A Dream of You von abgemeldet (An Edward/Jasper Story) ================================================================================ Kapitel 1: One -------------- - One - Verlegen sah ich ihm in die karamellfarbenen Augen. „Ich glaube nicht, dass das, das Richtige wäre. Glaub mir…“ Es war eigentlich völlig überflüssig, dass ich etwas sagte. Ich musste eigentlich nur etwas denken und schon gab mir Edwards Stimmungsumschwung meine Antwort. „Jasper, was soll das? Das ist schon der 6. Anzug, den ich anprobiere. Es muss doch irgendwas auf diesem jämmerlichen Planeten geben, was ich zu so einem Anlass tragen kann?!“ Seine Verzweiflung hüllte den ganzen Raum ein und ich gab mir die größte Mühe, ruhig und gelassen zu wirken, um ihm seine Unsicherheit etwas zu nehmen. Irgendwie hatte gerade diese Unsicherheit etwas Niedliches an sich. Edward, der sonst so gelassen und bedacht auf so ziemlich jede Katastrophe reagierte, konnte sich doch allen ernstes nicht entscheiden, was er zu seinem einhundertsten Geburtstag anzuziehen gedachte. Doch ich spürte, wie sich seine Muskeln ein wenig entkrampften. Eigentlich interessierten ihn seine Geburtstage nicht sonderlich. Es wurde ein bisschen gefeiert und er bekam immer ein paar wirklich schöne Geschenke. Obwohl es mit Überraschungen bei ihm schon schwieriger aussah, da sich die gute Alice nie mit ihren Gedanken im Zaum halten konnte. Zur letzten Überraschungsparty war er gar nicht erst erschienen. Doch dieses Mal war es anders. Carlisle hatte dafür gesorgt, dass Edward nichts von den Geburtstagsvorbereitungen mitbekam und auch Alice schien sich endlich genug beherrschen zu können. Es war anstrengend in seiner Gegenwart immer genau darauf zu achten, was man dachte. Fieberhaft überlegte ich, wann ich das letzte Mal unbeschwert und vor allem unbeobachtet hatte Denken können und sei es nur für wenige Minuten gewesen. An und Für sich ziemlich paradox. Ich musste kurz schmunzeln, bis ich sah, dass sich Edwards Miene verfinsterte. Er ballte die Fäuste. „Was ist denn los?“ fragte ich, eigentlich nur um nicht aufzufallen. „Tut mir leid!“ sagte er leise. Ich hatte nicht nachgedacht. Natürlich hatte ich nachgedacht, aber nicht darüber, dass er meine Gedanken hören konnte. „Schon gut!“ flüsterte ich leise. „Nein, ist es nicht. Ich versuche mich ja, aus euren Gedanken fern zu halten, aber sie fliegen mir einfach zu, wie der Wind!“ Er sah mich mit seinem entschuldigenden Blick an und ich konnte ihm einfach nicht böse sein. Das war ich im Grunde auch nicht, denn er konnte ja nichts dafür. „Ich weiß, aber trotzdem!“ wehte seine Stimme heiser zu mir herüber. Verdammt. ´Edward, mach dir nicht so viele Gedanken. Ich kriege das schon hin, aber es ist nur…´ ich führte den Gedanken nicht zu Ende, als ich sah, dass er völlig perplex aufsah. Hatte er gehört, was ich dachte? Was ich eigentlich nie denken wollte? Schnell setzte ich ein verschmitztes Lächeln auf und verteilte soviel Geduld und Ruhe im Raum, wie ich nur konnte. Das Einkaufszentrum, in dem wir uns befanden, wurde mit einem Mal, viel leiser und ruhiger. „Also wenn du mich fragst, würde ich den schwarzen Anzug nehmen, dazu die Krawatte und…“ „Ja das rote Hemd hätte ich auf jeden Fall genommen!“ Er zog einen Mundwinkeln nach oben und füllte den Raum, mit seiner unglaublichen Schönheit und seinem faszinierenden Blick, der hätte jeden Menschen an Sauerstoffunterversorgung sterben lassen. Gott sei Dank, war ich ein Vampir und war darauf nicht angewiesen, ansonsten wäre ich schon an die tausend Mal umgefallen und nicht mehr aufgewacht. „Jasper ich…“ Er brach ab und ich begann erneut eine gewisse Ungeduld in ihm zu spüren. Doch diese Ungeduld wurde noch von etwas Anderem begleitet, dass ich nicht ganz einordnen konnte. Seine Augen ruhten auf mir und er legte den Kopf etwas seitlich. Er verzog seinen Mund wieder zu einem warmen Lächeln. Er brauchte meine Gabe nicht, um sich zu beruhigen. Um mich zu beruhigen. „Lass uns gehen…!“ meinte er und ging zurück in die Umkleidekabine, um sich wieder umzuziehen. Er blieb nur 2 Minuten darin und das auch nur, weil die 5 Sekunden, die er benötigte, um sich umzuziehen ein wenig auffällig wären. „Vergiss es, wir gehen jetzt erst noch irgendwo anders hin, du darfst noch nicht nach Hause, auch wenn du heute Geburtstag hast!“ meinte ich grob und es klang wahrscheinlich ein wenig verzweifelter, als ich gedacht hatte. „Ich will aber endlich alles hinter mich bringen… Ich will nach Hause und in Ruhe Debussy hören…!“ Das war kein Beschweren mehr, dass ging schon in Körperverletzung über. Beruhigend legte ich ihm eine Hand auf die Schulter. „Mach dir nicht so viele Gedanken. So schlimm wird es nicht werden!“ Kurz schoss mir eine Erinnerung durch den Kopf, in der Alice von rund tausend Ballons erzählt hatte und 150 Gästen. Ich hörte Edward laut aufstöhnen. Verdammt! Heute war wirklich nicht mein Tag, was war denn nur mit meiner Selbstbeherrschung los? Kapitel 2: Two -------------- - Two - Der Abend kam schneller als gedacht und mit dem Volvo fuhr ich mit Edward nach Hause, damit die Überraschungsparty steigen konnte. Seine Meine verfinsterte sich mit jedem Kilometer, den wir zurücklegten und ich nutzte all mein Können, um ihn ein wenig fröhlicher zu stimmen. „Edward, warum bist du denn so schlecht drauf? Früher hast du dich über solche Sachen ernsthaft gefreut? Heute muss ich dich manipulieren, damit du mir nicht aus dem Auto springst! Gott, was Alice dann wohl mit mir machen würde…?“ Edward blickte ein wenig verwundert auf, weil ich ihn das nicht in meinen Gedanken gefragt hatte, aber ich wollte gerne mal wieder eine normale Unterhaltung führen. Er nickte kurz auf meine gedankliche Feststellung und rutschte noch ein wenig tiefer in seinen Sitz. Seine Muskeln verkrampften sich ein wenig und ich spürte ein starkes Unbehagen seinerseits. Auch das versuchte ich irgendwie unter Kontrolle zu kriegen, aber es breitete sich stetig weiter im Wagen aus und ich wurde langsam ziemlich ungeduldig. „Weißt du, Jasper…“ Er hielt kurz inne, bevor er endlich weiter sprach. „Es ist nur so, dass ich mich früher auch wirklich darüber gefreut habe, älter zu werden, also so, wie WIR älter werden. Aber nach und nach, verblasste dieses Gefühl. Ich habe mir gewünscht ein Mensch zu sein, um mit all den Anderen altern zu können, aber vor allem…“ Wieder machte er eine Pause. „Aber vor allem, um mit einem Menschen altern zu können, den ich liebe!“ Ich schnappte kurz nach Luft. Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Er ließ mich meine Gedanken gar nicht weiterspinnen und beantwortete meine unausgesprochenen Fragen, mit der größtmöglichen Geduld, die er aufbringen konnte. „Ihr habt alle jemanden. Carlisle hat Esme, Emmett hat Rosalie und du hast Alice. Ich fühle mich nur so…“ „Einsam…!“ beendete ich seinen Satz, denn ich konnte das Gefühl genauso präsent wahrnehmen, wie er. Das war natürlich logisch. Ich biss mir auf die Lippen. Ich durfte jetzt nicht daran denken. Nicht daran denken! Innerlich baute ich meine altbekannte Mauer auf, um alle ungewünschten Erinnerungen und Gedanken dahinter verbergen zu können. Mir fiel nichts ein, was ich hätte darauf sagen können und so fuhren wir schweigsam bis zu unserem kleinen, mehr oder weniger idyillsch-normalen Haus. Begrüßt wurden wir von einer Horde altbekannte Gesichter. Allen voran nicht Alice, sondern Tanya. Ich war ein wenig verwirrt, schließlich hatte Alice diese Party schon seit ein paar Monaten geplant und nun nutzte sie nicht einmal die Gelegenheit, um Edward vor der versammelten Mannschaft zu Tode zu umarmen. Während Edward von Arm zu Arm gereicht wurde und dieser nahm es wirklich mit Fassung und versuchte zu lächeln, betrachtete ich kurz das Werk meiner Frau. Sie hatte wirklich nicht untertrieben, was die Luftballons anging. Edward ging es schnell besser, als er bemerkte, dass es sich nicht um 150 Gäste, sondern „lediglich“ um 70 Gäste handelte. Kleinere Zirkel, die er gelegentlich besuchte und natürlich die Denalis. Während die ersten Gäste der unheimlichen Schar auf die Tanzfläche strömten und über diese hinwegfolgen wie Balletttänzer, obwohl deren Anmut dagegen hätte stümperhaft aufgesehen, beugte ich mir kurz zu Carlisle herunter, der es sich auf einem Stuhl am Rande der Tanzfläche gemütlich gemacht hatte und misstrauisch seine Frau begutachtete, die gerade mit einem anderen Mann tanzte. „Keine Sorge, sie mag ihn nicht wirklich, sie will dich nur ein wenig eifersüchtig machen!“ flüsterte ich leise und Carlisle nahm es mit einem freundlichen Nicken zur Kenntnis, obwohl er seinen Blick nicht von ihr nahm. „Sag mal, wo ist Alice eigentlich?“ Er sah mich ein wenig verwundert an, bevor er mir antwortete. „Sie sagte, sie müsse unbedingt noch etwas holen!“ Ich nickte stumm und ließ es damit auf sich beruhen. Als ich die tanzende Meute so betrachtete und nachdem ich selbst ein paar Mal zum Tanzen genötigt wurde, sah ich Edward, welcher mit Tanya leichtfüßig über das Parkett schwebte. Mich durchfuhr ein kleiner Stich und ich begab mich schnell hoch in das Zimmer von mir und Alice, bevor meine Wand würde anfangen zu bröckeln und er meine Gedanken hören konnte. Gott sei Dank, waren die vielen anwesenden Vampire Ablenkung genug für ihn. Als ich das Zimmer betrat erschrak ich mich fast zu Tode, wenn das gegangen wäre. Ich schnappte nach Luft. Der riesige Kleiderschrank am anderen Ende des Zimmers stand offen und nur noch meine „wenigen“ Sachen hingen darin. Was war denn hier los? Ich ging auf den monströsen, sogar beleuchteten Schrank zu und sah, dass an einem der Kleiderbügel ein Brief mit der Aufschrift „Jasper“ stand. Schnell riss ich ihn ab und in einer geschickten Bewegung, hatte ich den Brief befreit: „Liebster, ich gehe weg. Ohne Dich. Ich weiß, du kannst es nicht verstehen, aber du wirst. Ich kann damit nicht leben und versuche nicht mich zu finden, ich kenne dich doch kleinen Sturkopf. Ich will, dass du weißt, dass du mein Leben bist und ich dich immer lieben werde, aber die Dinge, die in der Zukunft passieren werden, kann ich nicht verhindern, sie liegen außerhalb meiner Macht. Wenn wir uns eines Tages wieder sehen hoffe ich, oder werde ich zumindest bald wissen, dass es als Freunde sein wird. Verzeih mir! Auf immer Deine Geliebte, Alice“ Ich schnappte nach Luft. Das konnte nicht wahr sein… Ich warf den Brief in die Ecke und kletterte aus dem Fenster, um ihre Fährte aufzunehmen. Trockene Tränen liefen mir dabei die Wange hinab. Ich spürte, wie ich innerlich zerfiel und mein Herz schmerzhaft auseinander brach. Wären die Geräusche meiner Umgebung nicht gewesen, hätte ich das Knacken bestimmt gehört! Konnte denn nicht wenigstens ein Mal etwas gut gehen….? Ich rannte einfach immer weiter, der schwächer werdenden Spur hinterher, die sich nach einigen Stunden im Dickicht verlor. Ich sah ihre Sachen an einem Baum liegen und wusste, dass sie sie gewechselt hatte, um ihren Geruch zu verwischen. Das war ihr wirklich gut gelungen. Wütend schlug ich gegen einen Baum, der sich kurz darauf in seine Einzelteile auflöste. Warum? Was hatte sie gesehen? Immer wieder schlug ich gegen alles, was sich in meiner Nähe befand. Zertrümmerte Felsen, zerschlug Bäume, riss die Erde aus dem Boden, bis meine ganze unsägliche Wut sich in einem lauten Schrei Luft machte. Hier konnte ich wenigstens sicher sein, dass er meine Gedanken nicht hörte. Ich schrie so laut, dass es hätte die Trommelfelle von Menschen platzen lassen. Es war unfair. Es war nicht richtig. Und doch durchzuckte mich ein Gedanke, der diesen ganzen Trübsinn nicht mehr so grausam aussehen ließ. Ich sank auf die Knie und schlug mit den Fäusten auf den Boden, ehe ich mich versuchte richtig aufzusetzen und gen Himmel blickte. Nicht einmal die Sterne waren zu sehen. Nur der schwarze, irgendwie Wolkenverhangende Himmel, aus dem sich nach und nach ein paar Tropfen lösten, bis dies in einen unabreißbaren Strom überging. Ich dachte fieberhaft nach, während mir das Wasser mein Gesicht hinab lief. Wenn sie weg war, konnte ich dann…? War es das, was sie gesehen hatte, mich und… Ich traute mich nicht, diese Gedanken zu Ende zu denken, was mir durch ein Knacken in weiter Ferne bestätigt wurde. Es näherte sich jemand. Dem Geruch nach zu urteilen, den mir der Wind entgegen trug war es Edward. Ich zerrte meinen gequälten und erschöpften Körper auf die Beine und als sich Edward am Rande der Lichtung zeigte, blieb er apruppt stehen. Ich spürte Schmerz und die unglaubliche Sorge. Kein Wunder. Meine Kleider waren von dem Kampf mit der wehrlosen Natur völlig zerrissen, meine Gesicht dreckig und meine Haare klebten vom Wasser an meinem Gesicht und hingen mir in Strähnen vor die Augen. Ich blickte zu Boden, ich konnte den schmerzverzerrten Gesichtsausdruck von ihm einfach nicht ertragen. Nicht nachdem, was mir eben klar geworden war. „Was ist es, Jasper? Was ist los?“ Ehe ich etwas sagen konnte, stand er direkt vor mir und ich zog diesen intensiven Geruch tief ein. „Sie ist weg!“ flüsterte ich heiser, wohlweißlich wissend, dass er mich hören konnte. Wenn er nur wüsste, dass es nicht das war, was mir Sorgen bereitete. „Was ist es dann, Jasper?“ Er hatte meine unausgesprochenen Gedanken gehört und innerlich ohrfeigte ich mich dafür, so unbedacht gewesen zu sein, während ich meine Mauer wieder aufbaute. „Jasper, Nein. Jetzt sag mir was los ist und mach nicht wieder zu!“ Er hatte mich an den Schultern gepackt und mich geschüttelt, was mich zwang ihn anzusehen. Ich hob meinen Kopf und sah in diese mit voller Sorge gefüllten, aber einfach nur wunderschönen Augen. Das war der Fußtritt auf mein zerbrochenes Herz. „Ich…Ich…kann dir das nicht sagen! Das ist etwas, womit ich alleine fertig werden muss!“ meine sonst so kräftige Stimme versagte. „Jasper, du musst hier mit gar nichts fertig werden. Ich sehe doch, dass dich etwas kaputt macht, dich innerlich zerreißt und das schon bevor sie gegangen ist!“ Seine Worte trafen mich und ich stolperte rückwärts. „Die Mauer, die du um dich herum aufgebaut hast, ist so stabil… Was ist es, was dich so berührt, dass nicht mal ich, dein BRUDER es erfahren darf! Du hast früher mit mir über alles geredet, aber jetzt…!“ „Edward, ich KANN dir das nicht sagen!“ sagte ich scharf und fügte innerlich noch ein: „Ich darf es dir nicht sagen!“ hinzu. Wieder stand er vor mir und packte mich dieses Mal etwas heftiger an den Armen. „Verdammt Jasper, jetzt mach hier nicht einen auf Märtyrer! Was ist los!“ Ich überflog schnell meine Möglichkeiten. Wenn ich es ihm sagte, würde unsere ganze Familie zerstört werden. Sie würden mich hassen. Und Alice wusste es anscheinend bereits. Gott, wie musste sie das verletzt haben. Sie hatte gesehen, dass ich daran zerbrechen würde und das ich einen Weg finden würde, meinen Kummer zu beenden. „Ich lasse dich nicht eher gehen, bis du mir sagst, was los ist. Du weißt, ich bin normalerweise ein geduldiger Mensch, aber ich mache mir wirklich Sorgen Jasper!“ Er zog mich in eine Umarmung und ich schnappte erneut nach Luft. Seine Arme legten sich um meine Schultern und sein Kopf lag auf dem meinigen. Was war das nur für eine grausame Welt!? Zaghaft legte ich auch meine Arme um seine Taille, den höher konnte ich nicht, meine Kräfte waren erschöpft. „Du willst es wirklich wissen, hm?“ zischte ich leise gegen seine Brust. Er atmete einmal tief durch und wisperte ein leises ´Ja´. Ich befreite mich aus seiner Umarmung und sah ihm noch einmal tief in die Augen. Das war mein Edward. MEIN Edward, bevor er anfangen würde mich zu hassen. Jetzt oder nie, dachte ich mir und legte ohne Rücksicht auf Verluste meine Hand sanft an seine Wange, während der Regen unerbittlich auf uns niederschlug und meine Mauer wegwischte. Kapitel 3: Last --------------- - Last - Während ich seine Haut berührte und an all das dachte, was ich nie hätte denken dürfen, ihn spüren lies, was ich nie hätte fühlen dürfen, wurde sein Blick ganz glasig. Ich versuchte ihn aufzufangen, doch er lies es nicht zu. Seine klaren karamellfarbenen Augen verfärbten sich schwarz und ich wusste, was es zu bedeuten hatte. Doch ich unternahm nichts. Ich ließ mit jedem nassen Tropfen der auf unserer scheinbar glühenden Haut niederging, weitere Teile der Mauer wegspülen. Ich wollte, dass er die ganze Wahrheit sah und nicht nur einen Teil. Ich wollte, dass er zuhörte, bevor er mich wegstoßen würde. Und ganz leise, tief in meinem Inneren bat eine leise Stimme, dass ich wollte, dass er auch so empfand wie ich. Nur wurde diese Stimme immer leiser, während seine Augen immer schwärzer wurden und alle meine Hoffnung mit sich in die Tiefe zog. Ich manipulierte ihn nicht mit meinen Kräften, sondern versuchte nur mit meinen Gedanken zu überzeugen, was mir nur schwerlich gelang, da diese wild durcheinander schossen und ich mich anstrengen musste, ihn nicht darin zu ertränken. Ich begann ihm zu zeigen, wie ich ihn, eines Abends mit anderen Augen gesehen hatte. Er saß in seinem Lieblingssessel im Wohnzimmer und las, während die leisen Töne seiner Lieblingsband aus der Anlage neben ihm kamen. Ich setzte mich damals ihm gegenüber und hatte eigentlich auch vorgehabt zu lesen, aber irgendwie konnte ich den Blick nicht von ihm wenden. Das trübe Mondlicht und die spärliche Beleuchtung des Raumes hatten seiner Haut einen leichten Karamellton verliehen und seine Mundwinkel zuckten ganz leicht, jedes Mal, wenn er eine lustige Stelle gelesen hatte. Dieses harmonische Bild hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt und nach und nach hatte sich dieses Bild umgeformt. Er saß nicht mehr im Sessel, sondern auf der Couch. Er las auch kein Buch mehr, sondern hielt mich in seinen Armen, bettete meine Kopf auf seinen Schoß. Wir erzählten uns etwas und seine Mundwinkel zuckten ähnlich, bevor er mich leidenschaftlich küsste. Bei diesen Gedanken schrak Edward kurz zurück, doch er ließ mich weitermachen. Ich gesellte zu den Gedanken einige Erinnerungen, um seine aufkeimende Wut zu entspannen. Erinnerungen, in denen wir gelacht und herumgealbert hatten. In denen wir unbeschwert hatten reden können. Erinnerungen in denen er mir und ich ihm das Herz ausgeschüttet hatten. Erinnerungen in denen ich ihn nur kurz berührte… Und mit jedem Satz, den ich leise in diese Erinnerungen hineinflüsterte wurde mir schmerzlich bewusst, dass es immer schwieriger für mich war, uns als wir zu bezeichnen. Denn ich spürte, dass es kein ´wir´ mehr gab. Es gab nur noch ihn und mich. Es gab nur noch Edward und Jasper. Und wahrscheinlich nie wieder ein wir. „Das reicht!“ wütend schlug Edward meine Hand aus seinem Gesicht und es fühlte sich an, als hätte er die Scherben meines Herzens angezündet. Keuchend ging er ein paar Schritte rückwärts und griff sich mit beiden Händen an den Kopf. „Genug…das…das… Das ist zuviel!“ brüllte er und sank auf die Knie. „Warum? Es wird alles zerstören!“ flüsterte er heiser. Ich war ein paar Schritte auf ihn zugegangen, wich jedoch bei seinen letzten Worten wieder zurück. „Jasper, es wird alles zerstören!“ wiederholte er und riss noch mehr Wunden in mein Innerstes. Die leise Stimme konnte ich nicht mehr hören. Und dann sah er mich an. Unendlich Sorge und Leid spiegelte sich in seinem Blick, dazu brauchte ich meine Kräfte nicht. „Ich hätte das nicht tun dürfen, es tut mir leid!“ sprach ich unnötigerweise laut. Er legte den Kopf zurück in den Nacken und lies den Regen auf sein Gesicht tropfen. Seine Stimmung veränderte sich schlagartig. Von dem zutiefst deprimierten Schauern, die er regelmäßig zu mir herüber jagte, war kaum noch etwas, an seine Stelle trat eine gewisse Erleichterung und ich blickte ihn verwundert an. „Weißt du, ich habe es geahnt! Wie du dich verhalten hast in letzter Zeit…!“ Er sprach nicht weiter, sondern stand auf. Es machte den Anschein, als würde es ihn große Mühe bereiten sich auf den Beinen zu halten. Er taumelte ein paar Schritte auf mich zu, bis er direkt vor mir stehen blieb. Die Augenblicke zogen sich wie Stunden hin, bis ich seinen intensiven Geruch wieder einatmen konnte. „Ich habe es geahnt!“ raunte er noch einmal leise, bevor er mir eine Strähne aus dem Gesicht strich und ich vor Schreck beinahe nach hinten gefallen wäre. Ich hatte mich auf alles gefasst gemacht. Das er mich in der Luft zerreißen würde, dass er mich schlagen würde, mich anschreien oder sonst etwas, aber nicht mit dieser liebevollen Geste. „Und das traust du mir wirklich zu, Jasper? Du müsstest mich doch besser kennen!“ flüsterte er mir leise ins Ohr. Er hatte sich zu mir herunter gebeugt und ich konnte kaum glauben, was er da fühlte. Es war Zuneigung. Es war Wärme. Es war Zärtlichkeit. Es war einfach alles, was ich nie geglaubt hatte, bei einem Vampir spüren zu können. Sein Gesicht kam näher und die wenigen Millimeter, die uns noch voneinander trennten, überwand ich, voller Vorfreude, voller Leidenschaft, voller Liebe. Nie hätte ich gedacht, als Vampir zumindest, dass ich jede Faser, jede Zelle, jeden Nervenstrang in meinem Körper so intensiv spüren konnte. Ich konzentrierte mich auf das Gefühl seiner Lippen auf den meinigen, die nun ein wenig unbeholfen waren, da ich es nicht wagte mich zu rühren. Ich wollte, dass dieser Traum nie endete. Vorsichtig, ja schon fast zaghaft schlang er die Arme um meine Taille und zog mich ein wenig näher an sich, während er zärtlich begann seine Lippen zu bewegen. Ich roch seinen intensiv herben Geruch, der im Moment leicht erdige Züge hatte. Und seine Lippen. Diese wunderschönen, schmalen Lippen. Sie waren für mich der Inbegriff des Glücks. Plötzlich zuckte Edward zurück und sah mich ernst an. „Könntest du aufhören, dir alles ganz genau einzuprägen und dich auf das Wesentliche konzentrieren? Das ist kein Traum und ich werde das sicherlich noch ein paar Mal machen, wenn du nichts dagegen hast!“ Er lächelte mich mit seinem schiefen Lächeln an. Gott, wie liebte ich diesen Mann. „Oh, natürlich!“ stotterte ich, bevor er wieder seine Lippen auf meine drückte und dieses Mal ein wenig fordernder wurde. Seine Zunge fuhr mir leicht über die Oberlippe und nur zu bereitwillig öffnete ich meinen Mund ein Stück, um ihr Einlass zu gewähren. Es schien, als würde sich alles um uns herum zu drehen beginnen, als würden alle Vögel verstummen und der Regen… Der Regen konnte bleiben. Denn ich hatte das Gefühl, er wäre die Verbindung zwischen uns. Wenn der Regen gehen würde, würde Edward mit ihm gehen? „Jasper, so geht das nicht! Atme tief durch und sieh mich an!“ Edward hob mein Gesicht mit seiner Hand unter meinem Kinn und betrachtete mich eindringlich. „Ich liebe dich!“ hauchte er leise und ich hatte das Gefühl, er dachte ich hätte meine Meinung in den letzten 2 Minuten geändert. „Ich liebe dich doch auch!“ flüsterte ich und dieses Mal war ich es, der den Kuss begann und ihn dabei umwarf. Lachend lies er sich niederwerfen und ich vergrub kurz mein Gesicht an seiner Brust. „Und mach dir nicht so viele Gedanken. WIR kriegen das schon alles irgendwie hin!“ sagte er, während er mir mit einer Hand über das Gesicht strich. Der Inbegriff des Glücks, dachte ich mir, bevor wir erneut in einem leidenschaftlichen Kuss versanken. Die Stimme in meinem Inneren jubelte derweil. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)