Der schlimmste Tag meines Lebens von Ina123 (Wettbewerbsbeitrag) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Ich sitze auf dem Fensterbrett in meinem kleinen bescheidenen Zimmer und starre aus dem Fenster. Der Regen, der schon seit Stunden gegen die Scheiben prasselt, wird langsam immer stärker. In meiner Wohnung brennt kein Licht und auch kein Gerät ist in Betrieb. Ich sitze schon mehrere Stunden hier und blicke auf die menschenleeren Straßen. Ich zittere, doch das Zittern ignoriere ich, denn es hat für mich in dieser Situation keine Bedeutung. Die Tropfen, die an der Scheibe kleben, fließen langsam herunter, nur um am Ende zu einem einzigen großen Tropfen zu werden. Heute ist es ein Jahr her. Ein Jahr lang lebe ich schon so und für den Bruchteil eines Jahres habe ich darauf gehofft, es könnte alles wieder so werden wie früher. Ich ziehe die Beine noch näher an meinen Körper, da es in meiner Wohnung doch ein wenig kühl ist. Eine einsame Träne stiehlt sich aus meinem Augenwinkel und ehe ich es merke tropft sie zu Boden. Das Donnern, das sich am Himmel versammelt lässt mich schlagartig wieder an diesen einen Tag denken. Rückblick Ich klappte meinen Laptop zu und trank den letzten Schluck Kaffee aus meiner Tasse. „Hast du's endlich geschafft Sam?“, fragte mich mein Arbeitskollege und auch guter Freund. „Ja, die Präsentation ist endlich fertig. Zum Glück hab ich jetzt ein wenig Ruhe vor dem ganzen Stress.“ Ich erhob mich mit einem Lächeln, packte meinen Laptop in meine Tasche und hob zum Abschied noch einmal kurz die Hand. Unten auf der Straße angekommen, löste ich erst einmal die Krawatte von meinem Hals und öffnete die ersten Knöpfe an meinem Hemd. Die Sonne war heute morgen noch hell und leuchtend am Himmel aufgetaucht, doch nun war nur eine dünne, graue Wolkenschicht zu sehen. Es würde höchst wahrscheinlich in den nächsten paar Stunden anfangen zu Regnen, doch bis dahin würde ich schon zuhause bei Katie sein und es mir mit ihr gemütlich machen. Der Gedanke an sie lies mich lächeln. Ich hatte sie vor drei Jahren auf einem Geschäftsessen kennengelernt und dann hatten wir uns drei Tage später auf einer Gala wieder getroffen. Es hatte sich nach und nach Liebe daraus entwickelt, große Liebe. Ich liebte einfach alles an Katie, ihre Haare, ihr Aussehen, ihr Lächeln, ihren Charakter, einfach alles. Von meinem Glück beflügelt beschleunigte ich meine Schritte. Meine Arbeit war nur ein paar Minuten von meiner Wohnung entfernt und daher lief ich lieber als mit dem Auto zu fahren. Ich genoss den Weg nach Hause immer, denn der Weg, der mich durch einen kleinen Park führte lies mich immer am besten entspannen. Ich atmete den frischen Duft des Grases ein und beobachtete ein wenig die Leute um mich herum. Sie schienen alle genauso glücklich wie ich, was mich erneut zum lächeln brachte. Als ich das Ende des Parks erreichte bog ich um die letzte Ecke und dort sah ich etwas, was ich in meinem Leben nie mehr vergessen würde. Dort, vor dem Hauseingang zu meiner Wohnung, stand Katie. Dieses Bild, wenn ich sie sah, lies mich eigentlich immer lächeln, doch dieses Mal war es anders. Sie stand da, eng umschlungen von einem fremden Mann. Sie küssten sich. Ich konnte einfach nur dastehen und zuschauen, wie er sie fest um die Taille hielt und sie sich an ihn klammerte. Kein Teil meines Körpers wollte sich auch nur einen Millimeter bewegen, es war als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Ich spürte, wie mein Herz langsam Risse bekam und wie diese Risse immer größer wurden und es schließlich ganz entzwei brach. Langsam lösten sich die beiden voneinander. Katie, meine Verlobte und der fremde Mann. Sie lächelte ihn an, ein Lächeln, das eigentlich mir gehören sollte. Er gab ihr noch einen letzten Kuss und ging dann seiner Wege. Katie drehte sich ebenfalls um, während sie verträumt vor sich hinlächelte. Selbst als sie schon mehrere Minuten im Haus verschwunden war, stand ich immer noch dort, wo ich auch am Anfang gestanden hatte. Die Starre löste sich erst als ich ein Hupen hörte, welches von der Kreuzung ausging. Das Hupen war anfangs nur schwach zu mir hindurch gedrungen, wie durch eine dicke Nebelschicht. Jetzt, da ich wieder bei Verstand war, zitterte mein Körper heftig. Ich war wütend und gleichzeitig so verletzt. Wieso hatte sie mir das angetan? War ich ihr nicht gut genug? Habe ich ihr nicht das ermöglicht was sie wollte? Ich wusste es nicht. Während mir diese Gedanken durch den Kopf schießen bemerke ich, dass ich langsam auf das Haus zuging. Meine Schritte trugen mich wie von selbst zum Hauseingang und dann die Treppen hinauf bis vor meine Wohnung. Meine zitternde Hand greift in meine Hosentasche und zieht den Schlüssel hervor, mit welchem ich die Haustüre aufschließe. „Hallo, Schatz. Du bist schon da?“ , rief mir Katie zu, doch ich konnte ihr noch nicht antworten. Erst als ich in der Küche ankam, in welcher sie gerade stand und kochte, konnte ich ihr stockend antworten. „Ich...bin früher mit der...Präsentationsvorbereitung fertig geworden.“ Ich stellte meine Tasche auf dem Küchentisch ab und legte auch meine Anzugjacke ab. Ich betrachtete sie, wie sie dort an der Küchentheke hin und her hüpfte und das Essen zubereitete. Ich hatte immer geglaubt sie tat das mir zu liebe, doch nun wusste ich, dass sie währenddessen an jemand anderen dachte. Das lies die Wut in mir von neuem auflodern. „Wie lange geht das eigentlich schon?“ Ich stellte ihr einfach die direkte Frage, auch wenn sie indirekt gestellt ist. „Was geht wie lange schon?“ Sie sah mir ungläubig in die Augen und ich spürte an ihrer Körperhaltung, dass sie sich ein wenig angespannt hatte, auch wenn sie nach Außen immer noch völlig entspannt wirkte. Ich lachte gequält. „Hör bitte auf mich für dumm verkaufen zu wollen und steh wenigstens dazu.“ Ich hatte meine Stimme nur ein wenig erhoben, doch meine Worte waren trotzdem fest und bestimmt. Ein gequältes Lächeln stahl sich auf meine Lippen und ich musste mich an der Arbeitsfläche anlehnen um nicht vor lauter Wut aus der Haut zu fahren. „Ich dachte wirklich wir könnten glücklich werden. Ich dachte wir würden irgendwann heiraten, Kinder bekommen und eine glückliche Familie werden. Aber du scheinst andere Interessen zu haben.“ Ich sah ihr enttäuscht in die Augen, sie blickte zurück und versuchte immer noch unglaubwürdig auszusehen. Sie trocknete sich ihre Hände an ihrer Schürze ab ehe sie einen kleinen Schritt auf mich zu kam. „Ich weiß wirklich nicht wovon du redest, Sam. Könntest du mir bitte sagen um was es eigentlich geht.“ Ihre überhebliche Art und das Desinteresse, das sie mich gerade spüren lies war unglaublich. Ich hasste es wenn sie so wurde, aber das passierte nur wenn sie nicht wollte das jemand etwas erfuhr, was er nicht erfahren sollte. Allein ein Blick in ihre Augen hätte mich schon rasend machen können, doch ich fand noch ein Fünkchen Selbstbeherrschung um mich im Zaum zu halten. Anstatt ihr den Gefallen zutun und ihr einfach zu sagen um was es ging, stellte ich eine Gegenfrage: „Wie oft war er eigentlich schon in MEINER Wohnung? Wie oft habt ihr es in MEINEM Bett getrieben? Und vor allem, wie oft habt ihr euch über mein Unwissen lustig gemacht? Na los! Sag`s mir!“. Sie sah mir während meiner Worte einfach in die Augen, ohne eine Miene zu verziehen. Sie starrte mich regelrecht an, doch irgendeine Art von Gefühl zeigte sie nicht. „Ich weiß überhaupt nicht wen du meinst.“ Dieser Satz brachte das Fass zum überlaufen. Das sie es nach meinem eindeutigen Wissen immer noch leugnete ließ bei mir das Band reißen. Ich sah sie wütend wie noch nie an. Mein ganzer Körper zitterte vor angestauter Wut. Doch ich konnte nichts mehr dagegen tun, ich explodierte einfach schlichtweg. „Du verdammtes Miststück leugnest also immer noch, dass du mich betrügst?! Schämst du dich eigentlich nicht?! Fühlst du dich eigentlich nicht wie eine dieser billigen Nutten, die einfach mit jedem daher gelaufenen Kerl ins Bett steigen?!“ Nach diesen laut, heraus geschrienen Sätzen zeigte sich endlich Gefühlsregung bei ihr. Ihre Augen wurden verzweifelt und ihr Gesichtsausdruck glich dem einer verlassenen Frau. Sie sah zu Boden um mir nicht in die Augen sehen zu müssen und knetete nervös ihre Finger. Meine Wut wandte sich langsam in Enttäuschung und Verzweiflung um. Meine Arme mit denen ich während meines Wutausbruchs wild gestikuliert hatte, fielen schlaff an mir herunter, ebenso wie meine Schultern erschlafften. Ich konnte nicht verhindern, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Die Situation schien einfach aussichtslos. Und doch wusste ich, dass ich mit einer solchen Frau nicht zusammenleben konnte. „Ich dachte wirklich wir könnten glücklich werden...“, wisperte ich meinen Satz erneut, doch dieses mal klang er verzweifelter. „Pack` deine Sachen und dann verschwinde aus meiner Wohnung.“ Meine Stimme klang nach nichts, sie war einfach monoton. Ich hatte keine Kraft mehr um noch weiter zu brüllen oder ihr Vorwürfe zu machen. Es ging einfach nicht mehr. „Aber Sam, du kannst doch nicht-“ Sie versuchte mich von meiner Entscheidung abzubringen, doch ich hatte sie bereits gefällt als ich sie mit dem Kerl sah. „WAS kann ich nicht, Katie?“ Barsch schnitt ich ihr das Wort ab, worauf sie still schweigend zu Boden sah. Was erwartete sie hier von mir? Das ich ihr einfach verzieh? Darüber hinweg sah? Das konnte ich einfach nicht. Das war nicht meine Art. Als sie sich in Bewegung setzte sah ich ihr nach, wie sie aus dem Raum schritt, mit gesenktem Kopf. Ich stellte die Herdplatte aus und dann keimten erneut Wut und Verzweiflung in mir auf. Ich fegte den Topf von der Arbeitsplatte, sodass sich der gesamte Inhalt auf dem Boden verteilte. Ich stütze meinen Kopf auf meine Hände und weinte erneut stumme Tränen Nach einer Weile trat sie mit Tränen in den Augen ins Wohnzimmer. Ich hatte mich in meinen Sessel gesetzt und seitdem nicht mehr von der Stelle gerührt. Als sie eintrat sah ich sie an, doch mein Blick war leer. Nichts konnte man in ihm lesen. Diese Eigenschaft hatte ich mir schon in der Schule angewöhnt. Keine Gefühle zeigen wenn es nötig ist. „Sam ich-“ „Sag einfach nichts!“ Ich hatte ihr erneut das Wort abgeschnitten. Ich konnte ihre Versuche nicht ertragen mir das erklären zu wollen. „Aber es ist nicht so-“ „-wie ich denke? Wolltest du das sagen? Dieser Satz ist schon fast eine Beleidigung mal abgesehen davon, dass es eindeutig war was ich gesehen habe.“ Ich konnte es einfach nicht mehr hören. Das was sie sagen wollte hätte nichts geändert, überhaupt nichts. Ich stützte meinen Kopf auf meine Hand und verbarg somit meine Augen. „Geh einfach Kate. Geh und lass dich nicht mehr blicken.“ Das war das erste mal, dass ich sie mit ihrem eigentlichen Namen ansprach. Sonst nannte ich sie immer 'Katie' oder 'Schatz', aber noch nie 'Kate'. Bei meinen Worten zuckte sie zusammen, doch sie nickte und verließ mit ihrem Koffer meine Wohnung. Und ehrlich gesagt war ich froh darüber, dass sie weg war, so konnte ich meinen Tränen freien Lauf lassen. Mehrere Stunden saß ich weinend in meinem Sessel, kraftlos um auch nur aufzustehen. Doch nach diesen Stunden zwang ich mich ans Fenster zu gehen. Ich starrte in die verregnete Nacht und wünschte mir das alles wäre nie passiert. Wünschte mir sie hätte diesen Kerl nie kennen gelernt. Doch es war nicht so. Die nackte Realität traf mich mit einem heftigen Donnerschlag, der durch den Nachthimmel hallte. Hier und Jetzt Oft schon habe ich an diesen Tag zurück gedacht. Heute musste ich ganz besonderes daran denken, ein Jahr danach. Heute sind mir auch das erste mal wieder die Tränen gekommen, doch ich glaube nicht das es ein Fehler war mich von ihr zu trennen. Ich habe Katie schon oft gesehen, mit einem neuen Mann an ihrer Seite. Anfangs hat es mir noch einen Stich versetzt, doch nun gönne ich ihr auf eine seltsame Art und Weise ihr Glück. Hat nicht jeder von uns es verdient sein Glück zu finden und hat auch nicht jeder das Recht danach zu verlangen? In den ersten paar Wochen nach unserer Trennung hatte ich noch darauf gehofft, dass sie womöglich wieder zu mir zurück kommen könnte. Doch diese Hoffnung war sinnlos, wie ich es erst später begriff, denn sie hatte ihr Glück schon gefunden. Erst heute habe ich damit abgeschlossen wie ich bemerke. Ich kann mir sogar vorstellen wieder eine neue Beziehung einzugehen. Dieser Tag damals zählt mitunter zu den schlimmsten in meinem Leben, doch ich habe diese Trennung nie bereut. Ich habe auch die Beziehung mit Katie nie bereut. Sie war einfach nicht dazu bestimmt auf die Dauer zu halten... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)