Percy Jackson und die Erbinnen der göttlichen Magie von Taja ================================================================================ Kapitel 2: Ich niese ein Flugzeug kaputt ---------------------------------------- Einige Stunden später saß ich in einem recht gemütlichen Sitz der Economy Class und schaute verträumt aus dem Fenster. Die Geschehnisse am Flughafen hatte ich mittlerweile wieder vergessen, da sich mein mieses Gefühl im Bauch gelegt hatte und bis auf das nicht gerade tolle Mittagessen war nichts Schlimmes passiert. Gut, beim Start war mir schon ein kleines Bisschen anders gewesen, da ich sehr lange nicht mehr geflogen war, aber bis auf ein wenig verstopfte Ohren, hatte sich das schnell wieder gelegt. Auch Nicky hatte sich inzwischen daran gewöhnt in tausenden Metern Höhe zu sein, obwohl sie beim Start verdammt blass geworden war. Aber ein bisschen Händchen halten und ablenkende Worte hatten geholfen und nun lehnte sie völlig ruhig, leicht dösend an meiner Schulter. Auch ich war ein wenig schläfrig, da wir sehr zeitig aufgestanden waren und wir uns nun schon etliche Stunden über den Wolken befanden. Ich erlaubte es mir, meine Augen kurz zu schließen, allerdings nur solange, bis eine Durchsage kam, dass wir wohl in einer Viertelstunde landen würden. Auch Nicky hatte es vernommen und räkelte sich gähnend. „Dann geh ich besser noch mal schnell aufs Klo.“ „Gut mach das, aber beeil dich, wir müssen uns sicher bald anschnallen für den Landeanflug.“, gab ich ihr noch mit auf den Weg, während mein müder Blick wieder aus dem Fenster wanderte und auf weiße Wolken und weit unten scheinbar endlosem Meer traf. Fast wäre ich wieder weggedöst, wäre da nicht plötzlich ein kalter Schauer gewesen, der unerwartet über meinen Rücken lief. Und mit ihm kam auch das ungute Gefühl zurück. Ich wusste nicht warum, aber ich war mit einen Male beunruhigt. Das Flugzeug schien jedoch völlig ruhig, ebenso wie die Passagiere, wie ich feststellte, als ich meinen suchenden Blick über die Reihen gleiten ließ. Etwas erregte dann aber doch meine Aufmerksamkeit- ein schwarzer Schatten der in Richtung Toiletten huschte. Noch ehe ich den Schrei hörte, wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Sofort federte ich aus meinem Sitz und rannte an den sich neugierig aus den Sitzen erhebenden Fluggästen vorbei. Auch die Stewardess, die alle zur Ruhe ermahnte, ignorierte ich einfach mal, denn soeben ertönte ein zweiter Schrei und der hörte sich ganz eindeutig nach meiner besten Freundin an. Ich hatte keine Ahnung was geschehen war, aber ich musste ihr auf jeden Fall zur Hilfe eilen. Als ich beim Bordwc angekommen war, verabschiedete sich mein Tatendrang allerdings plötzlich in den Urlaub, denn das was ich dort sah, ließ mich glatt weg mal erstarren. Am Boden lag eine, hoffentlich nur bewusstlose, Stewardess. Gut, an sich war ein Mensch der mal eben umgekippt war nicht der Anblick, den man sich täglich wünschte, aber das eigentlich schlimme daran, war der lange, grüne Schwanz, der über der hilflosen Frau hin und her zuckte. Oder nein, ich korrigiere mich, das wirklich schlimme war der Schlangenleib, der sich an den langen, schuppigen Schwanz anschloss. Als mein Blick noch höher glitt, geriet ich allerdings leicht ins Grübeln, ob nicht vielleicht doch der Reptilienkopf mit dem weit aufgerissenen Maul und den spitzen, unheilvoll glänzenden Zähnen das schlimmste Übel an dieser Gestalt war. Ich hatte ja so einiges von unserem Flug erwartet, aber keine übergroße Eidechse. Okay, Eidechsenfrau, wenn ich genauer hinschaute. Für einen Moment dachte ich noch daran, dass es vielleicht einfach nur eine normale Frau war, die sich grün geärgert hatte, weil sie zu lange hatte am Klo anstehen müssen, aber die Hoffnung schwand, als sich der Reptilienkopf nun mir zu wandte und mich aus rot glühenden, schlitzförmigen Augen mit einem todbringenden Blick bedachte, der mir doch irgendwie bekannt vorkam. Ja, ich weiß, dass ist jetzt vielleicht nicht der richtige Augenblick um große Ausschweifungen in meine Vergangenheit zu machen, aber es soll wohl noch schnell gesagt sein, dass ich schon immer ein ziemlich ruhiges und braves Mädchen gewesen war. Ich war fleißig in der Schule, ruhig und besonnen wenn es um Konflikte ging, hatte meiner Mutter eigentlich nie große Schwierigkeiten gemacht, kurz um, ich war eine Langweilerin mit einem verdammt langweiligen Leben. Doch in meiner Fantasie hatte ich mich schon immer in die wildesten Abenteuer gestürzt, war als schwertschwingende Kriegerin mutig und furchtlos in die Schlacht gezogen und hatte nie eine Herausforderung gescheut. Ich war immer der festen Überzeugung gewesen, dass es nur eine ähnlich fantastische Situation wie in meinen geliebten Büchern geben musste, um meine tief in mir schlummernde, kriegerische Seite zu wecken, damit ich auch im wahren Leben heldenhaften Taten vollbringen konnte. Doch die Wahrheit sah leider wie immer etwas anders aus. Obwohl da gerade ein mythisches Wesen, perfekt wie frisch aus einem Fantasybuch geklaut, vor mir stand, hörte meine pennende Kriegerin den verdammt laut klingelnden Wecker nicht oder stellte sich einfach mal taub und machte weiter einen auf Dornröschen. Und so kam dummerweise kein plötzlich lodernder Kampfgeist in mir auf und es drängte sich auch kein in sekundenschnelle ausgeklügelter, todsicherer Plan zur Bezwingung dieses Monsters in mein Gehirn. Ich stand einfach nur schockiert da und starrte die giftig zischende Echsenfrau an, wie ein hilflos bibberndes Kaninchen die Schlange. Die blieb dagegen nicht tatenlos. Obwohl sie mein Erscheinen wohl für einen Moment aus dem Konzept gebracht hatte, falls diese überdimensionale Echse überhaupt ein Konzept hatte, fuhr sie nun damit fort mit ihrem langen und verdammt kräftigen Schwanz gegen die Toilettentür zu hämmern. Im wahrsten Sinne des Wortes wurde mir schlagartig klar, was dieses fiese Reptil vorhatte. Da es sicher nicht einfach nur aufs Klo musste, wollte es wohl das herausholen, was sich dort drin verbarrikadiert hatte und das war dem Schrei nach zu urteilen Nicky! Während ein weiterer Schlag des Echsenanhangs bereits eine ziemliche Delle in der Tür hinterließ, wurde es hinter mir immer lauter. Die Stewardessen versuchten immer energischer die Passagiere auf ihren Sitzen zu halten, doch die „Hilfe! Terroristen!“- Rufe wurden immer lauter und versetzten das ganze Flugzeug in Panik. Ich hatte keine Ahnung, was die anderen Leute da auf dem Gang sahen, aber ich bezweifelte wirklich ganz stark, das Al Qaida neuerdings Mutanteneidechsen für ihre Attentate anheuerte. Und Waffen hatte das Vieh, bis auf den gefährlich umherzuckenden Schwanz, die scharf funkelnden Klauen und die blitzblanken Beißerchen, auch nicht, obwohl das auch eigentlich genug war. Aber vielleicht hatte ich vor Übermüdung auch nur seltsame Halluzinationen. Egal, was da nun vor mir stand, wichtig war eigentlich nur eins: es versuchte die Türe zu zertrümmern hinter der meine beste Freundin war. Keine Ahnung was ich mir in dem Moment eigentlich dachte, aber ich war plötzlich vom Drang erfasst, das Schuppentier von seinem Ziel abzulenken. „Hey, du Riesenechse! Da ist besetzt!“ Ohne, dass ich es wirklich realisierte, hielt ich auf einmal eine Kaffeekanne des Servierwagens hinter mir in der Hand, die kurz darauf mit einem heftig metallischem „Plong“ an einem Reptilienschädel landete. Ruckartig fuhr dessen Besitzerin herum und starrte mich an. ‚Ganz tolle Idee.’, gratulierte ich mir kurz darauf zu meinem treffsicheren Wurf, denn nun hatte ich das zweifelhafte Vergnügen der vollen Aufmerksamkeit der Kreatur und die war nun noch schlechter gelaunt. „Dazzz wirzzt du büzzzen!“, zischelte das Reptil und kam mit erhobenen Klauen auf mich zu. Irgendwo hinter mir ertönten erneut Schreie, aber mein Kopf war eher mit dem beschäftigt, was sich vor mir abspielte. Doch auch jetzt fiel mir immer noch kein grandioser Plan ein, wie ich dieses Monsterteil erledigen konnte. Von Panik erfasst, entfielen mir gleich mal alle Fakten zu Reptilien, die ich während meines Biologiestudiums mal hatte lernen müssen und mir eventuell hatten nützlich sein können. Meine Hand tastete stattdessen erstmal nach etwas zum Abwehren, aber außer Plastikbechern war nichts greifbar und mit denen brauchte ich es erst gar nicht versuchen, da hätte ich auch gleich Wattebällchen werfen können. Also konnte ich nur ein paar hastige Schritte zurück weichen, doch eine Wand verhinderte weitere Fluchtversuche. Aber auch so hätte ich nicht weiter gehen können, denn der kurze Anflug von Heldenmut war verpufft und meine Gliedmaßen versagten mir den Dienst, als wäre dem Kontrollzentrum plötzlich eingefallen, dass es noch ganz dringend etwas anderes Wichtiges zu erledigen hatte. Kalte Todesangst hielt mich fest umschlossen, während das Zischen immer lauter wurde und die Klaue immer näher auf mich zu geschossen kam. ‚Das war’s also. Aufgespießt von einer Mutantenechse... was für ne blöde Art zu Sterben.“, ging wir durch den vom Blut rauschenden Kopf. Eigentlich war ja jede Art zu Sterben irgendwie blöd, aber zumindest war das Vieh vielleicht für ne Weile damit abgelenkt mich zu zerfetzen und zu fressen, na gut, so viel war nun auch nicht an mir dran, dass es sonderlich lang beschäftigt sein würde, aber zumindest sodass vielleicht einige Mutige die Zeit fanden ne Waffe zu finden, mit der sie das seltsame Geschöpf erledigen konnten. Und vielleicht war dann wenigstens Nicky in Sicherheit. So stand ich also da und wartete, dass sich die blitzenden Krallen in meinen Körper bohrten. Als sie nur noch wenige Zentimeter von meiner Brust entfernt waren, passierte das so ziemlich Blödeste, was ich mir in dieser Situation vorstellen konnte – ich musste niesen. Der Niesreiz war so heftig, dass es mir automatisch die Augen zudrückte. Gleichzeitig lief ein starkes Prickeln über meine Haut. Na super! War meinem Körper echt nichts Besseres zur Verteidigung eingefallen, als niesen? Was war ich nur für eine Heldin! Ich würde zwar Sterben, aber zumindest hatte ich das Monster vorher noch mal kräftig angeniest, so nach dem Motto: „Stirb, hier kommen meine Bakterien!“ Vielleicht würde es sogar, nachdem es alle Passagiere in kleine Stücke gehackt und sich an ihnen gelabt hatte eine Woche mit Schnupfen im Bett liegen. Das würde sicher eine absolute Lektion für alle bösen Reptilienmixwesen sein, nie wieder ohne Mundschutz und Grippeschutzimpfung auf Metzeltour zu gehen. Ich konnte echt stolz auf mich sein. In die panische Angst aufgeschlitzt zu werden, mischte sich nun plötzlich auch Ärger über mich selbst, dass ich wieder mal versagt hatte. Nicht einmal meine beste Freundin konnte ich beschützen. Ich hatte es ja gar nicht anders verdient, als von diesem blöden Viech zu Schaschlik verarbeitet zu werden. Doch statt eines sinnbetäubenden Schmerzes in meinem Körper, ertönte plötzlich ein ohrenbetäubender Knall um mich herum. Als meine Augen einen Sekundenbruchteil später wieder aufgingen, erspähten sie ein klaffendes Loch in der gegenüberliegenden Wand. Ich hab ja nun wirklich echt keine Ahnung von der Physik des Fliegens und dem Flugzeugbau, aber eines wusste ich definitiv: Löcher in der Außenwand waren alles andere als gut. Sofort sackte die Maschine nach unten, eine Sirene heulte auf, Menschen schrieen wie am Spieß durcheinander, doch ich hatte andere Probleme. Ich stand nämlich genau gegenüber des neu eingebauten Extrafensters und bekam eine frische Brise zuspüren. Ich sah nur noch wie Misses Riesenechse mit aufgerissenen Augen vom Wind nach draußen geschlürft wurde, dann war auch ich an der Reihe. Ich weiß ja nicht wie viele von euch schon die Erfahrung gemacht haben in tausend Metern Höhe aus einem Flugzeug zu fallen, aber für alle die noch nicht in dieses zweifelhafte Vergnügen gekommen sind... Stellt euch einfach vor, ihr haltet eure Hand (nicht irgendwelche anderen Körperteile…) an einen ziemlich starken Staubsauger. Ziemlich unangenehm, nicht? Und nun stellt euch das Sauggefühl am ganzen Körper vor, nur dass es in diesem Fall der Megastaubsauger eines Riesen war, der mich mit einer unglaublichen Gewalt in den Staubsaugerbeutel Marke Himmel zog. Noch bevor ich wieder blinzeln konnte, fand ich mich außerhalb des Metallvogels wieder. Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen sagt man, liegen darunter verborgen... Haha, Udo Jürgens hatte echt keine Ahnung wie es sich wirklich anfühlte, mal eben durch die Wolken zu fallen. Ich machte mir schon verdammt große Sorgen, während eisige Kälte meinen Körper gerade fast schockfrostete. Und die Luft hatte anscheinend auch noch nicht entschieden wohin sie mit mir wollte, denn sie zerrte an allen Seiten am mir, wie ein Hunderudel, das sich um einen Knochen stritt, während ich mich im Sturzflug nach unten befand. Zum Glück konnte ich bei dem Sog eh die Augen nicht öffnen, denn sonst hätte mich wohl meine Höhenangst noch um den Restverstand gebracht, der gerade realisierte, dass ich wohl in nicht allzu langer Zeit wie ein reifer Kürbis auf dem Wasser des atlantischen Ozeans zermatscht werden würde. Die Haie würden sich sicherlich über die unerwartete Zwischenmahlzeit freuen. Ich hatte zwar nie gedacht, den Sinn meines Lebens im Füllen des Magens eines Raubfisches zu finden, aber hey, besser als völlig umsonst sterben. Und dann ging auf einmal alles ganz schnell. Nahe der Besinnungslosigkeit fiel ich immer weiter wie ein großer Zementklotz nach unten, bis ich auf etwas aufprallte. Ein stechender Schmerz jagte durch meinen eh schon malträtierten Körper. Nun war es also entgültig aus. Doch zu meinem Erstaunen, wurde ich nicht in unzählige Stücke zerrissen und ich war auch nicht nass. Auf was auch immer ich da geprallt war, es war anscheinend nicht die Wasseroberfläche. Automatisch griff ich zu und fühlte etwas Weiches in der Hand. ‚Hey Kleine, nicht so fest.’ Vor Schreck hätte ich fast wieder losgelassen, doch da blitzte ein wenig Überlebenswille auf, der dies verhinderte. Dennoch hatte mein Verstand ziemliche Probleme damit zu kapieren, dass das, an was ich mich da krampfhaft klammerte mit mir redete. Wäre ich irgendwo am Boden gewesen, hätte ich ja schon Fragen bekommen, aber das etwas Weiches mit der Fähigkeit zu Sprechen in der Luft rumflog war mir dann doch etwas zu suspekt. Aber ich war definitiv noch in der Luft, denn es zog wie verdammt kräftige Hechtsuppe. Nur das Fallen war abgebremst, obwohl ich durchaus noch in Bewegung war. ‚Nun kletter schon hoch, du reißt mir noch meinen prächtigen Schweif aus.’, ertönte es erneut. Dabei konnte ich noch nicht mal ausmachen, woher die unbekannte Stimme kam. Gut, wenn die Luft um einen herum eh schon pfiff wie ein ganzes Panflötenorchester, war es ohnehin schwer irgendwas an Tönen auszumachen, aber irgendwie war es seltsam. Obwohl meine Ohren so gut wie zu waren, ob es am Druck der Höhe lag, oder meine Lauscher schon abgefroren waren, konnte ich nicht sagen, hörte ich die leicht gebrochen wirkende Stimme ziemlich klar. Vielleicht bildete ich mir die Stimme ja auch nur ein. Wer wusste schon, was für Chaos grad in einem neuronalen Netzwerk herrschte. Doch ich hatte momentan andere Probleme, als mich darüber zu wundern, immerhin hing ich in einigen hundert Metern in der Luft halb schräg an irgendwas Seltsamen herum. Meine Augen hatte ich immer noch geschlossen, also wusste ich nicht wohin ich eigentlich klettern sollte, aber eh mich die Kraft in den Armen verließ, versuchte ich einfach mit dem Bein in Richtung oben zu tasten, also zumindest das, was ich also oben empfand. Denn durch das ganze Umhergewirbel war ich völlig konfus. Als ich meinen Fuß an dem scheinbar rundlichen Körper entlang schob, stieß ich plötzlich auf etwas. ‚Au, pass auf meinen Flügel auf, sonst schmieren wir auch noch ab.’ „Tschuldigung“, brachte ich keuchend hervor. Obwohl mir das Wort ‚Flügel’ einige Kopfzerbrechen bereitete, wollte ich höflich bleiben. Es war wirklich schwer mit halb erfrorenen Fingern irgendwo Halt zu finden, aber nach einer gefühlten Ewigkeit schaffte ich es irgendwie in eine aufrechte Position. Oder zumindest nahm ich das an, denn meine Augen hatte ich immer noch nicht geöffnet. Zum einen aus Angst was mich erwartete und zum Anderen, da ich durch den Wind vor lauter Tränen wohl eh nichts gesehen hätte. Und dennoch war es irgendwie seltsam. Nun da ich nicht mehr durch die Luft gewirbelt wurde, fühlte es sich gleich weniger kalt und auch nicht mehr ganz so zugig an. Das, auf was ich saß war ziemlich hart und dennoch irgendwie auch weich und warm. Während sich meine Schenkel verzweifelt um etwas Rundliches klammerten, tasteten sich meine Hände suchend nach vorn und fanden neben dem Weichen auch etwas, dass sich struppig anfühlte. Ein seltsam vertrautes Gefühl stieg in mir auf. Eine schwache Erinnerung drängte sich in mein Bewusstsein, glich die ganze Situation mit meinen früheren Erfahrungen ab und stellte fest, dass sie seltsamerweise identisch waren. Ein erschrockenes Keuchen entrann meiner Kehle. Obwohl ich nicht sah, auf was ich saß, wusste ich es plötzlich. Doch das konnte einfach nicht sein! Ich musste mich täuschen, denn das was ich vermutete war in dieser Lage viel zu unglaublich. Doch wiederum, was war schon unglaublich mit dem Hintergrund, dass ich vor vielleicht ner Minute von einer Echsenmenschmutante angegriffen, aus einem Flugzeug geschleudert worden war und anscheinend immer noch lebte? Aber vielleicht war ich auch schon tot und hatte nur auf dem Weg zum Jenseits seltsame Halluzinationen. Sicher hätte ich auch noch Stunden herumrätseln können, doch die einfachere Methode war, einfach die Augen zu öffnen. Obwohl ich befürchtete meine Augen vielleicht durch Schockfrostung zu verlieren, schaffte ich es doch kurz zu blinzeln, sodass ich einen länglichen Schemen ausmachen konnte. Als mir klar wurde, dass dieses kurze Bild genau in meine Vermutung passte, riss ich unwillkürlich und völlig unvorsichtig die Augen auf. Vor mir wurde ein länglich schmaler Hals, an dessen Ende sich ein ebenso länglicher Kopf befand, nun immer klarer in der Kontur. ‚Das kann nicht sein!’ Vor lauter Überraschung wäre ich fast zur Seite gekippt, doch ein beherzter Griff in die Mähne am Hals, bewahrte mich davor. ‚Hey, mal nicht so stürmisch Kleine.’ Der Kopf drehte sich zu mir um und entbloße ein grinsendes Gesicht, das ich nun umso schockierter anstarrte. „Du bist.... du bist…“, brachte ich stammelnd hervor. ‚Was? Muskulös? Gutaussehend? Super sexy?’ Das Grinsen wurde immer breiter. „Ein...ein... ein Pegasus!“, vollendete ich endlich meinen Satz, nachdem mein verwirrter Blick über einen Pferdekörper mit Flügeln gestreift war. ‚Ach was! Mensch, gut, dass du mir das sagst, das erklärt natürlich einiges!’ Mit gespielter Bestürzung riss das Pferd seine großen schwarzen Augen auf. „Aber...aber...wie...?“ Mir war das gerade alles zu viel. Ich hatte zwar tausend Fragen, aber meine Gedanken hatten sich zu so einem verworrenen Knäul verstrickt, dass ich einfach nichts Sinnvolles herausbrachte. ‚Naja, weißt du, das ist eine Sache der Gene. Meine Eltern waren Pegasi und mein ganzer restlicher Stammbaum auch, also war es irgendwie kein großes Wunder, dass ich auch ein Pegasus wurde.’, erklärte mein Fluguntersatz amüsiert. „Ja das ist mir klar, das meinte ich auch nicht. Ich wollte eigentlich wissen, wie es möglich ist, dass es so was wie Pegasi plötzlich gibt.“, versuchte ich meine blöde Frage besser zu erklären. ‚Was heißt hier plötzlich? Pegasi gibt es schon seit tausenden von Jahren.’ „Aber doch nur in Fantasybüchern, nicht in der Realität.“ Es hatte wohl immer noch nicht verstanden auf was ich hinaus wollte. ‚Na also ich fühl mich ziemlich real und hab das auch schon immer. Also ich weiß ja nicht, wie real du bist, aber die kräftigen Muskelpakete unter deinen Schenkeln sind keine Einbildung.’ Das war zwar nicht die Antwort, die ich erwartet hatte, aber wie es schien führte diese Diskussion zu nichts und so gab ich es einfach auf nach dem Sinn zu fragen und akzeptierte, dass ich auf einem fliegenden Pferd durch den Himmel segelte. Vorerst zumindest. Immerhin war ich hier auch nur durch ziemlich mysteriöse Umstände gelandet. Aber nun da ich erst mal in Sicherheit war, hatte ich andere Probleme. „Nicky!“, entfuhr es mir erschrocken. Durch die Landung auf einem fliegenden Gaul, war ich etwas abgelenkt gewesen, doch nun drängte sich die Sorge um meine beste Freundin, die gerade immer noch in einem durchlöcherten Flugzeug gen Ozean stürzte, wieder unaufhaltsam in meine Gedanken. ‚Die Zweite? Hat sie auch nen unfreiwilligen Freiflug gemacht?’, erkundigte sich mein pferdischer Retter. Ich wusste zwar nicht genau was er mit ‚der Zweiten’ meinte, aber das war jetzt nicht von belang: „Nein, sie ist noch im Flugzeug.“ Panik stieg in mir auf, denn auch wenn ich meinen Abflug überlebt hatte, das Flugzeug und dessen Insassen waren immer noch in Lebensgefahr und dazu zählte nun auch mal Nicky. ‚Na dann sollten wir wohl mal hinterher.’ Ohne dass ich auch nur nachfragen konnte, wie das Pegasus es meinte, bekam ich es auch schon am eigenen Leib zu spüren. Unter mir kippte der Pferdekörper nach vorn und ich schlagartig mit ihm. Ein erstickter Laut schaffte es gerade noch so aus meinem Mund bevor mir, zum Glück, die Luft erneut aus den Lungen gepresst wurde, als mein Flugtier sich im Sturzflug senkrecht nach unten bohrte. Zum Glück, weil mir sonst wohl ein Schrei entfahren wäre, der sämtliche Tiefseefische aufgeschreckt hätte. Außerdem war es gut, dass mein Mund verschlossen war, sonst hätte ich für nichts garantieren können, denn mir wurde augenblicklich kotzübel, als wir wie ein Pfeil die Wolken teilten und auf den Ozean zurasten. Hätte das Pegasus seine Flügel nicht angeklappt und mir damit einem gewissen Halt gegeben, wäre ich einfach nur wieder von seinem Rücken geweht wurden. Krampfhaft klammerte ich mich mit allen mir noch zu Verfügung stehenden Kräften an allen möglichen Stellen fest. Unter uns kam das Dunkelblau des Meeres immer näher. Wobei mir dabei nicht nur erschreckend bewusst wurde, dass wir in einem halsbrecherischen Sinkflug genau darauf zu hielten, sondern auch, dass ich trotz des tosenden Gegenwindes meine Augen immer noch offen hatte. Ich konnte mir nicht erklären, warum mir bei dem Zug nicht die Augäpfel hinten aus dem Schädel gedrückt wurden, aber ich hatte gar nicht die Zeit mich genauer mit dieser Absonderlichkeit zu befassen. Obwohl meine Höhenangst gern beim Anblick des schwindelerregenden Abstands zum Boden oder eher Wassers völlig durchgedreht wäre, hielt meine Aufmerksamkeit meinen Verstand davon ab, sofort flöten zu gehen. Der hatte nämlich einiges zu tun damit, das zu verarbeiten, was sich unter mir so abspielte. In gar nicht allzu weiter Ferne stürzte immer noch das Flugzeug, aus dem ich vor kurzem gefallen war, in einem unkontrollierten Kamikazeflug nach unten, um wohl in wenigen Augenblicken den atlantischen Ozean mit tausenden Stücken Altmetall und etwas Frischfleisch für die Haie zu verschmutzen. Die Angst um Nicky nahm mit einem Mal wieder jede Faser meines Körpers ein und ließ mich alle sonderbaren Umstände vergessen. Obwohl mein fliegender Untersatz wirklich ein Mordstempo drauf hatte und gleich den bleiern nach unten sinkenden Metallvogel einholen würde, würde es im Grunde nichts nützen, wie mir schmerzlich klar wurde. Auch wenn ich meinen Ausflug in den Himmel überraschend lebend überstanden hatte und nun auf einem mythischen Wesen saß, weder das Pegasus noch ich würden das Flugzeug aufhalten können. Die komische Insel aus „LOST“ würde sicher auch nicht gerade an der Absturzstelle wieder auftauchen, um von einem weiteren Flugzeug besprungen zu werden, und dass Superman in den nächsten Augenblicken hereinschneien würde, daran glaubte ich trotz Monsterechsen und fliegenden Pferden nun doch nicht. Verzweiflung stieg in mir hoch. Da mein persönliches Flugzeug unseren Sturzflug etwas abgebremst hatte, da wir nun in Reichweite waren, konnte ich wieder den Mund aufmachen um ihn um Rat zu fragen. Auch wenn ich bislang keine brauchbaren Antworten bekommen hatte, den Versuch war es wert. „Was sollen wir denn jetzt machen? Können wir das Flugzeug irgendwie stoppen?“, wandte ich mich hilfesuchend an das Pegasus. ‚Wir? Spinnst du? Da verlier ich doch sämtliche Federn!’ Nun schaute es tatsächlich empört. „Aber wie...“ Ich kam nicht dazu meinen von Panik begleiteten Satz zu Ende zusprechen, denn das Pferdegesicht grinste mich schon wieder an. Pferde sehen übrigens ziemlich blöd aus, wenn sie grinsen, nur um das mal festgehalten zu haben. ‚Lass den Chef mal machen.’, gab es ganz gelassen von sich. Verwirrt schaute ich mich um. War hier tatsächlich noch jemand? Vielleicht doch am Ende Superman? Aber auch wenn kein Typ im engen blauen Overall und roten Cape vorbeigeflogen kam, sah ich plötzlich etwas Auffälliges und das verwunderte mich schon. Eine Welle. Unten auf dem Ozean war eine Welle. Oh ja, Wahnsinn eine Welle auf dem Meer, einfach unglaublich, werdet ihr jetzt sagen. Aber, das war nicht einfach nur eine Welle, nein, es war eine Monsterwelle. Beim Anblick dieses Dings hätte sich wohl selbst der letzte Tsunami vor lauter Scham wieder kleinlaut zurückgezogen. Das Seltsame an der Wasserwand war allerdings, dass sie sich nicht fortbewegte. Sie stand einfach nur auf der sonst scheinbar ruhigen Wasseroberfläche da, wie bestellt und nicht abgeholt. Dahinter konnte ich drei weiße und einen schwarzen Punkt ausmachen, die sich bewegten. Was das war, konnte ich aus der immer noch bestehenden ziemlich großen Entfernung nicht erkennen. Allerdings fiel mir auf, dass sich der obere Rand der Welle veränderte und sich etwas neigte oder auch wieder steiler wurde. Ich wurde aus dem merkwürdigen Hulatanz der Wassersäule nicht schlau, zumindest bis ich mich auf meinem UFO, was in meinem Fall so viel wie unglaubliches Flugobjekt hieß, genau neben dem Flugzeug befand. Aus dieser Perspektive sah es fast so aus, als bewegte sich die Welle mit dem ziemlich unruhigen Sturzflug des Metallvogels. Es hatte fast etwas von einer Schlage und ihrem Beschwörer. Ich konnte mir das seltsame Bild zwar nicht erklären, aber vielleicht konnte die Megawelle den Aufprall des Flugzeuges ein wenig abbremsen, wenn es zuerst auf dem Wellenkamm auftraf, anstatt auf der planen Wasseroberfläche. Etwas Hoffnung keimte in mir auf. Vielleicht gab es doch noch eine Rettung für Nicky und die restlichen Passagiere. Klar ne Notwasserung würde es werden, aber zumindest bestand die Chance, dass das Flugzeug nicht komplett auseinander gewürfelt wurde und die Passagiere es überlebten und höchstens von ein paar Haien angeknabbert wurden. Wer auch immer der erwähnte Chef war, er schien keinen schlechten Plan zu haben. Doch wie das mit Plänen immer so war, ging auch der hier nicht ganz so auf, denn plötzlich kam alles ganz anders. Als wir und das Flugzeug nur noch wenige hundert Meter von der möglicherweise rettenden Welle entfernt waren, passierte es. Das Pegasus hatte sich die ganze Zeit auf der selben abnehmenden Höhe wie das Flugzeug gehalten, doch mit einem Mal war kein Flugzeug mehr neben uns. Wir schossen immer noch auf das Wasser zu, während das metallische Blitzen plötzlich nicht mehr da war. Den Grund erkannte ich erst, als mein Fluguntersatz eine Vollbremsung machte, die mich fast von seinem Rücken gekippt hätte. Als ich mich wieder nach oben gehievt hatte und umwand, bekam ich noch größere Augen als schon die ganze Zeit über. Das Flugzeug, das eben noch mit Affenzahn abgeschmiert war, hing nun auf einmal völlig regungslos in der Luft. ‚Nanu? So war das eigentlich nicht geplant.’ Das Pegasus beantworte die Frage, die mir schon auf der Zuge gelegen hatte von selbst. Das gehörte also nicht zum Plan des Chefs. Aber im Grunde sollte es mir egal sein, denn die Gefahr war erst mal gebannt. Dennoch wusste ich nicht wie lange das Flugzeug von der vermeintlich unsichtbaren Hand am Fallen gehindert wurde und so zählte in dem Moment nur eins für mich: Nicky da rausholen! „Kannst du zu dem Loch fliegen?“, fragte ich nach. ‚Klar, aber ich hab keine Ahnung was da grad los ist, also müssen wir vorsichtig sein.' Besonders vorsichtig erschien mir der Flug zum Extraeinstieg zwar nicht, aber die sehr unvorsichtige Flugweise des Pferdes hatte ich ja schon kennen gelernt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)