Verrücktes Leben von Sky (Im Reich der Flüche) ================================================================================ Kapitel 20: 20 -------------- Zoe und Sky küssten sich ein letztes Mal. Das Mädchen bekam fast Tränen in die Augen, doch Sky schüttelte den Kopf und lächelte verliebt. „Nie … wirklich niemals werde ich dich vergessen. Ich werde immer bei dir sein, Zoe, komme, was wolle.“ Sie nickte, umarmte ihn und Sky zog sie nach draußen. Er schluckte, blickte in den nachtschwarzen Himmel und zählte ein paar Sterne. Es würde eine klare Nacht werden. „Gut …“, murmelte der Vampir und Zoe schwieg. Sie blickte zum Himmel. Da zuckte Sky zusammen und starrte zu den Sternen. „Was ist los?“, fragte Zoe besorgt, doch der Junge schüttelte den Kopf und setzte sich in Bewegung. „Sky …“ „Geh! Du weißt, was du zu tun hast!“ „Aber … was ist mit …“ „Er ist hier!“ Ein grässliches Heulen zerbrach die Stille der Nacht. Alle im Nebelwald blickten zum Himmel. Der Mond stand im Horizont und das sollte wohl die ganze Nacht so bleiben. Schon hatte Nain sich zu Kail begeben. Er schüttelte sich und knurrte. Der Werwolf zitterte und heulte abermals auf. Dieses Geräusch ging in die Knochen. Nain zuckte zusammen und zitterte. Da blickte der Werwolf auf. Die Mädchen schraken ebenfalls zusammen. „Wo sollen wir hingehen?“, fragte Nicky leicht ängstlich. Die anderen schauten sich an. „Bleiben wir zusammen“, meinte Jule, doch Emma war plötzlich verschwunden. „Oh nein!“, machte Lynn und krallte sich an Nicky. Die blickte sich um. Nun war auch Jule verschwunden. „Was geht hier vor sich?“, fragte Lynn mit zitternder Stimme. „Lass mich los. Ich bleib doch hier“, sagte Nicky, doch als Lynn sie losgelassen und sich umgedreht hatte- nun war sie alleine. „Nein …“, hauchte sie in eine kühle Brise. Was sollte sie nun tun? Das konnte nicht gut ausgehen. Wo waren die anderen? Sky war verschwunden. Nun war jeder auf sich allein gestellt. Zoe schritt langsam Richtung Lichtung und versuchte dabei leise und ruhig zu bleiben. Sie unterdrückte das Zittern, was ihr auch bald gelungen war, da das Vampirblut sie nun beherrschte. Was sollte sie noch mal machen? Sie überlegte und ging ein paar Varianten an Text durch. Sie seufzte und kam der Lichtung langsam näher. Der Einzige, der um sein Leben bangen musste, war im Moment Nain. Denn Kail hatte sie entdeckt. Doch dies zeigte das Monster nicht. Das Mädchen saß stillschweigend in den Büschen und hoffte, er würde sich entfernen. Doch als er sich umgedreht hatte und sie sich etwas bewegte, fuhr er zu ihr herum und ging strikt auf sie zu. Nain, von der Angst gepackt, kroch ein Stück nach hinten, doch schon hob Kail sie am Kragen aus dem Gebüsch und keifte ihr ins Gesicht. Nain kniff die Augen zu. Jetzt ist es aus, dachte sie. Denn der Mond schien ohne Einschränkung durch Wolken und da konnte Kail keinen klaren Gedanken fassen, so sehr er sich auch bemühte. Er schreckte nicht davor zurück, grob zu ihr zu sein, obwohl er eigentlich wissen musste, dass sie das Mädchen war, das er liebte. Abermals jaulte er auf. „Nein …“, wimmerte Nain und blickte ihn mit verängstigten Augen an. Das machte dem Wolf nichts aus. Er folgte seinem Trieb, wurde gedrängt, dies zu tun und schon durchfuhr ein Schrei den Wald und das Dorf. Die Kinder wurden schon vermisst. Madiva machte sich große Sorgen und nun hatte sie den Schrei vernommen. „NAIN!“, rief sie und lief zum Fenster. Stille. Nichts war mehr zu hören. Der Magierin schossen Tränen in die Augen und schon schlug ihr das Herz bis zum Hals. Die Leiche fiel zu Boden. Das war’s. Kail hatte sein erstes Opfer gefunden. Der Werwolf machte sich von dannen. Lynn fuhr zusammen. „Das war doch …“, sie traute sich nicht, weiter zu sprechen. Schnell lief sie durch den Wald. Mit vorsichtigen Schritten durchquerte sich das Gebüsch und fand ihre Freundin tot am Boden. Ohne sich umzuschauen hockte sie sich neben Nain und hob deren Kopf. Blut. Das hatte sie nun an den Händen. „Oh mein Gott … nein … nicht du …“, sie schüttelte den Kopf. Dann zuckte sie wieder zusammen. Ein Knacken, ein Knurren. Sie drehte sich zu der Stelle und sah nur noch die roten Augen auf sie zukommen. Ein zweiter Schrei. Stille folgte und abermals machten sich Sorgen breit im Dorf. Lynns Mutter würde die Stimme ihrer Tochter unter tausenden raushören. Was war geschehen? Wo war ihre Tochter? Auch Jule und Nicky machten sich große Sorgen. Sie hatten es alles gehört. Von Emma war keine Spur mehr. Und auch die beiden fanden sich nicht wieder. Jule war in der Nähe der Lichtung. Diese betrat das Mädchen nun und fand sich im Mondschein wieder. Vorsichtig und besorgt schaute sie sich um. Ein leises Geräusch dicht hinter ihr. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Dann drehte Jule sich um und blickte erschrocken in das Gesicht eines Fremden. Sie wich zurück. Der Mann lächelte. „Guten Abend, die Dame.“, er verbeugte sich etwas. Jule schluckte. Was war das für ein Kerl? „So schweigsam … was macht denn ein Mädchen deines Alters um diese Uhrzeit ganz alleine in einem dunklen Wald?“, die Stimme klang sarkastisch. Jule schwieg. Sie traute dem Ganzen nicht- und das zu Recht! Man spricht nicht mit Fremden!, ging es ihr durch den Kopf und der Mann grinste. „Das bekommen sie alle beigebracht. Doch die Kinder tun es trotzdem.“ Jule erschrak. Er hatte sie gehört? Ihre Gedanken?! Das konnte doch gar nicht sein. „Was ist los? Hat es dir die Sprache verschlagen?“, der in schwarz gekleidete Mann tat einen Schritt auf sie zu. Jule ging zwei nach hinten. Sie traute ihm nun noch weniger. „Angst?!“, fragte er dann und seine Augen funkelten rot auf. Zoe war nun schon an der Lichtung angekommen. Sie hielt inne, als sie Jule und den Fremden auf der Lichtung sah. Nun wusste sie genau: Es war Dracula persönlich. Doch was machte Jule hier?! „Oh nein …“, wisperte Zoe und verbarg sich im Gebüsch. Das konnte nicht gut ausgehen. Sie hatte schon die anderen Schreie vernommen, doch nun war sie sich sicher, dass es sich um die ihrer Freundinnen handelte. „Jule verschwinde da …“, meinte sie leise, doch das Mädchen hörte sie natürlich nicht. Nun bangte Zoe um das Leben ihrer Freundin, denn Jule wusste sicher nicht, dass sie vor Graf Dracula stand und es ihr, wenn sie sich falsch verhielt, allerdings auch mit großer Sicherheit, an den Kragen ging. Ihr Leben hing am seidenen Faden. Jules Augen weiteten sich etwas. Ja, nun hatte sie Angst. Oh Gott …, dachte sie. „Der wird dir nun auch nicht mehr helfen.“, lachte Dracula. Seine langen Eckzähne blinkten im Vollmondschein. Nun war Jule starr vor Schreck. Jetzt war alles aus, das wurde dem Mädchen nun bewusst. Zoe hielt die Hände vor den Mund. Ihre Augen füllten sich mit Schrecken und Wut. Dracula nutzte natürlich die Chance und ging seinem Vampirdasein nach. Ein Schmerzenschrei. Jules Stimme versagte und nach einigen Sekunden fiel die Leiche zu Boden. Das dritte Opfer dieser schreckenvollen Nacht. Zoes Augen weiteten sich. Oh nein!, sie war wie erstarrt. Doch natürlich nicht unbemerkt. Auch Sky hatte die drei Schreie der Mädchen vernommen. Er wurde hektisch und suchte voll Inbrunst nach dem Werwolf, der sich im dichten Gebüsch des Waldes verbarg. Als Kail sich jedoch durch seine roten Augen in der Ferne verraten hatte, verwandelte Sky sich in einen Vampir, dessen Augen nun auch funkelten. Er atmete noch hektisch, doch ließ die Augen des Werwolfs nicht verschwinden. Kail war in seinem Bann. Nun war es ein Leichtes, den Werwolf dazu zu bringen, dass er ihm folgte. Sky ging mit großen Schritten auf Kail zu, der sich, als der Vampir näher kam, aus dem Gebüsch erhob. Doch als Sky nur einen kleinen Augenblick, wegen des Wehens eines Astes, zur Seite schaute, schüttelte Kail den Kopf und ging Zähne fletschend auf den Vampir los. Dieser packte den Wolf jedoch rechtzeitig an den Oberarmen, sodass er dessen Pranken von sich halten konnte. Die beiden Monster keiften sich gegenseitig ins Gesicht. Jeder versuchte, den anderen zu beeindrucken. Skys Fangzähne waren eindeutig länger, doch Kail hatte nur solch scharfe lange Zähne, wo hingegen Sky zwar spitze, jedoch nicht nur so lange hatte. Doch Kail war eindeutig der Überlegene, da er sogar befähigt war, Dracula zu töten. Aber Sky war in diesem Zustand schlauer als der Werwolf und konnte sich somit gut ohne großen Kraftaufwand verteidigen. Nicky und Emma waren wohl völlig verschwunden, denn nur die Mädchen selbst wussten, wo sie waren. Mehr oder weniger … Emma blickte sich suchend um, doch sie fand keinen Anhaltspunkt um sich herum. Doch nach einiger Zeit fand das Mädchen zum See, wo sie sich erst einmal ausruhte. Nicky jedoch war wohl ziemlich weit von allem entfernt. Dachte sie zumindest. Doch als sie endlich auf einen Weg gefunden hatte, wünschte sie sich nach Hause. Denn in dreißig Metern vor ihr entdeckte sie Sky. Nein- ein Monster! Doch sie kannte den Jungen in seiner Vampirgestalt bereits. Somit war sie nur ängstlich. Doch bei näherem Hinsehen- was machte er denn da? Sie fuhr zusammen, als sie das wütende Knurren und Bellen von Kail hörte, der immer noch von Sky festgehalten wurde. Keine drei Sekunden später lag Sky am Boden und Kail flog über ihn hinweg, wandte sich zu dem Vampir um und ging auf ihn los. Sky spannte seine Flügel über sich zusammen und stieß Kail damit nach hinten, damit er aufstehen konnte. Nun standen die beiden sich wieder gegenüber, keiner wich mit dem Blick vom anderen. Nicky schluckte. Nun wäre sie wirklich lieber zuhause. Zoe blieb nicht lange unentdeckt. „Komm zu mir, Zoe. Ich bin nur deinetwegen hierher gereist.“, Dracula klang keineswegs unfreundlich sondern vertrauter als Zoe gedacht hatte. Sie fügte sich und trat in den Schein des Mondes. Als sie nur noch zwei Meter von Dracula entfernt war, verbeugte sie sich ehrfürchtig. Dracula nickte ihr zu und sie stellte sich wieder auf. „Wunderschönen guten Abend …“, lächelte Dracula. „Gute Nacht trifft es sicher besser …“, lächelte Zoe und Dracula lachte leise: „Da hast du wohl Recht, meine Liebe.“ „Vielen Dank, für Eure Zustimmung. Und ich danke Euch auch, dass ihr gekommen seid. Wie ich schon geschrieben hatte … mir ist es leider nicht möglich, nach Transsilvanien zu reisen. Wegen Schule.“ Dracula nickte: „Ist mir bewusst, Zoe.“ „Das könnte ich nur selten, aber ich möchte lieber schon früher ein Vampir werden.“ „Was erhoffst du dir davon?“, Dracula duzte sie. Das machte Zoe natürlich nichts aus. „Ich bin mir nicht ganz sicher, da ich nicht weiß, wie es dann tagsüber ist…“, sie blickte zu Boden. „Vielleicht erhoffe ich mir, dass ich dann Vorteile in meiner Körperkraft habe. Das Fliegen macht mir auch Spaß und … na ja … Blut saugen ist auch ganz interessant.“, nun lächelte sie Dracula an. „Das ist es in der Tat. Delikat, nicht wahr?“ Das Mädchen nickte: „Ja … schon. Allerdings hatte ich ja noch nicht so häufig das Vergnügen …“ „Nicht?“, nun war Dracula wohl verblüfft. „Nein … leider. Ich war erst einige Male eine … na ja … Mondgestalt. Und ich habe erst ein oder zwei Mal Blut getrunken. Dabei schmeckt es so gut …“, sie merkte plötzlich, dass sie das ernst meinte. Dracula nahm ihr Gesicht in die Hand und blickte ihr in die Augen. „Was muss ich tun, damit ich ein Vampir werden kann?“, sie war nun ganz versessen darauf. Auch wenn sie wusste, dass sie dann sterben würde. Dann würde sie wenigstens mit ihrem Geliebten sterben. Dracula grinste und ließ seine Zähne aufblinken. Auch Zoe lächelte ihn erwartungsvoll an. „Stillhalten.“, meinte Dracula nur und blickte dem Mädchen tief in die noch bläulichen Augen. Plötzlich konnte sie sich nicht mehr rühren. Nicky war wie angewurzelt. Nun rührte sie sich nicht mehr. Bei einer ausschweifenden Bewegung der beiden Rivalen vor ihr, zog sie die Luft scharf ein und war nun noch mehr versteinert, denn Kail blickte zu ihr. Nun ließ er Sky links liegen und preschte auf das Mädchen zu. Das konnte Sky nicht zulassen und packte den Werwolf am Rücken. Der schlug gerade nach Nicky aus, als er nach hinten gezogen wurde. Sky blickte dem Mädchen in die Augen. Sie erwiderte den Blick und ging ins Gebüsch. Dort schüttelte sie den Kopf und drehte sich um. „KAIL!“, hörte sie Skys Vampirstimme. Die Monster fauchten sich wieder an. Da heulte Kail zum Mond und seine Augen leuchteten gelb-grün. Er zeigte Sky die Zähne in einer Art, die an ein hämisches Grinsen erinnerte. Der Vampir zog die Augenbrauen hoch und ehe er sich versah, stand Kail hinter ihm. Kail packte nach Sky, der sich mit den Flügeln zu wehren versuchte. Nicky beobachtete dies aus dem Gebüsch heraus. Der Vampir fauchte und fuchtelte mit den Flügeln herum. Der Werwolf knurrte und krallte sich in Skys Oberarme. Der schlug nun seine Klauen in die Pranken des Wolfes, der ihn unter Jaulen losließ. Sky trat nach hinten und flog von Kail weg. Im Flug drehte er sich wieder zu ihm um, denn schon kam der Werwolf wieder auf ihn zu. Sky flog ihm entgegen und stieß Kail nach hinten. Der fing sich auf allen Vieren und knurrte lautstark. Der Vampir umflog ihn gekonnt und landete weiter hinter ihm. Doch schon sank er zu Boden. Sky atmete leise und hinter ihm richtete sich Kail auf und Heulte zum Mond. Nicky war starr vor Schreck. Sie kam auf den Weg zurück und versuchte sich so leise wie möglich zu entfernen. Doch keine Chance. Kail überhörte niemanden. Der Werwolf blickte in ihre Richtung und funkelte sie aus roten Augen an. Sky rappelte sich schwer auf und folgte dem Blick des Monsters. Seine ebenfalls roten Augen weiteten sich, als er Nicky erblickte. „VERSCHWINDE!“, rief er, doch schon preschte Kail auf sie los. Oh Gott!, schoss es dem Mädchen durch den Kopf. Sky sprang vom Boden ab und stürzte dem Werwolf im Flug nach. Dieser drückte gerade die Füße vom Boden, um Nicky anzuspringen, als er von Sky gepackt wurde und der ihn mit sich nach oben zog. Nicht bemerkt hatte er jedoch, dass Kail Nicky erwischt hatte. Sie wurde mit einem Ruck von den Beinen gerissen und fiel fünf Meter weiter blutend zu Boden. Wieder jaulte Kail, da Sky seine Krallen in seinen Rücken bohrte. Die beiden verschwanden und Nicky blieb zurück. Zoe war hilflos in der Situation. Musste sie nun Angst haben? Oder würde es wieder nur dieser stechende Schmerz sein, der sie zu einem Vampir machen würde? Dracula bleckte die Zähne und leckte über die an Länge zunehmenden Blutzähne. Dies konnte das Mädchen nur im Augenwinkel sehen. Dracula hatte das Geheul des Werwolfes gehört. Seine Augen waren schon rot bis hin ins Klare. Ein Biss- ein Schrei. Sky starrte zur Lichtung. Zoe …, er atmete rasch. Nun musste es schnell gehen. Er war schon zu spät dran. Kail wandte sich unter ihm, weil er dem Anschein nach nicht gerne flog. „Halt gefälligst still!“, fauchte Sky. Zoes Augen fielen langsam zu und das Mädchen ging zu Boden. Dracula leckte sich die Zähne und wischte sich das Blut ab. Er lächelte: „Nun bist du mir keine Last mehr …“, ein dreckiges Lachen erklang. Emma starrte in den Wald. Nein, das konnte nicht wahr sein. Es durfte nicht wahr sein! Sie stand auf und ging in den Wald zurück. Sie wollte der Sache nun endgültig auf den Grund gehen. Sky kam der Lichtung näher. Er flog zu den Baumwipfeln und aus vier Metern Höhe ließ er Kail fallen. Der Werwolf rollte sich am Boden ab und blickte durchs Laub hinter dem weiter fliegenden Vampir her. Dann rappelte er sich auf und lief hinterher. Sky jedoch war schon wesentlich früher als Kail an der Lichtung und landete in Jungengestalt auf der offenen Fläche. Er blickte sich um und lief verschreckt zu Zoe, deren Leiche am Boden lag. Er hob ihren Kopf: „Nein …“ „Was denn? Wäre sie nicht sowieso gestorben?“, Dracula trat aus dem Schatten. Sky drehte sich zu dem Grafen: „Sie wollte Vampir werden, Dracula! Einer von Euch! Und Ihr?! Ihr tötet das Mädchen kaltherzig!“ Dracula kam lächelnd auf Sky zu: „Junge … ich habe kein Herz!“, er lachte. Sky legte vorsichtig Zoes Kopf auf den Boden und stand langsam auf. Er ging um Dracula herum: „Das ist ungerecht …“, flüsterte er. Der Graf verfolgte ihn mit den Augen: „Was meinst du, Sky? Ich weiß gar nicht, was daran ungerecht sein soll.“ Ladislaus stemmte die Hände in die Hüfte und drehte sich um sich selbst, damit er immer mit dem Gesicht zu dem anderen Vampiren stand. Sky schlitzte die Augen: „Eine Lüge! Das ist eine Lüge! Ihr wisst genau, was ich meinte!“, mit solcher Art zu sprechen, versuchte Sky Dracula hinzuhalten. Er musste auf Kail warten, dann wäre alles egal. Im Dorf fanden sich die Eltern der Vermissten bei Madiva zusammen. „Beruhigt euch, meine Lieben…“, versuchte die Dame die Leute zu beschwichtigen. „Meine Tochter ist verschwunden!“ „Meine ist im Wald! Ich habe ihre Schreie gehört!“ „Was hat das alles zu bedeuten?!“, prasselte es auf die Magierin ein. „Wenn meiner Tochter etwas zugestoßen ist, dann werde ich dir das nie verzeihen!“, meinte Lynns Mutter zu Madiva. „Aber ich habe nichts mit der Sache zu tun! Mein Mädchen ist auch verschwunden. Die Kinder müssen im Wald sein, denn auch ich habe Schreie gehört, unter denen auch die von Nain waren.“, erklärte sie ruhig. Nun wurde ihr zugehört. „Danke. Wir müssen nun zusammen halten. Es heißt, dass ein Werwolf sich in den Wäldern hier aufhält. Wenn dies der Fall sein sollte, müssen wir gewappnet sein.“ „Waffen müssen her!“, rief Nickys Vater. „Silberkugeln!“, rief Martin. Nun wurde er angeschaut. „Nur mit Silber kann man einen Werwolf töten. Wir brauchen Pistolen mit Silberkugeln. Sonst wird er uns alle töten!“ „Ich habe Silber“, sagte Madiva. „Jeder holt sich etwas, womit er sich verteidigen kann! Die Frauen bleiben hier! Einige brauchen Fackeln!“, forderte Emmas Vater die anderen auf. Die Meute löste sich auf und nach einer Viertelstunde fanden sich die Männer des Dorfes und einige Frauen wieder bei Madiva ein. Diese füllte eine Pistole mit drei Silberkugeln. „Mehr habe ich nicht …“, sie schloss die Trommel und entsicherte die Waffe. „Einer, der ziemlich treffsicher ist, bekommt diese Pistole. Mit anderen kann man die Monster von sich fern halten“, sagte sie und Mollis Vater kam zu ihr: „Ich bin Schütze und nach Aussagen anderen sehr treffsicher.“ Madiva gab ihm die Pistole: „Pass darauf auf. Ohne diese Waffe hängt unser Leben am seidenen Faden.“ Der Mann nickte und die Leute versammelten sich vor dem Haus. „RUHE!“, forderte Martin und alle waren still. „Wir müssen uns jetzt zusammen reißen. Alle müssen zusammen bleiben. Alleine kommen wir da nicht heil raus.“ Das Heulen eines Wolfes erklang und alle blickten in den Himmel. Das war kein normaler Wolf. Sky blickte den Grafen weiter an, der ihn nur anlächelte. „Ihr wisst, was ich meine…“, sagte Sky wieder. Er musste Zeit schinden. Wo war der Werwolf denn?! „Meine Art zu denken unterscheidet sich von deiner, mein Junge.“, Draculas Stimme war ruhig. Ahnte er etwas? Sicher, sonst hätte er Zoe doch nicht getötet. Sky schaute ihn an und schloss dann die Augen. Dracula beobachtete den Jungen weiter. Er wich nicht von der Stelle. Der Jüngere wuchs wieder zu einem Vampir heran. „Was ist los? Warum machst du dich so groß?“, Ladislaus grinste. Doch Sky antwortete nicht. Er blickte den Grafen aus roten Augen an. Dann lauschte er auf. Innerhalb weniger Augenblicke musste es geschehen. Sky ging leicht in die Knie und drückte sich vom Boden ab, denn im selben Augenblick sprang Kail aus dem Gebüsch hinter ihm. Mit gebleckten Zähnen stürzte das Monster auf Dracula. Dieser schreckte zurück und wurde im gleichen Augenblick zu einem Vampir. Der bleckte nun ebenfalls die Zähne, doch schon packte Kail Dracula und biss ihm in die Schulter. Sky spürte einen stechenden Schmerz. Er kniff die Augen zusammen und ging zu Boden. Dracula setzte einen Fuß nach hintern, dann den nächsten. Doch mit jedem weiteren Schritt löste er sich mehr auf. Bis auf die Knochen war er nun verschwunden, als diese sich zum Schluss auch noch auflösten. Sky starrte Kail an und war von einer Sekunde auf die andere ebenfalls verschwunden. Der Wolf jaulte lautstark auf und blickte zum Vollmond. Es waren nur wenige Wolken am Himmel. Emma erschrak. Sie war in Nickys Nähe, zu der sie sich nun begab. „Oh mein Gott! Nicky!“ Das Mädchen öffnete schwach die Augen. Emma hockte sich neben sie. „Was ist … oh nein…“, Nicky war blutüberströmt. Nun wich die Jüngere zurück und Nicky schloss die Augen. Ihr Atem war kaum noch zu hören. Emma konnte nicht mehr helfen. Sie bekam Tränen in die Augen. Schnell entfernte sie sich. Dieser Sache musste sie nun endgültig auf den Grund gehen. Die Bewohner des Dorfes waren bereits am Wald angekommen. „Nun heißt es: zusammen bleiben!“, sagte Madiva. Sie ging mit einer Fackel unter den ersten in den Nebelwald. Der Mond schien noch immer in voller Pracht, doch von dem Werwolf oder den Kindern war nichts zu sehen. Kail streifte wieder durch den Wald. Ebenso Emma, doch das Mädchen kannte sich nicht so gut aus. Das Mädchen setzte jeden Schritt bedacht, denn sie wusste, dass der Wolf noch da sein musste. Ein weiteres Heulen. Sie blickte sich um und sah in der Ferne Lichter auftauchen. In der Nähe der Lichter: ein Knurren. Rote Punkte tauchten auf und verschwanden wieder. Die Eltern blieben in einem Knäuel stehen. „Was war …“ „Ssch!“, machte Madiva und ging einen Schritt weiter. Alles schwieg. Ein Knacken, die Augen, wieder war alles still. Das Herz schlug den Menschen bis zum Hals. Es dröhnte, es pochte. Allen rauschte das Blut in den Ohren. Zeichen für Todesangst. Die hatte jeder einzelne von ihnen. Ein Aufprall, ein weiteres, nun durchdringendes, Knurren. Alle schraken zusammen, stellten sich eng aneinander, Rücken an Rücken. „Madiva … was …“, da war er. Der Werwolf richtete sich hinter den Büschen auf. Alle gingen sie einen Schritt zurück und bekamen große Augen. Emma hörte Schreie von Eltern. Von ihren Eltern! Sie lief durch den Wald zu der Stelle, an der Kail stand. Der Werwolf trat ins Mondlicht und fletschte die Zähne. „Weiche, Bestie! Weiche!“, rief eine Frau. Doch Kail bleckte nur noch mehr die weißen, blutbefleckten Zähne. Plötzlich verschwand der Mond hinter einer leichten Wolke. Kail hielt inne. Mollis Vater zückte den Revolver und zielte, als Emma vor den Wolf sprang. „HALT! NICHT SCHIESSEN!“ Alle schraken auf. „EMMA! Komm da weg!“, rief ihr Vater. Kail blickte auf das Mädchen herab. Dann in den Himmel. Der Werwolf neigte den Kopf zur Seite. „Er ist doch nur ein Junge! Er ist verflucht! Er kann nichts dafür!“ „EMMA!“ „NEIN!“, machte Madiva. „Lasst sie reden.“ „Es ist Kail!“, meinte Emma. Der Wolf spitzte die Ohren und blickte wieder zu ihr. Seine Augen wurden klar. „Kail?!“, machte Martin. Er war wohl der Einzige, der die Vergangenheit nicht verdrängt hatte. Emma nickte: „Er ist der Junge, der verschwunden ist. Kail kann nichts dafür … der Fluch ist es doch!“ „Den kann man nicht mehr heilen …“, sagte Madiva und schüttelte den Kopf. Mollis Vater hatte immer noch anvisiert. Die Fläche erhellte wieder. Nein, schoss es Madiva durch den Kopf. Doch bevor sie es aussprechen konnte- ein Schrei. „EMMA!“, schrie ihr Vater. Darauf ein Ächzen und Kail zeigte die blutigen Klauen. Das Mädchen lag erschlagen am Boden. Eine Sekunde später- ein Schuss. Ein Jaulen, Heulen. Kail blickte auf seine Brust, dann zu den Leuten. Blut sickerte warm aus seinem Herzen. Es ströhmte nun auch aus seinen Augen. Der Werwolf legte den Kopf nach hinten und heulte auf. Das Heulen wurde zu einem Schmerzensschrei. Die Rückverwandlung war schnell geschehen und langsam ging der Siebzehnjährige zu Boden. Blut lief über Brust, Bauch und seine Wangen. „Es … tut … mir … so … leid …“, keuchte er. Die Frauen liefen zu ihm. Nickys Mutter hob den Kopf des Jungen. „Es war das Beste für dich“, flüsterte Madiva. „Nain …“, hauchte Kail und blickte die Magierin aus feuchten und leeren Augen an. Dann bewegte er die Lippen stumm und brach ab. Langsam fielen seine Augen zu und der röchelnde Atem verstummte. Zwei Frauen fingen an zu weinen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)