Ein heller Schein von Voidwalker ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war einmal in einem fernen, fernen Dorf eine hübsche junge Maid mit ihrer Kerze. Sie war ein stolzes Weib, voller Grazie, welches sich bei den Bewohnern besagten Dörfchens größter Beliebtheit erfreute, denn allzeit, da ein Bürger sie traf, vermochte er sich bei ihr die Richtung weisen zu lassen. Darin bestand die selbsterwählte Aufgabe der Maid: Sie wies den Menschen mit dem hellen Schein ihrer Kerze den rechten Weg. Ob ihre Weisung darin bestand, statt des Fisches, welcher sich am Abend als verdorben herausstellen und übel gärend die Mägen der Kinder vergiften sollte, lieber ein Brot zu kaufen und somit der Familie Ruhe zu gewähren, ob sie einem Manne empfahl, lieber die breiten Straßen zu wandern, auf dass der Räuber in den Gassen leer ausginge, oder auch den Ratschlag gab, zu bestimmtem Sonnenstand auf einer Straße stehend zum Himmel zu blicken – was fast einen Unfall förderte, verhindert durch des vermeindlichen Opfers künftige große Liebschaft -, war einzig abhängig von ihrer Kerze. Ein seltsames Ding aus Wachs und Docht, strahlend weiß wie Schnee, führte das Weib sie allzeit mit sich, von beiden zarten Händen umschlossen die Flamme vor Kälte und Wind hütend, kein Regentropfen benetzte je die Zunderstrippe und wann immer die Kerze zu klein zu werden drohte – denn tatsächlich zu schmelzen schien sie nie –, so neigte ihre Hüterin sich vor, spähte mit unergründlichem Blick in die tänzelnde Flamme und flüsterte mit der Güte und dem Feuer ihres großmütigen Herzens ein leises „Immerdar!“, woraufhin die Kerze zu leuchten begann in den vielen Farben des Regenbogens, ehe sie in alter Größe und Pracht neu erstrahlte, den Menschen den Pfad zu weisen. Doch eines Winters hielt ein böser Geist Einzug in das kleine Dörfchen. Unheil brachte er über seine Bewohner und das Licht der Kerze allein bot ihm die Stirn. Der Geist aber war listenreich und tückisch, von hinten schlich er sich an die junge Maid, säuselte ihr giftgleiche Lehre in ihre Ohren, auf das mit den Stunden und Tagen das engelsgleiche Gesicht sein allzeit strahlendes Lächeln verlor, der lebenshungrige Blick sich eintrübte. Man würde sie nicht willkommen heißen, einzig ihre Dienste würde man schätzen, niemand jedoch benötigte sie tatsächlich. Dem Zauber erliegend, drohte das Herz des Weibes zu brechen und mit ihm die Flamme allzeit zu erlöschen. In ihrem Kummer machte sie sich auf, das Dorf zu verlassen, eilte durch Gassen und Häuser hinaus ins Freie, folgte einem kleinen Feldweg in die Welt hinaus, groß und unbekannt, ein neues Dorf zu finden. Doch da erschien ihr der Geist auf unzählige Weisen und wollte übel Rache nehmen. Den Feldweg zu ihren Füßen verschüttete er mit Schneewehen, dass sie den Pfad nicht würde wiederfinden können. Da orientierte sie sich am Dorfe und lief von ihm weg, als große Schneewehen aufkamen und ihr die Sicht nahmen. Kummer packte das feurige Herz und den Blick ratsuchend gen Himmel wendend, verdunkelten schwere Sturmwolken die Sterne. Da stand sie nun, im tiefen Schnee, allein und ratlos, umgeben von nichts, das sie hätte erkennen können und selbst ihre Kerze vermochte nicht den Weg zu deuten. Der Geist aber lachte und höhnte ihrer, erfrieren würde sie und das kleine Lichtlein verlöschen! Sein Spott verstummte erst, als in weiter Ferne etwas aufflackerte. Zunächst nur ein winziger Punkt, ein Glühwürmchen im tiefsten Winter, regungslos verharrend, doch dann gesellte sich weiterer Schein dazu, Irrlichtern gleich wies eine ganze Schar heller Punkte ihr wärmend und einladend den Pfad zu jenem hellen Scheine zu. Mühsam bahnte sich das junge Weib ihren Weg auf die Lichter zu und erreichte schließlich ihr altes Dorf von Neuem. Am Rande der Siedlung, wo Sturm und Wind und Schnee keine Macht besaßen, hatten sich die Einwohner versammelt. Kerzen brannten in ihren Händen nieder, ob groß, ob klein, Manne und Weib, sie hatten alle für sie geleuchtet, ihr den Weg heimwärts aufzuzeigen. Denn in jedem Hause war sie gleichermaßen willkommen, an jedem Herd durfte sie sich stärken und mit jedem Rat hatte sie ein Herz berührt und einen Teil ihrer Selbst zurückgelassen. Die Bewohner aber hatten ihr Fortgehen gespürt in dem Moment, da ihren Herzen der geschenkte Funken Licht abhanden kam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)