkorb sich zusammenzog. Hinter den hellen Schiebetüren konnte man ein Mann erkennen, dessen Haare im Wind wehten. Er schien ziemlich breitbeinig und sicher dazustehen, der linke Arm leicht angewinkelt und die rechte Hand um einen zweiten Speer geschlungen. Masamune rundete ihr blaues Auge als sie durch den Schlitz, der vom Speer verursacht wurde eine Reflektion erkennen konnte. Fünf goldene Münzen wehten im Wind und reflektierten golden den Schein des Mondes. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)