Yeh Zindagi Hai. von elfogadunk (Neue Chance, neues Leben?) ================================================================================ Kapitel 24: Atuls Entschluss ---------------------------- Shruti war fassungslos. „Und du hast ihn gehen gelassen?“, wollte sie aufgebracht wissen und bekam daraufhin einen starken Hustenanfall. „Beruhig dich...“, meinte Kavita und legte ihr eine Hand auf den Oberarm. „Meinst du nicht, dass es ganz gut ist, wenn die beiden einmal miteinander reden...?“ Shruti schaute ihre Tante fragend an. „Beti, ich bin vielleicht schon etwas älter, aber bestimmt nicht blind. Ich habe gesehen, wie Sudhir dich ansieht und auch, dass du seine Blicke erwiderst...“, meinte Kavita mit einem verständnisvollen Lächeln, während sie Shruti eine Tasse mit heißen Gewürztee reichte. „Und glaub mir, ich will und werde dir das ganz bestimmt nicht zum Vorwurf machen, denn Sudhir ist ein wirklich charmanter junger Mann und ich kann verstehen, wieso du dich in ihn verguckt hast... Das ändert allerdings nichts daran, dass du verheiratet bist. So leid es mir für Sudhir – und auch für dich – tut, er muss die Grenzen, die nun einmal klar und deutlich vorhanden sind, beachten und einhalten...“ Shruti wurde mit jedem von Kavitas Sätzen stiller. Es war nicht so, dass irgendetwas von dem, was sie sagte, neu war oder unerwartet kam, doch diese Worte von einer außenstehenden Person zu hören, war noch einmal etwas ganz anderes, als wenn sie es sich selbst ständig vor Augen hielt. Dass es jedoch schon zu spät war und sie bereits alle Grenzen überschritten hatten, konnte Kavita nicht ahnen und Shruti hatte auch nicht vor, ihrer Tante davon zu erzählen. Das hätte mit Sicherheit zu einer Diskussion geführt, die aussichtslos gewesen wäre. Außerdem waren das ihre Sorgen und die wollte sie Kavita nicht unnötigerweise auch noch aufbürden. Kavita musterte Shruti, die gedankenverloren vor sich her starrte und wunderte sich ob der Wirkung, die ihre Worte anscheinend auf sie hatten. „Was ist los, Beti? Gibt es etwas, dass du mir vielleicht sagen willst...?“, fragte sie vorsichtig nach und streichelte mit ihrer Hand über Shrutis Oberarm. Shruti blickte daraufhin auf und überlegte einen Moment, ob sie ihrer Tante von Atuls krankhafter Eifersucht und seiner plötzlichen Gewalttätigkeit erzählen sollte, doch sie entschied sich dagegen. Das war nichts, womit sie Kavita hätte belasten müssen. „Nein, Aunty, es gibt nichts...“, antwortete sie also leise und nahm einen großen Schluck von ihrem Tee. Kavita sah natürlich, dass sie log, doch sie wollte nicht weiter nachbohren, da sie sich vorstellen konnte, dass die Situation für sie sowieso schon schwierig genug war. Nachdem Shruti ihren Tee ausgetrunken hatte, legte sie sich noch einmal hin, da es ihr wirklich miserabel ging. Erholsamen Schlaf fand sie allerdings nicht, da sie ständig vor Nervosität aufschreckte. Atul war nun schon seit mehreren Stunden bei Sudhir und sie machte sich langsam ernsthafte Sorgen. Was, wenn er ihm etwas antat? Wenn die zwei sich prügelten? Wer würde wohl gewinnen? Überrascht über sich selbst, schollt sich Shruti für ihre Gedanken. Wieso sollte sich jemand gerade wegen ihr schlagen? Das war absurd. Dennoch konnte sie diese Überlegung nie ganz abschütteln. Am frühen Nachmittag wachte sie erneut aus ihrem unruhigen Schlaf auf, doch nicht wegen eines Albtraumes, sondern wegen dem köstlichen Geruch, den das Essen verströmte, das Kavita ihr gerade auf einem Tablett ins Zimmer brachte. Etwas mühsam setzte Shruti sich auf und wollte sich gerade über das Essen hermachen, als sie plötzlich hörten, wie die Haustür geöffnet wurde. Sie hielt die Luft an und lauschte mit rasendem Herzen Atuls Schritten. Er schien zuerst ins Badezimmer zu gehen, bevor er schließlich ins Schlafzimmer kam. Shrutis Herz blieb für einen Moment stehen, als die Tür aufging und Atul hereinkam. Ohne sie anzusehen, ging er zu Kavita und berührte ihre Füße. „Danke, dass du dich um Shruti gekümmert hast, während ich weg war, Aunty.“, meinte er. „Aber könntest du uns vielleicht für einen Moment alleine lassen? Ich würde gern etwas mit Shruti besprechen...“ Kavita nickte und lächelte kurz als Zeichen dafür, dass sie einverstanden war. Dann warf sie Shruti noch einen kurzen Blick zu und verließ anschließend das Zimmer. Mit jedem Moment fiel es Shruti schwerer, Luft zu bekommen. Ihr Puls raste und ihr Körper begann zu zittern, als Atul sich zu ihr aufs Bett setzte. Er schaute sie eine Weile stumm an – mit einer Miene, die nicht im Geringsten erahnen ließ, was er wohl gerade dachte. Shrutis Mund war plötzlich staubtrocken. Sie schluckte schwer und stellte das Tablett mit dem Essen, das Kavita für sie gemacht hatte, beiseite, da ihr gerade gehörig der Appetit vergangen war. Sie wollte mit jeder Faser ihres Körpers wissen, was Atul von Sudhir gewollt hatte, doch sie traute sich nicht danach zu fragen, da sie Angst vor der Antwort hatte. So blieb sie also stumm und wartete mit vor Aufregung beinahe berstendem Herzen darauf, dass Atul endlich etwas sagte. „Ich werde noch heute Nachmittag zurück nach Delhi fahren.“, meinte er schließlich und überraschte Shruti damit so sehr, dass sie aufkeuchte und einen Hustenanfall bekam. Als sie sich wieder beruhigt hatte, reichte Atul ihr wortlos ein Glas Wasser und fuhr dann fort: „Ich werde Ende der Woche wiederkommen. Bis dahin wirst du alle deine Sachen gepackt haben.“ Sie sah ihn fragend an, da sie nicht wusste, worauf er hinauswollte. „Du wirst mit mir nach Delhi kommen.“, meinte er kühl und mit einem Unterton, der keinen Widerspruch zuließ. Im ersten Moment dachte Shruti, sich verhört zu haben. Sie konnte nicht fassen, was ihr Ehemann da gerade gesagt hatte. „Was?!“, presste sie mit ihrer heiseren Stimme ungläubig hervor. „Was hat das zu bedeuten?! Wieso...?“ „Du denkst doch nicht im Ernst, dass ich dich hier alleine mit diesem Kerl lasse?“, fuhr er ihr ins Wort. „Was... Was hast du mit Sudhir gemacht?“, wollte Shruti wissen, während der Kloß in ihrem Hals immer größer wurde und sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Ungerührt hob Atul eine Augenbraue. „Ich habe mich nur ein bisschen mit ihm unterhalten, Jaan.“, meinte er kühl. „Und ich habe genug gehört. Du kommst mit nach Delhi. Bas.“ Damit stand er auf und wollte das Zimmer verlassen. Shruti rief ihm allerdings hinterher: „Das werde ich nicht! Ich kann meine Arbeit hier nicht einfach aufgeben und Aunty kann ich auch nicht einfach alleine lassen!“ Heiße Tränen rannen ihre Wangen hinunter, während sie vor Verzweiflung ihre Hände in die Bettdecke krallte. Atul ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken. Er öffnete die Tür und meinte – ohne sich umzudrehen: „Wenn es unbedingt sein muss, kannst du auch in Delhi als Lehrerin arbeiten. Und Kavita wird sicher Verständnis haben. Sie schafft das hier auch allein.“ Er wollte gerade gehen, als er noch einmal inne hielt. „Ich werde jetzt gehen. Und du hast besser alles gepackt, wenn ich wieder zurück bin...“ In seinen Worten lag eine eindeutige Drohung. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, schluchzte Shruti laut auf und begann fürchterlich zu weinen. War es das gewesen? Sollte es wirklich so enden? Sie konnte einfach nicht glauben, dass es so weit gekommen war. Sie wollte nicht nach Delhi. Sie wollte bei Kavita bleiben. Sie wollte weiterhin die Kinder im Dorf unterrichten. Und sie wollte nicht von Sudhir getrennt werden. Die Tränen quollen unaufhörlich aus ihren Augen und wenn sie an ihre Zukunft dachte, war sie sich sicher, dass sie niemals wieder versiegen würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)