Monday Dreaming von Momachita ================================================================================ Kapitel 2: Rastplatz-Bekanntschaften ------------------------------------ Eigentlich hatten wir nur eine halbe Stunde bleiben wollen. Oder wenigstens solange bis der Stau sich aufgelöst hat. Aber es ist jetzt schon eine Stunde her, dass wir hier angekommen sind, der Stau hat sich vor mehr als zwanzig Minuten in eine Staubwolke von rasenden Autos aufgelöst und ich sitze immer noch mit Lara ihren Eltern und Rambo an dem Picknicktisch und verdrücke gerade mein drittes belegtes Salamibrötchen. Man, habe ich einen Hunger! Alle lachen noch über einen Witz, den ich vorhin gemacht habe. Naja, eher eine witzige Geschichte, in der Will natürlich mal wieder als Witzfigur dasteht. Tja, er hat aber auch ein Pech, dass ihm immer wieder solche Sachen passieren. Und ich daneben stehe, wenn sie ihm passieren. „Und er hat tatsächlich die gesamte Bowle...?“, fragt Hubert, Laras Großvater, noch einmal nach. Sein Lachanfall schwillt aufs Neue an, als ich nicke und damit bestätige, dass Will manchmal einfach der größte Tollpatsch der Nation sein kann. „Alex!“ Ich drehe mich um, nehme dabei mit einem Haps das letzte Stückchen Brötchen in den Mund und nuschel mit vollem Mund: „Wenn man vom Teufel spricht.“ „Alex, was machst du hier? Wir warten schon die ganze Zeit auf dich!“, tadelt er mich. Doch ehe ich antworten kann, steht auch schon Laras Oma Barbara auf und reicht Will überschwänglich die Hand. „Sie sind also Will?“ Hubert prustet ein weiteres Mal los und auch Lara kann sich ein leichtes Glucksen nicht verkneifen. Will nickt verständnislos, schafft es aber ein perfektes Schwiegersohn-Vorzeigemodell zum Vorschein zu bringen. „Und mit wem habe ich dir Ehre?“ Typisch Versicherungsvertreter. „Barbara und Hubert Miller mit Enkelin Lara und Hund Rambo.“, endlich kann ich wieder vernünftig das Wort ergreifen, ohne Will dabei mit einer Portion zerkautem Brötchen zu bespucken. „Rambo?“ Will hebt skeptisch eine Augenbraue. Aber ich sehe das verschmitzte Glitzern in seinen Augen, das er immer an den Tag legt, wenn er etwas zu Ohren bekommt, das zu unglaublich ist, um wahr zu sein. Wie damals, als ich ihm sagte, dass Lizy in der Tat single sei und noch immer nach ihrem Mister Perfect suche, der ihr beweise, dass die guten Männer doch nicht immer schon vergeben und oder schwul seien. „Ja, Rambo.“, nicken Lara und ich ihm bestätigend zu. „Hör schon auf mich ständig damit zu ver... aufzuziehen.“ Er rollt genervt mit den Augen und stemmt die Hände in die Hüften. Empört stehe ich auf. „Er heißt aber wirklich Rambo!“ „Ja klar. Und die Ostereier legt in einer Woche auch wieder der Osterhase in dein Nest rein.“ Will belächelt mich und ich ziehe meine schönste Schmollschnute. „Wollen Sie sich nicht zu uns setzen?“, schlägt unterdessen Hubert mit einem einladenden Lächeln vor und deutet auf den Platz neben sich. Will schüttelt den Kopf. „Nein danke. Tatsächlich müssen wir auch langsam weiter, die Zeit nutzen bevor wir in den nächsten Stau geraten.“, lehnt er höflich ab. „Ach, wo wollen Sie denn hin?“, erkundigt sich die mir immer sympathischer werdende Barabara. Manch einem mag nämlich neben mir noch aufgefallen sein, dass Wills Schläfe leise vor sich hin pulsiert. Ein typisches Anzeichen dafür, dass er keine Lust mehr hat seine Zeit mit Leuten zu verschwenden, die er a) nicht kennt oder b) nicht kennen lernen will oder wahlweise auch c) ihm den letzten Nerv rauben. Bei Familie Miller trifft meiner Meinung nach alles drei zu, aber er hat schon wieder an diesem Tag keine andere Wahl als einzustecken. Denn nachdem er Barbara unser Urlaubsziel mitgeteilt hat, klatscht diese freudig in die Hände. „Wie praktisch! Wir fahren da nämlich auch jedes Jahr hin und wissen schon, wann für gewöhnlich der Verkehr wieder ins Stocken gerät. Und nach unseren alljährlichen Erfahrungen sollten Sie wirklich lieber mit ihrer Familie noch ein Weilchen warten. Wenn Sie wollen können Sie uns dabei gerne Gesellschaft leisten. Wir haben auch noch ein paar belegte Brötchen, wenn Sie Hunger haben sollten.“ „Au jah!“, schreie ich sofort zustimmend und vergnügt auf und schnappe mir mein viertes Brötchen, um Will meinen Standpunkt sowohl verbal als auch non-verbal gut verständlich darzulegen. „Alex, dafür haben wir aber keine Zeit.“, beharrt dieser Dickkopf aber auf seiner Entscheidung. „Aber du hast doch gehört, dass wir mit höchster Wahrscheinlichkeit wieder in einen Stau reinfahren.“ Mein Argument ist besser. Er weiß das, ich weiß das, alle Anwesenden wissen das. Selbst Ramses und Rambo. Die Tatsache, dass er allerdings trotzdem weiterhin darauf rumreitet, dass wir es nun mal so eingeplant haben und da eben durch müssen, selbst wenn wir noch in drei weitere Staus fahren – ich betone an dieser Stelle noch einmal, dass Will es hasst, wenn er im Auto hinterm Steuer sitzt und es einfach nicht vorangeht – lässt mich vermuten, dass er Familie Miller wohl nie ins Herz schließen wird. Kann ich überhaupt nicht verstehen. Huberts Affinität zu Oldtimern teile ich nur allzu gern, Barbaras Salamibrötchen sind einfach die Besten, die ich jemals im Leben gekostet habe und Lara ist doch nicht nervige 15 sondern unerwartete 17 und sieht nur so jung und oberflächlich aus. Ganz zu schweigen von Rambo, der zwar ein richtiger Rabauke sein kann – er hat mir die Hälfte meines zweiten Brötchens beinahe aus der Hand gerissen! –, aber auch ein guter Spielgefährte für Ramses ist. Wären die beiden 12-jährige Mädchen, wären sie schon in den nächsten Billig-Juwelier-Laden gerannt und hätten sich zwei Ringe mit der Gravur „Best Friends“ gekauft. So dicke sind die schon miteinander. „Was ist denn hier los? Will, Alex? Paps und Mom warten schon die ganze Zeit auf euch beide und... oh, hallo. Ähm... Alex?“ Lizy ist zu einem äußerst guten Zeitpunkt hier eingetroffen. Ich muss zugeben, heute hat sie wirklich ihren Sozialen. Sehr schön. Sofort hänge ich mich an ihren Arm und kläre sie ganz objektiv – wie das nun mal meine Art ist – über die Situation auf. „Will möchte lieber in einen zweiten und dritten Stau fahren als mit mir und Familie Miller über schöne Dinge zu reden und den Hunden beim Spielen zuzusehen.“ Lizy schaut ihren Verlobten hilfesuchend an. „Ach, ist schon gut, du hast ja gewonnen. Ich geb Cordula und Fred Bescheid, damit sie auch kommen.“ Yeah, gewonnen! Resigniert macht sich Will auf den Weg zum Wagen meiner Eltern, während sich Lizy zu uns setzt, sich ein Käsebrötchen greift und mir zuhört, während ich sie noch mal über alles aufkläre. Wenige Minuten später sitzen wir nun zu acht zusammen an dem Tisch, essen, trinken, reden und haben eine Menge Spaß. Im Endeffekt ist selbst Will von den 'mit extra viel Liebe geschmierten' Brötchen begeistert und wir prügeln uns beinahe um das Letzte, bis Barabara vorschlägt, noch welche zu machen. „Und sie fahren also einmal im Jahr mit ihrem Wohnwagen quer durch Deutschland?“, erkundigt sich gerade Mom bei Herrn Miller und betrachtet staunend das riesige Gefährt auf zwei Rädern. Wir wissen alle, dass sie schon immer auch einen haben wollte, aber wir hätten nie Zeit gehabt, um ihn zu benutzen und es deswegen nicht für nötig gehalten einen anzuschaffen. „Ja. Er gehört eigentlich schon fast zur Familie.“ „Wir haben ihm sogar einen Namen gegeben.“ Lara nickt begeistert und verrät uns sogleich den Kosenamen des Wohnwagens. „Er heißt Freddie.“ Mom, Lizy, Will und ich brechen zeitgleich in Gelächter aus. Paps guckt weniger begeistert. „Tja, da hast du wohl diene Bestimmung gefunden, nicht, Papi?“, klopfe ich ihm freundschaftlich auf den Rücken. Er quittiert diese Bemerkung mit einem ironischen Lächeln. „Wer lacht hier ohne mich?“ Plötzlich wird alles still und ein jeder am Tisch wendet seinen Blick zu dem Mann, der auf einmal neben uns aufgetaucht ist und seine Stimme erhoben hat. Sein Blick ist tadelnd, ernst. Sein Gesicht markant, die blonden Haare locker verstrubbelt, die Schultern breit und das Grübchen in seinem Kinn wirkt so sonderbar vertraut... Ich müsste lügen, wenn ich jetzt sage, er sei nicht zum Sterben gut aussehend. Wir Schneiders sitzen kerzengerade und sind alle total erschrocken von seiner plötzlichen Anwesenheit. Da fängt er an breit zu grinsen und zwinkert uns zu. „War'n Scherz, okay? Nicht böse gemeint, sorry wenn ich euch erschreckt habe.“ Wir nicken fast alle im selben Takt und fangen nun selbst an zu schmunzeln, lachen darüber, dass uns allen bei dieser tiefen Stimme ein Schauer über den Rücken gelaufen ist. „Musst du auch immer auftreten wie Rambo?“ Lara gibt dem heißen Typen einen Klaps auf die Schulter als er sich zu ihr setzt. „Meinst du den Action-Film-Helden, oder den Hund?“ „Beide!“ Allgemeines Gelächter erklingt und die Stimmung lockert sich noch weiter auf, als endlich Barbara mit den neuen Brötchen rausrückt. Trotzdem, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dieses Grübchen zu kennen... ich bin so fasziniert davon, dass ich die letzte Brötchenhälfte nur noch deswegen mitbekomme, weil Will damit vor meiner Nase herum wedelt und herausfordernd „wenn du es nicht willst, nehm ich's halt“ sagt. Ich lasse meinen Blick von Mr. Sex pur ab und grabsche nach dem Brötchen. Will versucht es noch in letzter Sekunde wegzuziehen, was ihm aber nicht mehr gelingt und ich beiße herzhaft rein. Ich weiß, ich bin schon ein kleiner Vielfraß. Das ist immerhin schon Brötchen Nummer acht... Nach einer Zeit, die vergangen ist wie nichts aber vermutlich mehrere Stunden beinhaltet hat, schaut Hubert auf seine Uhr und schlägt sich vor Schreck mit der Hand gegen den Kopf. „Oh, verdammt, so spät ist es schon! Da haben wir uns aber ordentlich verquatscht.“ Doch anstatt wie Will deswegen gleich in die Luft zu gehen und alle sieben Sachen zu packen, lacht der etwas in die Jahre gekommene Mann herzlich und verabschiedet sich nach zehn Minuten noch mal bei jedem persönlich. Auf dem Rückweg zu unseren Wagen flucht Will plötzlich wieder wie wild rum, obwohl er sich vorher noch großartig mit Barbara und dem sexy Typen unterhalten hat und... mir fällt auf, dass ich während der ganzen Zeit gar nicht mitbekommen habe, wie er heißt... Ich schaue noch einmal zurück und sehe wie er Rambo auf dem Arm zum Wohnwagen trägt, aus dem Laras Stimme einen Namen ruft. Seinen Namen. „David!“ Und mit einem Mal weiß ich auch wieder, woher ich dieses Grübchen kannte... --------------- Und schon ist Donnerstag und schon erscheint ein neues Kapitel :D Und diesmal sogar mit einer Art Cliffhanger. xP Ich hoffe, ihr freut euch und motiviert mich weiterhin mit euren Beiträgen! lG :3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)