Gentleman von abgemeldet (Alice/Jasper) ================================================================================ Kapitel 1: Gentleman [Oneshot] ------------------------------ Es war Mitte Januar. Es hatte die letzten Stunden und Tage über geschneit, dementsprechend war alles in einem wundervollen Weiß verhüllt. Es war bitterkalt, und, wenn es nicht wir gewesen wären, die da im Wald am Stadtrand ihren Weg fortsetzten würden, wenn wir normal gewesen wären, wären wir sicher schon erfroren, oder dem nahe. Wie lange waren wir jetzt unterwegs? Drei Monate, höchstwahrscheinlich. Keine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass man die Ewigkeit vor sich hatte. Aber um ehrlich zu sein, ich war damit einverstanden, dass unser Weg so lange wie möglich dauern würde. Denn so lange konnte ich ihre nähe genießen. Sie ging, nein, schwebte fröhlich neben mir her. In einem Tempo, dass für uns dem normalen Gang der Menschen entsprach, ihren Augen jedoch trotzdem verborgen blieb. Ihre Haut war so weiß wie der Schnee und an ihren dünnen Handgelenken baumelte ein kleines Bettelarmband. Das klimpern gefiel mir. Es war so… sie. Es passte zu ihr. Und ich mochte es. „Jasper, ich finde, wir sollten langsam in die Stadt kehren.“, unterbrach sie meine Gedanken. Natürlich, es begann langsam zu Nieseln. Bald würde es Regnen. Nicht, dass es Alice oder mir was ausmachte, wir spürten weder die Kälte noch beeinflusste uns das Wetter. Aber Alice, sie wollte einfach nicht ihr Kleid noch dreckiger sehen, als es in ihren Augen schon war. Ich verstand sie nicht. Und um ehrlich zu sein, von mir aus hätte sie es auch gar nicht nötig, sich in dieses aufgeplusterte Kleid zu zwingen. Es hatte Rüschen und schleifen, vielleicht nicht allzu viele, aber sie waren dennoch vorhanden. Sie hätte auch gar nichts- Aber da drifteten meine Gedanken wieder in eine Richtung ab, die sich nicht ziemte. Ich sah in Alice nicht eine dieser Frauen, nicht eine dieser Art von Frauen. Sie hatte einen schlanken Körper, nicht die üppigsten Rundungen, aber sie hatte welche. Sie war klein und der Schnee an den Spitzen ihrer kurzen schwarzen Haare war noch nicht geschmolzen. Ich hatte lange nichts mehr in der Richtung getan. Mein Durst stand mir einfach nur dauernd im Weg, und mit einer Menschlichen Frau ging es ja nicht. Ich würde in einem Anflug von Ekstase ihr Becken brechen. Aber über Alice durfte ich nicht so denken. Sie war zu pur, sie war eine Dame. Nicht, dass es mir nicht gefallen würde, nur… „Jasper, wir sind da! Lass uns ein Zimmer suchen, bis es wieder aufhört zu Regnen.“, unterbrach mich das Elfen artige Geschöpf neben mir erneut. „Ja, Ma’am.“, stimmte ich ihr zu. Ich tat alles was sie wollte, hatte mir es einfach zur Pflicht gemacht, sie zu dieser Familie zu geleiten. Sie war so zerbrechlich, selbst für einen Vampir, ich wusste, dass ein starkes Wesen unserer Art sie ohne Schwierigkeiten töten könnte. Wobei, war der Tod im Vergleich zu diesem nicht- Leben denn so schlimm? „Hör doch bitte endlich auf, mich Ma’am zu nennen. Das distanziert uns.“, widersprach sie meiner Höflichen anrede. Sie hatte die Stirn leicht gerunzelt, dabei hatte sie, ohne dass ich es gemerkt hatte meine Hand geschnappt und ging mit mir in das Hotel, vor dem wir standen. Alice hatte direkt nach unserer ersten Begegnung angefangen, so zu tun, als würden wir uns schon seit immer kennen. Ich mochte das an ihr. Ich mochte sie. Durch sie war ich in der Lage, nach so langer Zeit endlich wieder etwas wie Hoffnung und Zusammengehörigkeit –in einem guten Sinne- zu fühlen. Und noch mehr. Ich trug die Taschen rein und öffnete ihr die Tür beim hineingehen. Es war ein kleines Hotel, nicht heruntergekommen, aber auch nicht 1st Class. Mir war es sowieso egal, ich war daran gewohnt bei jedem Wetter draußen zu sein, einen Soldaten schreckte Regen nicht ab. Schon gar nicht als Vampir. Aber es war, was Alice wollte. Und ich hatte früh in dieser kurzen Zeit zusammen gemerkt, dass ich alles tun würde, was sie von mir wollte, wenn es sie denn glücklich machen würde. Ich kannte ihre Gefühle. Sie verspürte durchgehend Liebe, doch darauf bildete ich mir nichts ein. Sie hatte mir von ihren Visionen erzählt. Und in ihren Visionen kam ich ziemlich Romantisch rüber. Sie hatte sich in eine Wunschvorstellung verliebt. Nicht in ein Naben übersätes Monster, dass keine Beherrschung hatte. Im Hotel schaute uns der Portier zaghaft an, bevor er mir die Koffer abnahm. Er spürte es wahrscheinlich Instinktiv, ohne es sich bewusst zu sein, dass wir gefährlich für ihn waren. Besonders ich. Ich wusste, dass Alice mit Absicht hierhin gekommen war. Es schien leer zu sein, bis auf einige Gäste. Sie wusste, dass ich mich im Rauch nicht würde Kontrollieren können. Ich wusste nicht ob ich es überhaupt versuchen würde. Wir standen in einem langen Flur, hinter uns eine kleine Treppe, die zum Ausgang führte, vor uns ging es steil die Treppe hoch. Daneben stand Links ein Tresen, davor ein kleiner Ledersessel mit Holzrahmen und ein Tischlein mit einigen Zeitungen. Unter der Treppe waren zwei dieser Sessel schief gestellt und zwischen ihnen ein zweites Tischlein. Eine Frau saß dort. Sie war alt, um die 65 Jahre. Oder sollte ich sagen, sie war ein kleines Kind. In meinen Augen. Alice nahm meine Hand und zog mich hoch, anscheinend hatte sie die Zimmer schon genommen. Es war gut, das wir losgingen, ich hatte die Frau bereits voll im Visier. Sich auf Dauer von Tierblut zu ernähren wurde immer Widerlicher. Mir wurde jedes Mal schlecht, ich trank bis nichts mehr passte, und schien trotzt meines Völlegefühls nicht Befriedigt. Wir gingen die Treppe hoch, einen langen Flur, der wie unten nur leicht beleuchtet war entlang und hielten bei einem Zimmer an. „So, da wären wir, Jasper.“, sagte sie. Mit vergnügen, es brachte ihr Spaß, meinen Namen auszusprechen. Mir nicht. Denn die Art wie sie es tat war wie ein Punch in den Magen. Er löste etwas in mir aus, das nicht da sein durfte, etwas, was ich von ihr niemals verlangen würde. Etwas unverschämtes, das ich mir niemals anmaßen würde. „In Ordnung, Ma’am. Es ist gut, dass ich weiß, wo Sie sind.“, wieder dieses Distanzierte. Alice kicherte. Sie strahlte mich an, so, dass ich erst Sekunden später realisierte, was sie sagte. „Das ist unser Zimmer, Jasper. Ich hab so lange auf dich gewartet, ich gehe doch jetzt nicht das Risiko ein, dich entwischen zu lassen.“ Was machte diese Frau da? War ihr Bewusst, was sie sagte? Wie sie es sagte? Wie ihre Lippen jedes einzelne Wort Formten, was für ein verlangen sie auslösten? „Ma’am…“, fing ich an, leicht Peinlich berührt. Hätte ich rot werden können, wäre ich es sicher gewesen. Sie kicherte nur weiter und zog mich ins Zimmer. Es war groß, für die Verhältnisse des Hotels. Ich hatte etwas Kleineres erwartet. Das Zimmer lag auf der östlichen Seite, das hieß, wir würden die Sonne aufgehen sehen. Ich schloss die Tür hinter mir beim eintreten zu. Und als die Tür ins schloss viel, schien auch etwas draußen zu bleiben. Ich hatte erst später an diesem Abend erfahren, was es war. Die Koffer hatte Alice einfach in die Ecke gestellt, ihren Mantel abgeworfen und sich aufs Bett geschmissen. Oh Gott, wenn es dich gibt, dann bitte leg’ mir eine andere Strafe auf! Ich ging ans Fenster und schaute raus. Es waren kaum Menschen hier, wir waren ja auch am Stadtrand. Und die, die da waren, liefen eilig in ihre kleinen Häuser, um Schutz vor dem Unwetter zu suchen. Ich lehnte mich an die Fensterbank, hörte, wie Alice den Koffer aufmachte, versuchte mich aber in Gedanken abzulenken, und nicht irgendwelchen Fantasien herzugeben. Seit ich diese Frau kannte hatte ich nur zwei Arten von Fantasien. Die erste war Menschenblut genießen zu können. Ich war ein Vegetarier geworden, so weit das in meiner Lage möglich war. Die zweite war sie selber. Ob nun als geliebte, als Ehefrau, oder nackt. Sie war dauernd in meinen Kopf. Ich drängte mich dazu, starr aus dem Fenster zu schauen, der Versuchung der Spiegelung im Fenster zu widerstehen. Aber eigentlich war das doch unnötig. Ich hatte verloren, schaute kurz verstohlen zu ihr, und sah, dass sie nur einige Sachen für Morgen zu Recht legte. Und ihr Abendkleid auf das Bett legte. Gott, war es offenherzig, in jedem Punkt, wie ich es gerade dachte. Ich war gerade dabei, mich wieder auf die kleinen Menschen da unten zu konzentrieren, sie mir als Mensch, als Lebewesen, und nicht als Appetitliche Mahlzeit vorzustellen, da sah ich gerade noch, wie sich zwei dünne, Marmor weiße Arme um meinen Körper schlangen. Alice lehnte ihren Kopf gegen meinen Rücken, wobei sie mir gerade zu den Schulterblättern reichte. „Ich bin so froh, dass ich dich jetzt hab.“, sagte sie, und ich konnte die vergangene Einsamkeit in ihr sehen. „Hm.“, war das einzige, was ich antworten konnte. Ich wollte ja etwas sagen, nur was? ‚Ja, ich auch’, oder was? „Jasper, wieso nennst du mich nicht bei meinem Namen?“, fragte sie schließlich. „Das ist eine Sache von Respekt, Ma’am.“, murmelte ich, was nur halb Wahr war. Erstens, war es eine Sache der Gewohnheit. Die Frauen, deren Namen ich gesagt hatte, waren entweder Tod, oder ich wünschte mir ihren Tod. Zweitens war es Respekt. Respekt vor ihr als Frau, und je distanzierter sie mir war, je mehr ich sie Respektierte, umso höher war die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht unter mir landen würde. „Dann Respektiere mich nicht.“, sagte sie schließlich, und brachte mich dazu, meinen Körper zu ihr umzudrehen. Sie hatte mich immer noch fest im Griff. Ich schaute sie Stirn runzelnd an. Wieso war sie nur so verdammt verliebt? „Solange ich dir nahe bin, ist dass besser als alles andere.“, fügte dieser kleine, komische Elf da unten hinzu. Ich hielt es nicht mehr aus. Respekt hin oder her. Ich hatte die Ewigkeit vor mir, ich hatte eine Ewigkeit mir ihr vor mir. Sie war im Gegensatz zu mir Hell, purer Zucker, pure Sonne. Sie als Sonne blendete mich, und es war gut so. Einige Sachen konnte man Blind besser sehen. „Hab keine Angst, ich passe auf dich auf.“, sprach sie, und ihre Stimme war so sanft, dass in diesem Moment ein Stückchen aus der Wolkenbank auflockerte und Sonne auf die Straße viel. Ihre Stimme ließ etwas in mir brechen, etwas, was ich selber nie Kaputt gemacht hatte. Ausgerechnet sie, so schwach und zerbrechlich wie sie aussah, so klein und zart, wie sie war, wollte mich Beschützen? Ausgerechnet Alice war diejenige, die es auch tun würde. „Ich weiß.“, gab ich von mir, als ich meine Arme aus ihrer Umarmung befreit und um sie Schlug. To be a Gentleman , hin oder her, ich ließ mich einfach fallen. Ich war doch letztendlich der einzige, der sie so behandeln könnte, wie sie es verdiente. Mein Kopf neigte sich herunter, ich musste leicht in die Knie gehen, sie war so verdammt klein. Und als ich ihre Lippen berührte, wusste ich, was ich draußen gelassen hatte. Den Gentleman. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)