Silbermond von abgemeldet (Davon wie Mondlicht die Welt verändert.) ================================================================================ Prolog: Klein, groß und größer ------------------------------ “Shu-cay! Was fällt dir eigentlich ein? Wir sind doch noch gar nicht fertig!“ Mit einem leisen Rascheln verschwand der junge Mann zwischen den Büschen und rannte im Schatten der Bäume weg von dem großen Haus, in dessen Vorgarten er sich gerade noch aufgehalten hatte. Ein wütendes Mädchen, mit einem kleinen Sonnenschirm in der Hand, stand am Gartenrand und rief ihm hinterher. Leise seufzte Shu-cay, als er aus der Sicht und tiefer im Wald war, der sich direkt neben dem großen Haus ausbreitete. Seine kräftigen, aber eleganten Arme und Hände schoben Äste und Zweige zur Seite, während er immer tiefer und offensichtlich ziellos in den Wald ging. In seinen braunen, glatten Haaren verfingen sich kleine Äste und Blätter, die aber seinem Aussehen nicht schaden konnten. Auf einer kleinen Lichtung blieb er stehen, hob seinen Kopf und schaute mit halb geschlossenen Augen in den blauen und wolkenlosen Himmel. “Es ist viel zu schön, um regungslos und still dazustehen und einem Maler zuzuschauen, wie er mich abmalt. Mich und meine kleine, verwöhnte Schwester.“ Ein leises Rascheln war zu hören und mit einem Blinzeln, das offen zeigte, dass der junge Mann etwas vergessen hatte, öffnete er einen Beutel, der ihm um die Hüfte gebunden war. Mit einem hohen Piepser kam eine kleine, beflügelte Fee zum Vorschein, die so aussah, wie man sie sich immer vorgestellt hatte. Kleine, zarte Flügel, sanfte Gesichtszüge und umgeben von einem leichten Schimmer. “Du hast mich wieder vergessen! Du ahnst doch gar nicht, wie stickig es in dem dummen Beutel ist!“ “Es tut mir Leid, Tixi.“ lächelte Shu-cay. „Ich war auf der Flucht!“ “Nichts da, keine Ausreden, du-...“ mitten im Satz brach Tixi ab und schaute dem jungen Mann ratlos hinterher, der mit einem verwirrten Gesichtsausdruck wieder losgelaufen war, dieses Mal aber offensichtlich zielgerade in eine Richtung. “Wo willst du wieder hin, Shu-shu!“ “Ich hab da gerade.. etwas gesehen.“ So schnell es die kleinen Flügel der Fee erlaubten, flog sie ihm hinter her und schaute sich ungläubig um. “Da ist nichts. Was hast du denn gesehen?“ “Ich.. weiß es nicht. Es war weiß und leuchtete. Und es ist in diese Richtung fort.“ sprach Shu-cay leise, wie in seiner eigenen Welt gefangen. “Ähhm.. Da war nichts Shu-Shu. Du träumst doch wieder.“ Lächelnd blieb er stehen um Tixi anzuschauen, die sich auf seine Schulter gesetzt hatte. “Habe ich bei dir geträumt, oder warst du wirklich da, als ich dich vor meinem Fenster gesehen habe?“ “Das.. das ist etwas anderes! Mich gibt es!“ quiekte die kleine Fee empört, wobei sie das Wort „mich“ sehr betonte. Shu-cay setze sich leise lachend wieder in Bewegung. Der Wald war ruhig und hell, denn durch jede Blätterlücke fiel helles Sonnenlicht auf die Baumstämme und den Waldboden. Plötzlich blitzte ein helles Licht zwischen den Bäumen vor den beiden auf. Der junge Mann stockte, zögerte jedoch nicht lang und rannte auf das Wesen zu, das er sah. Dieses jedoch zuckte erschrocken auf und rannte weiter in den Wald hinein. “Schnell Tixi, hier ist es, ich habe es genau gesehen!“ “Ahhhh! Man hat nur Ärger mit ihm!“ Geschickt sprang Shu-Cay über herausragende Wurzeln und bückte sich, um dem Schlag der Äste zu entkommen. Ohne es zu merken, entfernte er sich immer weiter von seinem Dorf. “Shu-shu.. Weißt du, wohin du rennst? Hier waren wir noch nie!“ Es war nur ein Rauschen von oben zu hören und mit einem Mal wurde Shu-Cay von einem riesigen Ast auf den Boden geworfen. “Was..?!“ ächzte er, während er Schutz hinter einem Baumstamm suchte. “Das sind die Bäume! Schau, sie wollen nicht, dass du weiter läufst!“ schrie Tixi aufgebracht, während sie sich an einem Ohr des Mannes festhielt. “Kommt nicht in Frage! Was so von dem Wald beschützt wird, muss ich sehen!“ Schnell sprang Shu-Cay auf die Beine und rannte weiter in den Wald hinein, der immer dunkler zu werden schien. Und es hätte noch eine wunderschöne Verfolgungsjagd werden können, wenn nicht... “Ha! Das ist eine Sackgasse, Shu-shu. Hier kommst du nicht weiter.“ Etwas schadenfroh richtete sich Tixi ihre, durch den Wind zerzausten, Haare und schaute zusammen mit dem jungen Mann auf einen großen, alten Baum, der ihnen den Weg versperrte. “Aber.. ich bin sicher, dass es hier entlang...“ murmelte Shu-Cay, der den Baumstamm genau musterte. Die Blätter des Baumes waren nur noch vereinzelt an den Ästen zu sehen, ansonsten schien er schon sehr mit dem Verdorren zu kämpfen. Sanft berührte Tixi die Rinde des Baumes mit ihren winzigen, zarten Fingern. “Er leidet und kämpft um sein Leben, Shu-shu...“ sagte sie leise und schaute ihren Begleiter an. Dieser nickte leicht und fing an, ein wenig an dem riesigen Baumstamm entlang zu laufen, bis er mit einem Ruck stehen blieb. “Aber, was ist denn das? Ein Loch?“ blinzelnd kniete er nieder und schaute das große Loch an, das in dem Baumstamm und teilweise dem Boden zu sehen war. “Es ist riesig! Kein Wunder, dass es dem Baum nicht gut geht, seine Wurzeln sind total beschädigt.“ schimpfte Tixi. „Wer kann das gewesen sein?“ “Ich weiß es nicht, Kleine, aber er selbst war es sicher nicht...“ Mit zusammen gekniffenen Augen beugte sich der junge Mann nach vorne, um in die Höhle schauen zu können, die tief in die Erde und unter den Baum zu führen schien. Kurz war das Glänzen eines Augenpaares zu sehen und ein Rascheln zu hören, dann war es ruhig. “Was auch immer ich gesucht habe... Es ist in der Höhle.“ sagte Shu-Cay ruhig. “Das ist ja schön, Shu-shu! Dann lass uns mal wieder gehen, ja?“ quiekte Tixi leise und beobachtete den Jungen mit wachsender Verzweiflung dabei, wie er versuchte sich durch das Loch zu zwängen. „Was machst du da? Hör zu, du gehörst nicht in ein Erdloch, komm schon, lass uns gehen. Deine Schwester wird sicher sauer sein, dass du die schöne Kleidung ganz dreckig machst. Ahh, hast du das gehört, da ist sicher ein böses Wesen in der Höhle und.. Shu-shu, hörst du mir überhaupt zu?!“ Doch mit den Worten verschwand auch schon der Haarschopf des Mannes in der Höhle. Tixi seufzte laut. “Nichts als Ärger...“ und dann flatterte sie ihrem Begleiter nach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)