Von Vorurteilen und Veränderungen von Eilith (HP/DM) ================================================================================ Kapitel 3: Augen auf! --------------------- A/N: Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Vielen Dank an alle, die ein Review hinterlassen haben! Ich hoffe, ich schaffe das nächste Kapitel bald. Kapitel 3: Augen auf! Nicht einschlafen! Egal was passiert, du darfst nicht einschlafen, dachte Harry und drehte auf dem Absatz um. Zum wiederholten Male. Er wusste nicht, wie oft er schon auf dem Gang zwischen zwei Kistenstapeln hin und her gewandert war, aber er schien Malfoy damit langsam auf die Nerven zu gehen, denn dieser sah ihn jedes Mal finster an, wenn Harry in Sichtweite kam. „Potter!“ Harry ignorierte ihn. Vielleicht hab ich ja Glück und er schläft ein. „Potter! Kannst du vielleicht aufhören den Boden abzunutzen und stillhalten? Mir wird schon schwindlig vom Zugucken.“ „Dann mach doch die Augen zu“, entgegnete Harry hoffnungsvoll. „Das hättest du wohl gerne, was?“ „Die Frage ist rhetorisch gemeint, oder?“ Malfoy hob eine Augenbraue und Harry fragte sich wieder einmal, ob Malfoy wohl Unterrichtsstunden genommen hatte, um diese Bewegung bis zur Perfektion zu erlangen. Egal wie oft Harry dieses Heben der Augenbraue vorm Spiegel übte, bei ihm sah es nie so elegant aus. Eher dämlich. „Sarkasmus steht dir nicht, Narbengesicht.“ „Ach? Wie Schade, dabei wollte ich mich doch nur deinem Niveau anpassen.“ „Witzig“, sagte Malfoy. Seine Stimme verriet jedoch ziemlich eindeutig, dass er Harry alles andere als lustig fand. Harry rollte mit den Augen und begann wieder hin und her zu wandern. Er hasste es, in Räumen eingesperrt zu sein. Hermine meinte, dass sei ein Überbleibsel aus seiner Zeit unter der Treppe bei den Dursleys. Wenigstens gab es hier Licht, wenn auch nur in Form von schwach bläulich leuchtenden Lampen an den Wänden. Ihm war kalt. Und das, obwohl er sich den Mantel, den er zuvor auf eine der Kisten geworfen hatte, wieder umgelegt hatte und in Bewegung blieb. „Potter! Was ist mit euch Gryffindors? Könnt ihr nicht einen Moment stillhalten? Jeder Erstklässler in Slytherin hat mehr Selbstbeherrschung als du“, tönte es bald darauf wieder von Malfoy. „Malfoy, was ist mit euch Slytherins?“, erwiderte Harry. „Könnt ihr nicht glücklich sein, wenn ihr nichts zum Nörgeln habt?“ Malfoy grinste. „Die einfache Antwort darauf ist: Nein!“ Harry hätte am liebsten laut aufgestöhnt. Warum konnte er nicht mit Ron zusammen hier eingesperrt sein. Nicht, dass er sich wünschen würde, eingesperrt zu sein, aber wenn, dann doch lieber mit Ron, statt mit Malfoy. Wie sollte er das bloß überleben? „Nerv nicht, Malfoy!“ „Nerv nicht, Malfoy“, äffte Malfoy ihn nach und Harry spürte die altbekannte Wut hochbrodeln. „Du bist wirklich nicht besonders einfallsreich, oder?“ Harry knirschte mit den Zähnen. Sich nicht provozieren zu lassen, versprach eine Herausforderung zu werden. „Tja, ich würde mich ja gern geistig mit dir duellieren, Potter, aber ich bin fair und kämpfe nicht gegen offensichtlich Unbewaffnete.“ Harry holte tief Luft und beschloss bis Zehn zu zählen. Eins, zwei, drei… „Herrje, haben dir deine Eltern nicht beigebracht, dass es unhöflich ist nicht zu antworten? Oh, ich vergaß; du hast ja gar keine El-“ „Zehn!“, stieß Harry hervor, ließ seinen Umhang fallen und schoss auf den anderen zu. Mit der Faust zielte er auf Malfoys Gesicht. Dieser sah ihn jedoch kommen und wich aus. Harry fing seinen Schwung gerade noch ab, fuhr herum und stürzte erneut auf Malfoy zu. Er erwischte ihn und warf ihn zu Boden. Malfoy schnappte nach Atem, fasste sich jedoch schnell und boxte Harry in die Seite. „Sind dir die Argumente ausgegangen, Narbengesicht?“, keuchte er. Eine Weile rangen beide miteinander; Harry kniete mit zusammengepressten Lippen über Malfoy und versuchte dessen Attacken abzuwehren und gleichzeitig einen Treffer zu landen. „Ich habe schlagkräftigere gefunden, Frettchen!“, presste er hervor. Für einen Moment verspürte Harry einen Anflug von Dankbarkeit gegenüber Dudley, wegen dem er sich schon früh im Ringkampf hatte üben müssen. Mit einem gezielten Faustschlag traf er Malfoys Wangenknochen; das Veilchen würde sich sehen lassen können, dachte er zufrieden. Malfoy stöhnte und verpasste Harry einen Kinnhaken, so dass dieser seinen Kiefer knirschen hörte. Harry hatte den eisernen Geschmack von Blut in seinem Mund und spürte, dass er sich auf die Zunge gebissen hatte. Wütend ließ er seine Fäuste auf den Blonden unter ihm niederprasseln. Malfoy gelang es Harry an der Schulter zu packen und von sich zu stoßen. Mit dem Fuß versuchte er noch Harry zu treten, aber dieser rollte sich schnell zur Seite und somit außer Malfoys Reichweite. Schweratmend richteten sich beide auf. Malfoys Wagenknochen verfärbte sich bereits und Harry wischte sich das Blut aus dem Mundwinkel. Seine Rippen schmerzten dort, wo Malfoy ihn getroffen hatte, doch er unterdrückte den Drang sich an die Seite zu fassen und starrte stattdessen Malfoy abwartend an. Dieser starrte zurück, offensichtlich nicht gewillt Schwäche zu zeigen, die Lippen fest aufeinander gepresst, um ein schmerzhaftes Stöhnen zu verhindern. In der Stille konnte man nur den schnellen Atem der beiden Hogwartsschüler hören. Schließlich grinste Malfoy. „Na bitte, jetzt ist uns wenigstens warm.“ Harry sah Malfoy verblüfft an. Er konnte nicht leugnen, dass Malfoy recht hatte; ihm war wirklich warm geworden. So ein Mistkerl! „Dir ist klar, dass das kein zweites Mal klappt?“, fragte Harry. „Glaubst du? Soweit ich mich erinnern kann, schaffe ich es immer dich zu reizen“, erwiderte Malfoy immer noch grinsend. Harry schnaubte nur und ließ sich auf einer großen Kiste nieder. Für den Moment war ihm warm, doch Harry machte sich Sorgen. Ihre Freunde schienen sie tatsächlich nicht zu vermissen, waren wahrscheinlich schon längst eingeschlafen. Die Hauselfen würden nicht vor dem nächsten Morgen wieder auftauchen und wenn Filch nicht zufällig Lust auf einen eher kühlen Mitternachtssnack hatte, würde er noch lange mit Malfoy in der Kühlkammer sitzen müssen. Und sie konnten sich schlecht bis zum nächsten Morgen prügeln, so gern Harry diese Möglichkeit auch in Betracht zog. Im schmerzten jetzt schon alle Glieder. Müde lehnte er sich gegen die Wand und schloss die Augen. * Harry hörte die Eiskristalle unter Malfoys Schuhen knirschen, als dieser sich bewegte und öffnete die Augen. Malfoy hatte sich den Kisten zugewandt und begann nun deren Inhalt zu begutachten. Nach einer Weile richtete sich der Blonde triumphierend auf. In seiner Hand hielt er eine kleine, ziemlich staubige Glasflasche. „Was ist das?“ „Das, Potter, ist Ambrosia.“ Malfoy warf Harry einen abschätzenden Blick zu. „Sogar die Muggels haben davon gehört. Sie nennen es den ‚Trank der Götter‘, wenn ich mich recht erinner.“ Harry nickte, während er zu seinem Mantel schritt und ihn sich wieder um die Schulter legte. „Weißt du, wie wertvoll diese Flasche ist, Potter?“, fuhr Malfoy fort. „Ein Teelöffel wäre mehr, als sich die Weasleys in ihrem ganzen Leben leisten könnten.“ Harry wollte bereits wütend auffahren, doch Malfoy schien die Beleidigung nicht mal registriert zu haben. Er schien viel mehr damit beschäftigt zu sein die Flasche zu untersuchen. „Warum ist sie so wertvoll?“, fragte Harry letztendlich. Er hatte momentan nicht die Kraft wieder einen Streit anzufangen. „Weil weltweit nur noch sehr wenige von diesen Flaschen übrig sind. Das Geheimnis des Brauens ist vor Jahrhunderten verloren gegangen. Niemand weiß heutzutage noch, welche Mengen von Zutaten notwendig sind, um einen Ambrosia-Trank korrekt zu brauen.“ Harry erhob sich und trat zu Malfoy, um die Flasche besser betrachten zu können. Malfoy schwenkte die Phiole leicht, so dass ihr Inhalt hin und her schwappte. Ihm fahlen Licht der Beleuchtung sah es so aus, als würde die Flüssigkeit in mehreren Farben aufleuchten. Wie ein Kristall, den man gegen das Licht hält, dachte Harry. „Und was bewirkt es?“, fragte er. Malfoy schien von seinem Fund wirklich fasziniert zu sein, denn er antwortete, ohne Harry wirklich zu beachten. Seine Augen funkelten. „Es erfüllt Wünsche.“ „Wie soll das funktionieren?“, fragte Harry. Er hatte noch nie von solch einem Trank gehört. Wenn das wirklich wahr wäre, dann könnte das die Lösung für all ihre Probleme sein. Er könnte sich Voldemort einfach ‚wegwünschen‘. „Ambrosia erfüllt nicht wirklich Wünsche, per se. Man sagt nicht ‚ich wünsche mir, dass‘ und dann geht der Wunsch in Erfüllung. Es funktioniert eher ein bisschen wie Legilimentik, nur das deine Gedanken wahr werden“, fuhr Malfoy fort und klang jetzt beinah ehrfürchtig. „Man kann damit alles werden, was man will, sogar zu einem Gott.“ Oder man könnte einen größenwahnsinnigen Zauberer besiegen, dachte Harry. Plötzlich sah Malfoy Harry an und Harry war sich sicher, dass der andere in diesem Moment auch ohne Legilimentik seine Gedanken lesen konnte. Malfoy trat einen Schritt zurück und Harry runzelte die Stirn. „Weiße Drachen“, sagte Malfoy und stoppte damit Harrys Überlegungen, ob und wie er dem Slytherin die Flasche abnehmen könnte. „Was?“, fragte er verdutzt. „Denk an was du willst, nur nicht an weiße Drachen.“ Malfoy wartete einen Moment ab, in dem Harry ihn nur weiterhin mit der Stirn runzelnd ansah, dann fuhr er fort. „Potter, nicht mal du dürftest so hohl sein, dass du tatsächlich an Nichts gedacht hast. In dem Moment, in dem ich ‚weiße Drachen‘ gesagt hab, hast du dir weiße Drachen vorgestellt, oder?“ Harry nickte stumm und fragte sich, worauf Malfoy hinaus wollte. „Schon einmal an den eigenen Tod gedacht?“, fragte Malfoy dann gedehnt. Einmal? dachte Harry trocken und verstand dann plötzlich, was Malfoy ihm sagen wollte. Es war unmöglich nicht an etwas zu denken, wenn man es sich vornimmt. Wenn man den Ambrosia-Trank zu sich nehmen würde, und auch nur einen Moment an den Tod denken würde, dann wäre es bereits zu spät. Harry sah Malfoy mit einer Mischung aus Verwirrtheit und Erheiterung an. „Sag bloß, das würde dich nicht freuen“, konnte er nicht widerstehen zu fragen. Malfoy schnaubte. „Du glaubst nicht, wie sehr. Aber wenn du hier drinnen draufgehst, werde ich nie das Ende vom Lied hören. Da kann ich mich auch gleich bei Voldemorts Nachwuchstodesser-Talentliste für Interessierte eintragen.“ Offensichtlich wurde Malfoy in diesem Moment bewusst, was er gerade gesagt hatte, denn er sah für einen Augenblick so aus als würde er sich am liebsten die Zunge abbeißen. Harry konnte nicht anders, als ihn anzustarren. „Äh…“, war dementsprechend auch alles, was Harry nach einer Weile zustande brachte. Malfoy sah weg, schien sich wieder voll und ganz auf den Inhalt der Kiste zu konzentrieren. Harry war verwirrt. Wollte Malfoy etwa nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten? Oder was hatte der Posterjunge der Slytherins mit seiner Aussage gemeint? Er beobachtete Malfoy, wie er weiter Phiolen aus einer der Kisten holte, sie hoch hielt um ihren Inhalt besser zu mustern und dabei sehr beschäftigt wirkte. Äußerst beschäftigt. Ihm war, als ob Malfoy tunlichst den Blick in seine Richtung vermied. Harry beobachtete noch eine Weile still den anderen Jungen bei seinem Tun und beschloss dann, seine Fragen erst mal aufzuschieben. Malfoy wollte offensichtlich nicht darüber reden und würde Harry nur sarkastische oder im besten Fall ausweichende Antworten geben. Aber seine Neugierde war geweckt. Er würde darauf zurückkommen, wenn Malfoy es am wenigsten erwartete. * Eine Zeitlang schwiegen beide, Harry weiterhin Malfoy beobachtend. Und zum ersten Mal seit langer Zeit nahm er dabei Malfoys Erscheinung wirklich auf. Malfoys früher fast schon weißblondes Haar war mit den Jahren etwas dunkler geworden, so dass er nicht mehr wie ausgebleicht wirkte. Anscheinend hatte Malfoy auch aufgehört es mit Unmengen von Haargel nach hinten zu kämmen, denn einige Fransen hingen ihm jetzt, wo er sich über die Kisten beugte, ins blasse Gesicht. Das zumindest hatte sich nicht geändert; Malfoy war immer noch so blass, wie zu Anfang ihrer Hogwartszeit. Er hatte auch immer noch das gleiche, etwas zu spitze Kinn, obwohl es so aussah, als ob er da langsam hineinwachsen würde. Malfoy richtete sich auf um eine weitere Phiole gegen das schwache Licht zu halten und Harry fiel auf, dass sie etwa gleich groß sein dürften. Nur dass da wo Malfoy schlank war, Harry eher als schlaksig bezeichnet werden würde. Aber das könnte auch daran liegen, dass Malfoy mit Sicherheit maßgeschneiderte Kleidung trug, während Harry sich nie sonderlich um seine Garderobe gekümmert hatte. „Ist was, Potter?“, fragte Malfoy in einem herausfordernden Tonfall und riss damit Harry, dem bewusst wurde, dass er seit einiger Zeit Malfoy angestarrt hatte, aus seinen Überlegungen. Er schüttelte den Kopf. Malfoy warf ihm noch einen undurchdringlichen Blick zu und wandte sich dann wieder zu den Kisten um. „Bist du da jetzt bald mal fertig?“, fragte Harry schließlich. Ihm wurde langsam langweilig und er hatte keine Lust weiterhin über Malfoys Aussehen zu sinnieren. „Ich denke nicht, dass Dumbledore es begrüßen würde, wenn du in seinen Sachen rumwühlst.“ Malfoy brummte etwas unverständliches, beachtete Harry aber nicht weiter. „Malfoy.“ „Ich bezweifle, dass es sich um Dumbledores Sachen handelt. Und ich glaube auch nicht, dass Dumbledore weiß, was hier unten alles herumliegt. Vielleicht ist er uns nachher noch dankbar. Oder eher mir. Du tust ja nicht so viel.“ Harry machte hinter Malfoys Rücken einen Ein-Finger-Salut und beschloss dann seinen Marsch von vorher wieder aufzunehmen, mit dem Ergebnis, dass Malfoy ihn nach ein paar Runden wieder irritiert ansah. Offensichtlich war ihm der Inhalt der Kisten nun doch langweilig geworden. „Kannst du nicht einfach wo hingehen, wo ich dich nicht sehen muss, Potter?“ Harry zuckte mit den Schultern. Malfoy seufzte. „Und was jetzt?“ Du könntest mir erzählen, was du mit deiner Bemerkung vorhin meintest, dachte Harry, wusste es aber besser, als danach zu fragen. „Wir spielen ein Spiel“, schlug er stattdessen vor. Malfoy sah skeptisch zu ihm rüber. „Ein Spiel, Potter. Wo sind wir hier? Im Kindergarten?“ „Wir spielen, um uns die Zeit zu vertreiben, Malfoy. Ich schätze nämlich, dass wir noch etwas länger hier festsitzen werden. Oder hast du vielleicht eine bessere Idee?“ Malfoy schnaubte verächtlich, ließ aber doch von den Kisten ab, um sich stattdessen auf eine zu setzen und die Beine zu überschlagen. „Also bitte, spielen wir halt. Und was?“ „Ich denke mir eine Person aus und du musst sie erraten. Du darfst dazu Fragen stellen und ich antworte nur mit ja oder nein. Klar?“ „Wie aufregend“, sagte Malfoy gedehnt. „Schlag was Besseres vor“, erwiderte Harry und funkelte ihn wütend an. Malfoy zuckte mit den Schultern. „Ok. Ich hab wen“, sagte Harry nach kurzem Nachdenken. „Zauberer?“, fragte Malfoy gelangweilt. „Ja.“ „Dumbledore.“ Harry stutzte. „Woher-?“ „Du bist so durchschaubar, Potter!“, lachte Malfoy nur hämisch. „Pfft, als ob! Ich wette, deins errate ich genauso schnell“, schnaubte Harry. Malfoy grinste ihn hinterhältig an. „Schieß los, Potty. Und ich wette, da kommst du nie drauf.“ „Zauberer?“ „Najaah“, feixte Malfoy. Harry sah ihn scharf an. Dann hatte er eine Idee. Typisch Slytherin. Tue immer das, was dein Gegner nicht erwartet. „Ich.“ Das Lächeln verschwand schneller aus Malfoys Gesicht, als Harry gucken konnte. Malfoy runzelte die Stirn. „Wie zum Teufel-?“ „Tja, du bist halt so durchschaubar, Malfoy“, grinste Harry ihn an. Malfoy schnaufte. „Und damit hab ich die Wette gewonnen und darf mir einen Wetteinsatz ausdenken.“ „Davon war keine Rede“, erwiderte der Slytherin wie aus der Pistole geschossen. „Wenn du auch nur einen Moment denkst, dass ich-“ „Halt die Luft an, Malfoy“, fuhr ihm Harry dazwischen. „Wir wollen doch wach bleiben, oder? Wie wäre es also damit, wenn wir Wetten abschließen. Der Verlierer muss dann einen Wetteinsatz einlösen.“ „Und was soll hier drinnen schon großartiges eingelöst werden, du Genie?“ Harry zuckte mit den Schultern. „Naja, wir könnten auch das Einlösen auf später verschieben, wenn wir hier wieder raus sind.“ „Genial, Narbengesicht. Ich frag mich, warum du nicht in Ravenclaw gelandet bist.“ „Malfoy? Versuchst du gerade wieder mich zu provozieren?“ „Vielleicht. Funktioniert es?“ „Nein! Ok, ja, aber ich hab wirklich keine Lust mich noch mal zu prügeln. Und dein Veilchen sieht auch so schon hübsch genug aus.“ Malfoy rollte mit den Augen. „Und was soll das bringen, wenn wir uns Wetten ausdenken?“ „Bewegung, Malfoy. Das hält warm. Das Prinzip ist dir doch schon bekannt.“ „Und warum prügeln wir uns dann nicht einfach?“ „Ok, mein Fehler“, seufzte Harry theatralisch. „Nochmal von vorn: Bewegung ohne Schmerzen. Das hält warm. Das Prinzip ist dir wohl nicht bekannt, aber du wirst es bestimmt schnell begreifen.“ „Weichei“, schnaubte Malfoy nur herablassend. Harry tat so, als hätte er ihn nicht gehört. * Vorsichtig zog Harry sich an der Holzkiste hoch und versuchte dabei mit dem Fuß einen Halt zu finden, ohne dabei das Fass umzustoßen, das über ihm gefährlich wackelte. Vielleicht war das Ganze doch nicht so ein genialer Einfall gewesen, wie gedacht. Malfoy schien einen perfiden Sinn für Wetten und Wetteinsätze zu haben, was der Grund war, warum er sich jetzt beinah drei Meter über dem Boden, an einer Holzkiste geklammert wiederfand. Harry fluchte leise. Immerhin hatte er bereits einen Zaubertrankaufsatz gewonnen und zwei Trainingsstunden der Slytherinzeit einstecken können. Gut, Malfoy hatte dafür einen Aufsatz für Geschichte der Zauberei gewonnen („Binns? Du glaubst doch nicht echt, dass ich da aufpasse.“ – „Du nicht, aber Granger. Erzähl mir nicht, dass du nicht von ihr abschreibst.“)und er würde Malfoy einen ganzen Tag lag mit ‚Sir‘ anreden müssen. Aber wenn er es schaffte diesen Kistenstapel bis ganz oben zu erklimmen, dann würde er diese Wette gewinnen. Und er musste gewinnen. Um nichts in der Welt würde er es riskieren, Filch einen Zettel mit „I’m too sexy for my shirt“ auf den Rücken zu kleben. Harry hatte es fast geschafft die oberste Kiste zu erreichen, als er mit dem Fuß abrutschte und gegen das Fass trat. Wie in einer Zeitlupe sah Harry den Bottich zur Seite kippen, wie der Deckel sich löste und der flüssige Inhalt hinab schwappte. Ein lautes Platschen war zu hören, als die Flüssigkeit unten aufkam. „O-oh.“ „PooTT-ERRR!!“, brüllte Malfoy. Harry schluckte und sah von oben vorsichtig auf den wütenden Slytherin herab. Sein Kopf und Oberkörper schienen die komplette Ladung des Fasses abbekommen zu haben. „Potter! Was KANNST du eigentlich, du Hohlbratzen?!“ schimpfte Malfoy und funkelte Harry dabei wütend an. Von seinen Haaren tropfte es und das weiße Hemd unter seinem Pullunder klebte an seinen Armen. Harry starrte ihn sekundenlang an, dann fand sein Gehirn die nötige Verknüpfung zwischen ‚nass‘, ‚kalt‘ und ‚nicht gut‘. „Scheiße, Malfoy!“ fluchte Harry und kletterte die Kisten wieder runter, während Malfoy ihn auf viele und möglichst kreative Arten weiter beschimpfte. Unten angekommen stürmte er auf Malfoy zu und griff nach seinem Handgelenk, was Malfoy für den Bruchteil einer Sekunde wohl aus dem Konzept brachte, denn dieser verstummte und starrte ihn verwundert an. Er fing sich jedoch recht schnell wieder, als Harry begann seinen Manschettenknopf aufzuknöpfen. Mit einem Ruck riss er seinen Arm frei. „Was zum Henker, Potter-?!“ „Ausziehen!“ kam es nur von Harry, der erneut nach Malfoys Handgelenk griff. „Potter, der Spruch funktioniert vielleicht bei einen deiner Fan-Girls-“ „Scheiße Malfoy, du bist klitschnass - es ist eiskalt - willst du erfrieren?!“ „Weil ich ohne Hemd ja so viel weniger frieren werde, oder was, du Spatzenhirn!“ zischte Malfoy. Harry sah, dass er bereits angefangen hatte zu zittern. „Du kriegst meinen Umhang.“ Mit einem vernichtenden Blick begann Malfoy zu Harrys Erleichterung sich den Pullunder auszuziehen. Als er seine Manschettenknöpfe aufmachen wollte, musste Harry ihm letztendlich doch helfen, da Malfoys Finger bereits zu sehr zitterten. Dann half er Malfoy dabei sich aus dem Hemd zu schälen, was einen erneuten Schwall von Beleidigungen zur Folge hatte, aber Harry hörte nicht mehr zu. Seine Augen waren auf den Flecken Haut auf Malfoys Arm gerichtet, der völlig unmarkiert zu sein schien. Da war kein schwarzer Totenkopf, keine hässliche Schlange, nur blasse, fast schon bläulich durchschimmernde Haut. Seinen Blick von Malfoys Unterarm losreißend, nahm Harry seinen Umhang ab und legte ihn um Malfoys Schultern. „D-das ist alles d-deine schuld!“ giftete Malfoy so gut es ihm möglich war, während seine Zähne klapperten und er den Umhang fester zog. Harry nickte ergeben. An einigen Tagen sollte man einfach mal im Bett bleiben. Bei dem Gedanken an Malfoys unmarkierten Unterarm konnte Harry eins jedoch mit Sicherheit sagen: Er war froh. Er wusste zwar nicht genau wieso, aber Malfoy ohne das Dunkle Mal zu sehen, war eine Erleichterung. Und das wiederrum ließ Harry irritiert den Kopf schütteln. Er warf Malfoy, der nun den Mantel eng um sich geschlungen hatte, einen Blick zu und bemerkte, dass dieser trotz des Umhangs bereits heftiger zitterte, als zuvor. „Scheiße, Malfoy!“ fluchte Harry erneut und griff dann wieder nach dem Handgelenk des anderen. „W-was?“ „Bewegung“, sagte Harry nur knapp als Erklärung und begann Malfoy mit sich zu ziehen, was dieser im ersten Moment ohne Widerstand zuließ. Nach einigen Metern befreite er sich aus Harrys Griff, schritt aber weiter neben ihm her. „Ich HASSE d-dich, Potter!“ „Ja, ich weiß.“ Eine Weile gingen sie schweigend zwischen den Kistenstapeln auf und ab. Harry war trotz der Bewegung bald kalt, er trug schließlich selber nur ein Hemd und einen Pullover und Malfoy hatte seinen Mantel. Er fragte sich, wie viel Zeit wohl schon vergangen war, konnte es aber nicht mit Genauigkeit sagen. Es war schon spät gewesen, als sie die letzte Kiste in das Lager gebracht hatten. Harry schätzte das seitdem zwischen drei und vier Stunden vergangen waren. Wenn sie Glück hatten, würden die Hauselfen in zwei bis drei Stunden kommen und mit dem Zubereiten des Frühstücks für die Schüler und Professoren beginnen. Und selbst wenn die Hauselfen nicht in die Kühlkammer schauen würden, ihre Freunde würden sie spätestens nach dem Aufstehen vermissen und ihren Hauslehrern Bescheid geben. Es konnte nicht mehr lange dauern. Bestimmt nicht. Noch hielt ihn die Bewegung davon ab zu erfrieren, aber langsam wurde er müde. Seine Beine fühlten sich mit jedem weiteren Schritt schwerer an. Harry warf einen Blick auf Malfoy, der seit mehreren Minuten schweigend neben ihm her ging. Die Hand, die unter dem Mantel hervor lugte, schien mittlerweile fast schon gräulich. Harry hatte das Gefühl, dass das nichts Gutes bedeuten konnte. Malfoys Gang war, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, schleppend. Der Slytherin war offensichtlich auch erschöpft. Harrys Blick wanderte zu Malfoys Gesicht hoch und er stockte. „Scheiße, Malfoy!“, entfuhr es ihm. „P-Potter! H-hör auf st-ständig ‚Scheiße-Ma-Malfoy‘ zu sagen! D-das ist n-nicht mein N-Name“, sagte Malfoy, in einen halbherzigen Versuch bissig zu klingen. Harry fand, dass er sich dabei eher kläglich anhörte. „Deine Lippen sind blau“, stellte er fest, ohne weiter auf ihn einzugehen. Das ist NICHT gut! „Und w-was jetzt? S-soll ich m-mich vielleicht weiter ausziehen?“, versuchte Malfoy zu fauchen. Harry ignorierte ihn weiterhin. Denk nach, Mann! Was würde Hermine tun? Natürlich wäre Hermine gar nicht erst in so eine Situation geraten, aber irgendwie musste man ja anfangen. Es würde helfen, wenn mir selber nicht so kalt wäre! So kann man ja kaum nachdenken. Verzweifelt versuchte Harry sich an eine Situation wie dieser zu erinner, von der er gehört hatte. Filme, Bücher, irgendwas. Plötzlich kam ihm eine Erinnerung in den Sinn. Da war einmal eine Reportage im Fernsehen gewesen, die Harry versteckt hinter dem Sofa der Dursleys mit angehört hatte. Es hatte sich dabei um eine Tiersendung über Pinguine und ihrer Lebensweise gehandelt. Wenn es richtig kalt wurde, dann rückten sie alle näher um ihren Nachwuchs mit ihrer eigenen Körperwärme… oh shit! „W-was ist? W-wieso siehst du aus, a-als ob du Trollmist gerochen h-hättest?“, fragte Malfoy beunruhigt Harry, der merkte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht gewichen war, schluckte schwer. Statt zu antworten beschloss er jedoch - ganz im Gryffindor Stil - das Problem frontal anzugehen und zog sich somit seinen Pullover über den Kopf. „W-was wird das, P-Potter?“, fragte Malfoy und klang dabei noch um eine Spur beunruhigter, als zuvor. „Nach was sieht es aus?“, gab Harry zurück. Sein Hemd knöpfte er nur auf. Das müsste auch so gehen, schließlich war der Mantel auch nicht für zwei Personen gedacht. Auf der Suche nach einem geeigneten Platz um seinen Pullover abzulegen, fiel sein Blick auf den Kistenstapel zu seiner rechten. Das ist auf jeden Fall besser, als direkt auf den Boden zu sitzen, dachte Harry und breitete den Pullover darauf aus. Dann drehte er sich zu Malfoy um, der ihn immer noch mit einer Mischung aus Verwunderung, Faszination und Entsetzen ansah. „Körperwärme. Ich weiß, davon besitzt du schon im Normalzustand nicht sonderlich viel, aber-“, begann er und Malfoys Augen wurden groß. „Oh nein!“, sagte Malfoy und schüttelte hektisch den Kopf. „Auf keinen Fall!“ „Malfoy-“ „Vergiss es!“ Harry überbrückte die Distanz zwischen ihnen schneller, als Malfoy in seinen angefrorenen Zustand offensichtlich reagieren konnte, denn plötzlich stand er direkt vor ihm. „Stell dich nicht so-“ „Fahr zur H-Hölle!“ „Da wäre es wenigstens warm. Komm jetzt!“, sagte Harry und griff erneut nach Malfoys Handgelenk. Malfoy versuchte sich wieder aus seinem Griff zu lösen. „P-Potter, ich verstehe, w-wenn du dich von m-meinem Körper angezogen f-fühlst. Wirklich, -“ „Herrgott, halt die Klappe und stell dich nicht so an, oder-“ „-ich b-bin geehrt. Aber d-deine Sprüche z-ziehen bei mir n-nicht. Ich-“ „-willst du lieber erfrieren?“ „-z-ziehe es lieber vor zu erfrieren!“ Sie verstummten gleichzeitig und starrten sich an. „Ich werde dich nicht sterben lassen!“, knurrte Harry schließlich und blinzelte gleichdarauf erstaunt über seine eigenen Worte. Malfoy blinzelte auch. Sein Mund öffnete sich, als ob er etwas sagen wollte, aber kein Laut drang über seine Lippen. Einen Moment blieben sie so wie versteinert stehen, während Harry zu verdauen versuchte, was er da grade gesagt hatte und sich der Tatsache bewusst wurde, dass er es tatsächlich ernst meinte. Schließlich schnappte Malfoy seinen Mund wieder zu, als ihm offensichtlich klar wurde, dass er Harry Potter mit offenem Mund anstarrte. Harry hätte gelacht, wenn die Situation nicht gerade ebenso grauenerregend wie surreal gewesen wäre. TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)