Für Rum und Ähre von _Kima_ ("Erdnuss, Captain!") ================================================================================ Kapitel 27: Marcia ------------------ Erleichtert wischte Marcia sich eine durchnässte Haarsträhne aus der Stirn und blickte zur Dirty Lust zurück. Spielten ihr ihre Sinne einen Streich oder trug der Wind tatsächlich die Verwünschungen des geschlagenen Captains bis an ihr Ohr? Alle an Bord wussten, dass sie nicht zum letzten Mal Deathblow Blaines Weg gekreuzt hatten … aber das interessierte nun, da zumindest die Schlacht gewonnen war, niemanden. Nacheinander musterte Marcia die Männer, bemerkte erst jetzt, dass der blonde Lockenschopf Nathanaels fehlte. „Goldlöckchen“, rief sie und wandte sich zum Krähennest um. „Es ist vorbei, du kannst runter kommen.“ „Goldlöckchen?“, rief sie noch einmal, als keine Antwort kam und auch das schmale, unschuldige Gesicht des Jungen nicht auftauchte. „Nathanael, geht es dir gut?“ Anstelle einer Antwort kam Jolly Roger aus dem Krähennest geflattert und ließ sich auf Julias Schulter nieder. „Tote Erdnuss“, kreischte der Papagei betrübt. „Tot!“ Tot …? Hatten sie ihn von den Straßen Tortugas geholt, um ihn jetzt schon an Davy Jones übergeben zu müssen? Er war immer noch ein Kind! Langsam wandte Marcia sich zu Julia um. Ihre Schwester blickte ihr ernst in die Augen. Das Blut war aus ihren Wangen gewichen und sie wirkte so bestürzt, wie Marcia sich fühlte. „Die Schüsse“, flüsterte sie. „Bei Davy Jones, er wird doch nicht …“ „Johnson!“, unterbrach Julia sie scharf. „Wo wollt Ihr hin?“ „Ins Krähennest“, erwiderte er ruhig. „Marcia geht. Gentlemen, ihr bringt die Verletzten unter Deck. In Port Nassau holen wir einen Arzt an Bord.“ „Warum haltet Ihr mich so krampfhaft von dem Jungen fern, Captain?“, fragte Johnson direkt und baute sich vor Julia auf. Sofort schob Marcia sich zwischen die beiden, nur, um von Julia sofort zur Seite gedrängt zu werden. „Das steht hier nicht zur Debatte, Ladybug! Stellt meine Autorität nicht in Frage, ich warne Euch! Zurück in die Kombüse und ihr, Gentlemen, unter Deck! Marcia hat den Jungen unter ihren Schutz genommen, sie wird nach ihm sehen.“ „Hat ja sehr gut funktioniert“, knurrte Johnson, der aus unerfindlichen Gründen von Sekunde zu Sekunde wütender zu werden schien. Julia knurrte ebenfalls und ehe Marcia reagieren konnte, hatte sie den Mann am durchweichten Kragen seines Hemdes gepackt. „Zum letzten Mal“, zischte sie, „geht jetzt! Ihr werdet noch früh genug erfahren, wie die Dinge stehen!“ „Aye, Captain“, erwiderte Johnson kalt. „Wie Ihr wollt.“ Marcia seufzte innerlich, als die Männer langsam, die beiden Verletzten stützend, unter Deck verschwanden. „Hoffentlich hat das keine Auswirkungen auf seine Loyalität … wir können ihn gut an Bord brauchen.“ „Das sehen wir später. Jetzt geh.“ Marcia nickte, wandte sich um und erklomm langsam, hin und wieder ausrutschend und mit heftig schlagendem Herzen die Wanden. Jolly Roger umkreiste sie dabei wie ein Aasgeier ein totes Tier. Das erste, was sie sah, als sie über den Rand des Ausgucks blickte, war Blut. Viel Blut, viel zu viel Blut, das das weiße Hemd Nathanaels tränkte. Er saß da, an das raue Holz gelehnt, eine Hand in die Seite gepresst, die Augen geschlossen, den Kopf zur Seite gesunken. „Nathanael“, flüsterte sie und überschlug sich fast, als sie eilig zu ihm ins Krähennest kletterte. Sie kniete neben ihm nieder, schob seine Hand zur Seite und zog sein Hemd hoch. Die Kugel – oder waren es mehrere? Zumindest hatte das Krähennest mehrere Durchschusslöcher – hatte ihn zwar nur gestreift, doch er verlor viel Blut. „Tote Erdnuss“, krächzte Jolly wieder betrübt. „Stirb, Mörder!“ Marcia beugte sich über den Jungen, hielt ihr Ohr dicht an seine Nase und hätte am liebsten vor Freude Jollys nasses, verdrecktes Gefieder geküsst, als sie den flachen Atem des Knaben hörte. „Die Erdnuss ist nicht tot“, murmelte sie sinnlos. „Stirb, Mörder!“, beharrte Jolly trotzdem darauf und Marcia nickte. Sie richtete sich auf und hob Nathanael auf ihre Arme. Er war so leicht … „Marcia?“, rief Julia, die noch immer im strömenden Regen stand, ihr von unten zu. „Was ist los?“ „Er ist angeschossen! Aber er lebt!“ „Bring ihn runter!“ „Gut, dass du das sagst, ich wollte ihn eigentlich liegen lassen!“ Marcia lachte auf und schüttelte leicht den Kopf. „Witzig!“ Auch Julia grinste. Die Erleichterung, dass Nathanael am Leben war, stand ihr ins Gesicht geschrieben. Marcia hatte jetzt nur ein Problem – den Jungen sicher nach unten zu bringen … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)