Nähe von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Erdbeertorte und Rubik-Würfel ---------------------------------------- Kapitel 1 Erdbeertorte und Rubik-Würfel Seit genau zwei Stunden zweiunddreißig Minuten und vierundvierzig Sekunden saß der kleine Jungen mit dem weißen Haaren in der Ecke des Raumes. Das rechte Bein dicht an den Körper gezogen. Die Augen blickten starr an die Wand ohne sie wirklich wahr zu nehmen. Seit genau so langer Zeit herrschte wieder Stille in dem Hotelzimmer. L saß wieder in seinem Sessel, in der selben Haltung wie schon einige Stunden zuvor. Anfangs hatte er noch versucht mit dem Jungen zu Reden, doch inzwischen hatte er es aufgegeben. Wie alt mochte der Kleine wohl sein? Fünf? Sechs? Auf alle Fälle noch viel zu jung, um seine Eltern zu Verlieren. Leise seufzte L. Warum hatte Watari ihn auch mit dem Jungen allein gelassen, wo es ihm doch schon schwer genug viel auf sich selbst acht zu geben? ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Flachback: Etwa zwei Stunden zuvor ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Die Tür zum Hotelzimmer öffnete sich. L drehte sich mit dem Drehstuhl in die Richtung und sah, wie Watari gerade die Tür hinter sich schloss. Neben ihm stand ein kleiner Junge mit kurzem weißen Haar. Er machte einen leicht verlorenen Eindruck auf L. Das offensichtlich viel zu große Hemd war leicht schmutzig, die hellblaue Hose schien ebenfalls viel zu groß für ihn zu sein. Seine schwarzen Augen waren trüb auf den Boden gerichtet. Seine kleine Hand hielt sich unauffällig an Wataris Mantel fest, suchte vorsichtig Schutz vor dem Fremden, der dort so merkwürdig auf dem Stuhl saß und ihn aufmerksam musterte. "Ich muss noch ein einige Besorgungen machen", meinte Watari, "Kommt ihr ein paar Stunden alleine zurecht?" Er blickte L an. Als Antwort nickte dieser nur schwach. Watari war klar, dass L sich schwer tat im Umgang mit seiner Mitmenschen. Deshalb arbeitete er ja schließlich stets alleine an den Fällen. Aber vielleicht war es ja einmal ganz gut für ihn, wenn er jemanden hatte, um den er sich kümmern musste. Ja, es würde ihm bestimmt gut tun, ihm und dem Jungen auch. Nate River ließ Wataris Mantel los und tapste in die nächst gelegene Ecke des Raum, drehte den beiden Anderen den Rücken zu und winkelte das rechte Bein leicht an. Ein leises Seufzen verließ Wataris Lippen. "Kümmere dich bitte etwas um ihn", bat der ältere Herr und verließ das Zimmer wieder. Erneut herrschte Stille. Nach einigen Minuten stand L auf und ging leise zu dem Jungen. "Dein Name ist Nate, nicht wahr?", fragte er. Keine Reaktion. Spricht er überhaupt Englisch?, fragte sich der junge Detektiv. Den Daten zufolge war sein Vater Amerikaner und seine Mutter Französin. "Tu parle francais?", fragte er mit leichtem Akzent. Ein kurzer Seitenblick von Nate, sonst nichts. Französisch. Neben Englisch eine Weltsprache, nur leider die Sprache, die L am wenigsten beherrschte. In den meisten Fällen die er bisher gelöst hatte, hatte er Englisch gesprochen. Wie also sollte er sich mit ihm verständigen? Wieder ein kurzer Blick von dem verstörten Jungen. Ein Blick voller Misstrauen und Vorsicht. Was sollte man auch anderes erwarten? Immerhin hatte man gerade seine Eltern ermordet. Zwar nicht mit Absicht, aber dennoch herrschte nun anstelle von Vertrauen Misstrauen in dem Kind. Das Wissen wozu manche Menschen fähig sind, dieses Wissen ist schwer zu begreifen, vor allem in diesem Alter. L zwang sich zu einem kleinen Lächeln, er lächelte nicht oft, es gab einfach keinen Grund dafür. Nate jedoch sah wieder stur zur Wand. ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Flashback Ende ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Seit dem gab es keinerlei Reaktionen mehr von ihm. Ein leiser Seufzer entfloh L, dann richtete er sich wieder auf und ging, in seiner typischen, gebeugten Haltung zum Kühlschrank. Er öffnete den weißen Schrank und holte eines seiner heißgeliebten Erdbeerkuchenstücke heraus. Er holte sich noch eine Gabel und marschierte an Nate vorbei zurück zu seinem Sessel, stellte das rosa Kuchenstück auf den kleinen Couchtisch neben diesem und setzte sich in der gewohnten Haltung wieder hin. Er nahm den Teller wieder in die Hand und sah die kleine rote Erdbeere begierig an, freute sich schon jetzt auf den Moment in dem er in das saftige, zarte Fruchtfleisch beißen würde. Er spießte die kleine rote Frucht mit seiner Gabel auf und führte sie, voller Vorfreude, zu seinem Mund. Auf einmal zog etwas, oder vielmehr jemand, leicht an seinem Ärmel. L Blickte nach unten und sah direkt in ein großes paar schwarzer Augen, die ihn bittend ansahen. Der kleine Nate war aus seiner Ecke gekommen, stand jetzt neben dem Sessel und sah L mit Hundeaugen an. Wollte er etwa... Nein, L würde auf gar keinen Fall seine heißgeliebte Erdbeere hergeben, nicht an jemanden, der ihn bis eben noch ignoriert hatte. Eigentlich würde er an überhaupt niemanden jemals eine dieser süßen Köstlichkeiten verschenken. Grade wollte der Meister Detektiv sich wieder seiner Erdbeere widmen, als er wieder ein leichtes Ziehen an seinem Ärmel verspürte. Er blickte wieder zu Nate hinunter und sah ihm wieder in die großen schwarzen Augen. Das gibt es doch nicht, der will tatsächlich meine Erdbeere!, dachte L. Misstrauisch sah er den Kleinen an. Wie ein kleiner Schneemann sah er aus, mit dem weißen Haar, dem weißen Hemd, der hell blauen Hose und den großen schwarzen Knopfaugen. Süß sieht er ja schon aus, dachte er unwillkürlich. Der kleine River wusste wie er die Leute dazu brachte, dass sie ihm das gaben, was er wollte. Es war zwar sonst eher selten nötig gewesen, aber geschadet hatte es noch nie. Nur um sicher zu gehen, dass er etwas, was immer es war, auch wirklich bekam. Bisher hatte es ja immer funktioniert. Ein ergebenes Seufzen von L war zu hören. "Ok.", meinte er," Aber nur wenn du 'Bitte' sagst." Kurz zog Nate einen Schmollmund. Dann meinte er leise: "Bitte..." Seine Stimme war ganz leise, nur ein schwaches Flüstern. Na geht doch, dachte L zufrieden. Kurz sah er die kleine rote Frucht sehnsüchtig an. Er hielt Nate die Gabel entgegen. Dieser öffnet den Mund um die Erdbeere in Empfang zu nehmen. L schob Nate die köstliche Frucht in den Mund. Dieser zog sie vorsichtig mit den Lippen von der Gabel. Der kleine Junge kaute genüsslich, während L sich der übrigen Torte zuwandte, nur um nicht zusehen zu müssen, wie seine geliebte Erdbeere von jemand anderen als ihm verspeist wurde. Aber wenigstens hatte der Kleine etwas gesagt. Während L seine Torte aß zog Nate hin und wieder an seinem Ärmel, sah ihn mit Hundeaugen an und bat leise um ein kleines Stück von der Torte. Die Bedingung war stets die selbe: Ein Bitte und ein Danke. Nate hielt sich daran. Nach kurzer Zeit stand der Kuchenteller leer auf dem Couchtisch. Nate hatte sich auf das Sofa gesetzt und sah sich nun zum ersten Mal genauer im Raum um. Während dessen fragte sich L langsam, wo Watari blieb. Watari brauchte eigentlich nie sehr lange für seine Besorgungen. Die Wahrscheinlichkeit lag bei 20%, dass es sehr viele Besorgungen waren. Zu etwa 30% war zu vermuten, dass ihm irgendetwas zugestoßen war und letztendlich war es zu 50% wahrscheinlich, dass er sich extra Zeit ließ. Doch, wozu sollte er sich so viel Zeit lassen? Vielleicht wollte er, das er noch etwas über Nate heraus fand? Das würde nur leider so oder so nichts bringen. Der Kleine würde, egal was sie auch taten, in einem Waisenhaus landen. Moment mal, dass war es doch! Nate würde in ein Waisenhaus kommen, fragte sich nur noch welches Waisenhaus. L stand ruhig auf und ging zu einer der kleinen Kommoden. Er öffnete die oberste Schublade und wühlte etwas darin herum. War hier nicht irgendwo ein Rubik-Würfel gewesen? Schon nach kurzem Suchen wurde der Süßigkeitenliebhaber fündig. Er nahm den bunten Würfel und brachte ihn etwas durcheinander, so dass keine Seite des Würfels mehr die gleiche Farbe ganz aufwies. Dann übergab er den Rubik-Würfel an Nate. Dieser sah den kunterbunt gemischten Würfel kurz desinteressiert an und begann gelassen daran zu drehen. Etwa fünf Minuten waren vergangen, als Nate auf einmal ruhig " Fertig" sagte. L sah auf. Tatsächlich war der Kleine fertig. L besah sich den Würfel genauer. Alle Farben waren an ihrem richtigen Platz. Sehr interessant, dachte L. Genau in dem Moment öffnete sich die Zimmertür und Watari trat ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)