Vertrauen und Verrat von Seira-sempai ================================================================================ Kapitel 23: Wut --------------- „Dein ach so toller Freund hat ihn nach eurem Streit in einen Hinterhalt gelockt. Sie haben ihn eingefangen und verschleppt. Ich suche schon die ganze Zeit nah ihm, kann ihn aber nirgends finden!“, rief der Mannaro wütend. Ich konnte das nicht glauben. Ich wollte es nicht glauben. Ryan war mein Freund und ich vertraute ihm. Er konnte nicht. Er konnte mich einfach nicht so hintergangen haben. „Ist- Ist das wahr?“, fragte ich schwach und sah ihn abwartend an, hoffend dass es sich um ein Missverständnis handelte, oder ich mich eben verhört hatte. Ryan starrte auf den Boden und antwortete nicht. Er wich einige Schritte zurück, bis er mit dem Rücken an einem Gartenzaun stand. „Alec, das...“ Diese Antwort genügte mir. Ich packte Ryan am Kraken und stieß ihn hart gegen den Zaun. „Gib ihn zurück! Gib mir meinen besten Freund zurück!“ Ryan riss sich los und stieß mich zurück. „Wen nennst du hier deinen besten Freund?!“, brüllte er, „Kapierst du denn gar nicht, was hier gespielt wird?“ „Du bist derjenige, der es nicht kapiert!“ Wütend stampfte ich auf ihn zu, bevor ich mit meiner Faust ausholte, ihn mitten in das Gesicht schlug und das linke Auge traf. „Verräter!“, schrie ich rasend vor Wut, „Wie kannst du es wagen?! Ich dachte wir wären Freunde!“ Ryan hielt sich sein verletztes Augen und starrte mich erschrocken an und schrie: „Kian ist der Verräter, nicht ich! Er hat dich die ganze Zeit angelogen! Er hat dich nur ausgenutzt.“ „Wenn du die Sache meinst, dass er kein Mensch ist: Ich weiß es, seit über sechs Jahren. Er hat es mir gesagt.“, warf ich zornig über die Beschuldigungen ein. Mein Klassenkamerad zuckte zusammen, als hätte er davon nichts gewusst, bevor er mich erneut anschrie. „Und was hat er dir noch gesagt? Wovon sich die Mannaro ernähren? Was sie von uns Menschen halten?“ „Hat er.“, rief ich, „Aber er ist nicht so. Er ist nicht wie die anderen! Er würde nie-“ „Nie was?“, unterbrach mich Ryan, „Dir etwas antun? Was macht dich da so sicher? Woher willst du wissen, dass er dich nicht die ganze Zeit angelogen hat? Er hat zwar behauptet, vor seiner Familie geflohen zu sein und nicht ihre Ansichten zu teilen, aber ich glaube das nicht. Nicht bevor ich keine Beweise habe!“ „Du hast seine Verletzungen doch gesehen!“, schrie ich, „Und du weißt auch, dass sie echt waren! Was brauchst du noch? Den Rest haben wir dir doch schon gesagt!“ Ryan schlug mit der Faust gegen den Zaun. „Und das soll ich euch glauben?! Dass sein Großvater auf ihn losgegangen ist, weil er erfahren hat, dass ihr beide noch Freunde seid? Für wie blöd hältst du mich eigentlich?! Und warum sollte er das getan haben? Damit spielt er dir doch alles in die Hände!“ Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Jetzt noch weiter zu diskutieren war sinnlos. Aber ich wollte meinen besten Freund auch nicht als Verräter dastehen lassen. „Er hat dir den Grund schon gesagt!“ Ich ging einen Schritt zurück, achtete aber darauf, dass Ryan nicht fliehen konnte, „Für sie ist er nichts Wert wegen seiner Mutter. Sie war ein Mensch...“ Ryan erstarrte. „S- Soll das heißen, dass ihr bis jetzt immer die Wahrheit gesagt habt?“ Ich nickte. „Wir haben nur die Sache mit den Mannaro weggekürzt...“ „Dann...“, murmelte Ryan, „Dann ergibt sein seltsames Verhalten auch einen Sinn. Wieso er Alice zurückgewiesen hat. Wieso er sich nicht mit den anderen angefreundet hat...“ „Er wollte nicht, dass ihr mit in die Sache hineingezogen werdet.“, murmelte ich, „Aber dazu ist es jetzt zu spät. Du weißt von den Mannaro und Dean und Alice sind sogar einigen in ihrer Wolfsgestalt begegnet. Nur George weiß noch nichts...“ Scar räusperte sich und kam langsam auf uns zu.. „Ich finde es zwar rührend, dass du deinem kleinen Freund hier zu erklären versuchst, dass er im Unrecht liegt. Aber wäre es nicht wichtiger, nach Kian zu suchen?“ Er hatte Recht. Mit Ryan konnte ich mich auch später noch streiten. Kian ging vor. „Wo?“, fragte ich meinen Klassenkameraden, „Wo ist er?“ Ryan stieß mich zur Seite. Doch ich konnte ihn noch am Arm packen und gegen den Zaun werfen. „Wo willst du hin?“, schrie ich ihn an, „Ich lasse dich nicht eher gehen, bis du gesagt hast, wo er ist!“ Er starte mich geschockt an. „Warum riskierst du so viel für diesen Verräter?“ „Kian ist kein Verräter!“, rief ich, „Nenne ihn nicht so!“ „Was- was bedeutet er dir?“, fragte Ryan. „Er ist mein bester Freund.“, antwortete ich. Mein Klassenkamerad nickte. Es schien als würde er nachgeben. „Kian ist im Labor meines Vaters, im Keller. Rechts den Gang entlang, die vierte Tür links. Mehr weiß ich auch nicht.“ Das war schon einmal ein Anfang. Nur leider hatte ich nicht die geringste Ahnung, wo sich dieses dämliche Labor befand. „Bring mich hin!“, verlangte ich deshalb, „Oder ich lasse dich hier bei Scar zurück. Mal sehen wie lange du überlebst.“ Ryan schaute mich eingeschüchtert an. „Okay, okay. Ich bring dich ja schon hin.“ „Jetzt wo das geklärt ist: Können wir los?“ Mein Klassenkamerad nickte zögerlich, bevor er sich in Bewegung setzte und mich hoffentlich nicht in die falsche Richtung führte. Eine Weile folgte Scar uns, doch dann war er auf einmal verschwunden. Ich wandte mich an Ryan. „Was habt ihr mit Kian gemacht?“ „Ich weiß es nicht.“, flüsterte er ängstlich, „Mein Vater hat mich nur ganz plötzlich gebeten, ihn vor das Labor zu locken. Dann haben sie ihn eingefangen. Und als ich fragte, was sie da täten, haben sie es mir gesagt. Dass er ein Mannaro ist und so.“ Ich nickte. „So war das also gewesen. Ich glaube, ich habe ein ernstes Wörtchen mit meinem Vater zu reden...“ „Wirst du es ihm sagen?“, fragte Ryan mich vorsichtig, „Dass du die Kette aus der Legende besitzt und dass einer von ihnen dich gebissen hat?“ „Nein!“, antwortete ich stur. „Er weiß, was er wissen muss. Ich habe ihm einen Teil geschrieben. Er weiß, was er tun muss, um mehr zu erfahren.“ Darauf erwähnte mein Klassenkamerad nichts mehr. Erst als wir etwa eine Stunde später vor einem etwas verfallenem Gebäude standen, blieb er stehen. „Wir sind da.“ Als wir das Grundstück betraten, kam ein Mann zugerannt. „Hey ihr da! Hier ist der Zutritt verboten. Seht zu, dass ihr von hier verschwindet!“ Ich schaute den Mann wütend an. Irgendwo hatte ich ihn schon einmal gesehen, das wusste ich und als ich eine Weile überlegte, fiel es mir auch wieder ein. Er war früher öfters bei meinem Vater zu Besuch gewesen. Eine Weile sah mich der Mann abwartend an, ich wusste er wartete darauf, dass Ryan und ich wieder gingen. Aber das hatte ich nicht vor. Ohne Kian würde ich dieses Grundstück nicht verlassen! Entweder sie rückten ihn freiwillig heraus oder ich musste sie dazu zwingen. "Ist mein Vater hier?", fragte ich. Vielleicht kamen wir ja hinein, wenn er mich erkannte. Fehlanzeige. Der Mann starrte mich nur verwirrt an. "Wer bist du?" "Alec Stone.", antwortete ich. Langsam wurde es mir zu bunt. "Ist ja auch egal ob er hier ist. Jedenfalls gehe ich jetzt da rein. Ich hab es eilig! Besser Sie versuchen gar nicht erst, mich aufzuhalten! Wenn Ihnen das nicht passt, beschweren Sie sich bei meinem Vater. Er hat mir etwas sehr wichtiges gestohlen. Ich will es nur zurückholen! Und jetzt gehen Sie zur Seite!" Ich stieß den Mann zur Seite und spazierte auf das Gebäude zu." "Warte!", rief er hörbar wütend, "Du darfst da nicht rein!" "Wissen Sie was?", schrie ich den Mann an, "Das ist mir scheißegal. Ich habe es schon einmal gesagt. Wenn Ihnen das nicht passt, beschweren Sie sich bei meinem Vater!" Ich lief weiter. Der Mann blieb stehen. Er schien aufgegeben zu haben. Nur Ryan folgte mir in einigem Abstand. Er entschuldigte sich für mein angebliches Fehlverhalten eben, bevor er aufholte. "Mensch Alec, so kannst du dich hier doch nicht aufführen!" "Du siehst doch, dass ich das kann!", fuhr ich ihn an, "Ich habe jedes Recht, wütend zu sein! Und jetzt bring mich zu Kian oder du kannst etwas erleben!" Wir betraten das Gebäude. Jetzt übernahm Ryan wieder die Führung. Er führte mich durch einige verstaubte Gänge, bis er vor einer Metalltür stoppte. "Hier ist es." Ich schaute mir die Tür genauer an. Besonders stabil sah sie nicht aus. Als ich den Türdrücker hinunterdrückte, öffnete sie sich mit einem lauten quietschen. Wir traten ein. Es war dunkel und ich konnte nicht gerade viel sehen, weshalb ich nach einem Lichtschalter suchte. Nach einigen Sekunden hatte ich diesen dann auch gefunden. Ich atmete erleichtert aus, bevor ich mich umsah. Wir befanden und in einem strk verstaubten und mit Müll zugeschlichtetem Raum. Laut Ryan musste Kian irgendwo hier sein. Doch ich konnte ihn nicht sehen. An der Wand standen Kisten in sämtlichen Größen und Formen, aber die Mitte des relativ großen Raumes war frei. Von mir gegenüber befand sich eine weitere Tür, die ebenfalls aus Metall bestand. Langsam lief ich auf sie zu, als ich plötzlich ein lautes schepperndes Geräusch hörte. Ryan gab einen erschrockenen Laut von sich und rannte auf mich zu. "Wir müssen hier hier weg! Schnell! Sonst bringt er uns um!" "Wer?", fragte ich und ein unschönes Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Er konnte nicht das meinen, was ich gerade dachte. Das war nicht möglich. So etwas würde mein bester Freund niemals tun. "K- Kian...", flüsterte Ryan. "Das glaube ich nicht!", schrie ich vor Zorn über diese Beschuldigung, "Kian würde nie..." Ohne die wütende und teilweise auch besorgten Rufe meines Klassenkameraden weiter zu beachten, rannte ich auf die Tür zu. Kian befand sich direkt dahinter. Das war alles, was ich wissen musste. Ich riss die Tür auf, doch was ich dort erblickte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Nur wenige Meter vor mir stand mein bester Freund, in seiner Wolfsgestalt. Sie hatten ihm ein Halsband umgelegt und ihn an die Wand gekettet. Kians sonst so weiches glänzendes Fell sah jetzt matt und zerfetzt aus. Er zerrte und riss an dieser Kette, so stark dass er sich daran verletzt hatte. Der Beweis dafür waren die Blutspuren, die seinem Fall hinunterliefen und das eingetrocknete Blut direkt neben ihnen. Er musste schreckliche Schmerzen haben. Langsam ging ich einige Schritte auf meinen besten Freund zu und flüsterte seinen Namen. "Kian..." Er reagierte nicht. Es schien fast, als hätte er meine Anwesenheit nicht bemerkt. Seine Augen funkelten mich an und ich konnte die Mordlust klar und deutlich in ihnen erkennen. "Was haben sie nur mit die gemacht...", flüsterte ich leise und lief einen weiteren Schritt auf ihn zu. Ich hörte Schritte und die gedämpften Stimmen mehrerer Personen. Sofort versteckte ich mich in einer dunklen Ecke. Es wäre nicht gut, wenn mich jetzt irgendwer entdecken würde. Doch als die Stimmen näher kamen, erkannte ich meinen Vater und den von Ryan, aber die dritte Stimme konnte ich keiner Person zuordnen. Plötzlich ging ein Ruck durch Kians Körper. Er zerrte noch wilder an der Kette und knurrte jetzt auch noch bedrohlich. Erschrocken zuckte ich zusammen, aber ich hatte mich schnell wieder gefangen. Er würde mir nichts tun, oder doch? Entschlossen schüttelte ich meinen Kopf. Kian war mein bester Freund und ich vertraute ihm voll und ganz, also durfte ich so etwas nicht von ihm denken! Die drei Männer gingen direkt auf Kian zu und blieben wenige Meter vor ihm stehen. Mich schienen sie nicht bemerkt zu haben, jedenfalls schaute keiner in meine Richtung und sie unterhielten sich weiter. Jetzt konnte ich auch endlich verstehen worüber. "Ich gebe es auf. Diese Bestie hier bekommen wir nie unter Kontrolle.", meinte Ryans Vater. Meiner nickte. "Das hast du Recht. Vielleicht sollten wir ihn erschießen, bevor er noch unser ganzes Labor zerlegt." Ich erstarrte. Nein! Das durften sie nicht. Ryans Vater richtete eine Schusswaffe auf meinen besten Freund. „Bist du sicher?“, fragte er, „Einmal tot nutzt er uns nichts mehr als Forschungsobjekt...“ In diesem Augenblick war mir alles egal. Es interessierte mich weder, woher er die Waffe hatte, noch ob er damit umgehen konnte. Das einzige, was noch zählte, war das Leben meines besten Freundes. Ich wusste, ich würde es den drei Männern auch nie wieder verzeihen, was sie ihm angetan hatten. Plötzlich riss Kians Kette. Die Männer erstarrten, bevor sie mit vor Angst gezeichneten Gesicht zurückwichen, bis sie an der Wand ankamen. Kian ging langsam auf sie zu, mich noch immer ignorierend. Ich war wie gelähmt, vor Angst. Sie war wieder da! Diese Angst, die ich anfangs vor Kian gehabt hatte! Aber warum genau jetzt? "Jetzt schieße endlich", brüllte mein Vater. Mein Kopf war wie leergefegt. Ich konnte nur noch an eine Sache denken: Kian! Der Rest war weit in den Hintergrund gerutscht oder hatte sich ganz aus meinen Gedanken verabschiedet. Ich wusste, wenn Ryans Vater abdrückte, war Kian tot. Und ich wollte das nicht. Ich wollte meinen besten Freund nicht verlieren, nicht wieder, nicht für immer!" Kian ging in Sprungstellung. Er würde die Männer gleich angreifen, so viel war sicher. Langsam verließ ich den dunklen Winkel, in dem ich mich bis jetzt versteckt hatte, und ging vorsichtig auf meinen besten Freund zu. Ich musste sie stoppen, alle drei! Dann ging alles schnell. Kian sprang auf Ryans Vater zu. Gleichzeitig sprintete ich los und stellte mich mit zur Seite ausgebreiteten Armen etwa einen halben Meter vor den Mann. "NEIN!", schrie ich verzweifelt, "Aufhören!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)