Der erste Schritt zum Neuanfang von Liniath (...kann man überhaupt dem Unausweichlichem entrinnen?) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Ich kann es nicht tun… ich kann nicht… es wird nicht funktionieren… und wenn ich es nicht bald mache… dann will er mich umbringen…“ Ein einziges Mal hallten diese Wörter von den kahlen Wänden wider. Gerade wollte Malfoys Lippen ein Schluchzen entweichen, doch schluckte er es schnell herunter. Er musste jetzt endlich mit diesem weinerlichen Gehabe aufhören. Kein Malfoy weinte wie ein kleines Mädchen. Doch je mehr er versuchen wollte sich selbst Einhalt zu gebieten, desto stärker schien er sich in seine Verzweiflung hineinzusteigern. Draco wusste nicht, was er tun sollte. Seine Nerven waren am Ende. Er hatte versagt. Sein Vater würde ihn umbringen, wenn Voldemort das bis dahin nicht schon getan hatte. Kurz schüttelte ein Schluchzen den Körper Malfoys und weitere Tränen tropften von seinem Kinn in das dreckige Waschbecken, an das er sich so verzweifelt klammerte, wie als würde er Halt suchen. Doch Draco wusste, dass er nirgends Halt finden würde. Seine Eltern würden ihm nicht helfen dürfen, schließlich hatte der Dunkle Lord sie fest in der Hand. Bei Freunden brauchte Draco es gar nicht zu versuchen. Wer war ihm schon ein Freund? Ein richtiger Freund. Nicht so einer wie Blaise Zabini, mit dem er nur oberflächlich befreundet war, weil er auch aus gutem Hause kam. Ein neuerliches Mal wurde Draco von einem Schluchzer geschüttelt, als er stärker denn je diese Einsamkeit spürte. Er hatte niemanden, der ihm half. Von Anfang an war er auf sich alleine gestellt gewesen, ganz alleine gegen die Welt. Wieder einmal klammerten sich die kalten Finger der Einsamkeit um sein Herz. Am Liebsten hätte er geschrieen, nur damit er von dieser unerträglichen Einsamkeit abgelenkt war. Aber er schrie nicht. Stattdessen schluchzte er ein weiteres Mal. Allerdings fasste sich Draco nun etwas mehr, so dass er wenigstens nicht mehr schluchzte. Doch noch immer liefen die Tränen unaufhaltsam seine blassen Wangen entlang, bildeten an seinem spitzen Kinn kleine Tröpfchen, ehe sie mit einem Platschen in das Waschbecken fielen. Langsam hob er nun seinen Blick, sah in den angelaufenen Spiegel vor sich. Beinahe hätte sich Draco vor seinem eigenen Spiegelbild erschrocken. Seine Wangen waren blass, fast weiß wie Papier, das weißblonde Haar hing ihm wirr in die Stirn, unter seinen Augen lagen dunkle Schatten und seine Augen selbst waren fast bis zur Iris rot gefärbt. Er gab im Moment wirklich ein Bild des Jammers ab. Deutlich spürte Draco den Drang den Spiegel einfach zu zerschlagen, damit er sein eigenes Spiegelbild nicht mehr ertragen musste. Sogar seinen Zauberstab hatte er schon angehoben, doch dann zog etwas seine volle Aufmerksamkeit auf sich. Dort in dem Spiegel sah er noch eine weitere Person und es war nicht die maulende Myrthe. Draco konnte deutlich einen dunklen Haarschopf entdecken und als er die rötliche Narbe auf der Stirn ausgemacht hatte, weiteten sich vor Schreck seine Augen. Entsetzt fuhr Draco herum, den Zauberstab noch immer erhoben und blickte direkt in das Gesicht, das ihm so verhasst war. „Was willst du hier, Potter?“, fragte Draco und versuchte dabei so abwertend wie sonst zu klingen, doch stattdessen hörte sich seine Stimme schwach und zittrig an. Allerdings wurde er von Harry nur mit offenem Mund angestarrt, was ihn sofort in Rage versetzte. Niemand hätte ihn so sehen dürfen, doch gerade Potter sah ihn so. „Ich habe dich etwas gefragt, Potter!“, rief Draco nun gereizt und fuchtelte mit seinem Zauberstab herum. Allerdings rieselten nur ein paar kleine Funken hernieder. Kurz zischte Draco wütend, doch davon ließ er sich nicht abbringen. Stattdessen blickte er Harry durchdringend an und wollte bereits eine Zauberformel aussprechen. Allerdings reagierte Potter schneller als gedacht. „Expelliarmus!“ Ohne dass Draco weiter etwas unternehmen konnte, flog ihm jetzt sein Zauberstab aus der Hand. Er konnte nur noch hören, wie seine einzige Waffe mit einem Poltern an der Wand abprallte und danach zu Boden fiel. Allerdings drehte sich Draco nicht um, um seinen Zauberstab zu holen. Stattdessen blieb er ungerührt stehen und blickte Harry ausdruckslos an, fast so wie als würde er nun den Gnadenstoß erwarten. Sogar seine Augen hatte Draco inzwischen zugekniffen. Doch als nichts passierte, öffnete der junge Malfoy vorsichtig wieder seine Augen und sah, dass Harry immer noch an derselben Stelle wie zuvor stand. Langsam wich die Verkrampfung aus seinen Gliedern und schnell straffte Draco seine Schultern. Er wollte sich nicht länger so eine Blöße vor Potter geben, nicht vor ihm. Kurz atmete er tief durch und fuhr sich mit einer Hand durch seine Haare. „Also? Was ist? Willst du nichts tun?“, fragte Draco provokativ nach und verschränkte seine Arme. Doch als er von Harry keinerlei Reaktion bekam, verunsicherte ihn das irgendwie. Sonst reagierte Potter doch immer auf seine Provokationen, aber jetzt tat er gar nichts, abgesehen davon ihn seltsam anzusehen. Unwillkürlich ließ Draco seine Arme sinken und wich vorsichtig einen Schritt zurück. Nun schien Harry aus seiner seltsamen Starre zu erwachen und schritt langsam auf den jungen Malfoy zu. Allerdings stieg deswegen in diesem unwillkürlich Panik auf. Aber er schaffte es nicht wirklich, zurückzuweichen. Stattdessen blieb er wie versteinert stehen und beobachtete wie Potter weiter auf ihn zukam, bis er schließlich direkt vor ihm zum Stehen kam. „Es tut mir leid.“ Völlig verwundert blickte Draco nun in Harrys Gesicht. Er musste sich gerade einfach verhört haben. Potter würde sich niemals bei ihm entschuldigen, niemand hatte sich je bei ihm entschuldigt. „Was?“, fragte Draco mit erstickter Stimme nach und sah mit einem fast schon flehentlichen Blick in Harrys Gesicht. Auf der einen Seite wünschte er sich, dass er diese Worte niemals von seinem Erzfeind gehört hätte, doch zugleich würde er sie liebend gerne ein zweites Mal hören. „Es tut mir leid, Mal… Draco“, erklärte Harry nun und hatte seinen Blick gesenkt. Als er diese Worte ein zweites Mal hörte, schluckte Draco schwer. Irgendwie schien diese so einfache Art der Entschuldigung seine Sinne zu benebeln, denn wirklich einen klaren Gedanken konnte er nicht mehr fassen. Sein Denken hatte sich völlig auf diese wenigen Worte fixiert. Unmerklich schüttelte Draco seinen Kopf, seinen Blick dabei auf Harrys wirren Haarschopf gerichtet. Er musste weiterhin seine Haltung bewahren, er durfte sich nicht noch einen Patzer vor Potter leisten. Kurz atmete er tief durch. „Was tut dir leid?“, fragte Draco nun mit fester Stimme nach und hatte einen fast schon nichts sagenden Blick aufgesetzt. Harry sollte nicht sehen, dass ihn diese Worte eigentlich freuten. Nun blickte Potter verwundert auf und blinzelte ein paar Mal. Doch dann lächelte er verlegen und erklärte: „Na ja… Du scheinst, wegen irgendetwas, schrecklich zu leiden. Und es hat keiner verdient so zu leiden.“ Jetzt war Malfoy der, der verwundert drein blickte. Normalerweise hätte er so etwas sofort als ‚dumm’ befunden, doch nun fand er es irgendwie tröstlich. Allerdings schüttelte Draco nun energisch seinen Kopf, dabei tropften einige Tränen von sein Gesicht. Er durfte jetzt auf keinen Fall weich werden und das vor allen Dingen nicht wegen Potter. Vor ihm stand sein absoluter Erzfeind, das durfte er nicht vergessen. Aber er war gerade dabei, dies zu tun. Vielleicht wäre es auch gar nicht so schlecht, das zu vergessen. Schließlich besaß Potter Freunde, etwas was Draco nie gehabt hatte. Allerdings biss sich der junge Malfoy nun schnell auf seine Lippe. Solche Gedanken durfte er nicht haben, nicht als Malfoy. „Aha, sehr schön. Aber das braucht dich ja nicht weiter zu kümmern“, erklärte Draco nun, wobei seine übliche Arroganz wieder etwas mitklang. Nun grinste Harry verlegen und beinahe wäre ein Lächeln über Malfoys Lippen gezuckt, doch das konnte er gekonnt verhindern. „Eigentlich nicht. Aber ich kann es doch nicht zulassen, dass mein Erzfeind so fertig ist“, erklärte Harry jetzt und hatte zum Ende hin ein schiefes Grinsen aufgesetzt. „Ich bin also nur ein Feind für dich?“ Nun blickte Potter ziemlich verwundert drein und sah Draco verständnislos an. Doch dieser sah inzwischen zur Seite, dabei fragte er sich, wie er nur auf die Schnapsidee gekommen war, das zu fragen. Allerdings wünschte er sich doch irgendwie, dass er nicht nur der unerträgliche, reiche Schnösel für Harry war. Sondern eben etwas Anderes, aber auch nicht wirklich ein Freund, das konnte sich Draco beim besten Willen nicht vorstellen. „Ähm… Weißt du… Wir sind ja keine Freunde oder so“, murmelte Harry etwas hilflos vor sich hin. Doch der junge Malfoy nickte nur. Diese Frage war sowieso idiotisch gewesen. „Aber sag mal, Mal… Draco. Was ist eigentlich los?“, fragte Harry nun vorsichtig nach. Bei dieser Frage biss sich Draco auf seine Lippe, ehe er tief durch atmete. Eigentlich hätte er das doch vor seinem Erzfeind geheim halten müssen, aber im Moment scherte er sich nicht sonderlich darum. Es hörte ihm doch sonst keiner zu, da machte das sicherlich nichts aus. „Es ist… Ich soll töten, wenn ich es nicht tue, werde ich getötet“, erklärte Draco, dabei klang seine Stimme immer erstickter. Jetzt konnte er spüren, wie wieder die Tränen kamen und seine Sicht verschwommen wurde. Schnell drehte der junge Malfoy seinen Kopf zur Seite, Harry brauchte ihn nicht noch einmal weinen sehen. Allerdings gab Draco einen überraschten Laut von sich, als er plötzlich von dem Anderen umarmt wurde. „Hey! Was soll das?!“, murmelte er und versuchte sich von Harry wegzudrücken, doch dieser hielt ihn weiterhin fest im Arm. Noch kurz wehrte sich Draco weiter, doch schließlich ließ er es bleiben. Zumal er sich viel zu erschöpft fühlte, um sich noch großartig weiter zu wehren. Seine Glieder waren schwer, genauso wie seine Lider. Einige Male blinzelte Draco, um wenigstens wach zu bleiben. Irgendwie war die Wärme, die von Harry ausging, seltsam. Dazu war sich Draco nicht einmal sicher, ob sie wirklich von dem Körper Potters kam. Vielleicht lag es auch an dieser herzlichen Art, wie er ihn behandelt hatte, allerdings verbannte Draco sofort diesen Gedanken wieder. Stattdessen seufzte er nur wohlig und lehnte sich bei Harry an. Im Moment war es sowieso egal, was er tat. Es war alles gerade mehr als verquer, also konnte er sich auch bei seinem Erzfeind anlehnen. Inzwischen strich ihm Harry vorsichtig über den Rücken, aber dagegen wehrte sich Draco nicht einmal weiter. Zumal er das als sehr tröstlich empfand. Schon seit Langem hatte er sich bei niemandem mehr anlehnen können und genoss jetzt diese Gelegenheit voll und ganz. Zwar fühlte es sich auch irgendwo falsch an, dass er sich hier von seinem Erzfeind umarmen ließ, doch daran störte sich Draco nicht weiter. So standen sie beide schweigend da, keiner konnte sagen wie lange. Doch schließlich löste sich Draco vorsichtig von Harry und blickte diesem ruhig ins Gesicht. „Ich denke, ich sollte jetzt gehen…“, murmelte der junge Malfoy, allerdings rührte er sich keinen Zentimeter. Als Antwort nickte Harry nur, doch auch er rührte sich nicht von der Stelle. Jetzt standen sie einander schweigend gegenüber, beide den Blick auf den Boden gerichtet. „Harry?“, kam es plötzlich leise und zaghaft von Draco. Etwas verwundert blickte der Angesprochene auf, doch dann wandelte sich die Überraschung in Erwartung. Kurz seufzte Draco. „S…sehen wir uns später noch oder so?“, nuschelte der junge Malfoy und sah beschämt zu Boden. So konnte er nicht sehen, dass Harry bei dieser Frage zuerst nur lächelte. „Wenn du das möchtest, dann natürlich gerne“, erklärte er dann schließlich, woraufhin Draco verwundert aufblickte. Doch sogleich machte sich ein schwaches Lächeln auf dem blassen Gesicht breit. Allerdings blieb der junge Malfoy noch immer an Ort und Stelle stehen. Nun schüttelte Harry etwas seinen Kopf, doch dann machte sich ein Grinsen auf seinen Zügen breit. „Hey, Draco, hattest du nicht gehen wollen?“, fragte er nun scherzhaft nach und erntete dafür nur einen irritierten Blick des jungen Malfoys. Doch dann nickte Draco langsam, aber noch immer machte er keine Anstalten zu gehen. Kurz schüttelte Harry seinen Kopf, ehe er sich zu dem jungen Malfoy vorbeugte und ihm vorsichtig einen Kuss auf die Stirn gab. „Du schaffst das schon“, meinte Harry daraufhin nur grinsend, lief schnell um Malfoy herum und gab ihm einen leichten Schubs von hinten. Daraufhin stolperte Draco nur verdattert geradeaus, allerdings sagte er nichts weiter. Doch bei der Türe blieb er stehen und drehte sich noch einmal Harry zu. Dieser grinste ihm zuversichtlich zu und unwillkürlich machte sich ein Lächeln auf Dracos Lippen breit. Aber dann drehte er sich gänzlich um und tapste schnell auf den Gang hinaus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)