Vom Waisenhaus zur Traumvilla von Fakara-SK ================================================================================ Kapitel 5: Unscheinbar ---------------------- Kapitel 5 Unscheinbar Am nächsten Morgen machte ich mich wieder einmal auf zur Kaiba Corporation, wie es neu-erdings jeden Morgen der Fall sein würde. Nachdem ich die letzte Nacht sehr gut geschlafen hatte, wollte ich eigentlich gar nicht mehr wissen, was Seto mir zu erzählen hatte. Denn ich fühlte mich so ausgeruht, dass jeder kleine Hauch von Stress mich zur Weißglut hätte treiben können, so erholt hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Heute würde kein Arbeitstag vor der Tür stehen, denn Seto hatte bereits gestern erwähnt, dass er mich direkt irgendwohin ausführen wollte, also nicht vor hatte mich arbeiten zu lassen. Eigentlich hatte ich gestern immerhin schon mal geschafft, was seit langem wahrscheinlich keiner vor Ort geschafft hatte, seine E-Mails zu sortieren und Ordnung in dieses Fach rein-zubringen, deshalb sonnte ich mich selbst in Stolz über diese Errungenschaft. Während ich die Gewohnheitsstrecke lief, dachte ich über so vieles nach, nur nicht das, was nun eigentlich im Vordergrund hätte stehen sollte. Das was er mir nämlich zu sagen hatte. Denn selbst wenn ich es gewollt hätte – und das war definitiv nicht der Fall – war ich viel zu aufgewühlt von dem, was ich bis jetzt an Änderungen in meinem Leben erreicht hatte. Ich hatte es geschafft zumindest halbwegs aus dem Heim einen Fuß hinaus zu setzen und somit konnte man mich nicht mehr als Waise bezeichnen, obwohl ich das noch war. Ein Heimkind. Zu gern würde ich einfach irgendwo hin gehen, mich hinsetzen, auf diesen Anfang, diesen Start in ein neues Leben anstoßen. Vielleicht könnte ich das heute auch mit Seto zu tun. Es kam immer noch darauf an, was er mir zu sagen hatte und wenn er es gestern schon so verschwiegen hatte, vermochte es wohl auch nichts Gutes sein. Es war bestimmt etwas, dass mich aus den „Socken hauen“ würde. An dem Bürogebäude angekommen, fuhr ich hinauf in den 9. Stock, wo mich Seto schon sehnsüchtig erwartete: „Guten Morgen, Frau McLallen. Ich hoffe, dass Sie gut geschlafen haben. Möchten Sie mich nun begleiten?“ Es klang eher wie eine Aufforderung, als eine Frage. Also folgte ich ihm widerstrebend und antwortete zugleich: „Gut geschlafen ja. Aber ob ich Ihnen folgen will, bin ich mir noch nicht ganz so sicher.“ Ich versuchte es mit ein wenig Humor und Sarkasmus herauszubringen, damit es nicht so ernst klang, wie es eigentlich gemeint war. Nun gingen wir – nahmen also ausnahmsweise mal nicht die Limousine – die Straßen ent-lang, zu einem kleinen Restaurant um die Ecke. Er hatte also schon einen Tisch reserviert, denn die Dame am Empfang wies uns direkt an einen in der Ecke. Meine schlimmste Vermutung bestätigte sich, denn wenn es nichts Schlimmes war, warum sollten wir dann an einen Tisch im Eck? „Mein Bruder Mokuba wird in Kürze auch hier eintreffen, da ich wollte dass er uns begleitet. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.“ „Nein, nein. Das ist in Ordnung.“ Die Frau von der Bedienung brachte uns die Speisekarte und wir bestellten uns beiden ein Glas Wasser. Wenige Minuten der Stille vergingen, als wir Beide das Menü studierten. Dann kam Mokuba an und brachte wieder mehr Leben an den Tisch: „Hallo. Und habt ihr euch schon ohne mich entschieden?“ „Nein, wir haben auf dich gewartet. Ich habe schon gewählt. Bitte du kannst die Karte haben. Haben Sie sich schon entschieden, Frau McLallen?“ „Ich bin ziemlich unentschlossen. Aber ich denke ich werde das hier nehmen“, damit schloss ich die Karte und hoffte, dass ich mir die nächsten 10 Minuten überhaupt merken konnte, was ich gewählt hatte, bei den komplizierten Namen der Menüs. Es verging viel Zeit, bis wir bestellten, das Essen bekamen und noch einen Wein danach zusammen tranken. Mokuba trank stattdessen nur eine Cola und musterte mich und Seto einige Zeit abwech-selnd. Nachdem wir schon die halbe Flasche Wein zusammen getrunken hatten, begann Seto nun endlich wieder ein Gespräch aufzubauen: „Sie wissen ja, seit gestern, dass ich Ihnen etwas Bedeutendes mitzuteilen habe. Aus persönlichen Gründen wollte ich dies nicht an einem ungeeigneten Ort besprechen, deshalb wählte ich diesen hier. Ich hoffe immer noch, dass Sie wirklich nichts dagegen haben, das mein Bruder dabei ist.“ „Herr Kaiba, beim besten Willen. Warum sollte ich etwas dagegen haben, dass Ihr Bruder hier ist?“, lächelte ich leicht und versuchte locker zu bleiben, was meine Stimmlage nicht gerade untermauerte. „Ich fange am Besten da an, wo ich gestern aufgehört habe. Als Sie den Test beim Arzt we-gen Ihrer Gesundheit gemacht haben, habe ich eine Blutprobe genommen um einen DNA-Test daraus erstellen zu lassen. Wegen der rechtlichen Aspekte können Sie mich gerne be-langen. Der Grund hierfür war, dass mich etwas beunruhigte. Ich habe das Ergebnis dabei, wenn Sie sich dies bitte anschauen wollen. Oder soll ich es nur mündlich verkünden?“ „Was soll das für ein Ergebnis sein? Ich möchte es gerne sehen“, säuselte ich leise. Er holte einen Zettel aus der Innentasche seines Smokings und gab ihn mir. Langsam faltete ich ihn auf und schloss für kurze Zeit die Augen. Mein Inneres sträubte sich davor. Da stand es schwarz auf weiß. Seto Kaiba hatte auch seinerseits eine Blutprobe abgegeben und einen Test auf eine mögli-cherweise bestehende Verwandtschaft veranlasst. Da stand es… wir waren zu 99,99 % Geschwister Schockiert und ungläubig schaute ich das Papier an, als ob es mich angelogen hätte. Doch weder die Buchstaben noch die Zeilenanordnung änderte sich. Alles blieb gleich und es war definitiv das, was dort stand. Seto Kaiba war mein Bruder! Mein leiblicher Bruder. Seine Eltern waren auch meine Eltern und die Vergangenheit die wir teilten, verband uns noch enger, wie wir eigentlich gedacht hatten. Tränen kullerten meine Wange hinunter und tropften auf das Papier, das meine Hände nun so fest umklammerten, dass es knittriger wurde, als es ohnehin schon gewesen war. „Ist alles in Ordnung? Kann ich Ihnen vielleicht irgendetwas bringen?“, fragte die Kellnerin, die mich anscheinend sorgend musterte. „Danke, es geht schon“, entgegnete ich mit zittriger Stimme und gab Seto das Blatt zurück und wischte mir die Tränen weg. Herr Gott im Himmel!! Wie konnte nun das sein? Ich konnte es kaum glauben und seine Worte schienen so unwirklich, weil das nicht wahr hätte sein können. Warum sollte mich die-ses Glück treffen? Das war eher wie in einem Traum und soweit ich denken konnte, litt ich nicht an Tagträumen. Ich hatte nun endlich wieder den Mut gefasst und konnte sprechen: „Aber wie kann das sein? Ich meine, wie konnten wir einander vergessen? Sie müssen doch damals schon 6 gewesen sein. Wie kann man seine eigenen Geschwister vergessen?“ Seto räusperte sich und schaute mich für den Bruchteil einer Sekunde mitfühlend an, dann wurde sein Blick sofort ernst: „Erstens mal, können Sie ruhig Du zu mir sagen, jetzt wo es klar ist. Ich weiß es nicht genau, also kann ich nur Vermutungen anstellen. Vielleicht der Schock oder einfach das junge Alter. Du erinnerst dich doch auch nicht mehr an die Eltern, oder?“ Er bot mir das Du an, aber selbst nahm er es sich einfach vorweg mich zu duzen. „Nein“, entgegnete ich immer noch verwirrt. „Genau das ist es, weshalb ich denke, dass wir einander vergessen konnten. Das junge Alter.“ Ich schwieg. Mokubas Wangen zierte kurze Zeit ein Hauch von Röte. „Wie stellst du dir das jetzt vor? Wie soll das weiter gehen insbesondere was passiert jetzt mit mir?“, bohrte ich weiter. Denn Fragen gingen über Fragen durch meinen Kopf. Seto richtete sich etwas auf, stützte seine Ellbogen auf dem Tisch ab und faltete seine Hände. Er sah aus wie ein typischer Geschäftsmann, wenn er so da saß. „Das macht er immer wenn er nachdenkt. Es ist immer dieselbe typische Position“, argumen-tierte Mokuba nebenbei, als er meinen Blick anscheinend gesehen und erkannt hat. Seto sah einfach über diese Bemerkung hinweg und beantwortete meine Frage: „Natürlich weiß ich nicht, wie du nun über die ganze Sache denkst, aber ich bin froh, dass wir das her-ausfinden konnten und ich möchte ganz und gar nicht dagegen ankämpfen. Vielmehr hatte ich vor dich in unsere Familie mit einzubeziehen. Wenn du möchtest, kannst du gerne den Namen Kaiba annehmen. Die Wohnung steht dir natürlich immer noch offen. Außerdem dachte ich auch, natürlich viel später, an eine Veröffentlichung. Die Bekanntmachung an die Öffentlichkeit, wer du bist. Die volle Integration in unsere Mitte. Aber das erst viel später. Du sollst erst ein normales Leben haben, den Schulanfang genießen. Wie stehst du dazu?“ Das war eigentlich ein wenig viel Information auf einmal und ich musste sie erst mal verar-beiten und runter schlucken. Ich wusste eigentlich gar nicht so genau, was davon ich an-nehmen konnte bzw. wollte und was ich lieber hätte sein lassen müssen. „Also steht als Erstes eine Beurkundung meiner Existenz an. Also beim Notar…“ „Ich würde wohl eher erst zum Jugendamt tendieren. Alle weiteren Auskünfte können wir uns dann vor Ort holen, aber darum werde ich mich kümmern. Heißt das, du bist mit allen Forma-litäten einverstanden?“ „Wir wollen doch nicht überstürzen. Ich habe gerade eben erst erfahren, dass ihr meine Brü-der seid! Mach mal halblang“, schnaufte ich kurz und bündig von seiner Übereifrigkeit. Hof-fentlich würde er auch mir nach empfinden können, dass ich Zeit brauchen würde um das zu verkraften. Mit Sicherheit war das alles nicht leicht für ihn und auch für Mokuba. Aber sie hatten Zeit um sich darauf vor zu bereiten. Ich nicht, ich musste nun einfach in den sauren Apfel rein beißen. Schließlich führte ich das Gespräch weiter an: „Ich habe nichts dagegen, wenn wir uns nun gleich zum Jugendamt aufmachen.“ Nachdem er dann bezahlt hatte, machten wir uns mit der Limousine auf zum Jugendamt, wo wir direkt an die zuständige Sachbearbeiterin weitergeschickt wurden. Mit dieser konnten wir ohne Vereinbarung eines Termins sofort sprechen. Der Name Kaiba war auch bekannt und berühmt, also war das eine logische Schlussfolgerung. „Guten Tag, setzen Sie sich doch bitte. Wie kann ich Ihnen helfen?“, begrüßte die Sachbear-beiterin uns freundlich. Dankend setzten wir uns an einen roten Holztisch. Ich in der Mitte zwischen meinen beiden Brüdern, obwohl eher Seto der Gesprächspartner war, als ich. „Und zwar geht es hier um meine leibliche Schwester Sarah, dessen Zugehörigkeit zu meiner Familie erst vor Kurzem festgestellt wurde. Jetzt möchte ich, dass sie den Familiennamen übernimmt, auch wenn das nur durch eine Adoption möglich ist. Nun könnte es ein Problem sein, dass sie schon mal adoptiert war. Wie kann es nun erfolgen?“ „Im Grunde genommen ist es möglich eine Adoption zu erwirken. Nun ist aber die Frage, ob Sie es nicht lieber bevorzugen den Familiennamen auf eine andere Weise zu erwirken. Im-merhin wäre es nicht unbedingt erforderlich durch eine Adoption zu diesem Ergebnis zu kommen. Jedoch wird es nunmehr problematisch mit der Annullierung der Heimunterbrin-gung.“ Sie wühlte in der Akte, die vor ihr auf dem Tisch lag, daraufhin führte sie fort: „Wie ich schon ausgeführt hatte, wird eine Adoption in dem Sinne nicht notwendig sein. Jedoch müsste je-mand als Erziehungsberechtigter eingetragen werden, damit Sie nicht mehr im Heim wohnen müssten. Herr Kaiba, Sie hatten sich damals auch für Ihren jüngeren Bruder eintragen las-sen?“ „Das sehen sie richtig“, erwiderte Seto durchdringend und sah sie auffordernd an. „Dann werde ich einen Vertrag aufsetzen und wie bestimmt in Ihrem Interesse liegt, Herr Kai-ba, alle Personalien aufnehmen und Urkunden aufsetzen lassen.“ Dies tat sie so auch und wir konnten daraufhin direkt zum Notar fahren, dort Geburtsurkunde ausfertigen lassen und daraufhin meinen Personalausweis bei der zuständigen Behörde beantragen und mit dem Vertrag bei dem Heim vorbeifahren. Während Seto alles mit dem Heimleiter aushandelte und er ihn den Vertrag unterschreiben ließ, packte ich meine Sachen. Ann und Merian waren zu dieser Zeit in der Schule, was mir lästige Verabschiedungen ersparte. „Von deinem ersten Gehalt gehst du shoppen?“, lachte Seto über meine wenigen Sachen die ich geholt hatte. Wir fuhren zu meiner zukünftigen Wohnung, wo ich mich soweit schon mal einrichtete. Da die Möbel schon vorhanden waren, könnte ich direkt einziehen. „Aber magst du mir einen Gefallen tun, Sarah?“, bat mein großer Bruder. Aufmerksam schaute ich ihn an und unterbrach das Einräumen meines Kleiderschrankes. „Rauch bitte nur auf dem Balkon.“ Erst war ich verwundert darüber, dass er es bemerkt hatte. Dann zwinkerte ich ihm lächelnd zu: „Alles klar, Chef. Und für einen Moment dachte ich schon, es käme etwas Schlimmes.“ „Nein, du hast heute schon genug gehört, das dürfte für die nächsten paar Monate genügen.“ „An das Bruder-Schwester-Verhältnis muss ich mich aber noch gewöhnen“, meinte ich vorsichtig und sah ihn dabei nicht an. Er kam bedächtig auf mich zu und breitete seine Arme aus, die er anschließend um mich legte: „Ich nicht. Ich bin sogar froh, noch eine Schwester zu haben.“ „Du machst mich ganz verlegen…“, flüsterte ich heiser und traute mich nicht meine Arme um ihn zu legen. Vor kurzem dachte ich noch, dass er etwas von mir wollte und mir einen Hei-ratsantrag machen wollte oder Ähnliches und jetzt hatte ich erfahren, dass er mein Bruder war?! „Nicht schlimm“, schmunzelte er und ließ mich wieder los. Dann ließ er mich erst allein und wir sahen uns erst wieder am nächsten Morgen, wie gewohnt im Büro. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)