DWK 6 - Neue Abenteuer von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 6: The dark side ------------------------ Schon seit Stunden irrten die Kerle durch den Wald, als es zu dämmern begann. Leon hielt an und zwang damit Maxi zu einer Vollbremsung, die ihn beinahe den sicheren Halt auf dem Motorrad gekostet hätte. Er zog sich den Helm vom Kopf, atmete tief durch und meinte dann: „Perfekt. Hier können wir bleiben!“ Markus stieg von seiner und Düsentriebs, verzeiht, Linns Cagiva, stellte sich neben Leon und sah ihn mit kritischem Blick von der Seite an. Mit einem Mal hörten die Kerle hinter sich jemanden kreischen und Leon drehte sich behände um, um selbstverständlich als erster alles im Griff zu haben. „Wer war das? Nerv! Kannst du nicht mal ordentlich aus einem Kart aussteigen?“ Nerv senkte den Kopf und ließ sich von Klette hoch helfen. „Tschuldigung, aber is doch nix passiert“, nuschelte der Jüngste und flitzte dann zu Maxi. Linn gesellte sich zu Markus und nahm mit einem Blick auf das Paradies, welches vor ihnen lag, seine Hand. Die Kerle hatten von der Klippe, auf der sie standen, aus, die perfekte Sicht auf den riesigen, glitzernden Mondwaldsee, der sich unter ihnen erstreckte, und den Platz dahinter. Eine große Fläche Waldboden war nur mit Sträuchern und Büschen besetzt, der Wald setzte sich erst später fort. Einige Felsen erinnerten an die Steinwüste, jedoch störten sie die Idylle dieser Oase nicht. Die Bäume, die später begannen, waren sehr hoch und schwankten im nächtlichen Wind, der See glänzte im Mondschein und ab und zu raschelte ein Busch, um wenig später die Sicht auf ein Kleintier freizugeben. Auch Blue war neben Leon getreten und sah unbeeindruckt auf das Traumfleckchen hinab. „Da wollt ihr zelten?“, fragte sie in skeptischem Ton. Irgendetwas schien ihr nicht zu passen, und das lag ganz sicher nicht an dem Slalomdribbler. „Wir“, erwiderte dieser gerade. „ ‚Da wollen wir zelten‘ muss es heißen. Oder hast du keine Lust mehr?“ Er grinste sie an und seine Kette funkelte über dem Motorradanzug im Mondlicht. „Schon.“ Blue klang zögerlich. Ihre selbstbewusste, forsche Art war wie vom Waldboden verschluckt. Nervös drückte sie die schäbige Lederkette, welche sie um den Hals trug, und suchte still und heimlich Leons Hand im Dunkel. „Ich mag nur diesen Ort nicht ...“ Noch bevor sie enden konnte, war ihr Klette ins Wort gefallen. „Spinnst du? Wer bist du, dass du sowas nicht mögen kannst? Guck dich um, das ist perfekt! Wir können zelten, ein Lagerfeuer machen, schwimmen, und das alles diesmal an einem Ort!“, empörte sie sich. „Klappe, Klette!“, zischte Leon, doch inzwischen konnte er die Kleine kaum noch beeindrucken. „Ist doch wahr“, murmelte das ehemalige Wolfsmädchen. „Du hast Nerven, noch so spät wieder aufzukreuzen! Hattest wohl besonders viel Hunger, was?“, grinste ein Mädchen mit leuchtend lilafarbenen Haaren. Sie war schlank und groß, in etwa sechzehn Jahre alt. Ihre Augen glitzerten in einem tiefen Schwarz und wenn man genau hinsah, erkannte man die kleine Narbe, die sich unter dem linken Auge befand. „Nein, aber den krieg ich gleich, wenn ich an die scharfe Blondine denk, die ich gesehen hab!“, erwiderte ein großgewachsener, schwarzhaariger Junge von etwa siebzehn Jahren. Seine Augen waren ebenso schwarz wie die des Mädchens. Ein anderes Mädchen saß auf einem glitschigen Felsen und las eine Zeitschrift. Jetzt hob sie den Kopf und gab den Blick auf ihre dunklen Augen frei. „Was meinst du mit ‚scharfe Blondine‘? Wo willst’n hier ne Blondine aufgabeln?“, feixte die Zeitschiftlesende. Ihre Haare leuchteten grün und ihre Stimme kratzte leicht, während die der Lilahaarigen glatt wie Öl war. Der Junge grinste. „Oben auf der Klippe stehen ein paar Deppen und warten auf Sonnenschein. Ne Blondine, so’n Wischmoppkopfmädel, eine mit ganz dunklen Haaren, ne andere hat braun-blaue lange Fusseln auf’m Kopf, und die Jungs machen alle einen auf Macker und Beschützer. Die kriegen wir leicht rum.“ Da sprang ein anderer Junge leichtfüßig von einem hochliegenden Ast herunter. Er sah den Schwarzhaarigen kritisch an und meinte: „Und du denkst also, du kriegst die Blonde?“ Seine Haare glänzten silbrig im Mondschein. Er schien um die sechzehn zu sein. „Schnapp du dir halt das Wischmoppkopfmädel!“, lachte der andere. „Shadow, Light, müsst ihr euch immer um die Mädels zanken? Ich krieg eh die Blonde!“, triumphierte die Lilahaarige und grinste überlegen. Shadow und Light wechselten einen genervten Blick. „Delilah, deine Vorliebe für Mädchen nervt mich gewaltig!“, knurrte Shadow. „Und du meinst, du kriegst die Blonde, ja?“, warf das Mädchen mit den grünen Haaren ein und schleuderte ihre Zeitschrift gegen einen Baum. Light schlug sich mit der Hand gegen die hohe Stirn, auf die sich silberne Haarsträhnen verirrt hatten. „Delilah, Liana, müsst ihr eigentlich beide bi sein? Reicht nicht eine?“ Da hopste ihm ein jüngeres Mädchen von vielleicht dreizehn, vierzehn Jahren vor die Füße und spielte an einer ihrer dicken pinken Haarsträhnen herum. „Shadow? Kann ich endlich raus? Es nervt, seit Wochen hier bleiben zu müssen, und die Nacht sieht so schön aus! Außerdem kommt doch nie jemand her, also muss ich meinen Hunger zügeln. Und wenns gar nicht geht, dann komm ich wieder zurück“, bettelte die Kleine und sah ihn aus schwarz glänzenden Augen an. Shadow stöhnte genervt. „Erstens, Rose, hatten wir das Thema schon gestern, und zweitens haben sich gerade ein paar Leckerbissen hier her verirrt.“ Bei den letzten Worten blitzten seine Augen unheimlich auf und wechselten die Farbe – sie glitzerten nun honiggelb und waren rund zwei Zentimeter größer und glubschender geworden. Von dem weißen des Augapfels war nun nichts mehr zu sehen, die goldfarbene Iris füllte das gesamte Auge aus. Außerdem war die Pupille nur noch ein senkrechter Strich – Shadow hatte regelrechte Katzenaugen bekommen. „Du hast echt ziemlichen Hunger, oder?“, grinste Delilah, blinzelte einmal und schon sahen auch ihre Augen aus wie Katzenaugen, mit dem Unterschied, das die Iris ein schleimiges moosgrün angenommen hatte. Binnen weniger Sekunden sahen Lights Augen genauso aus wie die von Shadow und Lianas so wie Delilahs. Shadow tigerte, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, um Delilah und Liana herum. Light lehnte an einem Baum und Rose kaute nervös auf einer Haarsträhne herum. „Verdammt, warum dauert es immer so lange bis Mitternacht?“ Light schlug gegen den Baumstamm, lehnte den Kopf dagegen und schloss die großen Augen. Delilah bewegte sich in gazellenartiger Geschmeidigkeit zu Rose und hielt die Hand auf, bis Rose ihren zerbrechlichen Arm hineinlegte, auf dessen Handgelenk eine dicke Ader blau pulsierte. Mit gierigem Blick starrte Delilah die Köstlichkeit in ihrer Hand und dann Rose an, welche den Arm gerade wieder zurückziehen und in ihren Schoß legen wollte. Nun ließ sie den Arm, wo er war, und ergab sich ihrem Schicksal. „Wie lange muss ich noch die Blutspende für den kleinen Hunger spielen? Ich will endlich selbst was erleben!“, quengelte sie dann, während Delilah auf ihre Ader drückte und mit festem Griff das Blut aus dem Ober- in den Unterarm schob. Dann legte sie einen schraubstockähnlichen Griff um Rose‘ Handgelenk und legte ihren Mund an. Da sie die Kleine aber nicht verletzen wollte, fuhr sie ihre Fangzähne nicht aus, sondern saugte einfach das Blut aus dem Arm, ohne die pergamentähnliche Haut zu verletzen. Als sie den Arm losließ, waren die Ader und die Haut zunächst weiß verfärbt, doch als Rose ihn kurz schüttelte, schoss wieder Blut hinein und die Ader begann wieder blau zu pulsieren. „Worauf wartet ihr eigentlich noch?“, fragte Linn und machte sich daran, einen bröckelnden Hang hinunterzuklettern, um ins Paradies zu gelangen. Markus musste sich ein Lachen verkneifen. „Sag mal, Schatz, wieso gehst du nicht einfach hier lang?“ Er zeigte auf einen schmalen Weg, der steil hinab führte. Leicht säuerlich grinste Linn ihren Freund an, dann kraxelte sie den Hang wieder hinauf und gab Markus einen Kuss. Er nahm ihre Hand und gemeinsam taten sie die ersten wackeligen Schritte auf dem Weg. Auch Maxi zog es vor, Blossom an die Hand zu nehmen, so wie es Raban, Joschka und Nerv mit Terry, Marry und Klette zu tun pflegten. Übrig blieben einzig und allein Leon und Blue. Der Anführer blickte die Brünette mit den blauen Strähnen ungewohnt scheu an. „Ähm ... wäre das ... okay für dich?“, stotterte er. Blue grinste und nahm seine Hand, dann tat sie den ersten Schritt auf dem unsicheren Boden. „Das ist ja noch schöner, als es von oben aussah!“, staunte Klette und sah sich beeindruckt um. Blue hielt sich im Hintergrund, und niemand wusste so genau, ob es Absicht oder Versehen war, dass sie Leons Hand noch immer festhielt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)