In memoriam. von harakiri ================================================================================ Was bleibt. ----------- Deine Kameraden sind tot. Warum trauerst du nicht um sie? Wenn du es nicht kannst will ich um sie trauern. Meine Kameraden sind verwundet. Warum kannst du die Tragik nicht erkennen? Wenn du es nicht kannst lass mich diese Bürde tragen. Einst erhob ich das Schwert, um zu beschützen. Sieh, was dieser Kampf aus mir gemacht hat. Ich erhob meine Waffe, um zu vernichten. Sieh, was mein Wunsch nach Macht aus mir gemacht hat. Mein Weg ist mit Leichen gepflastert. Und nun sieh, was aus meinem Versprechen geworden ist. Doch wenn ich mir selbst nicht mehr trauen kann – was bleibt? Holloween. ---------- Ichigo hasste Halloween. Nicht genug, von seinen Schulkameraden den ganzen Tag Kürbiskopf gerufen zu werden – Geister sehen zu können verbesserte nicht gerade seine Feiertags-Stimmung. Seine Familie war am Schlimmsten. Schon Wochen vorher begannen sie, das Haus zu dekorieren, Kostüme zu entwerfen und ihn einen Spielverderber zu schimpfen. Dieses Jahr jedoch hatte er den Putzdienst mit Keigo getauscht, um erst zu Hause zu sein, wenn sie schon unterwegs waren. Womit er nicht gerechnet hatte waren seine neuen Shinigami-Freunde, die ihn, angestachelt von Rukia, als Hollows, gewöhnliche Zombies oder Geister ihrer eigenen Zanpakutous verkleidet euphorisch in seinem Zimmer erwarteten. Ichigo hasste Halloween. In Rukongai. ------------ "Jan-Ken-Pon!" – Stein schlägt Schere; Rukia steigt eine weitere Stufe hinab. "Jan-Ken-Pon!" – Papier schlägt Stein; Renji folgt ihr auf dem Fuß. "Jan-Ken-Pon!" – Gleichstand; sie funkeln sich an. Rukongai liegt still da, als halte es den Atem an, gespannt, wer zuerst den Treppenabsatz erreichen würde. "Aiko desho!" – Rukias Mundwinkel verziehen sich zu einem selbstgefälligen Grinsen. Sie würde nicht zulassen, dass sie gegen Renji verlor. "Jan-Ken-Pon!" – Wieder eine Stufe näher dem Ende der Treppe, näher dem Ausgang Rukongais. "Jan-Ken-Pon!" – An diesem Tag begruben sie den letzten ihrer Freunde. "Jan-Ken-Pon!" – Wer würde zuerst diese Stadt hinter sich lassen? "Jan-Ken-Pon!" – Gleichstand. "Aiko desho! AIKO DESHO!" Der Sünder in mir. ------------------ Mein Name ist Inoue Orihime. Vor einigen Jahren habe ich meine Eltern verloren, später meinen Bruder. Das hat in mir den Wunsch geweckt, Dinge ungeschehen machen zu können. Ich habe die Fähigkeit, Ereignisse zu verneinen. Ich kann Angriffe abwehren, Wunden heilen, sogar verlorene Gliedmaßen zurückbringen. Als wieder eine mir wichtige Person starb habe ich den Tod verneint. Macht mich das zu einer Ketzerin? Ich habe Angst vor mir selbst. Mit meinem Egoismus bringe ich den natürlichen Lauf der Dinge durcheinander, stelle mich gegen Gott - wer weiß, was seine Strafe sein wird. Aber ist es so falsch, glücklich zu sein? Die Erinnerung. --------------- Ichigos Blick streifte aufmerksam umher. Er war lange nicht mehr hier gewesen – zu lange. Einst hatte er hier gegen Tatsuki gekämpft, Runde um Runde verbitterter, bestimmter, bis ihm Ehrgeiz und Erniedrigung zu Kopf stiegen und er sich heulend den schützenden Armen seiner Mutter hingab. Mit diesem Dōjō verband er gleichermaßen den Willen, durchzuhalten, und den herben Geschmack der Niederlage mit all der Schande, die sie mit sich brachte. Dann erhob er das Schwert - aus den Tränen wurde Blut, das Spiel bitterer Ernst. Heute war da nur noch der Wille. Denn für einen Krieger konnte jede Niederlage die letzte sein. Die Leiden des jungen Kommandanten. ----------------------------------- "Viel Glück, Shiro-chan!" Es heißt Hitsugaya-taichou, Hinamori... "Du packst das, Toushiro!" Das gilt auch für stellvertretende Shinigami… "Gib alles, wir Shiros müssen doch zusammenhalten!" Du kannst das hier gerne an meiner Stelle übernehmen… Hitsugaya kam mit einer tiefen Falte zwischen den weißen Augenbrauen vor dem Büro seiner Vizekommandantin zum stehen. Entschlossen schob er das Shōji zur Seite. "Matsumoto, ich habe hier ein Geschenk für di…" "Taichou, das ist ja so lieb von dir!" Hitsugayas Protestlaute erstarben in den Tiefen eines großen paares Brüste, in das Rangiku sein Gesicht drückte. Die Falte zwischen Hitsugayas Augenbrauen wurde noch ein wenig tiefer. Aus dem Leben eines vergessenen Kuscheltieres. (I) -------------------------------------------------- Die Welt ist ein solch trister Ort… Einst wurde mir die Hauptrolle in einem Manga versprochen, und was ist daraus geworden? Angeschrieen werde ich. (Im wahrsten Sinne des Wortes) mit Füßen getreten. Als Modell für neuerworbene Puppenkleider missbraucht. Als Kummerkasten und Gast bei Teegesellschaften. Und wer kümmert sich um mich? Letztens habe ich einen Riss in meinem rechten Arm entdeckt. Das Futter quillt hervor. Ich würde es selbst nähen, hätten meine Hände nur richtige Finger… Und somit kann ich nichts weiter tun, als Tag für Tag in Ichigos Zimmer zu sitzen und von Lethargie übermannt aus dem Fenster zu starren… Aus dem Leben eines suizidalen Kuscheltieres. (II) -------------------------------------------------- Es hat doch alles keinen Sinn mehr… Was hat mein Leben schon für einen Wert? Ich bin eine künstliche Seele, eingesperrt in einer Kugel, gefangen in diesem lächerlichen Körper… Einst wollte ich die Welt erobern. Alle Frauen hätten mir zu Füßen gelegen – 'Kon-sama! Kon-sama!' hätten sie gerufen. Nun sind es nur Yuzus Puppen, die überhaupt noch (mit verstellten Stimmen) mit mir reden. Ich nehme Abschied, oh grausames Leben! Möge es mir in meinem nächsten besser ergehen. Mit diesen Worten im Sinn stieß sich Kon vom Fensterbrett ab, befand sich für wenige Augenblicke im freien Fall und meinte, er würde fliegen. Aus dem Leben eines unglückseligen Kuscheltieres. (III) ------------------------------------------------------- Dem Boden entgegenblickend sah Kon noch einmal die Bilder seines kurzen Lebens an sich vorüberziehen. Ichigo, der ihn herumkommandierte. Nee-sans Schuhsohle. Ishida, der ihm das Wappen der Quincy auf den Hinterkopf nähte. Hollows, die ihn jagten. Doch nun endlich würde er Frieden finden. Mit ausgebreiteten Armen ergab er sich dem Schicksal… …und landete mit einem hohen Quietschen Gesicht voran in einer Pfütze. Minutenlang lag er regungslos da, starrte in die Dunkelheit, bis er sich schließlich aufrappelte und umschaute. Niemand nahm Notiz von ihm. Er sah zum Fenster hoch, aus dem er gesprungen war. Dann trottete er resigniert zurück ins Haus. Hollow. ------- "Lass ihn gehen!" Die verzerrte Fratze unter der unfertigen Maske zieht die Mundwinkel noch etwas breiter. Mein Herz rast. Ich komme mir vor wie in einem nicht enden wollenden Déjà-vu. Erst Kaien-dono, und jetzt du, der du ihm so ähnlich bist... Mein Atem stockt und weigert sich, wieder einzusetzen mit jeder verstreichenden Sekunde, die du dieses Monster bist. Er kommt näher, schiebt seine maskierte Fratze näher an mich heran. Ich möchte schreien: Warum wachst du nicht auf? Befreie mich aus diesem Albtraum...! Meine Hände zittern. Lass mich das nicht noch einmal durchleben. Zwing mich nicht, dich noch einmal zu töten... Das Kind. --------- Als ich dich kennen lernte hielt ich dich für ein verwöhntes Muttersöhnchen. Ich konnte nie sagen, warum, doch dein Enthusiasmus machte mich wütend, deine unerschöpfliche Lebensfreude löste in mir gegenteilige Gefühle aus – ich konnte es nicht ertragen, in deine freudestrahlenden Augen zu blicken, wollte dir wehtun, wann immer du in deiner kindlichen Naivität in Tränen ausbrachst, wann immer etwas nicht deinen behüteten Vorstellungen entsprach. Ich verging vor Neid, wenn der Anblick deiner Mutter dieses warme, weltvergessende Lächeln auf dein Gesicht zeichnete. Ich wollte es dir austreiben. Ihr Tod nahm dein Lächeln mit sich. Damals verlerntest du, ein Kind zu sein. Der Frühlingstag. ----------------- "Es geht doch nichts über ein Fläschchen Sake an einem Frühlingstag." Kyōraku Shunsui hielt genüsslich das Gesicht in die lauwarme Briese, die einige Kirschblüten mit sich brachte. "Wie wahr, mein alter Freund" stimmte Ukitake Jūshirō zu und hob bekräftigend sein Sakeschälchen. "Ruhe und Gelassenheit..." "...keine Pflichten und Lasten." "Und keine Untergebenen, die man herumkommandieren muss." Shunsui seufzte glückselig. "Heute kann mir nichts die gute Laune verderben. Nicht einmal das Gezeter von-" "Hier haben Sie sich also versteckt" ertönte da eine eisige Stimme hinter ihm. Shunsui erstarrte. "Sich einfach vor der Arbeit zu drücken..." "Aber Nanao-chan..." "Bewegen Sie gefälligst Ihren Hintern!" Das Festmahl. ------------- »Moshi moshi?« »Tatsuki-chan! Wollen wir zusammen Essen? Ich habe Umeboshi-Dashi-Suppe auf mit Rote-Bohnenpaste gefüllten Klebereispulverkügelchen in Katsuobushimarinade gemacht. Ich nenne es "Orihime Ume-da".« »...Das hört sich ja, äh... lecker an...« »Meinst du, ich sollte Kurosaki-kun einladen?« »Ich bin mir da nicht so sicher...« »Weil kein Fleisch dabei ist? Er ist ja noch in der Wachstumsphase, da braucht er natürlich viele Proteine... Gut, dann werde ich mich noch an einem Curry probieren, ich habe noch etwas Hühnchenfleisch und Kugelfisch...« »Ich halte das für keine-« »Also dann bis heute Abend!« *klick* *tuut tuut tuut* "-gute Idee. Vielleicht sollte ich zwei Krankenbetten reservieren..." Mein Freund die Katze. ---------------------- Manchmal empfand es Urahara als irritierend, eine Katze zum Freund zu haben. Er hatte sich an die männliche Stimme und Sprechweise gewöhnt, die Yoruichi in dieser Form zur Schau stellte, und störte sich auch nicht an dem eigenartigen Gefühl, das ein Gespräch mit einem Tier mit sich brachte. Die katzenhaften Angewohnheiten machten den Umgang jedoch zuweilen etwas schwierig. Urahara erhob sich von seinem Platz auf der Galerie, übersah dabei den ausgestreckten Katzenschwanz und trat versehentlich drauf. Yoruichi fauchte und revanchierte sich mit realitätsgetreuen Abdrücken ihrer Krallen auf seinem Bein. Manchmal wünschte sich Urahara, eine normale Frau zum Freund zu haben. Kurosaki-Klinik. ---------------- "Neuer Patient!" Schwungvoll stieß Karin die Tür zum Behandlungszimmer auf, durch die sie mit Yuzus Hilfe eine Krankenbahre zog. Fast wäre sie mit einer weiteren zusammengestoßen, die sie wenige Minuten zuvor hereingeschoben hatte. Kurosaki Isshin hatte alle Hände voll zu tun, der plötzlichen Patientenflut Herr zu werden. "Bin wieder da..." "Ichigo!!!" rief Isshin aus, bevor sein Sohn überhaupt ganz zur Tür herein war. Elegant wich der Junge dem obligatorischen Fußkick aus, stieß dabei gegen eine der Bahren, verlor sein Gleichgewicht, schlug mit dem Kopf gegen das Metallgestell und blieb ausgeknockt am Boden liegen. Vorsichtshalber nahm Karin den Puls. "Neuer Patient!" Die Fabel. ---------- Es war einmal und ist jeher ein großes Shinigami-Heer, das weilt in Soul Society, wo Langeweile es hat nie. Hollows, Menos und Espada bilden eine groß' Armada. Kämpfe, blutig und brutal sind mitnicht' die einz'ge Qual. Taichous, Vizes und die Sitze streiten ständig um die Spitze, schlagen sich, das nicht zum Schein, die Köpfe regelmäßig ein. Die Klage groß, die Wunden schwer - an Arbeit denkt da keiner mehr -, wird gefrönt dem Kriegsgewerbe, dass der Feind doch endlich sterbe. Die Moral des mächt'gen Heer macht's insofern nicht weit her. In dieser Fabel auch dergleichen muss dem Ende letztlich weichen. Blind. ------ "This is farewell, Ichigo..." She is fading... "Don't make such a sad face." Becoming less and less. "…Tell everyone I give them my best." Don't tell them 'I see you.' I won't. "Bye, Rukia." Her image already nothing more than a memory... "Thank you." ...just like the blue sky. She's gone forever. Seeing ghosts – it was part of my life. It's like I'm blind now. Blinded by the sun shining right through the bodies of those I was destined to see. Can't see, can't touch- "ARGH! RUKIA, YOU LITTLE..." ...I forgot. She can still very much see and touch me. Romeo und Julia. ---------------- "Nanao-chan! Nanao-chan! Bist du es, die da geht?" "Taichou, was machen Sie denn da oben auf dem Dach?" Leicht schwankend auf dem Dachfürst balancierend, mit der einen Hand eine Flasche Sake, mit der anderen seinen Strohhut festhaltend, schaut Kyōraku Shunsui mit glasigem Blick zu Nanao hinab. "Taichou, sind Sie etwa schon wieder betrunken?!" Die Hände der Vizekommandeurin ballen sich zu leicht zitternden Fäusten. "Nanao-chan, ich komm nicht mehr hinunter..." Ein Stein kommt in hohem Bogen geflogen und trifft Shunsui am Kopf. Ein zweiter, noch größerer, befindet sich schon in Nanaos Händen. "Keine Sorge, Taichou, ich werde Ihnen gerne behilflich sein..." Der Tod. -------- Schmerz. Stockender Atem. Luftmangel. Keuchen. Rotes Leben, in der Kehle gefangen. Würgen. Das Kinn hinabrinnende Flüssigkeit. Schmerz. Die Brust steht in Flammen. Prickelnde Fingerspitzen. Verschwimmende Sicht. Kraftlosigkeit. Zitternde Arme. Wacklige Beine. Der Boden, der zu beben beginnt. Die Gedanken holen die Wirklichkeit ein. Erkennen. Realisieren. Entsetzen. Rauschen in den Ohren. Ausblenden aller Klänge. Schmerz. Stechender, paralysierender Schmerz. Schmerz, der den Körper lähmt. Schmerz, der jeden Augenblick zur Qual macht. Schmerz, der reißend über die Nervenbahnen ins Gehirn wandert. Abschalten. Nicht mehr denken. Wohlige Taubheit. Gefühllose Gliedmaßen. Gleißendes Licht – Vergehen der Sinne. Warmes, schwindendes Blut. Zurückbleibende Leere, Kälte. Einatmen. Ausatmen. Sterben. Waschtag. --------- Yuzu zog die Stirn in Falten, als sie den Wäschekorb betrachtete. Sie zog den weißen Bettbezug hervor und beäugte ihn kritisch. Keine Flecken. Sie roch gerade probeweise an dem Stoff, als sie Karins irritierten Blick bemerkte. "Ich glaube, Nii-chan hat einen Reinheitskomplex", sagte sie und hielt die blütenweiße Decke hoch. "Ich wasche fast jede Woche sein Bettzeug, dabei ist es nie dreckig." Karin entgegnete nur trocken: "Nun ja, Ichi-nii ist in dem Alter, und dann der ständige Damenbesuch..." Yuzu erbleichte. Fünf Minuten später hing sie einen Zettel an die Badtür, dass ab sofort jeder sein Bettzeug selbst zu waschen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)