Was für ein Tag von Miezel ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Was für ein Tag Der Motor des Tourbuses klang nun schon eine ganze Weile verdächtig kränklich. Die Warnlichter im Armaturenbrett outeten sich als Lichtorgel und blinkten scheinbar willkürlich gelb, rot oder auch gar nicht. Ein merkwürdiger Geruch nach heißem Gummi mischte sich dezent mit dem Duft der 2 oder 3 Duzend Wunderbäumchen die lustig im Takt der Lichter vom Rückspiegel baumelten. Die Landschaft, durch die sich der Bus schleppte, war reichlich öde. Nebel verhüllte dunstig die kahlen Bäume. Ab und zu konnte man schemenhaft Häuser erahnen. Die Straße glich in ihrer Holpigkeit eher einem Feldweg als einem ordentlichen Fahrweg. „Was für ein Tag.“ stöhnte Aoi. „Sag mal, wo sind wir hier eigentlich?“ fragte Raita ohne den Lauf auf seinem Bass zu unterbrechen. „Keine Ahnung, sieht aus wie mitten im Nirgendwo.“ antwortete der Drummer, der träge mit seinen Sticks auf seinem Knie herumtrommelte. „Na hoffentlich hat das Nirgendwo auch ein Irgendwo. Die Zeit wird langsam knapp. Das der erste Bus kaputt ging war schon ärgerlich, beim Zweiten war schon fast damit zu rechen und wenn wir den Gig noch rechtzeitig beginnen wollen sollten wir einen Zahn zulegen.“ „Na ein Glück, dass das Equipment nicht auch hängen geblieben ist. Die müssten eigentlich schon alles aufgebaut haben.“ „Naja, aller guten Dinge sind Drei. Das hier ist der dritte Bus. Das kann ja nur gut gehen, oder?“ „Beschrei`s nicht!“ war die einhellige Meinung. „Ach was soll denn noch passieren…“ noch während Raita sprach gab der Bus ein sehr ungutes Geräusch von sich. Ein heftiges Zittern schüttelte den Wagen, der Bus schlingerte und kam endlich mit einem deutlichen Ruck zum Stehen. Der plötzliche Stopp veranlasste Raite die hohe E-Saite zu überdehnen, diese bedankte sich für die rüde Behandlung indem sie riss und quer über die Nase ihres Misshandlers schnalzte. „Arg, nicht schon wieder, verdammter Mist!“ fluchte Raita. Vorsichtig betastete er seinen ledierten Richkolben. Seine Finger ertasteten einen neuen schnell anschwellenden Striemen, der quer seinen Naserücken verunzierte. „Oh verdammt, wenn das so weiter geht wird dieser dämliche Nasenverband noch mein Markenzeichen.“ stöhnte er auf. „Na wenns weiter nicht ist. Aoi jetzt aber runter von mir. Ich hab dich zwar lieb, aber soweit geht die Liebe nun auch wieder nicht, so in aller Öffentlichkeit!“ meuterte Uruha, der durch den plötzlichen Halt Aoi gerade als Matratze diente. „Erst mal können können,“ raunzte Aoi zurück: „ He Ruki hast dus auch bequem?“ „Nicht unbedingt, hatte es schon wesendlich kuschliger. Kais Knochen sind nicht gerade weich.“ „Au hör auf zu zappeln, mein Fuß klemmt fest. Laß deinen Hintern unten…“ Nach einigem murren, stöhnen und fluchen entwirrte sich das Bandknäuel. Zur allgemeinen Erleichterung hatte nur Raita Nase einen mittelschweren Schaden erlitten. In der Zwischenzeit verkündete der Fahrer dass der Ofen endgültig aus war, sprich der Tourbus den Geist aufgegeben hatte. Zu allem Überfluss steckten sie auch noch in einem Funkloch. Die Handys taugten nur noch zum Weitwurf, was Kai mit seinem auch prompt tat. Anschließend tapste er los mit der Hoffnung wenigstens die Sim-Karte retten zu können. „Und jetzt, was tun wir jetzt?“ „Wir laufen!“ „Wie, wir laufen?“ „Na ganz einfach. Ein Fuß vor dem anderen und immer weiter die Straße lang. Heißt im Allgemeinen laufen.“ „Können wir nicht warten bis wir abgeholt werden?“ „Ähm, ich bin eine Abkürzung gefahren, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Keiner weiß wo wir stecken.“ meldete sich der Fahrer bedröppelt zu Wort. „Au Mann, wenn`s kommt, kommt`s Dicke. Also los, wenigstens so weit, bis wir telefonieren können.“ Maulend setzte sich der Trupp in Bewegung. Bald schon verschluckte der Dunst die niedergeschlagenen Gestalten. * Was für ein Tag. „Ah, ich hab die Tickets! Wie geil ist das denn? Juhu!!!“ kreischte eine helle Mädchenstimme in den Hörer. Der Moderator des Radiosenders hatte es kommen sehen und vorsorglich den Lautstärkeregler zugezogen. Gerlinde, welche sich selbst lieber Lee-chan nannte, was bei ihrem bürgerlichen Namen wohl kaum einen wundwerte, jubelte noch gut 2 gefühlte Stunden weiter. Der Moderator hatte seine liebe Mühe herauszubekommen, wohin er die Tickets senden sollte. Drei Tage und mindestens 123 Anrufe später, hielt Gerlinde alias Lee-chan die heiß ersehnten Eintrittskarten in den Händen. In der Zwischenzeit war Lee-chan schon fast mit den Nerven am Ende und mit ihr ihre Familie und ihre beste Freundin. Das Hauptdrama drehte sich um: „Ich hab nix anzuziehen!“ Lee-chan hatte ihren Kleiderschrank wohl schon zum 100sten Mal aus und wieder ein geräumt. Nun saß sie, eine Stunde vor Aufbruch zum Konzert, heulend auf einem beachtlichen Klamottenberg. Jasmin, alias Kamikatze und ihres Zeichens beste Freundin, stand ratlos daneben. „Ich muss nackt gehen, weil ich keine Kohle für neue Klamotten habe und keiner mir welche gibt. Keiner hat mich lieb!“ plärrte Lee ganz chan. „Ach komm, das hier ist doch mega süß.“ versuchte Kami zu trösten. Sie hielt ein schwarzes Petticoatkleidchen mit pinken Seidenbändern hoch. „Das hatte ich doch schon auf der Connichi an.“ schniefte Lee immer noch sehr chan. „So kann ich doch nicht zu Gazette gehen. Die gucken mich in der Klamotte nicht mal mit ihren süßen Knackpopos an, obwohl wir in der ersten Reihe stehn.“ „Jetzt reicht´s aber, pass auf, du ziehst mein Kleid an und ich such mir hier was aus. Dieses Kleid hattest du garantiert noch nicht an!“ knurrte Kami leicht angesäuert. Zu ihrer totalen Überraschung war Lee-chan von der Idee hellauf begeistert. Endlich waren sie Abfahrt bereit. Kami hatte das größere Auto und so spielte sie den Chauffeur. Außerdem wollte sie lieber selbst fahren, weil Lee-chan heute eindeutig zu chan war. Das Risiko statt bei Gazette an einem Baum zu landen war ihr einfach zu hoch. Die Unterhaltung während der Fahrt drehte sie natürlich ausschließlich um--- Gazette. „Und der eindeutig süßeste ist der Drummer, meinst du nicht auch? Wie die Haare liegen und die Mandelaugen und überhaupt, die Klamotten und hast du seine Oberarme gesehen? Zum niederknien. Da würde ich mich gern mal rankuscheln!“ flötete Lee-chan nun schon seit einer Stunde ununterbrochen. Langsam aber sicher schlug Kamikatzes Vorfreude zum Martyrium um. Sie mochte die Band ja auch, doch was Lee hier veranstaltete grenzte an Folter, an Psychoterror, zumal sie nicht einmal mitschwärmen konnte, weil sie einfach nicht zu Wort kam. Was für ein Tag. Nur aus Trotz und um mal 5 Minuten Ruhe zu haben und auch ein wenig aus Rache knurrte sie in eine Atempause: „Die sind bestimmt alle stockschwul!“ Lee`s Kopf flog förmlich herum. Das blanke Entsetzen stand in ihren Augen. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. „Meinst du wirklich?“ flüstert sie. Fast tat sie Kami schon wieder leid, doch dann dachte sie an die eben durchlebte Marter. Nicht noch mal! Darum tönte sie im Brustton der Überzeugung: „Ja klar oder was denkst du warum die so gut aussehen?“ Das ließ Lee-chan endgültig verstummen. Eine viertel Stunde tiefen Schweigens verging. In Kami regte sich das schlechte Gewissen. Sie war gerade am Überlegen wie sie das wieder hinbiegen konnte, als am Straßenrand 5 jammervoll aussehende Gestalten auftauchten. „Na das ist ja mal ein gelungenes Cos.“ staunte sie. Ein kurzer Seitenblick zu Lee, dann meinte Kami: „Die nehmen wir mit!“ „Wenn du meinst.“ kam es desinteressiert zurück. Kami bremste hart. „Los frag sie mal wo die hin wollen.“ Gelangweilt kurbelte Lee die Scheibe herunter. Die fünf Gestalten kamen auf das Auto zu gerannt. Lee-chan beobachtete sie im Außenspiegel. Also die sahen wirklich gut aus. Die kamen Gazette echt nahe. Na ja, die Haare waren nicht so gestylt, sie klebten eher wie eine Haube am Kopf, was bei diesem feuchten Wetter aber auch nicht verwunderlich war. Auch die Klamotten hatten sichtlich gelitten. Sie sahen reichlich zerweicht aus. Süß waren sie trotzdem. „Wo wollt `n ihr hin?“ „Erfurt?“ „Aufs Gazette Konzert schätz ich mal.“ „Gazette, hai“ und eine höfliche Verbeugung . Waren die entzückend. Sie versuchten sich sogar mit japanisch. Ein goldiges Grinsen machte sich auf Lee-chans Gesicht breit. „Na dann hüpft mal rein.“ Kamikatze atmete erleichtert auf. Der Abend war gerettet. Das war knapp. Nie wieder würde sie über die sexuellen Neigungen von Lee-chans Schwarm spekulieren, vor allem nicht vor einem Konzert. Nach anfänglichen Schwierigkeiten sortierten sich 4 Jungs auf dem Rücksitz ein, der Drummer nahm auf dem Beifahrersitz Platz und Lee auf dessen Schoß. Es war eine recht unterhaltsame Fahrt, trotz erheblicher Verständigungsschwierigkeiten. Sicherlich Austauschstudenten. Kami und Lee schwärmten nun gemeinsam von Gazette und wie toll die Jungs die Band kopierten, nur hier und da gab es eine Kleinigkeit, die nicht ganz passte. Sie sangen gemeinsam zu einer CD (die Jungs waren erstaunlich Textsicher) und stimmten sich so auf das Konzert ein. Endlich kamen sie an. Es herrschte ein erstaunliches Gedränge. Leider verloren die Mädchen ihre Maskottchen wegen der Menschenmassen aus den Augen. Als das Konzert begann war es ganz genau so toll wie es sich Lee und Kami vorgestellt hatten, wenn nicht sogar noch besser. Kurz vor Schluss fischten sie zwei Bodyguards aus der Menge und buxierten sie auf die Bühne. „Und hier sind die 2 Mädchen, die uns hier her gebracht haben. Dafür laden wir sie herzlich zu unserer Aftershow Party ein.“ hörten sie Ruki im gebrochenen Englisch verkünden. Das war das Letzte was die Beiden noch bewusst mitbekamen. Dann kümmerten sich erst einmal die Sanitäter um die Mädchen. „Was für ein Tag!“ stöhnte der Sani: „Immer diese Groupies!“ Ende^.^ Und wie hats gefallen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)