Office Mein von elfogadunk (Im Büro) ================================================================================ Kapitel 39: Auf einer Lüge aufgebaut ------------------------------------ Ungeduldig saß Rahul in seinem Wagen und wartete auf Anjali. Er stand nun schon seit zehn Minuten vor ihrem Haus, doch das Licht in ihrer Wohnung brannte immer noch. Er fragte sich, was sie nur so lange machte, denn schließlich war es sonst nicht ihre Art, zu spät zu kommen. Nach weiteren zehn Minuten stieg er aus und schlüpfte hinter einer gerade heimkommenden Hausbewohnerin in den Hausflur, da Anjali zu seiner Verwunderung trotz mehrmaligem Klingeln nicht geöffnet hatte. Auch beim direkten Klopfen an ihrer Tür reagierte sie nicht. Da er sich deswegen langsam Sorgen machte, beschloss er kurzerhand, einfach in ihre Wohnung hineinzugehen. Als er sie weder im Wohnzimmer noch in der Küche antraf, warf er einen Blick ins Schlafzimmer, wo er sie schließlich auch fand. Sie lag auf dem Rücken quer auf ihrem Bett und hatte ihre Arme über ihrem Gesicht überkreuzt. Außerdem fiel Rahul auf, dass sie noch immer ihre Bürokleidung trug. „Anjali...?“, fragte er vorsichtig und berührte mit den Fingerspitzen ihren Ellenbogen. Er erschrak als sie sich daraufhin unvermittelt aufsetzte und ihn mit einem eisigen Blick bedachte. „Ist alles in Ordnung?“, erkundigte er sich, wobei er nicht verbergen konnte, dass ihr Verhalten ihn irritierte. „Hast du mir irgendetwas zu sagen?“, antwortete sie ihm mit einer Gegenfrage. „W...?“, wollte er beginnen, doch sie schnitt ihm mit kühler Stimme das Wort ab. „Harish ist vorhin hier gewesen.“, erklärte sie und erhob sich von ihrem Bett. Rahuls Augen weiteten sich daraufhin, denn nun war ihm klar, worauf sie hinauswollte. „Anjali, hör zu. Ich weiß, dass du jetzt sauer bist, aber lass mich das Ganze bitte erklären...“, begann er mit ruhiger Stimme – ganz darauf bedacht, Anjali nicht noch wütender zu machen. „Das kannst du dir sparen.“, fuhr Anjali ihm allerdings aufgebracht dazwischen. „Ich glaube dir kein Wort mehr. Du hast das alles bestimmt von Anfang an geplant, damit du in Indien genug Zeit hast, mich einzulullen.“ „Du weißt, dass das Unsinn ist. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht einmal, dass du überhaupt nach Indien fliegen würdest...“, entgegnete er und zwang sich, weiterhin ruhig zu bleiben. „Ich gebe zu, dass ich dir das Ganze wahrscheinlich nicht hätte verheimlichen sollen, aber dann hättest du mich doch niemals an dich heran gelassen. Dieser Kerl war das einzige, was noch zwischen uns stand. Wärst du in meiner Situation gewesen, hättest du die Chance doch ebenso...“ „Hier geht es nicht um mich. Es geht darum, dass du unsere Beziehung auf einer Lüge aufbauen wolltest. Du wusstest doch genau, wie viel Harish mir bedeutet!“, unterbrach sie ihn und gestikulierte wütend mit den Händen. Rahul wollte daraufhin noch etwas erwidern, doch ohne etwas gesagt zu haben, schloss er seinen gerade geöffneten Mund wieder. Ihm fiel einfach kein geeigneter Weg ein, Anjali einleuchtend zu erklären, warum er ihr verheimlicht hatte, dass Harish die letzten vier Wochen in Schottland gewesen war und er sich bei seinem damaligen Besuch für diese Zeit wegen mangelnder Erreichbarkeit in den Highlands von ihr hatte verabschieden wollen. „... Ich wusste doch, dass du keine ordentliche Erklärung dafür haben würdest...“, unterbrach Anjali seine Gedanken. „Ich fände es besser, wenn du jetzt gehen würdest...“, fügte sie hinzu und klang plötzlich nicht mehr wütend, sondern ausgelaugt und matt. Ihre Gesichtszüge hatten sich ebenfalls entsprechend ihrer Stimme verändert. Rahul wollte protestieren, doch er sah ein, dass es im Moment wohl besser war, wenn sie sich erst einmal beruhigte und sie das Ganze morgen in Ruhe weiterdiskutieren würden. Schweren Herzens und das starke Verlangen zu bleiben bekämpfend erklärte er sich also einverstanden und ging. Als sie die Wohnungstür ins Schloss fallen hörte, sackte Anjali auf ihr Bett zurück, stützte ihre Ellenbogen auf ihre Knien und legte ihr Gesicht in ihre Hände. Wut und Traurigkeit beherrschten ihre Gefühle und sie konnte das Zittern, das ihren Körper plötzlich schüttelte, nicht mehr unterdrücken. Sie wusste nicht mehr, was sie tun sollte und fühlte sich vollkommen orientierungslos. Als Harish vorhin vor ihrer Tür gestanden hatte, war das ein unheimlicher Schock für sie gewesen. Er hatte ganz normal mit ihr geredet, erzählt, wie es in Schottland gewesen ist und sie gefragt, was sie in der letzten Zeit so getrieben hatte. Wie in Trance hatte sie ihm geantwortet; die Sache mit Rahul – ob bewusst oder unbewusst konnte sie nicht sagen – allerdings auslassend. Bevor er ging, hatte er sie schließlich zum allerersten Mal auf den Mund geküsst. Mechanisch hatte sie diese Geste erwidert, denn erst in diesem Moment war ihr eingefallen, dass Harish ja immer noch dachte, dass sie ein Paar waren. Doch als er gegangen war, wurde ihr die Tragweite der Ereignisse erst richtig bewusst. Wie es nun weitergehen sollte, wusste sie allerdings nicht. Rahul hatte sie schon wieder angelogen – und das obwohl ihm vollkommen bewusst gewesen sein musste, dass er sie damit verletzen würde. Die Gefühle, die sie nun für ihn hatte, ließen diese Lüge von allen am schmerzvollsten sein, denn nun konnte sie sie nicht mehr einfach wie alle anderen als Dummheit abtun. Hinzu kam, dass sie nicht wusste, was sie nun wegen Harish unternehmen sollte. Sein Besuch vorhin hatte ihr wieder einmal gezeigt, warum sie ihn all die Jahre geliebt hatte – er war witzig, zuvorkommend, gutaussehend und verstand sich schon beinahe blind mit ihr. So etwas konnte und durfte sie nicht einfach wegwerfen und sich durch eine dumme Lüge zerstören lassen. Seufzend schloss sie die Augen und ließ sich rückwärts aufs Bett fallen. Sie hatte eine Entscheidung getroffen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)