Das Glückskatzensyndrom von Chanyeol ================================================================================ Kapitel 1: Episode I - Strippen ------------------------------- Es überkam mich einfach. Ich weiß nicht warum, aber es ist mir auch egal. Allgemein bleibt zu sagen, dass ihr das Ganze nicht zu ernst nehmen solltet, schließlich ist es eine Fanfiction. Viel Spaß beim Lesen von: Das Glückskatzensyndrom! ~ Wohnung Nummer 29: Ein Feiertag. „Aiji, mir ist langweilig“ Maya lag auf dem Wohnzimmerboden und starrte die Decke an. Von Aiji, der in seinem Lieblingssessel saß und konzentriert Zeitung las, kam keinerlei Reaktion. „Aijiii“ er drehte den Kopf zu seinem Kollegen und fixierte ihn mit seinen traurigen Augen, wie ein Welpe wirkend, das gestreichelt werden wollte. „Hm“, grunzte es hinter der Zeitung. Aha, schon einmal ein Zeichen, dass ihm halbe Aufmerksamkeit geschenkt wurde. „Aijiii“ Maya rollte sich auf den Bauch und stützte den Kopf auf die Hände. „Hm.“ „Machen wir was?“ „Hm...“ War das als ‚Ja’ oder ‚Nein’ zu deuten? „Gehen wir shoppen?“ „Du weißt genau, dass wir dann wieder von einer Horde Fans gestalkt werden. Da hab ich keine Lust drauf“, wurde sein erster Vorschlag trocken abgewehrt. So ein Langweiler. Maya seufzte, richtete sich auf und tigerte zum Sofa, um sich dort mit Schwung nieder zu lassen. Aiji blätterte knisternd um, während der Blonde zum Fernseher schielte. „Wie wärs, wenn wir unsere DVD anschauen?“ er versuchte so viel Motivation wie möglich in seiner Stimme klingen zu lassen, vielleicht konnte er den anderen so anstecken – Fehlanzeige. Aiji ließ einen wenig begeisterten Laut vernehmen. „Dann lass uns Sex haben!“ Das erste Mal ließ er die Zeitung sinken und musterte Maya, als hätte dieser sich freiwillig einen Lolli genehmigt. „Warum sollten wir Sex haben?“ Aiji zeigte so viel zweifelnde Mimik, wie möglich. „Sonst muss ich mir immer anhören, wie hetero du doch bist. ‚Ich habe einen Sohn. Einen Sohn, Aiji, ich kann gar nicht schwul sein’“ er verstellte seine Stimme und schüttelte dann den Kopf. „Außerdem steh ich nicht auf dich, also lassen wir das“ „Aber das schreiben die doch immer in diesen Geschichten?“ „Wer sind die?“ „Na die Fans. Fanfictions!“ „Du ließt Fanfictions?“ Maya antwortete mit Erröten und blickte ganz auffällig unauffällig in eine andere Richtung. „Alles klar“ Aiji schmunzelte und hob die Zeitung wieder vor seine Augen. Eine Zeit lang herrschte Stille im Raum. Der Blonde robbte auf der Couch umher und brachte seine grauen Zellen zum Arbeiten. Irgendetwas musste es doch geben, was ihnen beiden den Feiertag versüßen konnte. Irgendwie fiel ihm nichts ein. Aiji und er hatten zwar die gleichen Wurzeln aber wenn es um Freizeit ging, hatten sie gänzlich verschiedene Ansichten. Nachdem Maya den zehnten lautmalerischen Ton der Langeweile von sich gegeben hatte, lugte sein Kollege über den Rand des Tagesblattes hinweg. „Genieß deinen freien Tag doch einfach“, meinte er. „Aber mit ist so langweilig. Wie soll ich da genießen?“ Maya machte ein Gesicht als müsste er gleich sterben. „Aijiiiiiii“, quengelte er erneut los und Angesprochener ließ ein Seufzen voll von Genervtheit vernehmen, und ohne hinter seiner Zeitung aufzutauchen, gab er seinem Kollegen den ultimativen Rat. „Maya, wenn dir so langweilig ist, dann such dir doch eine Beschäftigung!“ Der Blonde wäre beinahe vom Sofa gekippt. „Oh, danke, Aiji, da wäre ich natürlich nie alleine drauf gekommen“, sagte er spöttisch und streckte die Zunge heraus. Es war offensichtlich, dass der andere nichts gegen seine Langeweile unternehmen wollte – die Zeitung war eben viel interessanter. Maya seufzte schwer, stand auf und schlurfte in einer atemberaubenden Geschwindigkeit zum Flur – im Hinterkopf die Hoffnung Aiji könnte sich bei diesem bemitleidenswerten Anblick doch noch ein Herz fassen und ihn beschäftigen, doch der Gitarrist schien nicht einmal zu registrieren, dass sich sein Mitbewohner entfernte. Na gut, dann würde Maya sich alleine seinen Feiertagsspaß suchen – und natürlich auch finden. Nachdem die Türe hinter ihm zugefallen war, überlegte er immer noch leicht beleidigt wer der anderen Bewohner sich noch langweilen mochte und mit ihm die ideale Beschäftigung für diesen Tag finden könnte. Wer war unternehmungslustig und mit ebenso unlustigen Bandkollegen gestraft, wie er selbst? Wie als zweifelhafte Antwort auf seine Frage öffnete sich die Türe zu seiner Rechten und ein trübe dreinblickender Tsukasa geisterte heraus. Seine Augen unterstrichen Schatten, der Blick wirkte irgendwie leer. Mit hängenden Schultern wanderte er ein paar Schritte über den rubinroten Teppich, bemerkte dann Maya, der ihn leicht irritiert beobachtete. „Hallo Maya“ die Stimme klang nach einer durchzechten Nacht. „Yo“ Maya nickte ihm zu und bemerkte erst jetzt, dass Tsukasa ungewöhnlicher Weise barfuss war. Neugier packte ihn. Was mochte der Grund sein, dass der Drummer von D’espairsRay weder Socken noch Schuhe trug? Versuchte er es mit einem neuen Stil? Eiferte er Tora oder Yomi nach? Wollte er wohlmöglich krank werden? Oder steckte etwas ganz anderes dahinter? ‚Ganz anderes’ kam in diesem Moment auf jeden Fall aus Tsukasas Mund und ließ Maya, gerissen aus seinem Grübeln, mehr als verwundert dreinblicken. „Hast du vielleicht einen Haufen Socken gesehen?“ Natürlich hier hüpften täglich ganze Horden von Fußbekleidung herum. „Wie bitte?“ Maya war verwirrt. War dieser Mensch noch zerstreuter als Karyu und hatte vergessen, dass Socken in den Schrank gehörten? Vielleicht stand Tsukasa unter Drogen – Maya hatte jedenfalls den Eindruck. Tsukasa ließ gerade ein müdes, krächziges Lachen hören. „Das klingt verrückt, ich weiß“ Wenigstens war er sich dessen noch bewusst. „Zero und Karyu haben sich gestern den Spaß gemacht meine sämtlichen Socken zu verstecken, leider waren sie so betrunken, dass sie sich selber überhaupt nicht mehr daran erinnern können, wo sie die versteckt haben“ Maya hätte nach einigen Sekunden des ungläubigen Schweigens am liebsten losgelacht, doch angesichts der verzweifelten Lage, in der Tsukasa sich zu befinden schien, verzichtete er großherzig auf Belustigung. „Die müssen aber gut versteckt sein“ Maya sah sich suchend um. Er konnte seinen freien Tag natürlich opfern, ein Sockensuchkommando aufstellen und Tsukasa helfen seine vermissten Besitztümer zurück zu bringen. Nein, es gab heute sicher noch Spannenderes zu erleben. „Was?“ „Na die Socken“ „Ach so ... ja“ Tsukasa schlich den Rückzug an. „Falls du sie doch noch finden solltest, sag mir bitte bescheid, ohne Socken lässt es sich schlecht leben“ Das konnte Maya sich vorstellen. Kalte Füße waren unangenehm und nackte Füße in Schuhen fabrizierten käsigen Geruch. „Tschüss“, nuschelte es noch, bevor die D’espairsRay-Türe wieder geschlossen wurde. Bedauernswerte Schicksale, die hier umhergeisterten. Maya schüttelte den Kopf. Nach dem kurzen Plausch mit einem seiner Nachbarn wollte er sich wieder seine Bespaßung widmen. Spontan fiel ihm Miyavi ein, doch bei näherem Nachdenken wollte er sich an seinem freien Tag nicht mit einem hyperaktiven Hüpfball herumschlagen. Von unten her schallte ein hysterischer Schrei nach oben und Maya trat interessiert ans Geländer. Er erkannte nichts, hörte nur das Echo der zuschlagenden Türen. Na toll, sogar die kleinen Indie-Bands hatten Spaß, nur er stand immer noch vor seiner Wohnung und wusste nichts mit sich anzufangen. Da meldete sich etwas in seinem Kopf: Indie-Band. Ein Grinsen schlich über seine Lippen. Während Takeru sicher wieder zum Shoppen gerannt war und Yuji mitgeschleppt hatte, saßen Chiyu, Masato und vor allem der Neuzugang Shinpei sicherlich in ihren Zimmern und langweilten sich. Maya würde der Retter in der Not sein und den dreien einen unvergesslich lustigen Feiertag bescheren. Ganz begeistert von seiner eigenen Idee machte er sich auf in den 5. Stock. SuG hatte außer ihrem Namen auch noch das Bandmotto auf die Tür graffitiert. Sah gar nicht schlecht aus; vielleicht sollte LM.C sich auch einmal ein neues Türkonzept überlegen. Er drückte seinen Finger auf die Klingel. Sie schallte durch die Wohnung und schon bald hörte man erst eine Türe knallen, dann einen gewaltigen Rums und keckerndes Lachen. Noch bevor Maya sich darüber wundern konnte, wurde aufgerissen. Ein reichlich unbekleideter Chiyu stand vor ihm. Bis auf rot-gepunktete Boxershorts, hing ihm nur eine Jeans in den Kniekehlen. „Oh Besuch“ der Ton und der Geruch der Maya in die Nase stieg, kaum hatte der Bassist den Mund aufgemacht, verriet, dass er betrunken war. Kippte sich die Jugend von Heute schon am frühen Mittag eins hinter die Binde? Und mal ganz davon abgesehen, musste sie sich in Folge dessen ausziehen? Offenbar schon, denn mit einem: „Wer ist es denn?“ kam Takeru nur in einem überdimensionalen, knallpinken T-Shirt, das Maya an Love Scream Party erinnerte, über den Flur angehüpft. „Ooooi, Maya“ auf Takerus Zügen breitete sich dieses unwiderstehliche Grinsen aus. „Yo“, kam es leicht irritiert von ihm und ehe er behaupten konnte, er hätte sich in der Türe geirrt, grapschte der Kleine nach seinem Arm und zog ihn in die Wohnung. „Es ist super, dass du da bist. Du langweilst dich sicher „Ja... erm ich meine nein, ich wollte-“ „Uns Gesellschaft leisten“ Takeru, welcher immer noch sein Handgelenk umklammert hielt, legte den Kopf schief und lächelte unschuldig. Oh Gott, meine Grübchen sind ja nichts gegen seine, schoss es Maya durch den Kopf und er wurde rot. Diese zu klein geratene Fashion-Queen wusste ihre Reize ganz gezielt einzusetzen. Maya hatte keine Chance und Widerrede wurde ohnehin nicht geduldet. „Das wird sicher lustig komm mit!“ Er wurde von Chiyu und Takeru ins Wohnzimmer geschoben beziehungsweise gezogen. Dort erwartete Maya eine ziemlich chaotische Räumlichkeit. Es roch intensiv nach zu viel Sake und Zigaretten. Die Vorhänge waren zugezogen, vielleicht war das auch besser so, angesichts der ausgelassenen Feiertagsparty, die hier gefeiert zu werden schien. Auf dem Boden lagerten zwischen umgestoßenen Flaschen und mehr oder weniger leergefutterten Fraßtüten, Yuji und Masato umringt von einem Berg Klamotten. Zu Mayas Erstaunen waren die Beiden noch vollständig angezogen – um es genau zu sagen etwas zu vollständig: Eingepackt in Wintermäntel und Mützen mussten sie doch sicher schwitzen, schließlich war der Raum warm und außerdem Spätsommer. Hier wurde wirklich ein außergewöhnliches Verhalten an den Tag gelegt. Einzig Shinpei lag zusammengerollt, wie ein Kätzchen auf der Couch und schlief. Alkohol schien ganz verschiedene Auswirkungen bei den Musikern von SuG zu haben. Nachdem Maya die Szenerie eine Weile verwirrt gemustert und nicht einmal die wenig gelallten Begrüßungen von den Winterfreunden registriert hatte, klärte sich sein Kopf ein wenig, als Takeru ihn auf den Boden riss. Maya entkam ein erschrockenes Quietschen, welches die anderen vier kichern ließ. „Wo bist du nur mit deinen Gedanken, Maya?“ Takeru hockte sich auf ihn und grinste verboten. Er wurde erneut rot. „Wir spielen Strippen“, erklärte Chiyu, dessen Haarschopf sich in Mayas Sichtfeld geschoben hatte. Wie zur Verdeutlichung dieser Aussage, ließ Takeru seine Hand unter sein T-Shirt wandern und schob es betont langsam und lasziv nach oben. Als Maya bemerkte, dass Takeru keine Unterwäsche mehr trug, lief sein Kopf Gefahr zu platzen und er schubste den Sänger mit einem Kreischen a’la Bell the Cat von sich; diese Aktion belustigte wieder alle und Chiyu ließ verlauten: „Aber nein, das ist ein Spiel“ „Komm ich erklär die die Regeln!“ Takeru reichte das T-Shirt wieder bis zu den Knien, doch Maya hatte sich von seinem Schock noch nicht ganz erholt. An einem Feiertagsmittag brauchte er wirklich kein männliches Geschlechtsteil vor seiner Nase – auch nicht das von Takeru. „Also, man spielt immer zu zweit – ich spiele mit Chiyu – und denkt sich eine Aufgabe für die gegnerischen Teams aus. Wenn die Aufgabe zur Zufriedenheit ausführt wird, muss das Aufgabensteller-Team trinken, wenn nicht, müssen die anderen Teams trinken und sich von jeweils einem Kleidungsstück verabschieden, die das Aufgabensteller-Team dann nach Möglichkeit anziehen muss“ Takeru schien noch nicht ganz so gut bedient, wie Chiyu, denn wer sich so etwas merken kann muss noch einigermaßen klar im Kopf sein. Maya witterte seine Chance wieder zu entkommen„Okay, aber ihr seid schon zu viert also-“ „Shinpei“ Chiyu stand am Sofa und rüttelte rabiat an der Schulter des Neuen. Maya packte das Entsetzen. „Shinpei hatte vorhin niemanden zum Spielen“, erzählte Takeru. „Er meinte er schaut sich das ganze mal an und sucht sich noch wen, aber dann ist er eingeschlafen“ Maya fragte sich wie lange die Gesellschaft schon spielte, denn Shinpei schien aus einem dermaßen tiefen Schlaf gerissen zu werden, dass er schon länger auf der Couch liegen musste. „Guten Morgen“ Chiyu und Takeru winkten ihm zu. „Wir haben einen Partner für dich?“ „Hm?“ Shinpei verschlafen in die Runde schielend, schien noch nicht ganz wach, doch als er vom Sofa gezogen wurde, beinahe den Halt verlor und mit seinen rudernden Armen um ein Haar die goldene, kitschige, winkende chinesische Glückskatze, die zur Standarteinrichtung der Wohnungen gehörte, vom schmalen Tischchen fegte, klärte sich sein Blick erschrocken. „Man, Chiyu-san, kannst du nicht aufpassen?“, zischte er wütend. „Nö“, kam frech zurück. „Chiyu, zieh endlich diese Hose aus!“, befahl Yuji da und stopfte sich Erdnussflips in den Mund. „Darf ich wenigstens den Gürtel behalten?“ „Was willst du denn mit dem?“ Masato hob fragend die Augenbrauen. „Ich könnte ihn zweckendfremden...“ – „Das sind ja ganz neue Töne von dir. Du hast echt zu viel getrunken, mein Lieber“ „Na und?! Heute ist frei, da darf ich das ja wohl“ giggelnd strampelte Chiyu seine Hose von den Beinen. „Maya ist jetzt mit dir in einem Team“, erklärte Takeru gerade und geleitete den Drummer zu Maya. Shinpei schien ähnlich unbegeistert zu sein, wie er. „Hör mal, Takeru, kann ich nicht-“ „Nein, du kannst nicht!“, wurde es einfach abgetan. „Ihr seid dran, los!“ Nach wenigen Runden, in denen Maya sein T-shirt, Shinpei Ohrenschoner und Jacke, die er aus seinem Zimmer geholt hatte, ans ‚YuMa’-Team – wie sich Yuji und Masato nannten – verloren hatten und sich vier Gläser Sake hatten genehmigen müssen, kam ihm, dass dieses Spiel überhaupt keinen Sinn verfolgte. Jedes Team konnte willkürlich entscheiden; Da die ‚Styler’ (Chiyu und Takeru) zu betrunken waren und sich zu leicht zum Ausziehen überreden ließen, ‚Team Yo’, bestehend aus Shinpei und Maya (auf Takerus Frage hin, wie ihre Gruppe denn heißen würde, hatte er das erste Wort verlauten lassen, das ihm einfiel) zu wenig Erfahrung im Spiel hatten und ‚YuMa’ am wenigsten betrunken, unglaublich kreativ, fies und unerbittlich waren, hatten letztere die Nase weit vorne und so viele Kleidungsstücke angehäuft, das es einfach unmöglich war diese alle anzuziehen, so wuchs der Klamottenberg um die beiden stetig. Gerade sollte Takeru sich auch noch seines letzten Hemdes entledigen, Maya wurde alleine bei der Vorstellung schon wieder puterrot und betete, der Feueralarm würde hereinplatzen oder Gackt, der diesen Albtraum dann beenden würde – schließlich sollte die Öffentlichkeit nie erfahren welchen peinlichen Freizeitbeschäftigungen die Musik-Stars Japans nachgingen und die Gefahr in allen Klatschblättern des Landes würde auftauchen, dass SuG und Co. (die Hälfte von LM.C bildete hierbei Co.) ein dummes Teenie-Auszieh-Trink-Spiel spielten, würde ihren Boss sicher dazu bewegen dem ganzen ein Ende zu bereiten. Außerdem würde er den Kindern sicher den Alkohol wegnehmen und das wäre schon Erlösung gewesen, denn je mehr Sake floss, desto versauter wurden die Aufgaben. „Hallo?!“ Jemand steckte den Kopf ins Wohnzimmer – wer immer es war, Maya schuldete diesem Jemand unendlichen Dank, denn durch dessen Auftauchen wurde Takeru gehindert sich nackig zu machen. Als er den Kopf ruckte, erkannte er: „Hiroto“ ‚YuMa’ und den ‚Stylern’ kam der Name fast gleichzeitig über die Lippen. „Wie bist du hier rein gekommen?“ Masato war inzwischen dermaßen eingepackt, dass er kaum noch reden konnte – bekam er überhaupt noch ausreichend Luft? „Die Türe stand offen“, erklärte der Neuankömmling. „Ich wollte eigentlich nur wissen, ob ihr Kaffee habt, unserer ist ausgegangen und Nao kriegt gerade Entzugserscheinungen und- SPIELT IHR STRIPPEN?!“ letzteres kam so abrupt und laut, dass Maya zusammenfuhr. „Jaahaa“, flötete Takeru. Hiroto starrte sie an, als hätten sie sein I-Phone malträtiert. Endlich. Der junge Gitarrist hatte genug Köpfchen, um die missliche Lage zu erkennen – er würde Maya erneut retten, Hilfe holen: Gackt, oder zumindest Kaoru; dieser würde Ordnung in dieses Chaos bringen und ihn erlösen. Maya lag in Gedanken schon bei sich auf der Couch und guckte LM.C-PVs oder LM.C-DVDs oder las LM.C-Fanfictions – Hauptsache er beschäftigter sich mit solch schönen Dingen wie LM.C und nicht mit ausgezogenen Kumpels (Anm.d.A: der Bandname Sug kommt vom Englischen Wort: Thug, das ‚Kumpel’ bedeutet). „UND DAS OHNE MICH, SEID IHR BESCHEUERT?!“ Ja, genau, sag ihnen wie- Maya fiel prompt aus allen Wolken und tat sich gewaltig weh. „Maya-san, geht’s dir gut?“ Shinpei sah ihn besorgt von der Seite an. In der Finsternis, die seine ums Gesicht geschlossenen Hände erschufen, jammerte er vor sich hin. „Warum ich? Warum nicht Miyavi? Oder Aiji?“ Weil Aiji klug genug war zu Hause zu sitzen und in Ruhe Zeitung zu lesen. „Maya“ „Warum bin ich nicht zu Hause geblieben und hab LM.C-PVs oder DVDs geschaut oder LM.C-Fanfictions gelesen?“ „Maya!“ „Waruuum nur?“ „MAYA!“ Er hob den Kopf und fragte die Runde: „Warum hab ich nicht ein Sockensuchkommando aufgestellt?“ „Hä?“ Fragezeichen bildeten sich auf den Gesichtern der Anwesenden ab. „Macht ihr Nao nen Kaffee?“, riss Hiroto die Aufmerksamkeit wieder an sich. „Warum?“ Yuji drehte langsam seinen gesamten Oberkörper, um ihn ansehen zu können. „Na er wird mein Partner! Aber so zitternd kann ich nichts mit ihm anfangen!“ „Okay“ das war das Stichwort und Hiroto sauste los zurück in die ALICENINE-Wohnung. „Da Shinpei die Kaffeemaschine nicht bedienen kann, musst du das übernehmen!“, entschied Yuji. „Warum soll ich das machen? Chiyu und Takeru sind doch auch noch da“, nuschelte Masato. Angesichts der beiden Halbentbößten, die nicht einmal mehr gerade sitzen konnten und sich das unbegründete Lachen verkneifen mussten, suchte er nach einer begründeteren Ausrede „Ich kann mich gar nicht bewegen“ „Aber du kannst wenigstens deine Hände noch benutzen“ Yuji nickte zu vier schichten Handschuhen, die ihm das Blut abdrücken mussten. „Na gut“ Ächzend und reichlich umständlich rollte Masato sich erst auf dem Boden herum, bis er Fläche genug fand, um sich aufzustützen. Wie ein Pinguin, wackelte er zur Türe, gegen die er erst einmal rannte, bevor er sich fluchend auf den beschwerlichen Weg in die Küche machte. Hiroto war bald zurück, mit zwei Plastiktüten und einem blass wirkenden Nao. „Kaffee kommt gleich“, verkündete Yuji und versuchte nach Erdnussflips zu greifen, doch es gelang nicht, so ließ er sie sich von Takeru in den Mund schieben. „Ich bin Milchkaffee“, redete Nao inzwischen, wie in Trance. „Ich bin Milchkaffee“ Hiroto drückte ihn auf die Couch. „Ja ja – beruhig dich mal!“ und er begann aus den Tüten allerhand Jacken und Schals zu ziehen und sie sich anzuziehen. „Ich bin Milchkaffee“ „Hier Nao, die sind für dich“ er setzte seinem Kollegen eine Mütze und einen Haarreif mit Bärchenohren auf. „Ich bin Milchkaffee“ „Ist auch Schokolade mit Cappuccino okay?“ Shinpei schien sich als einziger verpflichtet zu fühlen dem Milchkaffee aus seiner Misere zu helfen, da es noch Stunden dauern konnte, bis Masato mit dem versprochenen Koffeingetränk zurück kam, schließlich war er kaum in der Lage sich selbst über den Flur tragen. „Hier“ Shinpei hatte aus einer Jackentasche ein paar Schoko-Cappuccino-Drops gefischt und hielt sie Nao hin. Wie in Zeitlupe hob er die Hand und angelte nach der erlösenden Süßigkeit, führte sie schließlich zum Mund, kaute. Alles starrte auf ihn, bis auf Hiroto der zu sehr damit beschäftigt war sich in Mäntel einzuwickeln. Nach wenigen Minuten schien Nao wieder einsatzbereit und Masato kam endlich zurück. Im Schneckentempo trug er den dampfenden Becher zu Nao, der ihn dankend entgegennahm und auf Ex kippte - zu Mayas Erschrecken, da der Kaffee noch relativ heiß sein musste, auch wenn Masato eine halbe Ewigkeit von der Küche zurück ins Wohnzimmer gebraucht hatte. „Sagt mal, was mach ich hier?“ Nao sah sich verwundert um. „Und warum seid ihr nackt?“ Das gleiche Entsetzen, welches Maya verspürt hatte, spiegelte sich in seinen Augen. „Noch sind wir nicht nackt“ Takeru grinste viel sagend, blickte zu Maya und leckte sich über die Lippen. Hitze staute sich in seinen Wangen und er sah schnell woanders hin. Masato hatte es inzwischen geschafft sich wieder neben Yuji zu setzen. „Ja, es wird aber Zeit“ Chiyu bewarf Yuji mit Flips und dieser versuchte sie mit dem Mund zu fangen. „Zieh dich aus, kleine Maus!“ Hiroto warf Takeru einen Kusshandschuh zu. „Nein“, winselte Maya. „Spielt ihr Strippen?“ „Nein WIR spielen Strippen, Naolein“ „Wenn ich noch einen Kaffee bekomme“ „Zieh dich endlich aus, Keru-chan!“ „Ja sicher, Masato, machst du dem lieben Nao noch einen Kaffee, bitte?“ „Och nöö~“ „Ausziehen!“ „STOP!“ Alle Augen wanderten zu Maya, der aufgesprungen war. „Willst du mir meine Aufgabe abnehmen?“ Takeru fixierte den Blonden, legte seine linkte Hand in seinen Schritt und die Rechte zwischen seine Lippen. Maya meinte angesichts dieser Folter sterben zu wollen. Er riss sich zusammen und stammelte: „Ich meine... ich... ich mache Nao den Kaffee!“ „Bin ich dafür!“, gab Masato seine Stimme ab. Maya war schon aufgesprungen, bevor demokratisch verfahren werden konnte. Er stolperte über eine Jacke die sich in die Nähe des Flures verirrt hatte und rannte dann nur noch. Man hörte die Türe. Shinpei ließ sich leicht zur Seite kippen und genoss freie Sicht bis auf den Hausgang. „Weg ist er“ „Schade“ Takeru und Chiyu kicherten nur noch. „Jetzt hast du ja gar keinen Partner mehr, Shinpei-kun“, stellte Yuji, der sich von Masato mit Ungesundheiten füttern ließ, beiläufig fest. „Ach halb so wild. Ich wollte ja von Anfang an was anderes machen“ „Ach? Was denn?“ glücklich schmatzend drückte Yuji Masato ein Küsschen auf die Backe. „Danke, Ma-chan!“ „Bitte, Yu-chan“ „Wir hätten sowieso gewonnen, wie immer. Also mach dich schnell vom Acker, bevor Takeru dich aufhalten kann“ Das ließ Shinpei sich nicht zwei Mal sagen. Wohnung Nummer 29: „Und war deine Suche erfolgreich?“ Aiji saß immer noch im Wohnzimmer, doch die Zeitung hatte er durch eine ältere Ausgabe der Fool’s Mate ausgetauscht, von dessen Seiten Kirito und er selbst in ziemlich interessanter Pose abgelichtet worden waren. „Ja“, log Maya. Er wollte sich nicht die Blöße geben. Im Aufzug hatte er sich wieder einigermaßen beruhigt und dankte sogar Miyavi dafür, dass er diesen kranken Köpfen entkommen war, auch wenn dieser ausnahmsweise überhaupt nichts mit dieser Verrücktheit zu tun hatte – dachte Maya zumindest. Widerlegen konnte es Aiji, der später am Tag auf seine möglichst beiläufige Frage, ob er ein Spiel kenne, das Strippen hieße antwortete: „Strippen? Ist das nicht dieses unsinnige Spiel ohne Regeln, das die Kleinen so cool finden? Mit wem hast du das gespielt, Maya“ Neugier, aber auch Anstachelndes sprach aus Aijis Tonfall. „Mit niemandem. Ich hab vorhin Tsukasa getroffen“ Das war nicht gelogen. „Du hast mit Tsukasa Strippen gespielt? Also du bist wirklich seltsam, manchmal!“ „Nein nein“ Maya wurde puterrot. „Er hat seine Socken gesucht“ „Schon klar“ Aiji zwinkerte seinem Mitbewohner viel sagend zu. „SuG suchen auch immer ihre Socken!“ Bei dem Bandnamen zuckte Maya kurz zusammen. Er war wohl für sein Leben traumatisiert. „Aber weißt du wer das Spiel erfunden hat?“, redete Aiji weiter und stand schmunzelnd auf. Maya schüttelte den Kopf, über der Couch und an seines Mitbewohners Lippen hängend. „Miyavi“ Grinsen. „Ich geh jetzt Kochen“ Maya knallte unsanft auf den Boden und schwor sich dafür zu Sorgen, dass der Solokünstler sich beim nächsten Sturz von der Bühne mehr Verletzungen zuziehen würde, als ein paar Prellungen. Kapitel 2: Episode II - Hitzköpfe --------------------------------- Das ging ja richtig schnell. Wirklich. Ein dickes Danke noch einmal an Masahime für den ersten Kommi! Und jetzt viel Spaß mit der zweiten Episode von: Das Glückskatzensyndrom ~ Und wie verbrachte die Überband alias ‚the Gazette’ eigentlich ihren freien Tag? Auf einem niedrig geratenen Glastisch mit dunkelkastanienroter Holzeinfassung zeigte die blasse, farbverzerrte Spiegelung Formen eines dunklen Nagellackfläschchens, einer bauchigen Sakeflasche und eines zentrifugierenden Gegenstandes, der seinerseits das Licht, welches von der Decke strahlte, in Grün brach und verlierend in die Umgebung warf. Draußen war es bereits dunkel und nach einem entspannten Feiertag saßen sämtliche Mitglieder der Vorzeigeband the GazettE in ihrem Wohnzimmer, ließen sich von Miseinen bedudeln und spielten- „Reita, du bist dran“, stellte Aoi nebenbei fest und ließ den Miniaturpinsel noch einmal über seine breiten Nägel gleiten. „Ich hab schon tausendmal gesagt, dass ich nicht mitspiele!“ Der Bassist saß etwas abseits der anderen vier, auf der Lehne einer Couch und blätterte das Kinoprogramm durch. Er hatte sich vorgenommen den freien Tag mit einem gemeinsamen Besuch mit seinem Freund und Bandkollegen Ruki im Lichtspielhaus ausklingen zu lassen, da der Rest der Band kulturbanausisch und absolut unterbelichtet schien. Gut, vielleicht konnte man Kai davon noch ausnehmen, doch war dieser eher für Kochsendungen als für cineastisch anspruchsvolle Filme zu begeistern. Eigentlich hatte Reita geplant alle vier mit ins Kino zu schleppen, doch dieser Plan war schon daran gescheitert, dass sich Aoi von solchen gemeinsamen Ausflügen von vornherein ausgrenzte (er begründete dies damit, dass Fans sie zu fünft sicherlich erkennen würden und er habe keine Lust vor pubertierenden Quietsch-Horden zu flüchten, doch wusste man genau, dass der Gitarrist einfach nichts mit seinen unfreundschaftlichen Kollegen unternehmen wollte) und Uruha ebenso wenig Interesse an freizeitlichen Bandaktivitäten hatte. Reita fand das wohl ebenso traurig wie Kai, der die übrig Gebliebenen zugunsten des Bandklimas begleitet hätte, doch wollte der Bassist ihm nichts aufzwingen, schließlich war dieser freie Tag eine wahre Rarität und dann sollte ihn auch Kai so genießen und verbringen, wie er wollte. „Was hältst du von ‚Oben’?“ „Dreh noch mal, Uru!“, wies Ruki an. „What’s oben?“ „Nein, den Animationsfilm ‚Oben’“ „Warum heißt der nicht ‚Unten’“ Aoi zog hochkonzentriert einen Lackstrich über seinen Daumennagel. „Weil er oben spielt“ Reita schnaubte genervt von so viel Dummheit. „Ach so. Das ist logisch“ In der Tat. Aois Spatzenhirn konnte sich eben nur auf eine Tätigkeit beschränken und diese war für den Moment Nägellackieren, somit wurde das zusammenhängende Denken ausgeschaltet. „Reita, how old are we?“ Ruki wedelte mit einer Hand, um Uruha, der sich gerade ein weiteres Gläschen sündhaftteuren Sakes genehmigte, dazu zu bewegen endlich die grüne Flasche in ihrer Mitte wieder zum rotieren zu bringen, damit sie endlich weiter spielen konnten. Wer genau auf die kindische Idee gekommen war ‚Wahrheit oder Pflicht’ zu spielen, hätte keiner mehr angeben können – zumindest hätte man die Schuld immer von sich geschoben. Letzten Endes würde es an Uruha hängen bleiben, wenn jemand zu fragen wage, wieso so eine professionelle und erwachsene Band wie the GazettE ihren freien Frühabend mit einem westlichen Teenagerspiel verbringe, denn Uruha war zu hohl – oder sonst was – um sich gegen diese Anschuldigung zu wehren. Trotzdem, sie alle – bis auf Reita – beteiligten sich mehr oder weniger aktiv an dieser Albernheit und somit konnte man sich nicht wirklich aus der Affäre ziehen, andererseits musste es ja auch niemand erfahren. „Können wir nicht etwas ...“ Ruki suchte händeringend nach dem korrekten Wort. „more intelligent anschauen?“ Uruha hatte es geschafft seine Hände vom Sakebecher zu lösen, ihn mit einem Glaslaut auf dem Tischchen abzustellen und der Flasche einen Stoß zu verpassen. Niemand verfolgte ihr Gekreisel. Aoi war zu beschäftigt mit seiner dritten Schicht schwarzen Lacks, Kai pflückte mit höchster Hingabe dunkelbraune Haare von seinem grauen Sweatshirt, Uruha trank, Ruki drillerte seine Haare mit einem Finger zu provisorisch gelockten Strähnen und Reita war wieder im Programm versunken. „Final Destination“ brach seine dunkle Stimme irgendwann die Stille und während Ruki verneinend zur Decke schielte, bemerkte Aoi: „Schon wieder Uruha. Langsam wird’s langweilig, vielleicht ist die Flasche gezinkt“ „Die Flasche ist astrein“, verteidigte Uruha den Gegenstand, kippte den Becher leer und nickte dann. „Gut, Ore-sama muss noch einen Becher Sake trinken!“ Kai ließ einen spöttischen Zischlaut vernehmen und Ruki konnte sich endlich von dem spannenden Anblick der Zimmerdecke lösen. „Och nö, Uru, das ist echt boring, wenn du dir selber ne Aufgabe stellst“ „Aber wenn ich mir eine Frage stellen würde, wäre es doch noch blöder“ Uruhas halbwegs intelligenter Ausspruch ging in einem Kreisch unter. Vier paar Augen schnellten zu Aoi, der verzweifelt einen Miniaturnagellackfleck auf seiner Hose begutachtete. „Mit Benzin geht alles raus“, versuchte Kai seinen Kollegen zu beruhigen. „Die war frisch gewaschen“ Aoi stopfte den Pinsel zurück ins Fläschchen, drehte zu und verschränkte beleidigt die Arme. Als könnte der Nagellack etwas für seine Ungeschicktheit, Reita schüttelte nur den Kopf. „Dreh again, Uru!“, warf Ruki ein. Irgendwie lief das ganze Spiel zäh dahin. Seit sie vor etwa einer halben Stunde angefangen hatten zu drehen, war fünf Mal Uruha an der Reihe gewesen, der sich nichts kreativeres einfallen lassen konnte, als seine Opfer trinken zu lassen, oder zu fragen was sie zu Mittag gegessen hatten. Die japanische Ess- und Trinkkultur in allen Ehren, doch hier ging es um Unterhaltsameres. Ruki nahm sich vor etwas Schwung in den Verlauf zu bringen – wenn er denn einmal dran kommen würde. Vielleicht vermutete Aoi richtig und die Flasche war gezinkt. Oder war der Tisch wohlmöglich schief? „Kai“ Wenn Uruha seine grauen Zellen etwas anstrengen würde oder einmal an etwas anderes denken könnte als Alkohol und Essen, würde es schon einmal eine Wendung im Spiel geben. Mit „Ore-sama übergibt seine Aufgabe an Ruki-san“ traf er den Nagel natürlich auf den Kopf. Der Kleinste und Jüngste der Runde freute sich; jetzt konnte er seiner Phantasie freien Lauf lassen und für allgemeine Erheiterung sorgen. Kai schien zu befürchten, dass ihm etwas Gefährlicheres blühte, als Sake, also rief er schnell: „Pflicht... erm ich meine Wahrheit“ Verdammt, Versprecher waren etwas Fieses. „The first one gilt“ Ruki begann diabolisch zu grinsen. Allein das Funkeln in seinen Augen konnte einem Angst einjagen. „Also, Kai...“ „Ach komm schon Ruki, lass mich doch bitte-“ „Sei kein Frog, Kaiga!“ Er würde ihm nicht entkommen, in seinem Melonenköpfchen hatte sich schon eine viel zu brillante Aufgabe formatiert, nun hieß es nur noch sie zu formulieren. Mit einem leisen Räuspern riss er keine Aufmerksamkeit an sich, aber Kai begann auf seinem Sitzkissen zusammenzuschrumpfen, wie ein T-Shirt im Kochwaschprogramm. „Kai muss sich fünf Marshmallows in den Popo stecken und ein Stangen-Eis hinterher und es dann anzünden“ - „Erm, Ruki ein Eis kann man nicht anzünden“ – „Ach stimmt das waren die Candles... Dann muss es Aoi auflecken“ „Nein, lass mich da raus!“, flehte Aoi. Kai schien in eine Schockstarre verfallen. „Shht“, zischte Ruki energisch. „Ich bin noch nicht ready (Anm.d.A: Mir ist durchaus klar, dass ‚ready’ in diesem Zusammenhang falsch ist, aber Ruki kann eben kein Englisch)! Jetzt haltet euch fest!“ Er erwartete entsetztes Einatmen, doch das einzige, was ein Geräusch von sich gab, war Uruha, der Sake in seinen Mund schlürfte. „Alles WITHOUT Gleitgel!“ Kai wirkte, als würde er in den nächsten Sekunden in Ohnmacht fallen. Reita hatte mitten im Ansatz eines neuen Filmvorschlags innegehalten, um der völlig hirnrissigen Aufgabenstellung zu lauschen, jetzt lachte er ungehalten los. Irgendwann stimmte Aoi ein und Ruki grinste triumphierend in die Runde, schließlich hatte er sein Ziel erreicht: Erheiterung – auch wenn Uruha und Kai nicht ganz so erheitert schienen; Uruha aus dem einfachen Grund, dass er zu sehr mit seinem Lebenselixier liebäugelte und Kai, weil er Betroffener und vollkommen schockiert war. „Das mach ich nicht!“, entschied er irgendwann lautstark und durchschnitt das Lachen. Im Hintergrund wollte Ruki sich selbst bestimmt zum dreißigsten Mal nicht fremd sein (Anm.d.A.: Gemeint ist der Text von ‚Miseinen’, den ich jedenfalls so verstehe: ‚I don’t want to foreign to myself’ englisch grammatikalisch natürlich inkorrekt) und Reita, der nicht an einem gemeinen Ohrwurm leiden wollte, griff nach der Fernbedienung und schaltete um. „Ach, come on!“ Ruki wippte wie ein kleines Kind hin und her, das nicht still sitzen kann; er war so gespannt auf die Ausführung. „Sei kein Boringer!“ „Ruki könntest du es bitte unterlassen englischen Kauderwelsch von dir zu geben, das macht die Situation auch nicht besser“, meinte Aoi. „Nur weil du kein Languagegefühl hast“, konterte Ruki gekonnt und nickte dem Gitarristen dann auffordernd zu. „Komm schon, du musst schließlich auch was doen!“ „Ich mach gar nichts!“, stellte Aoi sich stur. Und Kai echote: „Ich auch nicht. Wer bin ich denn?“ „Kikaiga“, nahm Reita dem Sänger die nicht erwartete Antwort ab. „Findet ihr nicht auch, dass das nach einem ganz fiesen Fiesling klingt“ Kai war natürlich ein Oberfiesling. Reichlich irritiert von diesem Einwurf starrte besagter Bösewicht den Bassisten eine Weile an, bevor er sich dem versauten Zwerg wieder zuwandte. „Willst du, dass mein Muskelring reißt?“ Ruki konnte nicht anders als spöttisch aufzulachen. „Also bitte, was du dir da sonst rein steckst ist ja wohl much bigger“ „Ruki!“ Aoi drohte etwas zu werfen, wenn er nicht gleich dieses – wohlgemerkt falsche – Englisch abstellen würde. „Aber ohne Gleitgel“, jammerte Kai und versteckte seinen hochroten Kopf in seinem Pullover. „Ja, sonst ist es ja nicht funny“ Kai wurde von einem lautstarken „Motherfucker“ gerettet. „Oh Gott, Ruki, wir müssen diesen Klingelton umstellen“, meinte Kai, der froh aufgesprungen war und zur Türe rannte. „Why? Ich mag den“, rief Ruki ihm hinterher. „Rukiiii“, knirschte Aoi gefährlich und hob das nächstbeste Couchkissen an. Nachdem Ruki ihm geschickt und lachend ausgewichen war, flog es noch ein paar Meterchen weiter, bis es Bekanntschaft mit einem Knie schloss. „Welcher Arschficker bewirft mich zur Begrüßung?!“, kam es sofort wütend von dem aus Versehen Bombardierten. „It was Aoi, my dear, Kyo-chan“ „Wen nennst du hier Kyo-chan?“ es wurde ein drohender Schritt in Richtung Ruki getan, der sich vollkommen unbeeindruckt zeigte. „Ich geb dir gleich Kyo-chan und tunke deinen Kopf in Scheiße, wenn du nicht-“ die Hände an seinen kurzen Armen wollten sich um Rukis schmalen Hals schließen, doch ein eiserner Griff zog ihn zurück. „Also hör mal, Kyochi, das gehört sich nicht“ Kaoru hob erzieherisch den Zeigefinger. „Wir haben Besuch“, verkündete Kai völlig übertriebener Weise und lächelte gezwungen in die Runde, um die Situation zu entschärfen. „Höchst zweifelhaften Besuch“, ließ Aoi trocken verlauten und begann seine Lackiertätigkeit wieder aufzunehmen. „Zweifelhaft? Ich geb dir gleich Zweifelhaft, du kleine Schwuchtel!“ „Kyo-chan hast du deine Tabletten nicht getaket?“ Reita verstand nicht warum Ruki den ohnehin aggressiven, gestörten Liliputaner auch noch anstacheln musste. „Na warte, du Kakerlake, gleich schnür ich dich zu einem Paket zusammen und schneid dich in Scheibchen und-“ „Kyochi“ Kaoru zog seinen Bandkollegen noch ein Stückchen von Ruki weg, der inzwischen wirklich in Gefahr schwebte. „Soll ich uns allen einen Tee machen?“ Kai schwebte mit einem eingefrorenen Lächeln durch den Raum und hoffte immer noch, man würde sich beruhigen. „Oh ja bitte, Kai-kun“ Kaoru lächelte freundlich zurück. „Etwas Beruhigendes, für die Hitzköpfe“ „Hitzköpfe? Wen nennst du hier hitzköpfig, huh?“ Kyo schnellte herum, stellte sich auf die Zehenspitzen, um sein Gesicht ganz nah an Kaorus drücken zu können und seine Hand um dessen Kragen zu schließen. „Kyochiiiii“ Kaoru verrutschte das Lächeln. Er griff nach Kyos eiserner Hand und rupfte sie grob von seinem blütenweißen Hemd. „Was haben wir im Antiaggressionstraining gelernt?“ „Scheiß drauf! Ich brauch das nicht!“ Nein, offenbar konnte der Sänger von Dir en grey ganz hervorragend mit seinen Aggressionen und Emotionen umgehen - bemerkte man auch auf der Bühne. „Seid ihr wegen was bestimmtem hier, oder wollt ihr uns nur den Abend vermiesen?“, fragte Reita auf einmal in einem dermaßen freundlichen Tonfall, dass es Ruki kalt den Rücken herabrieselte. „Oh, verzeiht“ niemanden hätte es gewundert wenn Kaoru eine elegante Verbeugung, wie Asagi sie so oft an den Tag legte, gemacht hätte. „Kyochi vermisst seinen Antiaggressionsteddy. Habt ihr ihn gesehen... den Antiaggressionsteddy?“ „What the fuck ist ein Antiaggressionsteddy?“ Ruki wandte sich zum ersten Mal um und man setzte schon zu einer ausschweifenden Erläuterung an, doch jemand kam zuvor: „Ein Teddy zur Unterbindung der Aggressionen“ Kaoru rückte eine imaginäre Brille zurecht und nickte. „Sehr richtig, Reita“, sagte er und wirkte dabei wie ein Oberlehrer, doch bevor er noch weiter ausführen konnte zu was so ein Antiaggressionsteddy noch gut sei, ließ ein erneutes „Motherfucker“ Kyo von seinem Bandleader weichen und in die Runde brüllen. „Wer nennt mich hier Motherfucker, huh? Ich geb euch gleich Motherfucker, ihr Motherfucker!“ „Erm, das war die Türe, Kyo“, erklärte Reita kühl. „Ich geh schon“, konnte man Kai hören, der aus der Küche gesaust kam und abermals öffnete. „Sagt mal, seit wann is’n eure Türe vergoldet?“, war das Erste, was Die von sich gab, als er das Wohnzimmer betrat. Kai stand hinter ihm und strahlte sein bekanntes, grübchenbehaftetes Strahlen, welches jedem das Herz erwärmt hätte, nur schienen sämtliche böse J-Rocker dagegen immun. „Ich geh wieder in die Küche“, setzte er die anderen in Kenntnis – niemand hörte zu, da Reita gerade eine Antwort auf Dies Frage gab und man Kai generell nicht zuhörte. „Das war Rukis Idee. Er wollte eigentlich unser ganzes Wohnzimmer golden Tapezieren, davon konnten wir ihn glücklicherweise abhalten. Dafür muss der Flur jetzt leiden“ „Silber“, erklärte Aoi und nickte gewichtig. „Ja and?“ Ruki zuckte erst mit den Schultern, dann verschränkte er seine Arme. „Wer sichs leisten kann... und yes, we can!“ „Geht’s jetzt um Ami-Politik, oder was? Ich steig aus“ Aoi hob seine frischlackierten Hände. „Wenn er es sich einfach abgewöhnen könnte“ „Kann er nicht“ Reita seufzte und übersetzte seinem Kollegen den schwierigen Wortlaut. „Ihr seid einfach alle too stupid“, murmelte Ruki in sich hinein, worauf zwischen ihm, dem Englischgegner und Reita eine Debatte losbrach, der bald keiner mehr so recht folgen konnte. „Man, bin ich froh, dass ich nicht so bin“ Kyo kratze sich am Kopf und blickte dann Die an. „Und was machst du eigentlich hier?“ „Ach ja“, machte er, als wäre ihm gerade wieder eingefallen, was ihn dazu bewegt hatte durch eine vergoldete Türe in die the GazettE-Wohnung zu schreiten. „Shinya und Toshiya haben Hunger“ Uruha saß apathisch auf seinem Platz und stierte in die Flasche vor ihm, als gäbe es dort etwas umsonst. „Und?“ Kaoru riss seinen Blick davon los. „Shini ist mit Kochen dran“ „Er sagt, er kann’s nicht“ „Also bitte, Shini hat uns schon so oft etwas gekocht.“ „Ungenießbar“, gab Kyo seinen Senf dazu ab. „Für dich ist alles ungenießbar, Kyochi! Shini soll seinen süßen Arsch an den Herd schwingen! Ich dulde keine Abweichung vom Haushaltsplan“ Die verdrehte die Augen. „Ja, Kao, Alter, is okay, ich sags ihm“ „Und wehe ihr bestellt was“ Kaoru funkelte warnend. „Ich bestehe auf frische Zutaten und ein selbstgemachtes Abendessen!“ Die verdrehte erneut die Augen. „Ja, klar, Alter!“ damit schlurfte er von dannen. „Tschau, Kai“ Er winkte noch in die Küche, bevor er verschwand. „Und wegen so einer Lappalie kommt er hier herüber, nicht zu fassen“ Kaoru griff sich an die Stirn. „Ich bin von vollkommenen Idioten umgeben“ „Idiot?!“ Kyos schier unendlicher Zorn war wieder geweckt. „Wen nennst du Idiot, huh? Ich geb dir gleich Idiot“ „Kyochi“ Kaoru ruckte kurz mit dem Kopf und lächelte dann gefährlich. „Wäre es möglich, dass du deinen Wortschatz erweiterst? Deine Wortwahl ist immer die Gleiche“ „Hä?“ Das war offensichtlich zu viel geballte Intelligenz für den kleinen Sänger, doch ehe der Wortlaut noch einmal wiederholt werden und es lautstark in Kyos krankem Kopf rattern konnte, tänzelte Kai ins Zimmer. „Der Tee ist fertig“, trällerte er, als schwebe er in höchsten Frühlingsgefühlen. „Räumt mal die Flasche da weg, wir spielen doch eh nicht weiter“ „Erm also-“ Ruki schien da anderer Ansicht zu sein, doch Kai hatte dem Tablett schon Platz gemacht und das Flaschengrün vom Tisch geworfen. „Ich waite auf die Ausführung der Aufgabe, eigentlich“ „Eigentlich“ Aoi brachte mit spitzen Fingern sein Nagellackfläschchen in Sicherheit. „Gib ihnen ein bisschen Alkohol, dann machen sie das bestimmt“, grinste Reita und Rukis Augen verengten sich zu gemeinen Schlitzen. „Good Idea. Hey, Uru, gib mal den Sake her!“ „Keiner mehr da“, entgegnete Uruha und setzte die leere Flasche neben sich auf das Sofa. „So ein Liter hat man wirklich in mir nichts dir nichts ausgesoffen“ „Gesoffen ist das richtige Wort“, Kai bot den Gästen zwei Sitzkissen an. „Vielen Dank, Kai, sehr aufmerksam“ und Kaoru bekam als erster einen dampfenden Becher Tee in die Hand gedrückt, dann schnappte sich Kai einen ganz bestimmten. „Bedient euch“, meinte er betont ruhig und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, während die restlichen fünf dem Angebot nachkamen. Auf dem CD-Regal saß eine goldene, chinesische Glückskatze aus Plastik und winkte vor sich hin. Irgendwann hörte man sogar das Anstoßen ihres Armes am Gehäuse, denn die Musik war verstummt und im Raum war es auf einmal dermaßen still, das einem unheimlich zu Mute werden konnte. Doch Kai trank gemütlich seinen Tee und lächelte die Katze an, welche mit hohlen Augen auf fünf schlafende Gestalten herabblicken konnte. „Sag mal Kai, was hast du in den Tee getan?“, wollte Kaoru zwischen Ruki und Kyo, die symmetrisch auf dem Boden lagen, wissen. „Mit beruhigend meinte ich nicht einschläfernd“ Kai drehte ganz unschuldig den Kopf. „Aber diese Ruhe ist wirklich entspannend, findest du nicht?“ „Doch in der Tat“ Kaoru grinste leicht und stellte seinen leergetrunkenen Becher ab. „Darf ich erfahren, warum ich nicht auch so daliegen muss?“ „Sicher“ Kai schmunzelte. „Du bist heiß!“ Das waren Worte, die Kaoru keinesfalls erwartet hätte. „Und Ruki hat mir vorhin so wunderbare Anregungen gegeben, wie ich mir den Abend noch versüßen kann“ unschuldig lächelnd erhob er sich, trat um den Tisch und streckte dem Älteren die Hand hin. „Komm!“ „Mit dem größten Vergnügen“ Kaoru ließ sich in die Senkrechte und aus dem Zimmer ziehen, bevor die Türe zu Kais Zimmer zu fiel blickte er noch einmal auf die schlummernde Szene. Tut mir Leid, Kyochi, jetzt haben wir deinen Antiaggressionsteddy gar nicht gefunden, dachte er noch und Kai nagelte ihn gegen die nächste Wand... ~ Ende im Gelände! Ha ha. Bin ich nicht gemein?! Und wenn man mich nicht auf den Knien anfleht, werde ich keinen Lemon zu diesem recht ungewöhnlichen Pairing schreiben. In erster Linie hoffe ich, dass es euch gefallen hat und ihr mir ein kleines Statement da lasst – das wäre wirklich nett! Bis zum nächsten Kapitel von: Das Glückskatzensyndrom Kapitel 3: Episode III - Von Kimonos, Zuckerwatte und Nasenbären ---------------------------------------------------------------- Diesmal war ich nicht ganz so schnell. Ich hoffe natürlich, dass es gefällt (auch wenn ich das Gefühl habe, dass diese FF nicht gelesen wird...). Also für diejenigen, die sie lesen: Viel Spaß mit dem dritten Kapitel von Das Glückskatzensyndrom ~ Ein weiterer sonniger Tag war hereingebrochen, doch unterschied sich dieser von den anderen, welche die Stadt letzte Woche bereits mit Spätsommerwärme beglückt hatten, denn man würde ihn genießen können. Feiertag. Es klang geradezu wie außergewöhnliche Musik in Sagas Ohren. Wann war ihr letzter freier Tag gewesen, den sie so hatten verbringen dürfen wie sie wollten, und nicht eingesperrt hinter den Gefängnismauern der PS-Company? - Produktiv, produktiv, produktiv! ALICENINE. saß komplett an dem westlichen Küchentisch, um ein noch viel westlicheres Frühstück, welches eine nicht ganz so westliche, goldene Glückskatze einkreiste und spachtelten, ohne von Zeitdruck verfolgt zu werden. Während der Jüngste unter ihnen Cornflakes mampfte, begnügte Nao sich mit einer ziemlich gigantischen Tasse Kaffee und Tora sah hinter seinem mit Speck und Spiegeleiern beladenen Teller nur halb so genervt aus, wie sonst. „Also, was machen wir mit diesem gottgegebenen, freien Tag?“, fragte Shou irgendwann in die Runde. „Der ist nicht gottgegeben, Shou-kun“, verbesserte Hiroto schmatzend. „Der Dank sollte unserem Gönner Ga-“ „Ja, blah“ Shou schnitt ihm einfach das Wort ab. „Lass ihm doch einfach seine Illusionen“ Nao schmunzelte dem Kleinen zu. „Los, Tora erzähl mal, was machst du mit den 24 Stunden Freiheit?“ Shou bewarf den Dunkelhaarigen mit Toastkügelchen, die er gedreht hatte – Mutters Mahnspruch: „Mit Essen spielt man nicht“ völlig außer Acht lassend – und wartete gespannt auf die Antwort. Tora grunzte und zuckte dann mit den Schultern, bevor er Shous Gesichtsausdruck bemerkte, der nur ein Entertaining-Programm für ihn bedeuten konnte und räusperte sich rasch. „Ich wollte heute einfach mal ausspannen. Musik hören. In meinem Zimmer. Alleine.“ „Schon okay ich hab begriffen, dass du nichts mit mir machen willst“, lachte Shou. „Wie sieht’s bei dir aus, Hiro? Vergnügungspark?“ Hirotos Augenbrauen zuckten verdächtig angesichts dieses Vorschlags und mit einem eindeutigen Funkeln in den Äuglein, lehnte er sich leicht über den Tisch und raunte. „Wenn das ein Date sein soll?!“ „Erm, nein... Saga-sama!“ Shou wandte sich schnellstmöglich von dem ausgehungerten Kaninchen ab und dem bis jetzt recht schweigsamen Bassisten zu. „Nichts da“ Saga hatte gehofft nicht in die engere Auswahl des Sängers zu fallen, doch was konnte man bei fünf Personen schon erwarten und sonst klebte Shou auch immer an ihm, wie eine zu groß geratene Klette. „Ach komm schon, Sagaaa“ Shous Stimme hatte etwas Weinerliches angenommen und Saga seufzte genervt. „Das wird sicher lustig“ „Bestimmt“, knirschte Saga, gewillt standhaft zu bleiben, doch als er die großen, flehenden Augen sah, überlegte er was so schlimm daran war mit einem seiner besten Freunde den Feiertag in einem Vergnügungspark zu verbringen. Er hatte ohnehin nichts geplant und er konnte sich bei weitem spaßigeres vorstellen, als mit Hiroto ‚Strippen’ zu spielen, denn auf genau das würde es hinauslaufen, wenn sich mehr als eine Person schrecklich langweilen würde. „Okay“ Saga nickte und Shou setzte schon zu einem ausgelassenen „Juhuu!“ an. „Aber nur, wenn das KEIN Date sein soll!“ „Aber Saga“ Shou legte eine Hand an seine linke Brust und sah den Bassisten mit einem von zweifelhafter Ehrlichkeit durchtränkten Blick an. „Was denkst du denn von mir? Das ist kein Date“ Toras Pupillen wanderten zu Shous Rücken und er schnaubte. So war es beschlossen. Schwieriger gestaltete sich die Antwort und Lösung auf eine Problemfrage, die sie völlig außer Acht gelassen hatten. Wie sollten sie unbemerkt bleiben, an einem überfüllten Ort, an dem es von Fans nur so wimmeln konnte? „Die Fans haben schließlich auch Feiertag“, stellte Shou fest und kratzte sich grübelnd am Hinterkopf. „Und Vergnügungspark ist ein beliebtes Ziel, vor allem für Jugendliche“ „Können die Fans nicht wenigstens am Feiertag frei nehmen von ihrem Fansein?“, stellte Saga die ziemlich hirnlose Frage. Die beiden saßen im Wohnzimmer und sahen sich den Wetterbericht an, der trockene Wärme versprach – ideal für ihren Tagesplan. „Aber, Saga“ Shou schüttelte den Kopf. „Fans können nie aufhören Fan zu sein. Das ist wie bei uns. Wir werden immer Sänger und Bassist von ALICENINE. sein, selbst wenn wir-“ wie vom Geistesblitz getroffen, setzte Shou sich auf und schlug mit der Faust in seine Hand. „Das ist es!“ „Was ist es?“ Saga schaltete den werbenden Fernseher wieder aus und sah angstvoll zu Shou, der ihn mit glitzernden Augen und diesem kranke Ideen spiegelnden Gesicht fixierte. Saga vermutete Schreckliches, doch war das, was der Sänger ihm nach ein paar spannungssteigernden Sekunden eröffnete mehr als er zulassen konnte. „Das mach ich nicht, Shou! Das ist Wahnsinn. Warum können wir nicht einfach Sonnenbrillen aufsetzen?“ „Hallo!“ Shou wedelte mit einer Hand herum. „Die Fans lesen unsere Blogs. Da sind mehr als genug Bilder von uns und Sonnenbrillen zu sehen“ „Ja, und eins von mir völlig verschwitzt und schlafend, hast du das endlich raus getan, Shou?“ Dass der Kopf gerötet zur Seite gedreht wurde, war wohl Antwort genug. „Shou!“ „Das tut doch jetzt gar nichts zur Sache, Saga-sama“ seine Fingernägel schienen von unheimlichem Interesse. „Okay, okay“ Saga griff sich an die Schläfen. „Aber ich verkleide mich nicht als Frau!“ Natürlich war das nicht das letzte Wort. Und nachdem der Ältere ihm die Aussicht auf viel von Hirotos nackter Haut noch einmal unter die Nase gerieben hatte, standen sie nun dicht gedrängt im Toilettenraum. „Zieh dein Oberteil mal aus“ Shou schlüpfte bereits aus seinem Kanariengelben T-Shirt. „Und wozu?“ Saga leistete zögernd Folge. Der Plan schien inzwischen in Shous Kopf gereift, wie eine rote, saftige Frucht und musste nur noch gepflückt werden, denn er griff ohne Zögern zum limettengrünen Klopapier. „Was soll das denn werden, ein Quickie? Dann sperrt wenigstens ab“ Hiroto und Nao standen im Türrahmen und besahen sich das Geschehnis mit immer verwunderter werdenen Blicken, die auch von Saga auf Shous Hände geworfen wurden, die einen Toilettenpapierknödel geformt hatten und ihm diesen nun an die rechte Brust hielten. „Erm, Shou, was genau soll das werden?“ Saga bekam langsam wirklich Angst. Shou kleisterte derweil in aller Seelenruhe das Klopapier mit Hilfe von Tesafilm, den er auf dem Waschbecken abgelegt hatte, an die Brust des Bassisten. „Wir beginnen mit den weiblichen Vorzügen“, erklärte er knapp und machte sich an den nächste Klopapierbusen, während Hiroto und Nao in Gelächter ausgebrochen waren und Saga nur noch voller Unglauben dastehen konnte und sich schließlich auch noch die zweite Kugel ankleben ließ. „Wollt ihr bei so einer Transvestiten-Show mitmachen, oder wozu ist das gut?“, fragte Hiroto nach einer Weile. Er hielt sich den stechenden Bauch so hatte er lachen müssen. „Oder Crossdressing?“, vermutete Nao. „Weder noch!“ Shou sah prüfend an sich herunter. Auch er hatte sich mit den Papierbrüsten bestückt, allerdings waren sie weitaus üppiger, als die, die er Saga geformt hatte. „Wir verkleiden uns als Frauen, damit uns im Vergnügungspark kein Fan erkennt“ Ein „Ahh“ klang durch den schmalen Raum, dann lachte Hiroto wieder lautstark los und musste sich abstützen um nicht auf den Boden zu kullern. „Das ist ja wohl das Dümmste, was ich je gehört habe“, prustete er, worauf Saga sich gleich noch viel mehr gepeinigt vorkam. Nicht nur Peinlichkeit, nein, jetzt wurde ihm auch schon Dummheit vorgeworfen – okay, genau genommen war es Shou, der die Idee gehabt hatte, aber er steckt mitten drin. „Shou, das ist eine Kindergartenidee“ Nao kicherte in sein Latte-Macchiato-Glas. „Na und?“ Shou ließ ungerührt die Schultern zucken. „Das wird schon funktionieren, schließlich sieht Saga-sama ganz bezaubernd aus!“ Er zwinkerte dem Bassisten schelmisch zu, und zog ihn schmunzelnd aus der Enge. Nao und Hiroto wichen zurück und folgten nachdem sie einen belustigten Blick ausgetauscht hatten – das konnte man sich schließlich nicht entgehen lassen. „Shou, du kannst gerne alleine in den Vergnügungspark gehen“, zeterte Saga indessen, doch wurde er einfach von Shou in dessen Zimmer bugsiert. „Wenn uns jemand erkennt, nicht auszudenken! Da ist mir ja ein besoffener und nackter Hiroto noch lieber“ – „Hey“ – „Was wir in unserer Wohnung machen, erfährt die Außenwelt wenigstens nicht!“ „Aber, hör mal, Saga, es ist perfekt“ Shou breitete die Arme aus, seine Brüste knisterten verdächtig, aber der Tesafilm hielt der ruckartigen Bewegung tapfer stand. „Wir sehen geschminkt ohnehin total weiblich aus, aber niemand wird auf die Idee kommen, dass wir uns wirklich als Frauen verkleiden“ „Natürlich, es ist ja auch krank!“ schnaubend ließ sich der Bassist vor den Spiegel zerren. Völlig unbeeindruckt wurde weiter sinniert: „Wir ziehen uns Röckchen an und-“ „Kein Röckchen!“ „Stell dich nicht so an! Deine Beine sind Sünde, Saga, du solltest sie der Männerwelt nicht vorenthalten“ Angesichts des dreckigen Grinsens hätte Saga seinem Kollegen gerne in die Fresse geschlagen. „Ja finde ich auch!“, pflichtete Nao ihm bei und zog eine Welle Latte-Macchiato durch den Löffelstrohhalm in dem warmen Glas in seinen Mund, Hiroto nickte nur grinsend und unterstreichend. „Kein Röckchen!“, echote Saga stur. „Das verletzt meine männliche Würde“ „Als hättest du jemals so etwas besessen“ Hiroto streckte ihm die Zunge heraus, als er sich zu umdrehte und ihm den nackten Mittelfinger zeigte. „Fick dich, Pon!“ „Fick mich“, warf er mit einem schlampigen Augenaufschlag und zu viel Rauch in der Stimme zurück und befeuchtete seine Lippen. Mit was für Menschen lebte er überhaupt zusammen? Mit einem stets mies gelaunten Tiger, der sich meistens in seinem Zimmer verbarrikadierte (und gut daran tat), einem Koffeinabhängigen, einem notgeilen Karnickel, das seine Hormone nicht unter Kontrolle halten konnte und einem vollkommen kranken Hirn – Herzlichen Glückwunsch, Saga! „Ach komm schon“, holte die Stimme des Drummers ihn zurück, „nimm es doch mit Humor“ er grinste ihn an. „Hey, Nao, willst DU unseren Sänger vielleicht begleiten?!“, zischte er warnend zurück; zu gerne hätte er den beiden Türrahmenbelagerern das unverschämte Feixen aus den Gesichtern gewischt. Konnte sich denn niemand vorstellen, wie lächerlich er sich fühlte? Halbnackt mit zwei limettengrünen Klopapierbrüsten vor einem breiten Spiegel konnte man das Ausmaß der Peinlichkeit bis jetzt nur erahnen. „Nein danke, ich bleibe hier und trinke Kaffee“ Nao wich einen Schritt zurück in den Flur. „Das dachte ich mir“ Er verspürte das Bedürfnis irgendjemanden zu erwürgen. Am besten den Urheber des ganzen Übels, Shou selbst, doch dieser blickte seinen Kollegen mit einer unglaublichen Zuversicht durch den Spiegel hindurch an, so seufzte Saga ergeben, als ließe das Kohlendioxid sämtliche Wut aus seinem Körper. Er wollte ja auch kein Spielverderber sein; man sah dem Sänger doch an, wie sehr er sich auf den gemeinsamen Ausflug mit seinem Angebeteten freute – und eigentlich war Saga auch für jeden Spaß zu haben. Schließlich konnte er sich nur noch über eine Sache aufregen: „Warum hast du eigentlich viel größere Brüste als ich, Shou?“ „Weil ich besser gebaut bin als du, Saga“ „Das kannst du doch nicht sagen, du bist ein Mann!“ „Für heute nicht, Schätzchen“ Shou drückte Saga lachend einen Kuss auf die Backe und hüpfte dann zwischen Nao und Hiroto hindurch aus dem Raum. „Wenigstens kannst du dir so sicher sein, dass es kein Date ist“, meinte der Drummer, trat neben Saga und klopfte ihm ermutigend auf die Schulter. „Es ist eine Freakshow!“ „Meinst du?“ Hiroto betrachtete Saga, als wäre er der absolute Frauenkenner. „Vielleicht ist Shou auch lesbisch“ er leckte sich betont über die Lippen. „Man, ich steh auf Lesben“ „Oh Gott“ Saga schlug sich leicht gegen die Stirn; vielleicht konnte er doch ganz froh sein in Frauenkleidern einen Vergnügungspark unsicher zu machen, statt mit einem untervögelten Spätpubertierenden in einer Wohnung eingesperrt zu sein. „Start“ Shou hatte über sein geschmackloses T-Shirt eine Kapuzenjacke gezogen. Zwischen seinen zum Lenkrad ausgestreckten Armen zeigten sich deutliche Rundungen. Saga neben ihm betete still, dass sie niemand gesehen hatte, auf dem vorsichtigen Weg über den Gang und das Treppenhaus hinunter bis in die Tiefgarage – zumindest waren sie niemandem begegnet – und sie auch niemand sehen würde, solange sie nicht vollständig verkleidet und somit unkenntlich gemacht sein würden. Sie fuhren durch den stockenden Verkehr Tokyos. Saga war auf dem Beifahrersitz so weit wie möglich nach unten gerutscht, sodass keiner der nebenher rollenden Autofahrer ein Auge auf einen spindeldürren jungen Mann mit Brüsten haben konnte. Shou dagegen saß kerzengerade – musste er, schließlich saß er am Steuer – und lächelte ungläubigen Geistern auch noch ungeniert zu. Saga wäre vor Fremdscham fast gestorben. Man konnte nur hoffen, dass die überdimensionalen Sonnenbrillen und Kapuzen über den gefärbten Haaren, genug leisten würden, um für flüchtige Blicke unerkennbar zu bleiben. Andernfalls würde Gackt sie vierteilen. Als sie endlich auf dem leeren Parkplatz der PS-Company zum stehen kamen und durch den Hintereingang in das Gebäude gelangt waren, atmete Saga erleichtert auf. Um sich weiblicher Kleidung zu bemächtigen, hatte Shou vorgeschlagen bei Megamasso oder Zoro vorbeizuschauen, doch die Bühnenoutfits der Bands lagerten natürlich nicht in den Wohnungen, sondern bei den Plattenlabels und Saga hatte sich strikt geweigert sich bei Ryohei oder Tatsuhi nach Kleidern zu erkundigen; also waren sie auf die gut bestückte Garderobe ihres eigenen Labels gekommen. Dort befanden sich neben sämtlichen Bühnenoutfits aller PS-Bands (inklusive Miyavi) auch Unverwendetes und Geschmackloses, wie die Beiden feststellen konnten, als sie endlich angekommen waren und den Lichtschalter gefunden hatten. „Was ist das?“ Saga zog mit spitzen Fingern ein quietschrotes Latex-Outfit hervor. „Ach das? Das sollte Yasuno mal anziehen, aber es hat sich mit seinen Haaren gebissen“ Wahrscheinlich nicht nur das. Saga hängte es schnell wieder weg. „Was genau suchen wir eigentlich, Shou?“, rief er, sich zwischen zu eng stehenden Kleiderstangen zu seinem Kollegen durchkämpfend. „Irgendwas, was als Frauen-Freizeitklamotte durchgeht“, antwortete Shou selbstverständlich. Als Saga bei ihm angekommen war stellte er erstaunt fest, dass der Sänger schon einen ganzen Haufen Verwertbares neben sich aufgetürmt hatte. „Guck mal, ist das nicht perfekt?“ Shou bückte sich nach einem rot karierten Fetzen und hielt es Saga an. „Was ist das, ein T-Shirt? Dann brauch ich noch ne Hose!“ „Ne ne, das is ein Minikleid!“ „Und wer sollte das mal anziehen?“ „Gute Frage“ Shou seufzte unwissend und wanderte die Kleiderstange entlang in ein vergangenes Jahrzehnt. „Boah, Saga-sama, komm mal!“ Saga ließ das zu unrecht betitelte Kleid auf der Stelle fallen und stolperte dem Rufen nach. „Hast du was gegen Lila?“, fragte Shou grinsend, kaum war er angekommen. „Prinzipiell nicht“, meinte Saga vorsichtig und schielte zu dem, was der Sänger ihm präsentierte. Es waren „Kimonos?“ dabei hatte er mit etwas Hautpreisgebenden gerechnet. „Nicht irgendwelche Kimonos! Das sind Kagrra,-Kimonos“ Shou sprach den Bandnamen so ehrfürchtig aus, als wäre er etwas heiliges. „Fast unbenutzt“ „Mach mal nen Punkt, dann sind es eben Kimonos von Kagrra,, na und?!“ „Sie sind von unseren Senpais, Saga-sama, etwas mehr Ehrfurcht, bitte!“ „Ja, schon okay“ Saga verdrehte die Augen. „Hier ist meine Ehrfurcht!“ Stille. „Wollen wir die jetzt anziehen oder nicht?“ Durch die Kimonowahl war auch die zu Anfangs so schwere Schuhfrage geklärt, denn was wären original Kagrra,-Kimonos ohne original Kagrra,-Getas gewesen? Shou und Saga hatten sich reichlich geschminkt, sodass niemand auf die Idee kommen würde, sie wären eben Shou und Saga. „Saga-sama, guck mal!“ Angesprochener ‚guckte mal’ und stieß einen erschrockenen Schrei aus, als ihn ein langhaariges Wesen anstierte. Es lachte. „Scheiße, Shou. Erschreck mich doch nicht so! Wo hast du die Perücke her?“ „Das ist Uruhas“, wurde erklärt. „Die hatte er zu seinem Frauen-Shooting an, weißt du noch?“ „Ne“, entgegnete Saga. „Ich schau mir keine Shootings von fremden Bands an“ „Du bist zu fixiert! Kannst du mir die hinteren Haare hochstecken?“ „Und du bist krank. Ja komm her! Und was soll ich mit meiner Frisur machen?“ „Tadaa!“ Nachdem Saga dem anderen die Perücke gerichtet hatte bekam er einen schwarzen Wisch ins Sichtfeld gehalten. „Was ist das? Eine tote Katze?“ „Also bitte, Saga-sama, sei doch nicht so geschmacklos! Das sind deine Haare.“ „Sicher nicht“ „Ich glaube sie steht dir! Setz dich hin und stell dich nicht so an!“ Shou zwang ihm die schwarze Perücke auf. „Oh Gott, ich sehe aus wie Sadako Yamamura*“ „Ach was. Hat Sadako so eine hübsche Nase, wie du?“ „Shouhoou“, drohte Saga und knirschte gefährlich mit den Zähnen. „Was denn, ich mein das ernst“ Shou beugte sich hinab und hauchte durch die schwarzen Haare in sein Ohr: „Ich steh auf deine Nase“ „Jaja, schon gut“, sagte Saga und sprang hastig auf. „Lass uns endlich gehen! Wir haben schon viel zu viel Zeit vertrödelt“ In der Tat waren sie so spät dran, dass sich am Eingang des Vergnügungsparks keine endlose Menschenschlange mehr drängte. Nachdem sie die horrende Summe gezahlt hatten, wanderten sie in ihren Kimonos zwischen spaßversprechenden Fahrgeschäften und verheißungsvoll duftenden Fastfood- und Naschkram-Ständen hindurch und wurden ziemlich komisch angesehen. „Die schauen uns alle an“, raunte Saga leicht panisch. Ob sie erkannt wurden? Eine Gruppe Oberschülerinnen, die an der Geisterbahn anstand und sie beobachtete, wirkte mehr als verdächtig. „Keine Sorge“, beruhigte Shou ihn zugleich. „Es kommt eben nicht oft vor, dass zwei so bezaubernde Frauen in Kimonos einen Vergnügungspark besuchen“ Er winkte kichernd drei Jungs zu, die ihre Blicke nicht von ihnen und ihren nicht vorhandenen Hintern lassen konnten. „Man, lass das!“ Saga war nicht einmal halb so gelassen, wie der andere. Allgegenwärtig war die Furcht enttarnt zu werden; ein peinliches Foto von ihnen in sämtlichen Zeitungen war das Letzte, wasALICENINE. gebrauchen konnte. „Saga“ Shou blieb kurz stehen und sah ihm tief in die Augen, „entspann dich mal! Wir werden nicht erwischt, das verspreche ich dir!“ Konnte man etwas auf dieses Versprechen geben? „Genieß es!“ Saga versuchte wirklich der Aufforderung nachzukommen und nach vier Runden Achterbahn war ihm so kotzübel, dass er an nichts anderes mehr denken konnte, als zur nächsten Mülltonne zu rennen, um sich zu übergeben. Shou stand nur neben ihm und lachte mit glockenheller Stimme, um die gaffende Schar nicht bemerken zu lassen, dass sie Männer in Frauenkimonos waren. „Das ist nicht komisch“, hustete der Bassist leise, spuckte aus und hatte natürlich trotzdem noch einen ekelerregenden Geschmack im Schlund. „Komm, ich kauf dir ne Cola“ Shou zog den immer noch würgenden Saga mit sich. Außer Cola kaufte er auch noch eine extra große, extra rosafarbene Zuckerwatte, bei dessen puren Anblick man Zahnschmerzen bekommen konnten. Nachdem Saga die Kotzreste mit Cola weggespült hatte, war ihm zwar immer noch schlecht, aber er ließ sich von Shou begeistern beim Schießstand sein Glück zu versuchen. Der Mann, welcher das Vergnügen betreute, blickte das Paar reichlich verwundert an, als es auf ihn zu kam und nach den Gewehren verlangte. Der spöttische Gesichtsausdruck entging Shou nicht und vom Ehrgeiz gepackt rammte er Saga, der die erste Kugel gleich in den Sand gesetzt hatte weg, legte die Waffe an und traf so oft hintereinander, dass dem Mann vor Verwunderung sämtliche Farbe aus dem Kopf wich. „Freie Wahl“, brachte er noch hervor und Shou stieß triumphierend eine Faust in die Luft. „Yeah“, quietschte er und steckte sogar Saga mit seiner Freude an, die leicht verklang als sie wenig später mit einem übergroßen, hässlichen, blauen Irgendwas, das mit treudoofen Augen in die Welt schielte und mit einer fetten Glitzernase bestückt war, auf einer verlassenen, weißen Bank saßen und Zuckerwatte mampfend die Gefühle des Erfolgs in sich umherwabern ließen. „Warum musstest du das hässlichste Plüschviech, das es gab aussuchen?“ „Ach, so hässlich ist es doch gar nicht“, verschloss der Sänger sich vor der Wahrheit. „Ich glaube es ist ein Nasenbär“, schmatzte Shou und kicherte. „Ich finde ihn süß. Er hat erstaunliche Ähnlichkeit mit dir“ „So ein Scheiß!“, tat es Saga ab – zum Glück kaschierte die meterdicke Make-up-Schicht seine errötenden Wangen. „Bin ich etwa so fett und blau?“ „Nein lila“ „Ich sage dir, es ist ein Koala, schau dir doch mal die Ohren an!“ Saga war entspannt und furchtlos. Es war ein gutes Gefühl mit Shou im rotorangenen Licht der untergehenden Sonne zu sitzen und herumzualbern. Die Idee mit der Verkleidung war doch keine schlechte Idee gewesen; einen Haufen eindeutiger Fans hatten sie problemlos täuschen können und auch sonst waren sie niemandem begegnet, der sie hätte erkennen können. Doch brachten zwei sich nähernde Gestalten Saga dazu erschrocken Zuckerwatte einzuatmen und zu husten – an was man sich nicht alles verschlucken konnte. „Was machst du denn?“ Shou hatte die Gefahr noch nicht erkannt und klopfte seinem Kollegen nur lachend den Rücken. „Yuki“, röchelte Saga dem Erstickungstot nah. „Schnee*²? Nein, mein Schatz, es ist Sommer und außerdem sind wie in Tokyo. Ich meine, okay Klimawandel, aber-“ „Nein“ Saga hustete immer noch. „Yuki und Ryosuke von Lolita23q“ „Wooooo?“, fragte Shou besonders intelligent. „Daaa“ „Tatsächlich. Bist du dir sicher das die das sind?“ „Ja, schau dir doch mal diese Nase an“ Shou blickte grinsend zwischen Yuki und seinem Nachbarn hin und her. „Ja eine gewisse Ähnlichkeit besteht da“ Saga überhörte das gänzlich, er hatte viel zu sehr mit seiner aufbrodelnden Panik zu kämpfen. „Riesig! Komm, lass uns verschwinden, bevor sie uns erkennen!“ „Ach was, die haben uns noch nicht mal bemerkt“, stellte Shou fest und nickte zu den beiden, die sich in einiger Entfernung auf einem Mauervorsprung niedergelassen hatten und nun in den Sonnenuntergang blickten. „Wie romantisch. Ich wette die beiden haben ein Date“ Saga ließ den Kopf zur Seite kippen und beobachtete Yuki und Ryosuke, welche ähnlich ausgelassen miteinander umgingen, wie er und Shou es bis vor kurzem getan hatten. Die beiden wirkten glücklich und auf eine gewisse Art verliebt; Saga sah augenblicklich woanders hin. Wirkten er und Shou etwa auch so? „Was guckst du so?“, fragte Shou uns fing seinen Blick ein. „Gar nichts“, log er. „Gibs zu, du hast grade an ganz schmutzigen Analsex gedacht“, wurde die Situation entschärft. Saga lief mit einem „Gar nicht wahr“ mohnrot an und schüttelte den Kopf, während Shou mal wieder nur lachen konnte. „Ach Saga-sama“, murmelte er schließlich und strich ihm eine schwarze Strähne aus den Augen, was seiner Schamesröte nicht unbedingt gut tat. Sein Herz begann schneller zu pochen und als er sich dessen bewusst wurde, riss er sich von Shous Anblick los, sprang hastig auf und wollte sich aufs Klo entschuldigen, doch er kam nicht einmal einen Meter weit, denn er rannte in einen Menschen, der ihn aufkreischen ließ. „Habt ihr zufällig zwei Kippen?“, erfragte Yuki. „Das ist Make-up“, quietschte Shou los und zog den schreckensstarren Saga wieder neben sich und den Nasenbären auf die Bank. Yuki sah Ryosuke, der neben ihm stand, einen Moment lang an, dann lachte er. „Ey, der war gut, Süße“ Süße? Yuki dachte sie wären Frauen. Shou giggelte nervös, sah den Beiden mit Absicht nicht in die Augen. „Was is’n mit deiner Freundin los?“, wollte Ryosuke wissen und musterte den geschockten Saga. Es war genau die Situation eingetreten, vor der er sich gefürchtet hatte. Nur eine Haaresbreite trennte ihn davon enttarnt und zum Gespött der Nation zu werden. „Sie, erm, sie ist ein großer Lolita23q-Fan“ Wahnsinn, konnte Shou seine Stimme gut verstellen. „Besonders von dir, Yuki-san“ Saga wurde aus sämtlichen bewundernden Gedanken Shous Stimmtalent betreffend gerissen und starrte ihn nun ungläubig an. Das konnte er ihm doch nicht antun. „Ach wirklich?“ Yuki begann zu lächeln. „Also seid ihr beide Fans?“ Shou nickte hastig und rammte seinem Kollegen den Ellebogen in die Seite, bis er es ihm widerwillig nachmachte. „So was, bis jetzt hat uns noch niemand erkannt“, erzählte Yuki. „Dann seid ihr ja was Besonderes. Wie heißt du?“ er hatte Saga angesprochen. Als dieser auf penetrantestes Ellebogenstoßen nicht antwortete übernahm der Sänger. „Sa- Sadako“ Dafür würde er noch büßen. „Ein schöner Name“ Na ja. „Möchtest du ein Autogramm, Sadako-chan?“ mit welchem Recht nahm er sich die Vertraulichkeit und redete ihn gleich mit ‚chan’ an? Saga war schon drauf und dran trotzig den Kopf zu schütteln doch Shou kam ihm zuvor. „Ja, möchte sie“, flötete er. „Und wäre es möglich, dass ich eins von Ryosuke-san...? Also ich meine...“ „Na klar. Kein Problem“ die Beiden grinsten sich an. „Nur haben wir weder Papier noch Stifte bei uns“ „Wir auch nicht, wie schaaaaade“ Eine gute Wendung. Yuki und Ryosuke würden sicherlich bald abdampfen, da sie ihren ‚Fans’ keine Autogramme bieten konnten. „Ja so etwas Bedauerliches“ Tschüss. Saga wollte, dass sie verschwanden. Er war kurz davor von seinem Erzrivalen, Yuki und dessen Bandkollegen Ryosuke als Saga von ALICENINE. als Frau verkleidet erkannt zu werden. Er hatte schon ganz schweißnasse Hände. Zu Hause würde er trinken, viel trinken, nur um diese Erinnerungen abzutöten. „Jaaa“ „Aber wenn ihr möchtet, nehmen wir euch mit zu uns nach Hause und geben euch dort die Autogramme“ Wie bitte? Wie waren die denn drauf. „Aber, Yuki, Gackt“, erinnerte Ryosuke den anderen. „Gackt“, fiepste Saga und erinnerte sich an etwas. Wenn Gackt erfahren würde, was für ein Spiel sie hier trieben, würde es Ärger geben. Also nichts wie nach Hause und wieder in ihre eigentlichen Identitäten schlüpfen. Nur wie sollten sie den beiden jetzt so schnell entkommen? Yuki wirkte nicht, als wolle er sie einfach so gehen lassen. „Ach, der Alte checkt nie was, wenn wir Mädels anschleppen, Ryo, komm schon, keine Angst. Ich habs satt immer nur Schwänze zu lutschten und Ärsche zu ficken, du doch auch“ Echte Fans hätten entweder entsetzt die Flucht ergriffen, oder aber kreischend angefangen zu sabbern. Shou und Saga verfielen in keines der beiden Muster – schließlich waren sie ja auch keine echten Fans. Ryosuke grunzte etwas Unverständliches und gab Yuki die Erlaubnis nach Sagas Hand zu angeln und ihn mit einem eindeutig zweideutigen Lächeln in Richtung Vergnügungsparkausgang zu geleiten. Nein, das lief falsch. Saga schielte nach hinten, wo Shou mit dem blauen Nasenbär-Koala neben Ryosuke hertrottete, der auf ihn einredete. Sie wollten doch schnellstmöglich zurück in ihre Wohnung. Ach Momentchen mal, Lolita23q wohnten doch nur ein Stockwerk über ihnen; sollte man sich deshalb nicht wehren, um auf dem geraden Weg nach Hause zu gelangen? Saga schielte abermals hinter sich. „Keine Panik, süße Sadako-chan, deine Freundin ist noch da“ Yuki lächelte immer noch. Er wollte ihn umgarnen, schmeicheln und ihn in Sicherheit wiegen; bei einem Mädchen hätte er Erfolg gehabt, nur war Saga eben kein Mädchen. Sie ließen sich widerstandslos auf den Rücksitz von Ryosukes Auto schieben. „Verhalte dich einfach ganz natürlich“, flüsterte Shou dem anderen zu, bevor sie losrollten. Saga hätte am liebsten freudlos aufgelacht, schließlich befanden sie sich in der unnatürlichsten Situation, die er sich vorstellen konnte. Nach einer nicht allzu langen Fahrt befanden sie sich schließlich in einem bekannten Haus, aber in der falschen Wohnung. Saga hätte am liebsten geschrieen und getreten, als er von Yuki in dessen Zimmer gezogen wurde; Shou musste das gleiche über sich ergehen lassen, nur hatte er Ryosuke am Hals. „Du brauchst keine Angst haben, kleine Sadako-chan“ Saga wurde schlecht. Im dunkelrotgestrichenen Zimmer des Rivalen fühlte er sich so unwohl, wie ein Hummer in kochendem Wasser. Yuki sollte aufhören ihn mit diesem hungrigen Blick zu mustern! Und überhaupt, wie kam der Gitarrist von Lolita23q dazu – in seinen Augen – kleine, unschuldige Fangirlies vernaschen zu wollen? Saga wurde auf das ungemachte Bett gedrückt und war kurz davor seinem Peiniger zwischen die Beine zu treten oder auf die große Nase zu schlagen, doch Yukis Äußerung brachte ihn aus dem Konzept. „Weißt du was, Süße? Deine Nase ist ganz bezaubernd“ Wie grotesk. Saga befreite sich mit der Entschuldigung noch schnell auf die Toilette zu müssen, und rettete sich selbst vor Yukis Lippen, die seinen schon gefährlich nahe gekommen waren. Kaum war er aus dem Zimmer geschlüpft, presste ihm jemand die Hand auf den Mund. Shou. „Los, wir verschwinden!“, zischte er und gemeinsam liefen sie auf der Wohnung und begannen im Treppenhaus angekommen zu sprinten. Sie rissen sich die Perücken vom Kopf und bemerkten nicht einmal Hiroki, der nach der Post gesehen hatte, und ihnen nun verwundert hinterher blickte. „Scheiße, Shou, so was verrücktes machen wir nie wieder“, keuchte Saga, und lehnte sich gegen die Wand. Sie waren endlich reichlich außer Atem in ihrer Wohnung angekommen. „Versprochen“ Eine Weile warteten sie, bis sich ihre Atmung beruhigt hatte, dann stellte Saga eine berechtigte Frage: „Mal was ganz anderes: Warum haben Yuki und Ryosuke sich nicht in solche albernen Verkleidungen geschmissen?“ „Sie waren ungeschminkt, das reichte ihnen offenbar als Tarnung“ „Ach, und warum sind wir da nicht drauf gekommen?“ Darauf zuckte Shou nur mit den Schultern, aber antwortete schließlich doch. „Ich wollte unbedingt mal sehen, ob ich dich auch als Frau attraktiv finde“ Es kam Saga irgendwie fadenscheinig vor, trotzdem bekam er ganz heiße Ohren, doch statt sich aufzuregen fragte er kleinlaut nach: „Und?“ „Ich kann es bejahen! Aber als Kerl bist du mir um einiges lieber“ Shou lächelte ein unwiderstehliches Lächeln und wanderte in Richtung Badezimmer. „Ich finde es war ein gelungenes Date“ *Für alle, die es nicht wissen: Sadako Yamamura ist das Mädchen aus dem original japanischen Horrorfilm ‚the Ring’ *²Yuki bedeutet Schnee ~ Erst habe ich befürchtet, das Kapitel könnte zu kurz werden, und jetzt ist es so lang geworden. Ich hoffe trotz der Länge war es unterhaltsam. Offiziell noch mal von meiner Seite: Danke an alle Favos. Möchte jemand eine ENS, wenn das nächste Kapitel kommt? -Lasst es mich wissen. Bis zum nächsten Kapitel von ‚Das Glückskatzensyndrom’ P.S: Über Kommis freue ich mich wie ein Keks ^__^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)