Shin no yuri von ChiisaiYume (Todeslilie) ================================================================================ Kapitel 4: The reason why ------------------------- Ich hatte Sayuri völlig vergessen. Ich hätte sie doch abholen müssen! „Wer ist das?“, fragte sie mich und sah während dem den Jungen an, dessen Ärmel ich noch immer krampfhaft festhielt. „Keine Ahnung. Er hat mir seinen Namen noch immer nicht verraten. Ich hab' ihn schlafend im Wald gefunden und mit genommen, dass er nicht erfriert.“ „Sprich nicht von mir als wäre ich ein Ding!“, fuhr er mich an. „Und jetzt?“, fragte Sayuri weiter. „Jetzt wollte er weglaufen.“ „Und du hast ihn nicht gelassen?“ „Natürlich nicht. Wäre er irgendwo kollabiert, hätte ich Schuld gehabt!“ „Hättest du nicht.“ „Nein. Aber ich hätte mich schuldig gefühlt.“ „Hey! Ich bin hier, okay?!“, rief er aufgebracht, „Mir ist egal, wer sich hier wie fühlt! Entscheidet euch einfach, was ihr tun wollt. Und im Idealfall könntest du mich loslassen, so dass ich gehen kann.“ „Du bleibst!“, befahl ich über die Schultern und wandte mich wieder Sayuri zu: „Sorry, dass ich dich nicht abholen gekommen bin, ich hab' die Zeit vollkommen vergessen.“ „Kein Problem. Aber ich denke, es wird schwierig werden, den da hier zu behalten, wenn er nicht freiwillig bleibt.“ „Stimmt. Er bleibt trotzdem!“, beschloss ich. „Ich bin immer noch kein Ding, verdammt!“ „Ist ja gut, wir haben es verstanden!“, erwiderte ich genervt. „Lass mich jetzt end-“ Plötzlich war sein Blick in den Himmel gerichtet. Er sah ernst drein, Falten zwischen den Augenbrauen. Und einen Moment später war der Himmel mit dicken, dunklen Wolken behangen und es begann in Strömen zu regnen. Der Regen war warm, beinahe zu warm für normalen Regen. In Sekundenschnelle waren wir alle drei triefend nass. Aber der Regen war seltsam. Und dann begriff ich: der Regen war schwarz. Unmöglich eigentlich. Genauso unmöglich wie eine schneeweisse Krähe. Die Tropfen auf meiner Handfläche hinterliessen schwarze Punkte und in meiner hohlen Hand sammelte sich ein kleiner schwarzer See. Langsam fragte ich mich ob ich entweder was an den Augen hatte oder mich langsam selbst einliefern sollte. „Siehst du das auch?“, flüsterte ich. „Ja. Und jetzt ist es zu spät.“, sagte er ruhig. Ich verstand nicht. „Zu spät?“ „Ich hätte nicht gedacht, dass er hier auftauchen würde. Frage mich nur, wie er mich gefunden hat.“ „Was bitte faselst du die ganze Zeit?“ Ich verstand überhaupt gar nichts. „Hier bist du also!“ Eine weitere Stimme erklang. Ich kannte sie nicht. Sie kam von hinter Sayuri. Ich drehte mich um. Sayuri rannte schon in meine Richtung. Und weiter hinten stand tatsächlich ein Mann. Er trug einen langen, schwarzen Mantel, der im Wind wehte. Er lächelte. Ich fröstelte. Sayuri stand hinter mich, weinte. Ihre Tränen vermischten sich mit dem schwarzen Regen auf ihren Wangen. „Wenn ich mich vorstellen darf: Ich bin Yuudai. Und ich bin hier um jemanden abzuholen. Wenn du so freundlich wärst?“ Er streckte die Hand aus und kam näher. Er lächelte noch immer. „Warum sollte ich?“, sagte der Junge hinter mir spöttisch lächelnd. Er schob mich hinter sich. Sayuri sah ihn überrascht an, sagte aber nichts. Der Mantelmann, Yuudai, blieb stehen, hob erstaunt die Augenbrauen. „Eine Krähe? Was für eine Überraschung! Aber eine gute. Ich liebe solche Zufälle!“ „Du wolltest nicht mich? Du bist nicht meinetwegen hier?“, fragte der Junge. Jetzt war er der Überraschte. „Aber nein! Ich kam wegen der 'weissen Lilie', einem 'Licht des Herzens'. Aber dich werde ich in diesem Fall auch gleich mitnehmen.“, sagte Yuudai lächelnd. Er war wieder näher gekommen. Er stand jetzt nah genug, dass ich ihn genau sehen konnte. Und was ich sah, liess mich schaudern. Er war nicht nass. Er war trocken geblieben. In all diesem Regen war er kein bisschen nass geworden. „Warte!“ Der Junge stellte sich ihm in den Weg „Sie?! Sie ist eine Lilie?“ Er zeigte auf mich. Doch Yuudai – bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass er nicht viel älter als ich sein konnte – schüttelte nur leise lachend den Kopf. „Aber nicht doch. Das Mädchen hinter ihr ist die weisse Lilie!“ Der Junge drehte sich um, sah Sayuri entsetzt an. Diese jedoch sah mich an. Hilflos. Der Blick erinnerte mich an den, den sie hatte, als sie an jenem Abend zu mir gekommen war. „Shit!“, fluchte der Junge und sagte uns dann: „Lauft, okay? Fragt nicht, tut es einfach!“, fügte er noch hinzu als ich den Mund aufmachte um nach zu fragen. Das machte mich wütend. Ich verstand überhaupt nicht, was hier abging. Zuerst hatte er mich angeschrien, wollte verschwinden und jetzt kommandierte er mich herum. So was konnte ich überhaupt gar nicht leiden! „Du sagst mir jetzt sofort, was hier los ist, oder ich rühre mich keinen Zentimeter!“, schrie ich. Beide Männer sahen mich überrascht an, mit hoch gezogenen Augenbrauen. Ich hatte auf mich aufmerksam machen wollen, aber wie sie beide mich jetzt ansahen, war irgendwie unangenehm. So … forschend. Der eine erfreut, der andere irgendwie … negativ. „Du bist eine!“, flüsterte Yuudai, „Du bist eine!“ In dem Moment schleuderte ihn irgendwas nach hinten und dann hatte der Junge ihm den Fuss in die Kehle gedrückt und zischte: „Verschwinde!“ Er setzte den Fuss wieder auf den Boden und Yuudai stand auf und ging mit einer Verbeugung und den Worten: „Es war schön, eure Bekanntschaft gemacht zu haben. Bis auf bald!“ Mit ihm verschwand auch der Regen. Plötzlich gaben meine Beine unter mir nach. Ich kippte um und sass dann auf dem nassen Boden. „Hisa!“, schrie Sayuri. „Ich mach das! Und übrigens, ich bin Yukio.“, sagte er und hob mich hoch. Ich hatte nicht genug Kraft um zu widersprechen. Keine Ahnung warum ich plötzlich so schwach geworden war. Im Haus legte er mich aufs Sofa und er und Sayuri nahmen gegenüber von mir Platz. Dann fing auf einmal Sayuri wieder an zu weinen. Wie seltsam, dass sie das so mitnahm. „Was ist denn?“, fragte ich leise. „Der Mann. Er war der Grund, warum ich hier her kommen musste. Seit Woche schon hat er mich verfolgt. Hat mich immer wieder gefragt, ob ich nicht mit ihm kommen wollte. Ich hätte doch sowieso niemand mehr, der mich vermissen könnte.“ „Du … hast niemanden?“, fragte ich. „Ja. Meine Eltern sind … schon lange tot.“ Yukio sah sie an. Auch ihr Blick flackerte kurz zu ihm, richtete sich dann wieder zu Boden. „Geschwister hatte ich keine. Und andere Verwandten wollten nichts mit mir zu tun haben. Also habe ich allein gelebt. Der Mann hat irgendwann versucht, mich mit Gewalt mit zu zerren. Aber weil ich geschrien habe, sind immer Leute gekommen und er hat mich losgelassen. Aber dann, einmal, sah ich ihn mit einer Menge Leute vor dem Haus stehen, in dem ich mein Appartement habe und auf meine Wohnung zeigen. Ich bekam Angst und bin durch den Keller geflüchtet. Ich hatte gerade genug Geld um bis hier her zu kommen. Ich dachte, er würde mich vergessen. Ich hätte nie gedacht, dass er mir bis hier her folgen würde. Ich … dachte, dass... Ich hatte keine Ahnung wo ich hätte hin sollen, wirklich! Es tut mir Leid! Es tut mir so Leid!“ Sie schluchzte, vergrub das Gesicht in den Händen und verkrampfte ihre Finger in ihren Haaren. Sie zitterte. Ich wäre so gern aufgestanden und hätte sie in den Arm genommen. Aber erstens konnte ich mich nicht bewegen und zweitens hatte ich Angst, dass sie davor zurück scheuen würde. Yukio aber legte seinen Arm um ihre Schulter wie selbstverständlich. Sie wehrte sich nicht dagegen, schaute ihn aber an, als würde sie auf irgendetwas warten. „Ist schon gut.“, sagte er sanft und sie gab sich offensichtlich damit zufrieden, denn sie senkte ihr Tränen verklebtes Gesicht wieder. „Das war der Grund warum ich gekommen bin. Ich habe dich ausgenutzt, weil ich einen sicheren Ort brauchte.“, flüsterte sie leise. „Nein.“, widersprach ich ihr, „Ich bin froh, dass ich die Person war, zu der du gekommen bist. Das bedeutet, dass du mir vertraust. Ich freue mich. Wirklich!“ Sie sah auf, lächelte. „Danke!“, wisperte sie. Ich lächelte zu ihr zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)