Verrücktes Leben von Sky (Im Reich der Flüche) ================================================================================ Kapitel 5: 5 ------------ Am nächsten Tag gingen alle nach Hause. Dort wurde sich erst einmal richtig gewaschen und gegessen. Nain nahm Kail trotz Widerwillen mit ins Dorf. Sie und Zoe trafen sich am Brunnen. „Kommst du diese Nacht noch einmal mit, oder willst du lieber zu Hause bleiben?“, fragte Nain Zoe. „Ich komm wieder mit.“ „Mum hat mir erzählt, dass es wieder Überfälle von Vampiren gab“, erklärte Nain. Zoe schwieg. So ging es am Nachmittag wieder in den Wald. Dort wollte Kail auch bleiben: „Soll ich mit zum See kommen, oder wieder in den Wald gehen?“, fragte er die beiden. Beide Mädchen zuckten nur mit den Schultern. „Wie du willst“, meinte Nain und Kail blieb noch etwas. Zoe machte Feuer und dann setzten sie sich zusammen. „Wo schläfst du eigentlich sonst im Wald?“, fragte Nain. Kail erklärte ihr etwas den Weg vom See aus und Zoe schaute verträumt in die Flammen. „Zoe?“ Sie erschrak: „Äh…was?“ „Schläfst du jetzt schon?“ „Nein, wieso?“ „Ich wollte noch ein bisschen in den Wald gehen, kommst du auch mit?“ Zoe überlegte: „Ok…ich komme schon.“ Alle drei standen auf und machten sich auf für eine Nachtwanderung. In Gedanken verlor Zoe den Anschluss und Nain und Kail verschwanden im dunklen Wald. Irgendwann blieb das Mädchen stehen. Plötzlich knarrte es in den Ästen. Zoe lauschte und schaute sich um. Eine Fledermaus landete vor ihr auf dem Boden. Zoe schaute fragend zu Boden: „Was soll denn das jetzt?“ Sie staunte nicht schlecht, als Lucius vor ihr erschien. Sie fing an zu zittern. „Ein junges Mädchen so allein im Nebelwald. Was machst du denn hier? Um diese Uhrzeit? Musst du denn nicht zu Hause sein?“ Der Mann näherte sich Zoe. Sie kannte ihn nicht und wich zurück. Lucius lächelte sie schmeichelnd an, doch das hatte bei dem Mädchen keinen Nutzen. Sie ließ sich von ihm nicht einwickeln. Sie wusste viel über Vampire und kannte ja jetzt selber einen. Doch davon ließ sich Lucius nicht abhalten. Er ging mit schnellen Schritten auf sie zu und hielt sie an den zum Schutz vorgehaltenen Armen fest. „Du kannst mir nicht mehr entkommen!“ „Ich weiß, was du willst, aber verschwinde!“ Doch dann war es auch schon geschehen. Lucius biss Zoe in den Hals. Zoe schrie. Der Schmerz ging ihr bis in die Knochen. Sie wusste, was das für ein Gefühl war. Sie starb, doch etwas in ihr blieb am leben. Als Lucius sie los ließ, klappte sie zusammen. Er verwandelte sich wieder und flog davon. Etwas später kam Lucius zu Sky, der im Haus wieder auf der Treppe saß: „Wo warst du?“, fragte er. „Wo wohl?“, erwiderte sein Vater und schritt an ihm vorbei nach oben. „Du bist komisch. Wen hast du gebissen? Jemand berühmtes im Dorf?“, meinte Sky schelmisch. Sein Vater drehte sich zu ihm um und grinste: „Warum willst du das wissen? Sonst ist es dir doch auch egal, wen ich beiße.“ „Ich darf doch erfahren, wen mein Vater so überfällt, oder?“, Sky stand auf und stand seinem Vater nun gegenüber. „Niemand besonderes. Ganz gewöhnlich, wie immer.“ „Das heißt?“ Lucius wandte sich um und ging weiter die Treppe hinauf. „Hey! Warum redest du nicht mit mir? Niemand dreht mir so einfach den Rücken zu!“ Lucius drehte den Kopf nach hinten und schaute seinen Sohn aus den Augenwinkeln an: „Warum willst du das denn überhaupt wissen? Es scheint dich ja brennend zu interessieren…“ Wieder ging er weiter, bis Sky ihn an der Schulter fest hielt. „Jetzt sag es mir doch endlich. Wo ist das Problem?“ „Ich bin nicht verpflichtet dir Auskunft über meine Opfer zu geben!“, fauchte der alte Vampir zurück. Er schlug Skys Hand von der Schulter und nahm die letzten Stufen. Doch wieder hielt Sky seinen Vater fest. „Es geht dich nichts an!“, Lucius gab Sky eine Ohrfeige. Es war schlagartig still. Die beiden sahen sich an und dann lief Sky wieder nach unten. Lucius ging schlafen, doch Sky flog nochmals aus. Zoe öffnete langsam die Augen. Um sie herum war es dunkel. Sie setzte sich und schaute an sich herab. Was war das? Ich bin doch nicht wirklich… Sie konnte den Gedanken nicht weiterführen. Sie war etwas blasser als sonst. Plötzlich landete eine Fledermaus ca.10 Meter von ihr entfernt. Sky drehte sich zu Zoe um und verwandelte sich. Er lief zu ihr: „Zoe, was ist passiert?“ Zoe schaute zu ihm hoch und Sky half ihr auf die Beine. „Ich…“, wieder sah Zoe an sich herab und dann in Skys Augen. Sofort fiel sie ihm um den Hals. Sky nahm sie in den Arm. Auch er merkte, dass etwas nicht stimmte mit Zoe: „Was war?“ „Er…“ Sky starrte sie an: „Sag, dass es nicht wahr ist!“ Zoe guckte ihn von unten an und dann zu Boden. Noch mal nahm er sie in den Arm: „Das darf nicht wahr sein…“, er hob ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. Doch dort stellte er keine Veränderung fest. Nach einem auffordernden Blick machte sie den Mund auf. Dort waren nur leichte Veränderungen zu sehen, doch die Bissspur verriet alles. „Wie konnte er?!“ Sky schaute in Richtung des Hauses. Zoe bekam Tränen in die Augen: „Was ist nun mit mir?“ Sky wandte sich wieder zu ihr: „Du … na ja … er hat dich gebissen. Das heißt, du bist … tot. Aber es scheint mir nicht ganz so. Es ist ihm nicht wirklich gelungen…“ Zoe schaute ihn fragend an: „Nicht gelungen?“ „Geh zurück zu den anderen“, meinte Sky nur, „Ich muss auch nach Hause. Sieh!“ Er deutete auf die Baumkuppen. Die Sonne würde nicht mehr lange hinter ihnen bleiben. Zoe gab ihm einen Kuss und nach einem weiteren Blick verschwand Sky als Fledermaus im Wald. Zoe wurde von Nain aufgegabelt und die zwei gingen zurück zum See. „Wie konntest du?!“, Sky platzte ins Haus, schlug die Tür zu und lief nach oben. Sein Vater saß im Zimmer: „Was meinst du?“ Sky starrte ihn wütend an: „Wieso musst du das immer tun?“ Lucius musterte seinen Sohn mit geschlitzten Augen: „Wo warst du?“ „Beantworte meine Frage!“ „Du hast mir nichts zu sagen! Ich bin immerhin noch dein Vater!“ Sky stellte sich vor ihn: „Dann beantworte sie doch, bitte!“ „Ich bin ein Vampir. Was fragst du noch?“ „Wieso sie?“ Lucius stand auf: „Willst du mir vorschreiben, wen ich beißen darf?“ Sky merkte jetzt erst, was er gesagt hatte und wich zurück: „Aber …“ „Du warst bei dem Mädchen? Was ist los?“ „Ich …“ „Wie kannst du nur so ein Narr sein? Du bist Vampir, Junge! Daran kannst du nichts ändern! Vampire haben in den Menschen nur Feinde.“ Sky wusste nicht, was er sagen sollte. Lucius nahm ihn am Kragen: „Du bleibst morgen Nacht bei mir und wirst das tun, was ich dir sage!“ Angst war in Skys Augen. Er hatte früher schon befürchtet, dies tun zu müssen. „Ich mache das, was ich für richtig halte. Du kannst mich nicht zum Blut trinken zwingen!“, Sky schlug Lucius Hand weg und lief ins Erdgeschoss. Sein Vater blieb oben: Du wirst schon sehen. Zoe und Nain konnten so früh nicht mehr einschlafen. Es war schon nach sechs und die Sonne kam hinter den Bäumen hervor. Es war ein kühler Morgen und beide Mädchen schwiegen. Kail war im Wald zurück geblieben. Nain merkte die Unruhe in ihrer Freundin und merkte auch, dass Zoe etwas anders war als sonst. „Was ist los mit dir?“, fragte sie und Zoe sah ihr in die Augen: „Es ist…ich…“ Nain legte ihren Arm um Zoes Schultern. „Er …“, wieder fing Zoe an zu weinen. „Ganz ruhig…was ist los?“ „Er hat mich gebissen!“, platzte es aus Zoe und sie lehnte sich an Nain. „Wer?“, fragte die. Doch Zoe konnte nichts mehr sagen. Sky müsste sich eigentlich langsam nach oben zum Schlafen begeben, doch er blieb unter der Treppe sitzen. Ein lange verschwundenes Gefühl plagte ihn: Angst und Sorge. Und dann wurde er von seinem Vater regelrecht unterdrückt. Er bekam Tränen in die Augen. Auch das kannte er nicht mehr. Er wollte zu ihr, doch wenn er in die Sonne ging- das wollte er sich nicht vorstellen. Schmerzen würde er haben und fürchterliche Qualen erleiden. Doch er wollte nicht schlafen und beschloss einfach unten zu bleiben. Lucius lag nun schon in seinem Sarg und schlief. Doch er hatte sich Gedanken um Sky gemacht. Dieser Tag zog sich in die Länge. Nain wollte wissen, was mit Zoe war und die wartete auf die Nacht. Sie wollte zu Sky, oder er sollte zu ihr kommen. Doch nach langem warten wurde es langsam dunkel. Sky hatte den ganzen Tag nicht geschlafen und sah aus dem Spalt unter der Tür. Das Licht wurde rötlich und auch oben regte sich langsam was. Sein Vater würde sich bald zum Flug fertig machen, doch er musste vor ihm nach draußen. Ich will das nicht, dachte er immer wieder. Die Sonne verschwand. Schon hörte man Schritte von oben. Sky sprang auf und lief nach draußen. Lucius schaute aus dem Fenster, verwandelte sich und flog nach draußen. Doch Sky blieb am Boden und wartete, bis sein Vater über ihm hinweg war. Dann machte er sich auf den Weg zum See. Zoe saß mit Nain im Gras. Das Feuer war schon erloschen, doch das war gut so, denn dann würde man sie nicht so schnell finden. Aus Richtung Wald konnte man Schritte hören. Jemand näherte sich den beiden. Zoe konnte ahnen, dass es Sky war, doch Nain war gespannt. Dann kam es so, wie Zoe dachte und Sky kam zwischen den Bäumen hervor. Er kam auf die beiden zu und schaute in den Himmel. Sein Vater war wohl doch alleine los geflogen. „Wer bist du?“, fragte Nain neugierig. Sky setzte sich und stellte sich dann vor: „Mein Name ist Sky. Ich lebe mit meinem Vater im Wald.“ „Sky. Was ist mit mir?“, fragte Zoe. Sky schaute sie an: „Ich hab dir schon gesagt, dass du tot sein müsstest, doch dem Anschein nach nicht.“ Kurz war es still. „Müsste sie dann nicht Blut durstig sein?“, fragte Nain. „Je nachdem…“, meinte Sky. „Je nachdem?“, fragte Zoe, „Wie meinst du das?“ „Ich trinke kein Menschenblut und bin auch nicht jede Nacht unterwegs, um Beute zu machen“, erklärte der Vampir. „Warum trinkst du kein Menschenblut?“, fragte Zoe, „Dein Vater macht es doch.“ „Ich bin nicht wie er. Es ist eine lange Geschichte … es ist doch bestimmt langweilig für euch …“ Zoe legte ihren Arm um ihn: „Ich will es wissen. Was war los, warum trinkst du nicht mein Blut?“ Sky schaute in den Himmel: „Es ist schon längere Zeit her, schon Jahre. Als Kind hab ich noch Menschenblut getrunken, doch dann ist etwas geschehen, was mein Leben verändert hat. Ich war schon von Klein auf ein Vampir, wie mein Vater, jedoch war meine Mutter ein Mensch.“ Nain und Zoe hörten ihm aufmerksam zu. Er fuhr fort: „Ich lebte bei ihr, doch konnte dadurch nur selten Blut trinken, denn das meiner Mutter rührte ich nicht an. Mein Vater wollte, dass ich bei ihm lebe, um mich wie einen Vampir zu erziehen, doch das wollte meine Mutter natürlich nicht. Ich musste immer miterleben, dass sie sich stritten und dann, als ich 5 Jahre alt war, kam er nachts zu uns. Ich lag in meinem Bett, doch ich hörte, wie die beiden sich anschrieen. Dann ging ich zu meiner Mutter, um zu sehen, was los war und dann …“, er sah zu Boden, „Sie schrie. Er hatte sie gebissen, vor meinen Augen. Ihre Schreie gingen bis in die Knochen. Ich hatte solche Angst, doch ich konnte ihr nicht helfen.“ „Doch sie lebt doch dann als Vampir weiter“, meinte Nain. „Schön wäre es gewesen“, erwiderte Sky, „Er hat sie getötet! Er erstach sie mit einem Pfahl. In ihrem Zimmer hatte sie ein Kreuz, deshalb durfte ich nie hinein. Mein Vater flog sofort zurück in den Wald. In der Nacht danach holte er mich zu sich.“ Zoe war sprachlos und auch ihre Freundin konnte dazu nichts sagen. Sky schwieg nun auch. Dann sah er Zoe an. Die umarmte ihn. Wieder hatte der Vampir Tränen in den Augen. Sie gab ihm einen Kuss. „Aber warum ist Zoe kein Vampir?“, fragte Nain. Sky schaute sie an: „Das kann ich mir auch nicht erklären.“ Dann hörte er die Rufe seines Vaters, der in Fledermausgestalt über den Wald flog. Sky schaute in den Himmel. „Was ist?“, fragte Zoe. „Er sucht mich“, meinte Sky leise. „Wer?“, fragte Nain. „Lucius, mein Vater.“ „Und warum sucht er dich?“, fragte Zoe besorgt. „Er will … na ja … er will, dass ich …“ „Dass du?“, fragten die Mädchen. „Er will, dass ich …“ „So weit waren wir schon“, meinte Nain. Zoe schaute sie an und dann wieder zu Sky: „Was will er?“ „Dass ich Menschenblut trinke.“ „Er will dich dazu zwingen?“, fragte Nain ungläubig. Sky nickte und stand auf. „Aber warum gehst du denn noch zu ihm?“, fragte Zoe und hielt ihn fest. „Ich will euch nicht in Gefahr bringen. Er kann mich dazu nicht zwingen!“ „Aber …“ „Es ist schon gut“, meinte Sky, gab Zoe einen Kuss, verabschiedete sich von ihr und lief in den Wald. Als Fledermaus flog er über die Bäume hinaus und erwiderte die Rufe seines Vaters. Lucius landete auf einem Baum und wartete darauf, dass Sky zu ihm kam. Er wusste, dass Sky so viel Respekt hatte zu kommen. Und dann kam sein Sohn. Sky landete vor seinem Vater. Der ergriff ihn am Flügel und zog ihn mit sich in die Luft. Die beiden flogen ins Dorf. Dort, am Brunnen, verwandelte sich Lucius zurück und auch Sky stand wieder als Mensch da. „Was willst du hier mit mir?“, fragte der Junge, „Du weißt, dass ich im Dorf nichts anfangen kann. Ich hasse es hier zu sein!“ „Du wirst sehen, was ich vor habe.“ Sky schaute seinem Vater nach, der die Straße entlang ging: „Komm schon!“ Er gehorchte und folgte seinem Vater. Lucius war erfreut zu sehen, dass noch Kinder im Dorf waren. Einige Kinder spielten auf dem Spielplatz verstecken und Lucius näherte sich einem. Sky beobachtete ihn dabei: Was soll das? Was hat Vater vor? „Pass auf, Julia!“, rief ein Junge. Lucius packte das Mädchen am Arm und die anderen liefen davon. Schon bei dem Namen Julia wurden wieder Erinnerungen in Sky wach. Denn dies war der Name seiner Mutter. „Was hast du vor?“, fragte er seinen Vater, der auf ihn zukam. Das Mädchen versuchte sich zu wehren, doch Lucius hielt sie fest. „Frag nicht dumm! Hier, ich helfe dir schon, wo ich kann, dann tu mir doch diesen einen Gefallen. Beiß sie!“ Sky starrte den Vater an und schaute dann zu dem kleinen Mädchen herunter: „Das kannst du nicht von mir verlangen! Ich werde sie nicht beißen!“ Langsam verlor Lucius die Geduld mit seinem Jungen: „Sky! Du bist alt genug um zu verstehen, worauf es hier ankommt!“ „NEIN!“ Jetzt fing das Kind an zu weinen. „Wenn du es nicht tust, dann beiß ich sie! Weg kommt sie nicht mehr. Ihr Schicksal ist besiegelt!“ Nun saß Sky in einer Zwickmühle. Was sollte er denn tun? Er konnte schon von sich aus keine Menschen beißen und jetzt sollte es auch noch ein Mädchen sein, das den Namen seiner Mutter hatte und weinte? Das war zu viel für den Jungen. „Jetzt mach schon!“, forderte Lucius ihn weiter auf. Sky schüttelte langsam den Kopf und trat zurück: „Lieber bin ich kein Vampir mehr“, flüsterte er. Nun reichte es Lucius endgültig. Er setzte einen Schritt auf seinen Sohn zu und packte diesen im Nacken. „Ah!“ Diese Gelegenheit nutzte Lucius, hielt das Mädchen fest und drückte Skys Kopf an den Hals der Kleinen. Da er den Mund offen hatte, bohrten sich Skys Zähne in ihre Haut. Sofort schoss Blut in seinen Mund. Lucius ließ ihn los und das Kind zu Boden. Sky spuckte das Blut vor die Füße seines Vaters und lief davon. Er verwandelte sich und flog zum Wald. Irgendwo im Nirgendwo setzte Sky auf und ließ sich auf den Boden fallen. Er hatte immer noch Blutreste an den Zähnen und verkroch sich in einer Höhle. Er konnte nicht mehr. Wieso hatte sein Vater ihm das angetan? Hätte er sich nicht so oft widersetzen sollen? Er konnte das Blut nicht trinken. Wollte Lucius das nicht akzeptieren? Wenn er es nicht tut, dann ist er nicht mein Vater!, dachte Sky und schloss die Augen. Zoe und Nain schliefen nun auch, doch Zoe machte sich große Sorgen um Sky. Am nächsten Morgen… Lucius hatte seinen Jungen an dem Abend nicht mehr gesehen. Sky war nicht zu Hause und die Sonne ging langsam auf. Zoe und Nain hatten vor, an diesem Tag nach Hause zu gehen. Sie packten alles zusammen und machten sich auf den Weg zum Dorf. „Was glaubst du hat Lucius gestern mit Sky gemacht?“, fragte Nain und Zoe zuckte mit den Schultern: „Nichts Gutes würde ich sagen. Sky scheint seinen Vater nicht sehr zu mögen.“ Sky saß in der Höhle, doch er konnte nicht schlafen. Seine Augen waren geschlossen und er sah nicht, wie spät, oder eher, wie früh es schon war. Er dachte die ganze Zeit an das kleine Mädchen Julia, das er gestern Nacht getötet hatte. Er hatte sie umgebracht! Aber nein- nicht er war es! Sondern Lucius. Sein Vater hatte das Kind umgebracht, doch sie starb durch Skys Zähne. Diese Vorstellung, diese Tatsache, machte ihn verrückt. Er machte sich Vorwürfe. Ich hätte nicht zu ihm fliegen sollen! Doch das würde nur Respektlosigkeit zeigen. Doch Sky hatte Respekt. Er hatte wirklich noch Respekt vor seinem Vater, wo hingegen anderen den ihren schon lange verlassen hätten. Er saß mit dem Rücken an der Wand dieser Höhle, hatte die Augen geschlossen, hatte völlig die Zeit Orientierung verloren und machte sich Vorwürfe und Gedanken über seinen Vater. Wie tief bin ich gesunken?, fragte er sich. Irgendwann öffnete er seine Augen und sah, dass die Sonne schon aufgegangen war. Er setzte sich in die dunkelste Ecke der Höhle und versuchte zu schlafen. Er hatte schon lange nicht mehr geschlafen. Zoe lag daheim auf ihrem Bett und machte sich Gedanken um Sky, was Lucius mit ihm gemacht haben könnte, oder wo er war. Doch sie dachte ja er wäre im Wald. Da irrte sie sich auch nicht, doch im Haus war er nicht. Wenn Zoe das wüsste, würde sie sich noch mehr Sorgen machen. Nain machte sich Sorgen um Zoe. Sie hat sich in einen Vampir verliebt, dachte sie. Nain war allein in ihrem Zimmer und Madiva war nicht zu Hause. Im Wald geschahen die letzten Tage immer verrücktere Sachen. Dort trafen plötzlich alle Jungen, die vorher verhasst waren, aufeinander. Kail, Jason und Don. Doch die zwei weiteren Entführten Kinder waren nicht im Wald. Nein- Markus, der letzte verschwundene Junge, war in den Bergen. Er war zwar im Wald verschwunden, doch dort geblieben ist er nicht. Die drei Jungen hatten alle eine Fähigkeit, doch nur Kail war ein Entführter. Jason war ein großer und muskulöser Junge mit braunen, schulterlangen Haaren, der sich in einen Satyr, Minotaurus oder einen Stier verwandeln konnte und Don war ein blonder, etwas kleinerer Junge mit kurzen Haaren, der sich in einen Bären verwandeln konnte. Kail war der einzige der drei, der seine Verwandlung nicht kontrollieren konnte. Er war schließlich ein Werwolf. Er wusste zwar, wann er sich verwandelte, doch abhalten konnte er sich da von nicht. Lucius saß in seinem Haus und machte sich Sorgen um seinen Sohn, denn er konnte nicht wissen, dass Sky eine Unterkunft gefunden hatte. War ich zu streng mit ihm? Hätte ich ihn gehen lassen sollen? Auch der Vater machte sich Vorwürfe. Er hat Sky zu heftig dazu gezwungen. Der Tag verging und auch die folgende Nacht. Lucius traute sich nicht, nach Sky zu suchen, da er befürchtete nicht rechtzeitig zum Sonnenaufgang zurück zu sein. Seine schlimmste Befürchtung war auch, dass Sky sich schon in der Sonne zu Asche verbrannt hatte. Doch daran wollte er nicht glauben. Er wusste, dass Sky schlau genug war, sich von der Sonne fern zu halten und auch, dass der Junge viel allein durchstehen konnte. Sky blieb den Tag und auch die Nacht in der Höhle sitzen. Er wollte nicht nach Blut suchen, da von hatte er für die nächste Zeit genug. Er wollte es einfach nicht mehr. Würde er das Blut Saugen jetzt ganz aufgeben? Nein- er wusste, dass das sein Tod sein würde. Er wollte warten. Warten, dass er aufbrechen konnte und zurück zu seinem Vater konnte. Es war doch eine Schande für den Vater, dass er sich geweigert hatte. Doch da täuschte sich Sky, denn Lucius machte sich große Sorgen und hatte Angst um den Jungen. Ja- er hatte Angst. Auch Lucius konnte dieses Gefühl wieder empfinden. Er kannte das auch nicht mehr. Er wusste, was er dem Jungen angetan hatte und hatte Angst, dass sich Sky in den Tod stürzen könnte. Wieder wurde es Tag. Im Wald war es still. Die Menschen im Dorf machten sich auf ihre Einkäufe und weiteres zu erledigen. Zoe war immer noch in Gedanken bei dem Vampir. War sie selbst einer? Dann könnte sie aber nicht in die Sonne, doch das konnte sie ja. Das nutzte das Mädchen. Zoe machte sich in der Frühe auf den Weg in den Nebelwald. Sie wollte wissen, was mit Sky war. Doch dass er nicht bei seinem Vater war, wusste sie nicht. Im Wald hörte sie jemanden in ihrer Nähe. Kail streifte wieder durch die Gegend. Er hatte Zoe gehört und folgte ihr, allerdings wieder durchs Gebüsch. Zoe schaute aus den Augenwinkeln zur Seite und blieb stehen. Es war still um sie. „Ach komm raus! Ich weiß, dass du da bist!“ Mit ihr war nicht zu scherzen, das hörte Kail an ihrer Stimme und kam aus den Büschen hervor. „Was willst du?“, fragte Zoe und ging weiter. „Ich wollte nur wissen, wie’s dir geht und was du machst um diese Uhrzeit…und das hier im Wald.“ „Mir geht’s scheiße und ich suche!“ Kail ging ihr nach: „Und wonach suchst du? Vielleicht kann ich dir helfen.“ Zoe drehte sich zu ihm um: „Ich suche Sky und ich glaub nicht, dass du mir helfen kannst.“ Kail legte den Kopf schief: „Sky … ist das nicht der kleine Vampir Junge von Lucius?“ „Er ist nicht klein! Er ist mindestens so groß wie du!“ „Ja, ja … schon ok. Soll ich dir denn helfen?“ „Kannst du?“ „Würde ich sonst fragen?“ Die beiden gingen zusammen durch den Wald. „Warum suchst du ihn?“, fragte Kail. „Weil ich glaube, es ist etwas passiert mit ihm.“ „Aber wenn was passiert ist, dann wäre er nicht bei seinem Vater. Die beiden hatten die letzte Zeit oft Streit.“ Zoe blieb stehen: „Wo könnte er denn sonst sein?“ Kail blieb auch stehen und zuckte mit den Schultern. „Was meinst du?“, fragte Zoe wieder. „Ich meine…wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich mich irgendwo verkriechen, da er ja nicht raus kann am Tag.“ Zoe ging zu Kail: „Und wo? Wo würdest du dich verkriechen?“ „Weiß nicht …“ „Kail. Du bist doch Werwolf, oder?“ Der Junge nickte: „Was hat das jetzt damit zu tun?“ Zoe grinste ihn eindeutig an: „Kannst du das?“ Kail verdreht die Augen: „Ich könnte, aber wie soll ich das machen?“ „Frag nicht mich. Du hast gesagt, dass du’s kannst.“ Kail schaute zu Boden, dann zu Zoe und hockte sich dann: „Aber wehe dir und du lachst!“ „Ja … jetzt mach schon! Es könnte wichtig sein.“ Kail nickte und fing an zu schnuppern. Da er ja auch Wolfsblut in sich hatte, konnte er Fährten aufnehmen und das versuchte er nun. Doch vergeblich: „Ich muss wissen, wie er riecht, dann kann ich es noch mal versuchen“, meinte er und dann sah Zoe ihn an: „Er riecht wohl nicht anders als eine Fledermaus. Aber sein Geruch muss in dem Haus sein.“ Kail schluckte und schaute Richtung Haus. Es lag nur noch einige hundert Meter entfernt und dorthin gingen die beiden jetzt. Zoe öffnete langsam die Tür und trat ein. Kail folgte ihr und nahm den Geruch im Haus auf: „Es sind zwei …“ „Klar! Er und sein Vater“, meinte Zoe und dann gingen die zwei wieder nach draußen. Dort hockte sich Kail wieder hin und versuchte eine Fährte zu finden. Es dauerte zwar seine Zeit, doch plötzlich: „Da!“ Zoe schreckte aus ihren Gedanken: „Was?“ „Er ist da lang“, wiederholte Kail und dann liefen die beiden durch den Wald. Sky schlief in der Höhle. Er saß ganz hinten und kein Lichtstrahl konnte zu ihm gelangen. Seine Tränen hatten Spuren auf den Wangen hinterlassen. Er rührte sich nicht. Lucius hatte die beiden ins Haus kommen hören. Er konnte nicht schlafen. Als er Zoes Stimme gehört hatte, wusste er, dass sie und der Wolf seinen Sohn suchen wollten. Sie hat die Gelegenheit dazu, dachte Lucius, denn er konnte Tags über nicht nach draußen. Kail musste zwischendurch immer mal stocken und erneut warten, doch die zwei kamen dem Ziel schneller näher, als sie gedacht hätten. Denn die Höhle war nicht mehr weit. Sky konnte Stimmen hören. Er war noch im Nebelwald, das war ihm klar. Wer war das nur? Wer machte solchen Lärm? Er traute sich nicht, näher an den Ausgang zu gehen, da er nicht zum Licht wollte. Doch die Stimmen machten ihn neugierig. Sie waren in der Ferne zu hören, doch wer es war, konnte der Vampir nicht erkennen. „Kail, hast du ihn?“, fragte Zoe. „Er war hier … dort drüben.“, Kail zeigte auf einige Spuren. Man konnte auf dem Boden erkennen, dass Sky gestürzt war. Kail war schon froh den Vampir zu riechen, da Sky doch geflogen war. Sie waren nur noch 300 Meter von der Höhle entfernt und das sollte sich erkenntlich zeigen. Nun erkannte Sky die Stimmen. Er schaute nach draußen und krabbelte etwas Richtung Ausgang, doch nicht sehr weit. „ZOE!“, rief er. Seine Stimme war schwach. Er hatte lang nichts gegessen und wenig geschlafen. Er war schwach. Zoe hörte ein Rufen in der Ferne: „Hast du das auch gehört?“, fragte sie Kail und der nickte: „War das …“ „SKY!“, rief Zoe, „WO BIST DU?“ Sky antwortete, doch seine Stimme wurde zunehmend leiser. Allerdings reichte es, dass die zwei zur Höhle fanden. „Sky?“ Zoe ging hinein. „Zoe … ich bin hier …“, seine Stimme hatte fast einen Flüsterton angenommen. Sie umarmte ihn: „Sky! Was machst du hier?“ Auch Kail trat in die Höhle. „Ich kann nicht zu Vater. Ich hab ihn enttäuscht … er hat mich enttäuscht!“ Zoe sah ihn fragend an: „Was hat er mit dir gemacht?“ Sky zeigte ihr die Zähne, an denen war noch von dem Blut. Das würde er nur schwer wieder loswerden. „Ist das … Menschen …“, Sky nickte und zog sie an sich. „Was war denn genau?“, fragte Zoe wieder. Kail setzte sich an den Eingang. „Er hat mich gezwungen ein kleines Mädchen zu beißen! Ich hab es nicht getan und er… er …“, Sky bekam gleich wieder Tränen in die Augen. Zoe streichelte ihm über den Kopf: „Du musst es mir nicht erklären. Beruhige dich.“ „Er kann nicht zurück bei Tag“, meinte Kail, „Willst du zu deinem Vater?“ Sky hob den Kopf und schaute den Wolf an: „Ich werde wieder zu meinem Vater gehen. Ich muss!“ „Du musst?“, fragte Zoe. Sky nickte und lehnte sich an sie. „Er hat meinen Kopf genommen und meine Zähne in ihren Hals gebohrt“, schluchzte er. Ein weinender Vampir? Das ist auch mal was anderes. Zoe blieb bei ihm, doch Kail machte sich wieder allein auf den Weg in den Wald. Als es dämmerte, setzte sich Lucius schon an eines der Fenster. Er wollte wissen, ob Zoe seinen Sohn gefunden hatte und wartete ungeduldig auf die Dunkelheit. Die kam auch, wie es immer sein musste. Zoe und Sky verließen zusammen die Höhle und gingen durch den Wald. „Du hast also wegen deinem Vater das Kind gebissen?“, fragte Zoe und Sky nickte: „Mehr noch, ich hab Julia umgebracht, doch sie wird als Vampir leben, nicht so wie mein Vater es mit meiner Mutter Julia getan hat!“ Zoe stockte: Er hat ihm auch noch solch seelischen Schaden zugefügt!, dachte das Mädchen. Die beiden gingen weiter zu dem Haus von Lucius. Dieser saß auf der Treppe und wartete. Als die Tür aufging, erschrak er und blickte auf. Zoe kam ins Haus. Sky blieb noch draußen. „Was machst du hier?“, fragte Lucius. „Was ich hier mache ist meine Sache. Was ist mit dir? Was hast du mit Sky gemacht?“ Lucius stand auf und ging auf das Mädchen zu: „Was ich mit ihm gemacht habe, geht einen Menschen nichts an.“ „Ich will die Geschichte aus deiner Perspektive noch erfahren, Sky hat sie schon erzählt.“ „Er ist hier?“, fragte der Vampir und Zoe nickte. Sie deutete zur Tür und Lucius trat daraufhin an ihr vorbei ins Freie. Sky stand an einen Baum gelehnt und schaute zu seinem Vater. Dann senkt er den Kopf wieder. „Junge … was … wo warst du?“, Lucius trat näher und Sky hob wieder den Kopf. Seine Augen waren rot und er fiel seinem Vater um den Hals. Der nahm ihn, wenn auch zögernd, in den Arm: „Es ist doch gut. Ich wollte dich nicht so verletzen …“ „Es tut mir Leid!“ Jetzt war Lucius verblüfft: „Wieso denn dir?“ „Das ich dich so enttäusche. Ich kann das Blut halt nicht trinken, es geht nicht …“ „Ich hätte dich nicht zwingen dürfen. Du musst es nicht.“ Dann war es still. Zoe kam wieder nach draußen. Im Wald war Ruhe eingekehrt. Nain saß mit den Beinen nach außen auf ihrer Fensterbank und schaute in den Himmel. Zu gerne würde sie im Wald sein, doch das konnte sie jetzt nicht. Madiva war zwar nicht da, doch sie wollte nicht gegen eine Regel verstoßen. Sky und Lucius ließen voneinander ab und sahen sich in die Augen. Lucius hielt seinen Sohn an den Oberarmen und lächelte. Das war eins der ersten Male, dass Sky seinen Vater wirklich lächeln sah. Zoe stand hinter dem alten Vampir und konnte ja nicht sehen aus welchem Grund Sky jetzt plötzlich so strahlte. Der schaute an seinem Vater vorbei zu ihr und nickte Zoe zu sich. Lucius drehte sich zu dem Mädchen um. „Vater… das ist Zoe“, sagte Sky, „Sie hast du gebissen, doch sie lebt noch. Was hat das zu bedeuten?“ Lucius dachte nach: „Welche Verbindung habt ihr zueinander?“, fragte er und Sky schaute Zoe an: „Na ja …“ „Du kannst es ruhig sagen, egal was es ist“, meinte sein Vater. Zoe lächelte und gab Sky einen Kuss. Lucius lächelte: „Dann bist du kein wahrer Vampir. Mein Biss hat bei dir nicht das gleiche angerichtet wie bei anderen.“ „Und das bedeutet?“, fragte Zoe. „Das wirst du noch herausfinden.“ Sky lächelte wieder. Er sah im Mondlicht ziemlich blass aus, was er sonst auch tat. Sie gingen ins Haus. „Ich muss allerdings noch weg“, meinte Lucius und ließ die beiden Kinder allein. „Was machen wir dann so lange?“, fragte Sky und schaute Zoe an. Die zuckte mit den Schultern und setzte sich auf die Treppe. Er setzte sich neben sie. Nach einiger Zeit des Anschweigens, wandte sich Sky zu ihr und gab Zoe einen Kuss. Die war darauf nicht vorbereitet, doch genoss den Kuss mit geschlossenen Augen. Ihre Eltern machten sich im Dorf langsam Sorgen um Zoe, da sie seit Mittag nicht mehr zu Hause war. Vielleicht war ihr etwas passiert und sie wussten nicht, wo das Mädchen war. Bald wurde es wieder etwas heller und Lucius machte sich auf den Rückweg. Sky und Zoe waren im oberen Stock, wo sie sich bis jetzt noch nie hin gewagt hatte. Sie standen an einer Wand des Schlafzimmers der Vampire. Zoe umschlang Skys Hals und er hielt eine Hand an ihren Rücken und die andere an ihrem Hinterkopf. Sie waren in einem Kuss versunken, doch Zoe hatte keine Angst mehr. Sie vertraute dem Jungen völlig. Sie würde ihm ihr Leben anvertrauen. So würde es auch sicher umgekehrt gehen, wenn Sky nicht tot wäre. An diesem Tag konnte Sky schlafen und Zoe machte sich im Morgengrauen auf den Heimweg. Dort wurde sie umsorgt empfangen und bekam keinen Ärger. Glück, dachte Zoe und legte sich schlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)