Hidden Flowers III von june-flower (Die letzte Reise) ================================================================================ Kapitel 19: 9. Nacht - Schwert der Akatsuki ------------------------------------------- Allgemein wird angenommen, dass ein Kind sich nicht an die Dinge erinnert, die es während der ersten Jahre seines Lebens sieht und hört. Allgemein wird angenommen, dass Kinder Erwachsene nicht verstehen, wenn diese ernste Gespräche führen, weil sie schlicht und ergreifend zu jung sind. Und bis zu einem gewissen Grad mag beides stimmen. Bis zu einem gewissen Grad. Ashurias erste Erinnerung war ihr vierter Geburtstag. Ihre Eltern, die sie morgens liebevoll wecken, die ihr ein Geburtstagslied singen und klatschen, als sie die Kerzen ausbläst. Die sie umarmen und liebevoll anlächeln. Sie machen einen Spaziergang im Park und füttern die Enten, sie essen Ashurias Lieblingsessen zu Mittag. Sie spielen und lachen zusammen, und auf der ganzen Welt gibt es kein glücklicheres Kind als Ashuria. Der Duft von Mamas Haaren, das Gefühl von Papas Hand auf ihrem Kopf, der Geschmack der Süßigkeiten... All das hat sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingegraben. Genauso wie der erste Streit, den sie belauscht – kein Streit zwischen ihren Eltern, sondern einen Streit zwischen den Dorfältesten und ihren Eltern. Die alten, faltigen Männer und Frauen mustern sie mit einem merkwürdigen Blick – heute weiß sie, dass es Besorgnis und Ablehnung und Angst war – und sprechen mit leisen, hastigen Stimmen auf ihre Eltern ein. „Gehört nicht hierher“, hört sie. „Sabriel... Verräterin... Genau wie ihre Mutter... Rache... Prophezeiung...“ Und schließlich: „Schwert der Akatsuki.“ Ashuria sieht ihre Eltern an und spürt, wie diese sich anspannen. Sie verteidigen sie, heiß und wütend, und Ashuria weiß: Ihre Eltern – selbst, wenn es nicht ihre richtigen Eltern sind – lieben sie. Das wird sich niemals ändern. Ihre nächste Erinnerung ist dunkel, gefärbt von Angst und Unwissenheit. „Du bist also Ashuria“, sagt der Mann im schwarzen Mantel. In der Dunkelheit ihres Zimmers ist sein Gesicht nur ein heller, verschwommener Fleck. „Tochter von Sabriel, der Verräterin. Das prophezeite Kind, das den Akatsuki den Untergang bringen oder sie groß machen wird. Das Schwert der Akatsuki.“ Ashuria macht sich so klein wie es nur geht, aber dem stechenden Blick des Mannes kann sie nicht entkommen. Warum stehen ihre Eltern nicht auf? Warum kommt niemand, um sie aufzuwecken? Zitternd ballt sie ihre Fäuste und weigert sich, sich von ihren Eltern zu entfernen. Plötzlich klingt die Stimme des Mannes sanft. „Nun, wer wird denn Angst haben. Armes, kleines Mädchen... Deine Beschützer sind tot. Jetzt bist du ganz allein.“ Ashurias Unterlippe zittert, aber sie weigert sich zu weinen. Der Mann macht einen Schritt auf sie zu – und hebt sie hoch, ehe sie etwas sagen kann. „Ich habe einen Vorschlag für dich. Komm mit mir – ich werde von nun an auf dich aufpassen.“ Ashuria versteht den Sinn der Worte nicht, die er ihr ins Ohr flüsterte. Aber sie versteht die Gefühle, die hinter den Worten stehen – also schmiegte sie sich zitternd an den Mann, der ernsthaft verspricht, auf sie Acht zu geben, und der es auch so meint. Das waren Ashurias erste Erinnerungen. 16 Jahre später „Ihr seid nicht bei der Sache, Ehrenwerter“, bemerkte sein Assistent und sah das Oberhaupt des Dorfes Versteckt hinter den Blumen an. Die Sonne schien warm auf den Hof der Akademie von Hidden Flowers, auf dem zahlreiche Shinobi sich im Nahkampf übten. Der Schweiß floss in Strömen. „Sollen wir morgen fortfahren? Der Großteil der anstehenden Arbeit ist bereits erledigt.“ Das Oberhaupt warf seinem Assistenten einen dankbaren Blick zu. „Danke, To. Es ist einfach nicht das richtige Wetter für Schreibtischarbeit.“ To, ein hochgewachsener, schlanker Mann mit dunklen Augen, nickte zustimmend und begann, die Schreibutensilien zusammenzuräumen. Der Mann hinter dem Schreibtisch drehte sich erneut zu seinem Fenster um. Gerade, als sein alter Assistent den Raum verlassen wollte, winkte er ihn noch einmal zu sich. „To“, sagte er und deutete hinaus. „Was hälst du davon?“ „Sieht ganz so aus, als ob Ashuria-San wieder einmal alle Gegner in die Flucht schlägt, Rui-Sama.“ Das strenge Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. „So könnte man es wohl nennen.“ Langes, schwarzes Haar, im Nacken zu einem langen Pferdeschwanz zusammengebunden, glänzte im Sonnenlicht. Goldene Augen funkelten. „Ihre Stärke ist erstaunlich, nicht wahr.“ „Nicht, wenn man bedenkt, wie hart sie trainiert“, widersprach To. Ruis Kopf fuhr herum. „Oder wie hart sie trainiert wurde“, sagte er mit schmalen Lippen. „Mein Vater hat wirklich jede Sekunde seines verbleibenden Lebens darauf verwendet, sie zu einer perfekten Waffe auszubilden.“ „Höre ich da Missfallen?“, fragte To, wohl wissend, dass er einer der wenigen Menschen war, die solch eine Frage überhaupt stellen durfte. „Pass auf, was du sagst“, antwortete Rui und blitzte ihn gefährlich an. To lächelte. „Euer verstorbener Vater hat viel Zeit darauf verwendet, Ashuria-San zu trainieren“, sagte er versöhnlich. „Er hat mehr Zeit mit ihr verbracht als mit seinem eigenen Sohn – und hat sie zur perfekten Waffe gemacht, zu einem Shinobi, der Befehlen folgt und für sein Dorf töten würde. Aber er hat sie für das zukünftige Oberhaupt des Dorfes erschaffen. Und das seid Ihr, Rui-Sama.“ „Das ist wohl so“, sagte Rui unwillig und überlegte, ob er seinen Assistenten nur entlassen oder ihm Schlimmeres antun sollte. „Sie ist brilliant“, sagte er stattdessen und sah aus dem Fenster. „Lernt sie noch immer so viel?“ „Sie beherrscht sämtliche überlieferte Nahkampftechniken, hat sie verfeinert und neu kombiniert und so ihre eigene Technik geschaffen. Sie studiert noch immer Sprachen und Naturwissenschaften. Ihr Intelligenzquotient ist erstaunlich hoch, ihre Fähigkeit zur Anpassung, Evaluierung und Reaktion überdurchschnittlich. Kurz: Sie ist brilliant, wie Ihr bereits bemerktet.“ Ashuria auf dem Hof der Akademie liess mit wenigen Schlägen drei Gegner kampfunfähig zu Boden gehen. Rui beobachtete sie, und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Nun, wahrscheinlich liegt das in der Familie... Cousine.“ Ashuria konnte von diesem Gespräch nichts wissen. Die nächste Erinnerung markierte den nächsten Abschnitt in ihrem Leben. Die große, schlanke Frau sah sich nicht um, als die Tür hinter ihr aufflog und jemand hineingestürzt kam. Ruhig strich sie die Strähnen ihres kurzen, rotblonden Haares beiseite und sprach, ohne sich umzudrehen. „Du bringst einen Fremden mit ins Dorf, Ashuria.“ Ashuria fiel auf die Knie – eine Ehrbezeugung, die ihr in Fleisch und Blut übergegangen war – und senkte den Kopf. „Verzeiht mir, Yuuko-Sama“, brachte sie erstickt vor. Sie trug noch immer den dunklen Mantel mit den roten Wolken, der zeigte, dass sie gerade von einer Mission zurückkehrte – oder mitten in einer Mission für ihr Dorf war. „Und er ist in denkbar schlechtem Zustand“, fuhr Yuuko-Sama fort. „Ansonsten würdest du, die du selbst eine Heilerin bist, nicht auf meine Hilfe zurückgreifen.“ Unter der Sanftheit der Stimme klang stählerne Härte. Ashuria senkte den Kopf tiefer. Hidden Flowers liebte keine Fremden, hatte sie nie geliebt. Selbstschutz war hier das wichtigste Gebot – wenn man zu solchen Missionen aufbrach, wie ihnen zugeteilt wurden, musste man alles tun, um dies im Geheimen zu tun. Innerlich zitternd, wartete sie auf das Urteil des Oberhauptes. „Ein Risiko“, sagte Yuuko-Sama, wie zu sich selbst. „Wie ist es geschehen?“ „Allen Anzeichen nach ist er in das Gebiet der Hikari eingedrungen.“ Die Anführerin runzelte die Stirn. Die Hikari waren die Erzfeinde der Akatsuki. Ashuria hoffte, dass dies zugunsten des Fremden ausgelegt werden würde. „Geschäftlich? Beauftragt? Von wem? Hast du Hinweise auf seine Herkunft?“ Ashuria schüttelte stumm den Kopf und hielt dem durchdringenden Blick der Ältesten stand. Die seufzte leise und drehte sich schließlich um. „Ich werde ihn mir ansehen.“ Kaum erleichtert, folgte Ashuria der hochgewachsenen Frau aus dem Raum. In ihrer Tasche verkrampfte sich ihre Hand um das blaue Stirnband mit dem stilisierten Blattsymbol. Egal, wie feindlich Akatsuki den Hikari gegenüber eingestellt war... KonohaNin zu helfen war unverzeihlich. Als sie einige Tage später erneut in den Raum trat, in dem der Fremde untergebracht war, saß dieser mit baumelnden Beinen und gefurchter Stirn auf dem Bett und betrachtete seine Umgebung. Vor Überraschung – vorgestern noch war dieser Mann dem Tode nahe gewesen – stockte sie im Schritt. „Ah.“ Er blickte auf. In seinen Augen stand eine merkwürdige Mischung aus Verzweiflung, Misstrauen, Dankbarkeit und Wachsamkeit. „Sie sind wach.“ Er nahm sie ganz auf, musterte sie von Kopf bis Fuß – und verlegen zog Ashuria die Ärmel ihrer Tunika tiefer, um die Verbände zu verdecken, die ihre Arme bedeckten. Aber es war unmöglich, sie vollkommen zu verstecken. Stumm beäugte er sie, nahm die Narben auf ihren Händen wahr, die schlichte Kleidung, ihr dunkles Haar – und gestattete ihr im Gegenzug, ihn genau anzusehen. „Wo bin ich? Wer sind Sie?“ Sie erklärte es ihm. „Ich habe noch nie etwas von einem Dorf namens Hidden Flowers gehört.“ „Das ist nicht verwunderlich“, sagte sie trocken. „In Anbetracht der Tatsache, dass wir es geheim halten.“ Sie löste die Verbände um seinen Oberkörper. Die Wunden waren verheilt. Stirnrunzelnd betrachtete sie ihn – und er grinste leicht. „Komisch, nicht wahr?“ Nein, er wusste nicht, warum er sich so schnell von seinen tödlichen Wunden erholt hatte. Nein, er hatte keine Beziehung zu den Hikari – und auch keinen Namen und keine Erinnerung an sein Leben zuvor. Sein Blick schweifte in die Ferne, und ein Hauch Angst schlich sich in seine Stimme. Ashuria spürte das Mitleid erneut in sich aufsteigen – und etwas anderes. „Bleiben Sie hier, bis Sie sich wieder erinnern“, schlug sie leise vor. „Bis dahin – wie soll ich Sie nennen?“ Der Mann zuckte die Schultern und zog eine Grimasse. „Wie Sie wollen.“ Sethur. Sie nannte ihn Sethur, „Vergessen“ oder „Fremder“ in der alten Sprache. Er zollte ihr Respekt, dass sie diese beherrschte, und folgte ihr hinaus, das linke Bein leicht nachziehend, wachsam und auf der Hut. Er sagte nicht, dass er bleiben würde, aber er blieb. Und als er sie fragte, wie sie verletzt worden war, wurde sie rot und schüttelte den Kopf. Er war einfach da. Er stellte viele Fragen und beantwortete keine einzige. Er begann langsam, sich an das Leben in Hidden Flowers anzupassen. Er hatte wenig Ahnung von Naturwissenschaften und noch weniger von Buchhaltung. Er schlief nur leicht und schien keine geschlossenen Räume zu mögen. Er half, wo er konnte, machte Fehler und ärgerte sich darüber. Es gab viele Dinge, die er nicht beherrschte – aber er konnte gut mit Menschen umgehen. Und ganz besonders mit Kindern. „Du wärst ein guter Vater“, witzelte jemand einmal, während Ashuria daneben stand. Sethur zuckte die Schultern. „Vielleicht.“ „Fehlt nur noch die passende Frau.“ Sein Blick flog in die Ferne. „Ja“, murmelte er. Ashuria verstand. Und es schmerzte. Als er sie zum ersten Mal in dem nachtschwarzen Mantel sah, der mit kleinen, blutroten Wolken verziert war, erschauderter er. Sein Gesicht versteinerte. Stumm wandte er sich ab. „Warst du ein Shinobi?“, fragte Ashuria leise. Er gab keine Antwort, aber er bewegte sich nicht. Er war es gewesen, das wusste sie. Und wunderte sich, dass noch niemand es bemerkt hatte. Seine Reflexe, seine Art zu Laufen, seine Fähigkeit, Chakra einzusetzen... Doch dann drehte er sich zu ihr um und brachte eine schlechte Imitation eines Lächelns hervor. „Shinobi? Ich? Das wäre mal eine gute Idee.“ Sie brachte es nicht über sich, das Gesicht zu verziehen. Und nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob er sich eigentlich überhaupt erinnern wollte. „Vermisst du überhaupt nichts?“, fragte sie leise. „Freunde? Verwandte oder Familie? Deine Arbeit?“ Seine Schultern versteiften sich noch mehr. „Ich kann mich nicht erinnern“, sagte er tonlos. „Ich versuche es wieder und wieder... Da war etwas Wichtiges, ich habe etwas versprochen, mehreren Personen, aber...“ Sein Blick verschwamm erneut. „Ich weiß es einfach nicht“, flüsterte er, mehr zu sich selbst. „Und diese Ebene ist so leer...“ „Tot“, presste Rui-Sama zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Alle tot!“ Sämtliche Shinobi um ihn herum spiegelten in ihren Gesichtern den selben Unglauben wider, Unglaube und Wut und Verzweiflung und Trauer. Das Dorf, das ihre Heimat gewesen war, ihr Zufluchtsort, lag in Trümmern. Rauchende Ruinen begrüßten die Heimgekehrten. Kein Leben rührte sich. „Das werden sie büßen“, zischte er, und es war ein Fluch und ein Versprechen gleichzeitig. Die Shinobi hinter ihm waren starr vor Entsetzen und Wut. Als Gruppe waren sie ausgezogen – beinahe alle Shinobi des Dorfes – um eine Rechnung für einen Landesfürsten zu begleichen. Der Fürst hatte sie betrogen. In der Zwischenzeit war ihre Heimat dem Erdboden gleichgemacht worden. Und dann war es zu Ende. Ashuria bemerkte nicht den beißenden Rauch, der ihr in die Augen stach, oder die Hitze, die an ihrem Umhang leckte, die kleinen Flammen, denen sie keine Beachtung schenkte. Die Asche, die Ruinen und das Blut – sie nahm nichts von alldem wahr. Und sie fand ihn – Sethur, ihren Sethur, aber er war es nicht mehr. Inmitten der Ruinen des zerbrochenen Hauses, welches ihre Wohnung gewesen war, stand er da und starrte ins Leere. Als er ihre hastigen Schritte hörte, drehte er sich zu ihr um. Sein Gesichtsausdruck sagte ihr alles. „Du erinnerst dich.“ Es war eine Frage, und er beantwortete sie nicht. Aber in seinen Augen brannte Verzweiflung. „Drei Jahre“, flüsterte er tonlos. „Ich habe drei Jahre hier verbracht.“ Sie antwortete nicht. „Und die Kleinen – sie haben geschrien, als sie mich gesehen haben... Oh Gott, Ashuria!“ Er vergrub das Gesicht in den Händen. „Ich habe ein Versprechen gebrochen, ich habe meine Heimat verraten und drei Jahre hier gelebt, ohne mich zu erinnern!“ Sie hatte ihn verloren. „Geh zurück“, flüsterte sie heiser, ohne ihn anzusehen. „Geh zurück dahin, wo du hingehörst.“ Sie streckte die Hand aus und schob ihm das abgewetzte, blaue Band mit der Platte mit dem ziselierten Blattsymbol in die Hand, welches sie drei Jahre mit sich getragen hatte. Überrascht blickte er auf sein Stirnband, aber als er die Hand ausstreckte und sich ihre Hände berührten, schrak er zurück. Ashuria konnte nicht atmen. „Sag mir wenigstens, wie du heißt“, brachte sie hervor und wich zurück. Der Fremde lächelte fast. „Naruto“, sagte er. „Aber du kannst mich auch weiter Sethur nennen.“ „Geh nach Hause, Naruto“, sagte sie und floh aus den Ruinen ihrer Wohnung. Ihres Lebens. Sie lebte weiter, weil sie es musste. Hidden Flowers – das Dorf, das nicht existierte – war angegriffen worden, war verletzlich und musste wieder aufgebaut werden. Aber nicht hier. Irgendwo, irgendwo, wo es sicher war. Die Ebene war weit und leer. Sie wurde gebraucht. Als Schwert der Akatsuki jagte sie mit einigen anderen Shinobi die Fürsten, die den Befehl zur Vernichtung des Dorfes gegeben hatten, und tötete sie. Sieben der Zehn Fürsten verloren ihr Leben durch ihre Hand. Ihre Länder verfielen dem Chaos. Die Hikari zerfleischten sich selbst über der Frage, wer von nun an regieren würde. Die Akatsuki bauten sich im Hintergrund neu auf, erhoben sich aus dem Blut und der Asche und den Trümmern ihres Dorfes neu.Und doch war da wieder etwas, ein Schatten, der sich auf die Seelen Einiger legte, wie auf Rui-Sama und Yuuko-Sama, und auch Ashuria bemerkte es. Ihre Ahnung wurde bestätigt, als eines Tages – auf einer Mission – Naruto vor ihr stand. Naruto, nicht Sethur. „Ashuria“, sagte er, und das schmerzlich vertraute, halbe Grinsen blitzte auf. Seine Augen waren ernst. „Hör gut zu, was ich nun sage. Ich werde mich nicht wiederholen.“ „Jemand macht Jagd auf uns“, flüsterte Yuuko leise. Rui trat zu seiner Frau und schlang die Arme um ihre Hüfte. „Ist es das Kyuubi?“ „Ja.“ Eine Weile standen sie still, dann seufzte Rui. „Es hat also begonnen.“ Sie lebte weiter. Es ging nicht anders. Wie ein Alptraum kehrte die Szene immer wieder zu ihr zurück. Naruto, der ihr mit versteinerter Miene darlegte, dass Akatsuki Konohas Feind war. Dass er sich dazu verpflichtet hatte, das Dorf und die Menschen, die drei Jahre lang Seite an Seite mit ihm gelebt hatten, zu vernichten. Dass er keine andere Wahl hatte, als zu gehorchen, dass er es jedoch auch tat, weil Ashurias Leute für den Tod seiner Freunde verantwortlich waren. Dass er, wenn nötig, auch gegen sie kämpfen würde. Seine Stimme, sein Ausdruck, als er ihr anbot, mit ihm nach Konoha zu kommen, sein Glaube an sie, dass sie anders sei, dass er ihr vertraue. Er verlangte von ihr, eine Verräterin zu werden, das war ihr bewusst. Die Taubheit in ihren Gliedern, als sie nickte, ihm wortlos versprach, ihm überallhin zu folgen. Ja, sie würde ihm folgen, würde dafür die Menschen verraten, mit denen sie 20 Jahre lang zusammengelebt hatten, die für den Tod ihrer Eltern verantwortlich waren und sie doch aufgenommen und beschützt hatten... Und Hass auf sich selbst kochte heiß und schmerzlich in ihr. Der Mond beleuchtete die Menschen, die anwesend waren, als sie ihr altes Leben verriet. Yuuko-Samas Gesicht zeigte nicht einmal Überraschung – nur einen leisen Schmerz und beinahe so etwas wie Frieden als die schlanke, lange Klinge ihren Leib durchbohrte. Rui-Sama knurrte, ein grimmiger, entschlossener Laut, als er Naruto erneut angriff, voll konzentriert auf das, was er tun wollte – und deshalb abgelenkt. Und Ashuria tötete auch ihn. Zwei Menschen, denen sie gedient hatte, seit sie vier Jahre alt gewesen war, lagen tot vor ihr, und sie wusste, sie wäre mit Naruto gegangen, so sehr sie sich selbst hasste, so sehr sie sich selbst anwiderte. Doch ein Gedanke hielt sie zurück. Akatsuki war geschlagen. Die mächtigsten Mitglieder waren vernichtet worden, und dennoch – Yuuko-Sama und Rui-Sama hatten immer für alle Eventualitäten vorgeplant. Akatsuki würde wieder auferstehen. Kyotsuki, ihr Sohn, heute noch ein kleiner Junge, würde eines Tages die Macht übernehmen. Naruto kehrte zurück nach Konoha. Ashuria blieb. Sie tötete Acht der Vierzehn Akatsuki, die Naruto verfolgten, sodass er es nach Hause zurück schaffen konnte. Nicht, dass er sich nicht selbst verteidigen konnte, aber sie fühlte sich wohler so. Dann blieb sie schwer atmend stehen und sah ihm nach, sah ihn in der Dunkelheit verschwinden und schwor sich still,dass auch sie eines Tages – irgendwann – dorthin gehen würde, wohin Naruto nun ging. Sie würde Konoha ihre Loyalität anbieten – vorausgesetzt, die Hokage würde sie aufnehmen wollen. Sie war Akatsuki, das wusste sie wohl, aber sie weigerte sich darüber nachzudenken, was geschehen würde, wenn sie sie nicht haben wollten. Naruto würde denken, dass sie gestorben war. Oder dass sie ihn doch verraten hatte, dass sie sich doch entschieden hatte, nicht mit ihm zu gehen. Es war nicht schlimm, wenn er die Wahrheit niemals erfuhr – solange er nur heil ankam. Ashuria, das Schwert und der Untergang der Akatsuki, wartete ab und hoffte. * * * Ende des Kapitels * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)