Silbermond von abgemeldet (Davon wie Mondlicht die Welt verändert.) ================================================================================ Kapitel 3: Wie ein Traum ------------------------ Sie hätte genauso gut auf einem Aquarell Bild zu sehen sein können, auf dem die schönsten Farben benutzt wurden und ein Moment der völligen Ruhe und des Friedens einzufangen... Shu-Cay hätte keinen Unterschied erkannt. Das Mondlicht, das auf ihre Haare fiel, gab dem Mann das Gefühl, dass die Zeit angehalten hatte. Nichts konnte dieses schöne Bild trüben, niemand konnte ihr etwas böses antun. Shu-Cay wäre wohl für immer dort gestanden und hätte die Frau angeschaut, wenn Tixi ihm nicht unsanft ins Ohr gezwickt hätte. Erschrocken zuckte ihr Begleiter zusammen und zwinkerte. Die Realität hatte ihn wieder. Langsam ging Shu-Cay auf das Mädchen zu, dass still auf dem Boden saß und ihm in die Augen schaute. Ein paar Meter vor ihr, kniete er sich hin und lächelte leicht. „Wer bist du, schöne Frau? Wo ist die Wölfin hin, die hier noch vor kurzem war?“ Als Antwort auf diese Frage, neigte die Dame ihren Kopf leicht zur Seite und ein sanftes Lächeln, das auch aus ihren Augen zu strahlen wirkte, erschien auf ihrem Gesicht. Shu-Cay blinzelte kurz, überrascht durch diesen lieblichen Anblick, konnte dann auch nicht anders, als auf die selbe Art zurück zu lächeln. Verwundert musste auch Tixi feststellen, dass sie diesem Lächeln ebenfalls nicht widerstehen konnte und es, wie auch ihr Mensch, erwiderte. Langsam streckte Shu-Cay seine Hand nach dem Haar der Frau aus und strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht, um ihre Augen besser sehen zu können. „Wer du auch bist, du schaffst es jedes Wesen in deinen Bann zu ziehen, mit nur einem Lächeln.“ sprach er leise und liebevoll. Die Frau kicherte leise und ihre helle Stimme erfüllte für einen Moment die ganze Höhle. Ohne ihren Blick von Shu-Cay abzuwenden, setzte sie sich gerade hin. Der Mann ihr gegenüber wurde leicht rot, schloss seine Augen und zog seinen Umhang aus, der ihm über die Schulter hing. Dann legte er ihn über den Körper der Frau. „Damit du nicht frierst.“ Die zarten Finger der weißhaarigen berührten den Umhang und sie lächelte. „Ich danke Dir.“ hauchte sie leise und schaute Shu-Cay tief in die Augen. Dieser blinzelte kurz und lächelte dann. „Du kannst sprechen? Sag mir, wie ist dein Name?“ fragte er neugierig. Er schien die Wölfin, wegen der er gekommen war, schon vergessen zu haben. „Ich habe viele Namen und keinen von ihnen wirst du aussprechen können.“ antwortete ihm die helle Stimme der Frau. Tixi, die anscheinend aus der Art Trance, in die sie verfallen war, aufgewacht war, schnaubte leise. „Das ist nichts neues. Er konnte auch meinen Namen nicht aussprechen und deswegen nennt er mich Tixi.“ Die Dame lächelte ihr kurz zu, woraufhin Tixi wieder still war. Shu-Cay musterte die schönen Gesichtszüge der Frau. Er wollte alles über diese Frau wissen, aber konnte sich für keine Frage entscheiden. Die zarte und helle Stimme der Fremden unterbrach die Stille. „Du hast viele Fragen. Möchtest wissen, wo die Wölfin ist, die du versorgen wolltest, wer ich bin, was ich bin und warum ich mich hier, in dieser Höhle, aufhalte.“ Sie lächelte und Shu-Cay nickte. Endlich fiel ihm auch die Wölfin wieder ein und er zog aus seinem Mantel die Verbände hervor. „Ich bin die Wölfin, die du suchst.“ sagte sie schlicht und beobachtete, wie die beiden Besucher sie verdutzt anschauten. Sie lachte leise. „Wenn ihr mich als Wölfin gesehen habt, dann nur, weil ihr nicht richtig hingeschaut habt. Aber ich muss zugeben.. Ohne das Mondlicht, sind eure Augen auch kaum in der Lage, meine wirkliche Gestalt zu erkennen“ sprach die Frau weiter, während Shu-Cay und Tixi immer noch sprachlos lauschten. Endlich räusperte sich die Fee. „Wieso das?“ Die weißhaarige lachte glockenhell. „Ganz einfach. Manchmal ist es schon hilfreich, alles in einem anderen Licht zu sehen.“ Shu-Cay lächelte abwesend, dann blinzelte er, als ob ihm plötzlich wieder etwas eingefallen wäre und eindringlich schaute er die Frau an. „Ihr wart verletzt, am Bein.“ suchend musterte er das Bein der Frau, wohl bedacht, mit seinem Blick nicht weiter nach oben zu gleiten. Die Frau nickte leicht und zeigte ihr Bein. Tixi verzog das Gesicht und kniff die Augen zusammen, während Shu-Cay die Wunde ruhig betrachtete. „Die sollte verbunden werden, sonst kann sie nicht heilen.“ sagte er leise und schaute auf. Die verletzte nickte nur kurz und lies Shu-Cay gewähren, der den Beutel öffnete, indem die Kräuter lagen und sie heraus holte. Während er sie sich in den Mund steckte, um auf ihnen zu kauen, entrollte er den Verband. Die Kräutermasse verteilte er anschließend auf der offenen Wunde, die noch ein wenig blutete und wie eine Bisswunde aussah. Anschließend wickelte er vorsichtig den weißen Stoff um das Bein. Während Shu-Cay das tat, beobachteten sowohl Tixi, als auch die Frau ihn ruhig. Als er fertig war, setzte er sich lächelnd ein wenig von ihr weg und schaute sie an. „So.. jetzt sollte es dir bald besser gehen. Jedenfalls der Schmerz sollte nachlassen.“ Dankbar lächelte die Dame ihm zu und tastete den Verband ab, der sich langsam rot färbte. „Ich danke dir, Menschensohn. Es fühlt sich schon besser an.“ sprach sie leise. „Mein Name ist Shu-Cay. Ihr dürft mich so nennen.“ „Und ihr dürft mich nennen, wie es euch gefällt. Namen sind unwichtig. Die Person, die ihn trägt, sollte am wichtigsten sein.“ säuselte die weißhaarige. Shu-Cay und Tixi schauten sich an und der Mensch lächelte sanft. „Dann werde ich Euch Silbermond nennen. Das Mondlicht lässt Eure Haare silbern glänzen.“ Silbermond nahm eine Haarsträhne zwischen die Finger und schaute sie prüfend an. Dann, nach einem kurzen Moment, lächelte und nickte sie, als Zeichen, dass ihr die Idee gefiel. Nach einem kurzen Moment der Stille, räusperte sich Shu-Cay leise und stellte eine der Fragen, die ihm durch den Kopf schwirrten. „Wer hat Euch diese Wunde zugefügt?“ fragte er, während sein Blick wieder über das Bein strich. Silbermond lächelte sanft und schloss leicht die Augen. „Ich.“ antwortete sie kurz. „Waaas?“ piepste Tixi geschockt. „Aber wieso denn? Das tut doch weh!“ Die junge Frau lächelte und strich wieder mit einem Finger über ihr Bein. „Wenn ich ein anderes Wesen heile, übertrage ich die Wunde auf mich. Erst vor ein paar Stunden habe ich einen verletzten Hasen gerettet... Sie hatte Junge, die sie ernähren musste, ich konnte sie nicht ihrem Schicksal überlassen.“ leise und traurig neigte Silbermond ihren Kopf und die langen, silbernen Haare hüllten ihr Gesicht kurzzeitig in Dunkelheit. Wieder herrschte Stille, bis Tixi diese erneut brach. „Das ist ja schon schade, dass das Kaninchen verletzt war.. Aber warum musst du es heilen? Jetzt hast du ein kaputtes Bein, das ist doch auch nicht besser?“ total überfordert surrte Tixi auf Shu-Cays Kopf und hielt sich an seinen Haaren fest. Der junge adlige jedoch schwieg und lauschte dem Gespräch. Silbermond lächelte sanft und atmete tief ein. „Natürlich tut es mir weh, es ist nicht angenehm. Aber es ist meine Aufgabe, deswegen bin ich hier, deswegen gibt es mich. Wenn die Menschen einen Hasen töten, der Junge hat, die alleine nicht überleben können, töten sie eine ganze Familie. Wenn sie einen Hasen töten würden, um ihre Kinder vor dem verhungern zu retten, würde ich nicht eingreifen. Aber sie tun es aus Spaß, weil es ihnen Freude bereitet.“ Die Stimme der jungen Frau zitterte und vorsichtig strich sie sich eine glitzernde Träne aus dem Gesicht. „Sie sehen die kleinen Hasen nicht, wie sie nach der Mutter rufen und langsam verhungern. Aber ich sehe sie...“ Ihre Stimme wurde wieder fester und ein grimmiges Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus. „Solange ich ihnen helfen kann und das Gleichgewicht des Waldes so aufrecht halten kann, werde ich es tun und mir somit soviele Wunden zufügen, wie nötig ist.“ Shu-Cay hob seinen Blick und schaute Silbermond fest in die Augen. Er atmete schwer und nickte dann endlich. „Menschen können abscheulich sein. So oft wünschte ich mir, keiner von ihnen zu sein.“ Die junge Frau lächelte, das grimmige aus ihrem Gesicht war wieder verschwunden und zurück blieb nur Güte. „Es ist nicht schlimm ein Mensch zu sein. Es kommt nur darauf an, was man daraus macht.“ sagte sie sanft. Shu-Cay grub mit einer Hand in dem lehmigen Boden, ein wenig gedankenversunken. „Silbermond... Ich würde den Wald so gerne aus Eurer Sicht sehen. In deinem Licht. Wäre das möglich?“ fragte er zögernd. Die Wölfin blinzelte kurz und lachte dann leise und herzlich. „Ich werde morgen, wie auch jeden Tag, in diesem Teil des Waldes sein.Wenn du mich besuchen möchtest, werde ich auf dich am Eingang zu dieser Höhle warten.“ Die Augen der Frau glänzten vor Vorfreude und gerade in diesem Augenblick hatte ihre Ausstrahlung große Ähnlichkeiten mit der eines Kindes. Shu-Cay war prompt von dieser Ausstrahlung angesteckt, rutschte etwas näher und strahlte Silbermond an. „Wieso erst morgen früh? Lass uns jetzt gehen! Ihr sagtest doch, das Mondlicht lässt alles in einem ganz anderen Licht dastehen, es ändert alles!“ sprach er begeistert. Die weißhaarige lächelte und schüttelte fröhlich den Kopf. „Ich kann des Nachts diese Höhle nicht verlassen. Dieser alte Baum hält mich hier und heilt jede Nacht meine Wunden.“ Sie streckte eine Hand aus und berührte vorsichtig eine Wurzel des Baumes, die aus der Decke ragte. Shu-Cay folgte ihrer Hand mit seinem Blick und runzelte die Stirn. „Er hält Euch jede Nacht gefangen?“ „Dann wird dich Shu-shu befreien und den bösen Baum mit seinem Schwert töten!“ quiekte Tixi aufgebracht, die offensichtlich die Wölfin auch schon in ihr Herz geschlossen hatte. Silbermond jedoch riss nur ihre Augen auf und schien aufgebracht. „Nein! Das dürft ihr nicht tun. Der Baum ist mein Beschützer, er heilt mich und bewahrt mich vor den Gefahren, Nachts, wenn alle Wesen schlafen und nur böse Seelen im Wald herum schleichen.“ Shu-Cay hob beschwichtigend seine Arme. „Es tut uns Leid, meine Lady, das wussten wir nicht.“ sprach er mit seiner beruhigenden und tiefen Stimme. Die Wölfin seufzte leise. „Wir werden morgen, wenn die Sonne am Himmel steht, an dem Eingang der Höhle auf Euch warten.“ sprach er weiter und lächelte entschuldigend. Silbermond nicht und lächelte wieder. „In Ordnung. Dann geht nach Hause und ruht Euch aus. Ich werde da sein.“ Mit den Worten verabschiedeten sich Shu-Cay und Tixi von der geheimnisvollen Frau mit den weißen, langen Haaren und kletterten den Erdgang wieder hinauf an die frische Luft. Als Shu-Cay und Tixi wieder festen, harten Waldboden unter ihren Füßen und den dunklen Nachthimmel über ihren Köpfen hatten, kam ihnen die Begegnung mit der weißen Wölfin, die sich als Frau entpuppte, wie ein merkwürdiger Traum vor. Müde und in Gedanken versunken liefen sie den, mittlerweile schon etwas bekannten, Weg nach Hause. Als sie an dem großen, weißen Haus ankamen, waren bereits alle Lichter erloschen und der Mond stand hoch am Himmel. In Shu-Cays Zimmer angekommen, fiel er samt Kleidung ins Bett, Tixi legte sich neben ihm auf das Kopfkissen. Durch sein Fenster schien das Mondlicht und lies alles in einem friedlichen und ruhigen Farbton erscheinen. In einem ganz anderen Licht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)