Ein neuer Freund von Meredith_McKay ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Mein Name ist Makoto und ich bin ein 13-jähriges Mädchen aus Japan. Ich war damals von Kyoto nach Tokyo gezogen, kurz nachdem meine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Meine Tante hatte mir angeboten mich bei ihr aufzunehmen und ich willigte ein. Doch all zu schön verlief meine erste Zeit in der neuen Stadt wirklich nicht. Ich schaffte es einfach keine neuen Freunde zu finden. Egal, was ich tat, es half alles nichts. Erst dachte ich, der Grund wäre meine Haarfarbe. Braune Haare sind in Japan eher selten. Aber meine Mutter war aus den Niederlanden, da waren heller Haare vollkommen normal. Meine Augenfarbe sorgte auch immer wieder für Verwirrung. Obwohl es eher ungewöhnlich ist, sind meine Augen hellgrün. Nicht jeder in meiner neuen Schule konnte sich damit anfreunden. Meine Noten waren immer gut gewesen. Der Notendurchschnitt von 1,0 war seit Beginn der Schulzeit normal für mich gewesen. Bei einem überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten auch nicht weiter verwunderlich. Somit konnte das auch kein Grund sein oder war etwa Neid dabei? Gut, ich war schon immer ein recht ruhiges Mädchen, das einfach gerne lange Spaziergänge machte. Ich schaffte es selten von mir aus auf andere zuzugehen, dafür war ich dann doch zu schüchtern und ich konnte niemals gegen irgendwelche Regeln verstoßen. Hilfsbereit und immer ein offenes Ohr für andere, selbst wenn diese Personen mich nicht mochten. Vermutlich ein Fehler, aber so bin ich nun mal bis heute noch. Ich hatte viele Wochen überlegt, was ich falsch gemacht hatte und irgendwann bekam ich den Tipp. Meine Freizeitgestaltung war nicht wie die der anderen Schüler und Schülerinnen. Während sie gerne vor dem Fernseher saßen, Video spiele zockten oder von einem Konzert zum nächsten liefen, verbrachte ich meine Zeit lieber in der freien Natur. Deswegen konnte ich auch bei den Gesprächen der anderen nicht mitreden. Meine Zeit in der Natur war ich einfach von früher gewohnt und ich wollte es einfach nicht missen müssen. Vor allem, weil meine Waldbesuche auch für meinen ersten Freund in Tokyo sorgten. Es war damals ein sonniger Tag und ziemlich heiß. Mein Nachmittag war bereits verplant gewesen, weshalb ich nur darauf gewartet hatte, endlich den Klang der Schulglocke zu hören. Als es endlich so weit war, sprang ich von meinem Platz auf und verließ das Schulgebäude auf schnellstem Wege. Meine Schultasche verschwand im Korb an der Lenkstange meines Fahrrades und so machte ich mich auf zum etwas weiter entlegenen Wald, in dem sich mein Lieblingsplatz befand. Ein kleiner, ruhiger, glasklarer See. Ich hätte bei meinem Umzug nie gedacht, ein solches Gewässer in Stadtnähe zu finden, doch ich tat es. Es war der richtige Ort zum Entspannen und all meine kleinen und großen Sorgen für einige Zeit zu vergessen. Dort gab es nämlich Wichtiges, was man in der Stadt selten bekam, nämlich ausreichend Ruhe und vor allem frischen Sauerstoff. Von den Autoabgasen hatte ich schon lange genug. Außerdem war meine Tante wieder mal nicht zu Hause. Ihre Arbeit erlaubte es nicht, viel Zeit mit mir zu verbringen. Das war ein weiterer Grund, warum ich eigentlich aus Tokyo wegwollte. Nur ohne einen Ort, wo ich hingehen konnte, was dies einfach nicht möglich. So hatte ich mich mit dem Leben am Rande einer Großstadt mehr oder weniger abgefunden. Meine Badesachen hatte ich bereits am Morgen unter meiner Schulkleidung angezogen. So wollte ich verhindern unnötig meine Zeit mit Umziehen zu verschwenden. Ich wollte einfach so schnell wie möglich schwimmen gehen. Einfach das kühle Nass auf meinem Körper spüren. Für mich gibt es bis heute nichts Schöneres. Jedenfalls war ich fast an meinem Lieblingsplatz angekommen, als ich ein merkwürdiges Geräusch hören konnte. Erst wollte ich einfach weiter gehen, doch dann siegte meine Neugierde und ich näherte mich mit langsamen Schritten einem Busch. Noch einmal atmete ich tief ein, bevor ich den Blick hinter das Gebüsch wagte und entdeckte eine merkwürdige Gestalt. Es hatte etwas von einem Hund, mit weißem Fell. Nur die Ohren und der Schwanz waren in einem rosarot gefärbt. Ich wusste sofort, dass es keiner sein konnte. Diese Rasse war mir einfach zur Gänze unbekannt. „Hast du geknurrt?“, fragte ich mit ruhiger Stimme. Dieses Wesen hatte mich wohl gar nicht bemerkt, was ich seinem erschrockenen Blick entnehmen konnte, als er mich nach meinen Worten ansah. „W .. wo kommst du auf einmal her?“ „Sag mir lieber, wer du bist .. oder eher was du bist.“ Eigentlich sollte man keine Frage mit einer Gegenfrage beantworten, doch wieso sollte vorher antworten? Meine Frage war wesentlich interessanter gewesen und ich hatte ihn zuerst entdeckt. Ich musterte dieses Lebewesen noch einmal genau. „Sag mir, was du bist.“ „Ich bin Labramon.“ „Labramon?“ Ungläubig sah ich ihn an. „Und was bist du?“ „Ein Digimon.“ Ich war nur noch verwirrter. „Ein Dickiemon? So dick siehst du eigentlich nicht aus.“ Eigentlich tat er das schon, nur so unhöflich wollte ich nun doch nicht sein. Sein kleines Bäuchlein war nicht zu übersehen. Aber diesem Wesen passte meine Antwort wohl trotzdem nicht. „NEIN …“ Schnaufend sah er mich an. „Ich bin ein Digimon .. mit G! Okay? MIT G!“ Ich verstand nicht ganz, warum er mich anschrie. Schließlich war ich nicht schwerhörig. „Und was machst du hier Dickerchen?“ „SAG NICHT DICKERCHEN ZU MIR!“ Im ersten Moment wirkte er noch wütend, doch im Bruchteil einer Sekunde änderte es sich schlagartig. Mit ruhiger Stimme sprach er weiter. „Ich kam her, um dich zu suchen.“ „Um mich zu suchen?“ Das war mal interessant. Jemand suchte mich? Das war etwas ganz Neues für mich. „Warum suchst du mich?“ „Du hast mich gerufen!“ Labramon war anscheinend davon überzeugt, ich hätte ihn gerufen. Doch wie hätte ich das machen sollen? Ich wusste nicht einmal, dass es ihn gab und seine Handynummer hatte ich bestimmt auch nicht. Wobei er sicherlich kein Handy besaß. Und wenn ich die Wahl gehabt hätte, dann wäre meine Wahl sicher nicht auf einen Hund gefallen. Ich mochte Katzen viel lieber. Mir kam das merkwürdig vor, also wollte ich einfach nur weg. „Schön, du hast mich gesucht und gefunden. Erfolg auf der ganzen Linie, bis dann.“ Ohne weiter nach zu denken griff ich nach meinem Fahrrad und schob es in Richtung des Sees. „Warte!“, hörte ich Labramon hinter mir. Einen Moment überlegte ich mich wieder zu ihm umzudrehen, aber dann setzte ich meinen Weg weiter fort. Schließlich war ich diesem Lebewesen nichts schuldig. Weder eine Erklärung, noch musste ich ihm zuhören. Weit kam ich nur leider nicht, denn auf einmal saß Labramon vor mir. Verwirrt sah ich mich um. „Wie .. wie hast du mich überholt? Du warst doch hinter mir.“ „Ich bin schneller, als ich aussehen mag.“ Er atmete tief ein. „Du hast nach mir gerufen! Und zwar vorige Woche, schon vergessen?“ „Wann denn? Ich kann mich nicht erinnern, dich jemals zuvor gesehen zu haben. Und auch deinen merkwürdigen Namen habe ich sicher noch nie gehört.“ Langsam reichte es mir. Wieso sollte er etwas von mir wissen, was ich selbst nicht wusste? Er war doch nichts anderes, als irgendein Wesen, das zufällig im Wald war. Zumindest war das meine Vermutung. Aber anscheinend hatte Labramon doch mehr Ahnung, als ich angenommen hatte. So sah er mich ernst an. „Denk doch mal nach. Du hattest letzte Woche Geburtstag, nicht?“ „Ja, hatte ich. Aber was hat das damit zu tun?“, fragte ich neugierig nach. „Der Wunsch!“ Innerlich wiederholte ich diese Worte und dachte kurz nach. Doch dann wusste ich genau, worauf er hinaus wollte. „Mein Wunsch? Du meinst als ich diese Sternschnuppe sah?“ Ich hatte es schon fast vergessen. An meinem Geburtstag hatte ich eine Sternschnuppe am Himmel entdeckt und mir einen Freund gewünscht. Denn nach so langer Zeit in Tokyo wollte ich endlich einmal jemand anderen zum Reden, als meine Tante. Schließlich sah ich sie auch nicht oft. Ich wollte jemand, mit dem ich spazieren gehen konnte, um nicht immer alleine unterwegs sein zu müssen. Einfach einen Freund, mit dem ich vieles teilen konnte. Ich war einfach so einsam gewesen, dass ich dem endlich ein Ende setzen wollte. Ich war dennoch verunsichert gewesen, weil dieses Wesen aufgetaucht war. „Und wieso du Dickerchen? Warum kein normaler Mensch?“ „Weil du etwas Besonderes bist“, lächelte Labramon. „Du bist nicht wie die anderen und später werden wir einmal deine Hilfe brauchen und genau deswegen bekamst du ein Digimon zur Seite gestellt, mich!“ Im ersten Moment wollte ich es einfach nicht glauben. Ich dachte zuerst, dass mir jemand einen Streich spielen wollte, doch dann sah ich in seine Augen. Ein warmes Gefühl durchzog meinen Körper, mein misstrauischer Blick verflog und ein Lächeln zauberte sich stattdessen auf meine Lippen. „Also sind wir jetzt Freunde?“ Ein einfaches Nicken war seine Antwort. Es war wirklich ungewöhnlich, aber ich konnte mich sofort mit dieser Tatsache anfreunden. Man wünschte sich einen Freund und bekam einen merkwürdig aussehenden, sprechenden Hund. Warum auch nicht? Es war mal etwas anderes und sicher niemand, den man mit Kleidung beeindrucken musste, um sich dessen Freundschaft sicher zu sein. Es gab jedoch noch eine Sache, die ich nicht verstand. Wie kam er darauf, dass sie später meine Hilfe einmal gebrauchen würden und vor allem, wer waren sie? Er sprach von „Wir“, also meinte er definitiv auch andere. Mich selbst konnte er unmöglich meinen. Gab es denn noch andere Digimon wie ihn? Trotz allem wollte ich diesen Fragen nicht weiter nachgehen. Ich hatte einen neuen Freund und das war alles was ich mir gewünscht hatte. Ich wollte mir nicht über die Zukunft Gedanken machen, sondern einfach nur genießen. Außerdem gab es immer noch etwas, was auf mich gewartet hatte, nämlich der See. Mit einem Lächeln nahm ich Labramon hoch. „So mein Dickerchen! Wir zwei werden erst einmal schwimmen gehen.“ Ich setzte das Wesen in den Korb an meinem Fahrrad und schulterte meine Schultasche, dann fuhren wir gemeinsam los. Ich wollte einfach einen schönen Tag an meinem Lieblingsplatz verbringen und mit meinem neuen Freund war dies nun endlich möglich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)