Dragon Age: Origins von Himitsu-chan (Bestimmung) ================================================================================ Kapitel 45: Neue Pläne ---------------------- Wir hatten uns nun alle vor das Zimmer des Arls positioniert und starrten uns gegenseitig an. Arl Eamon war endlich wieder wach, allerdings würde es noch einige Zeit dauern, ehe er wieder vollständig gesund war. Er war viel zu schwach um aufzustehen. Das würde bedeuten, wir müssten hier wieder rumstehen und warten, während die Verderbnis ihre widerlichen Klauen nach Ferelden und ihren Bewohnern ausstreckt. Grimmig verschränkte ich die Arme vor der Brust und biss mir auf die Lippen. Es gefiel mir überhaupt nicht, einfach nichts zu tun. Aber mich jetzt kopflos ins Verderben zu stürzen, würde niemanden helfen. Wir bekamen alle großzügigerweise Gästezimmer zugewiesen und durften uns soweit frei im Schloss bewegen, doch noch immer konnte und wollte ich mich einfach nicht in ein weiches Bett legen. Zu viele Fragen schwirrten in meinen Kopf herum, ebenso Befürchtungen. Was ist, wenn wir die Verderbnis nicht besiegen können? Wir sind nur zwei Graue Wächter in ganz Ferelden und vor uns steht eine ganze Armee. Der Erzdämon darf auch nicht vergessen werden – immerhin ein monströs großer Drache, der uns mit einem Mal auffressen kann. Seufzend strich ich über meine Nasenwurzel und ging nun Richtung Küche. Diese Panik schlägt mir jetzt schon auf den Magen, dabei ist es noch nicht soweit. Allerdings gehen wir mit sehr großen Schritten darauf zu, das Ende kann ich beinahe schon spüren. Und das macht mir Angst, auch wenn ich es nicht gerne zugebe. Nun kommt alles zusammen und Loghain müssen wir auch noch besiegen. Dank diesem Idioten ist erst alles so kompliziert geworden! Ich bin gespannt, welchen Grund er wirklich hatte, König Cailan im Stich zu lassen. Aber vermutlich ist es wieder irgendeine Männergeschichte, die ich so oder so nicht verstehen werde. In der Küche angekommen beobachtete ich die Frauen dabei, wie sie aufgeregt ein leckeres Essen nach dem anderen zubereiteten. Der köstliche Duft benebelte fast meine Sinne und brachte augenblicklich meinen Magen zum Rumoren. „Schafft mir endlich diesen Zwerg aus der Küche“, schrie eine alte Frau mit grauem wirrem Haar aufgebracht und zeigte dabei auf Oghren, der sich lachend über einen Hasenbraten hermachte. Grinsend beobachtete ich, wie er gerade so der Pfanne ausweichen konnte, die fluchend nach ihm geworfen wurde. „Hey, Weib! Nicht so wild“, grölte Oghren angetrunken und steckte sich die Keule schmatzend in den Mund. Ein kleiner Küchenjunge fing an zu kichern, bekam aber prompt von dem alten Biest einen Schlag auf den Hinterkopf. Beim Erbauer, es gibt schlimmeres als den Erzdämon. „Oghren, hier seid Ihr ja“, meinte ich schmunzelnd und lief schnellen Schrittes auf ihn zu. Er sah mich beschwipst an und grinste dümmlich. „Wächter! Ich liefere mir gerade einen schweren Kampf!“ Schneller als ich je gedacht hätte, schnappte sich Oghren die alte wütende Fuchtel und warf sie sich über die Schultern. Ihr greller Schrei brachte mich dazu, mir sofort die Ohren zuzuhalten. Ungläubig sah ich zu dem Zwerg, der die viel größere Menschenfrau anscheinend locker festhalten konnte, während sie sich die Seele aus ihrem alten Leibe schrie. Vermutlich hinterlassen wir hier gerade nicht den besten Eindruck. Denn die anderen Menschen schauen nicht minder entsetzt wie ich. „Spart Euch das lieber für den Erzdämon“, versuchte ich Oghren zu beschwichtigen, doch er schien nicht daran interessiert zu sein. „Pah, der Erzdämon! Dem werde ich so richtig den Arsch aufreißen!“ Dabei stemmte der die Alte plötzlich hoch in die Luft. Es sah so aus, als wolle er die alte Frau gerade in den Kochtopf schmeißen, da wurde die verängstige Schreiboje von Sten hochgenommen und wieder sicher abgesetzt. Panisch sah sie zwischen dem Zwerg und dem Qunari hin und her. Schließlich entschied sie sich dazu, schreiend aus der Küche zu rennen und meine Ohren erneut zum Klingeln zu bringen. Es entstand eine erdrückende Stille, als wir ihr nachsahen. Unsicher schaute ich zu den Menschen, die Oghren grimmig musterten und bereits die Messer zückten. Oh oh…! „Nun, wir sollten gehen nicht wahr?“, fragte ich nervös lachend den Zwerg, doch er schien sich nicht an den stummen Morddrohungen zu stören. „Was? Ich bin aber hier, um mir etwas Essen zu besorgen!“, brummte er ungehalten. Sofort packte ich den restlichen Hasenbraten und lockte Oghren damit aus der Küche. Sten folgte uns stumm und schien desintressiert wie immer. Frustriert ging ich mit den beiden in den Speisesaal und ließ mich schwer seufzend an der großen Tafel nieder. Oghren schlang das gebratene Tier regelrecht herunter und schmatzte dabei ungeniert. Kopfschüttelnd sah ich ihm dabei zu. „Beim Erbauer, Oghren. Wir hatten doch genug Vorräte von den Dalish mitbekommen. Es sieht fast so aus, als wärt Ihr dem Hungertod nahe.“ Sofort sah mich Oghren verstimmt an und rülpste einmal laut. „Diesen Elfenfraß könnt ihr allein essen! Ich werde nicht Beeren und irgendwelchen Gänseblümchen fressen!“ Skeptisch zog ich die Augenbraue nach oben. Das versteht dieser Zwerg also von Elfenfraß. Abgesehen davon, dass uns die Dalish so etwas nicht mitgegeben haben, esse ich lieber auch Fleisch und nicht irgendwelches Grünzeug. Macht einfach satter. Kurz schielte ich zu Sten, der anscheinend angewidert von Oghrens Essgewohnheiten war. Dabei wirkte dieser große und kräftige Mann keineswegs so, als könne ihn irgendetwas oder jemand einschüchtern. Mich kann er auf jeden Fall einschüchtern. Dunkel erinnerte ich mich an Dorf Haven zurück, wo er mich plötzlich herausgefordert hat. Beim Erbauer, ich hab mir vor Angst fast in die Hose gemacht. Grummelnd nahm ich einen Krug Bier und musterte Oghren abschätzend, als er endlich fertig war und nicht mehr als Knochen von dem ehemaligen Karnickel übrig waren. Oghren sah plötzlich zu Sten und kniff augenblicklich die Augen zu. „So, wer hat jetzt den Kohl gegessen?“, fragte er unwirsch. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen nach oben. Ist der Zwerg schon wieder so betrunken, dass er irgendwelche Dinge sieht, die gar nicht existieren? Sten schien nicht minder begeistert. „Warum fragt Ihr mich das?“ Oghren grinste einmal dreckig und fing dann an zu lachen. „Ich dachte, wir könnten uns das Kopfgeld teilen!“ Beim Erbauer, was für ein Flachwitz! Falls es einer sein sollte, bei dem Zwerg weiß man nie. Sofort kippte ich mir das restliche Bier die Kehle hinunter, während ich selbst Sten genervt seufzen hörte. Doch der Zwerg schien wieder seine Oghren-Zeit zu haben, denn er donnerte mit seiner Faust einmal hart auf den Tisch, der daraufhin leicht knirschte. „Steh wenigstens dazu, du riesen Arsch! Du hast eine Wolke produziert, auf die man stolz sein sollte!“ Angewidert schnüffelte ich kurz und starrte entsetzt zu Sten. Hat er etwa einfach…? Doch Sten schien selbst nur zu grollen. Oghren wedelte einmal mit seiner Hand hin- und her, um anscheinend den Geruch zu verbannen, dann lachte er wieder beschwipst. „Hoffentlich habt Ihr euch einen Namen überlegt! Puh!“ Dann lachte er so heftig, das er stumpf vom Stuhl kippte und betrunken liegen blieb. Als wir Oghrens Schnarchen hörten, holte ich erst mal tief Luft und seufzte einmal laut auf. „Ich hoffe jetzt einfach mal, dass diese ganze Geschichte mit dem Kohl eine Erfindung durch Oghrens Alkoholträume ist.“ Sten stierte auf den Stuhl, auf den Oghren eben noch gesessen hatte. „Es war keine Lüge, der Zwerg hat Recht. Aber Kohl schmeckt nicht“ Entsetzt wäre ich beinahe selber vom Stuhl gefallen. „Was? Ihr habt echt einfach so…?“ Kopfschüttelnd nahm ich mir den nächsten Krug und hoffte darauf, dass besagte Wolke nie meine empfindliche Nase erreichen würde. Beim Erbauer, wo bin hier eigentlich gelandet?! Sten schien frustriert, auch wenn es nicht so aussah. Dennoch konnte ich es spüren. Wahrscheinlich lag es daran, dass ihm der Kohl nicht so gut bekommen war. „Sten, meine Mutter meinte immer: Alles raus, was keine Miete zahlt. Also so schlimm ist es nicht. Sagt mir nur vorher Bescheid, dann verlass ich mal unauffällig den Raum“. Der Qunari erwiderte nichts dazu, doch ich grinste amüsiert. Irgendwie ist es doch lustig, schade das Oghren schon aus den Latschen gekippt ist. Aber mal ernsthaft. Kohl schmeckt ihm nicht, er mag unser Wetter nicht und Ferelden anscheinend gleich gar nicht. Zumindest hat mir das Leliana erzählt, wenn sie sich mal dazu aufgerafft hat, sich mit Sten zu unterhalten. „Gibt es eigentlich irgendetwas in Ferelden, das Ihr mögt?“, fragte ich neugierig und nippte an meinem Bier. Sten blickte mich plötzlich mit seinen durchdringenden Augen an. „Es gibt hier…interessantes Essen“. Ich musste amüsiert grinsen. Kohl hat tatsächlich eine magische Wirkung… „Ihr habt hier etwas… es gibt kein qunarisches Wort dafür“, fuhr er fort und brachte mich so ins Grübeln. Anscheinend meinte er nicht den Kohl, sondern etwas gänzlich anderes. „Kleine gebackene Sachen, wie Brot, aber süß und krümelig.“ Überrascht sah ich ihn nun an und legte leicht den Kopf schief. „Kekse?“ Sofort nickte der Hüne und brachte mich zum Schmunzeln. "Ja, wir haben nicht solche Dinge in unserem Land. Das sollte behoben werden“. Grinsend kramte ich meinen Taschen herum und suchte nach den restlichen Keksen, die ich noch bei mir hatte. Ich legte sie auf den Tisch und sah lächelnd zu Sten auf. „Bedient Euch nur. Sie sind wirklich sehr lecker“. Sten stierte auf die Kekse. Eine längere Zeit. Dann kam ein trockenes Danke und er bediente sich. Kichernd erhob ich mich und beobachtete ihn dabei, wie er die Kekse sorgsam in einem kleinen Beutel verstaute. „Ich werde mal frische Luft schnappen gehen. Irgendwie ist hier drinnen so eine angestaute Luft. Bis später!“, sprach ich belustigt und verließ den Speisesaal, doch Sten erwiderte darauf nichts. Dieser Riese mag also Kekse. Das hätte ich nie und nimmer gedacht, aber anscheinend hat er auch eine andere Seite. Eine süße und krümlige. Lächelnd trat ich hinaus auf den Hof und besah mir die vielen dunklen Wolken am Himmel. Vermutlich würde es bald anfangen zu regnen. Den Schnee haben wir immerhin schon hinter uns gelassen, der Frühling kommt auf uns zu. Wenn die Verderbnis uns natürlich keinen Strich durch die Rechnung macht. Ich ließ meinen Blick schweifen und blieb an Fergus Cousland hängen, der trüb zu den Wolken hinauf sah. Seine Rüstung hatte er abgelegt, stattdessen trug er nun ein feines Seidenhemd. Vermutlich von Arl Eamon geliehen. Mir fiel auf, dass wir uns bis jetzt eigentlich überhaupt nicht unterhalten hatten. Natürlich immer mal kurz am Lager, wenn er mir mal eine Schüssel, oder ähnliches reichen sollte. Aber sonst gar nicht weiter. Vielleicht wird es Zeit, das nachzuholen. Aber Adlige werden trotzdem nie meine Freunde werden! Niemals! Selbstsicher ging ich auf Fergus zu, der mich nun erblickte hatte und sich zu mir drehte. „Hallo, Wächter“, grüßte er höflich, doch ich winkte sofort ab. „Kallian. So könnt ihr mich nennen. Genügend Leute nennen mich einfach Grauer Wächter, aber ich habe auch einen richtigen Namen“. Fergus schmunzelte kurz, dann sah er wieder nachdenklich den Hof hinab. „Ja, natürlich. Das kann ich verstehen. Kallian“. Ich blieb neben ihm stehen und folgte seinem Blick. Doch er schien lediglich die Mauer anzustarren, was mich erneut zum Seufzen brachte. Wie langweilig! „Was macht Ihr hier draußen? Es ist kalt und es fängt gleich an zu regnen“, fragte ich deswegen. „Ich mag die Ruhe, wir hatten in letzter Zeit zu wenig davon“, meinte Fergus kurz und sah nun zum Himmel. Kleine Regentropfen fielen nun hinab und ließen mich skeptisch zum Himmel blicken. „Vielleicht ist das jetzt nur die bekannte Ruhe vor dem Sturm“, entgegnete ich. Fergus seufzte einmal schwer und nickte schließlich. „Vermutlich, wir sind fast am Ziel.“ Ich musterte ihn nochmals abschätzend. „Warum seid Ihr wirklich hier draußen?“ Er sah mich nicht an, als er anfing zu sprechen. „Erinnerungen, schmerzhafte Erinnerungen, denen ich zu entkommen versuche“. Plötzlich wirkte Fergus verbittert und einsam. Ob es an seiner Familie lag, die er verloren hatte? Elissa hatte mir davon erzählt. Arl Howe hat seine Frau und seinen Sohn einfach töten lassen, ohne mit der Wimper zu zucken. Und nun, wo er Eamon wieder glücklich mit Isolde sieht, musste er wahrscheinlich an seine toten Eltern zurück denken. Nachdenklich sah ich zu Boden und biss mir auf die Lippen. Seine ganze Familie zu verlieren, ist hart. Und dann noch verraten vom besten Freund des Vaters. Ich wüsste nicht, was ich tun sollte, wenn einer meiner Freunde mich verraten sollte. Aber ich bezweifele, dass es je soweit kommt. „Es tut mir leid wegen Eurer Familie. Ich weiß, meine Worte können nichts an eurem Leid lindern. Aber ich verspreche, dass wir Howe dafür zur Rechenschaft ziehen werden. Dieses Versprechen gab ich bereits Elissa und ich werde es auch Euch geben. Das schwöre ich“. Ich sah ihm direkt in die Augen, was Fergus sofort erwiderte. Kurz musterte er mich, dann nickte er. „Ich werde mich an Eurer Versprechen erinnern, sollte es soweit sein. Danke, Kallian“. Leicht nickte ich und bemerkte nun mit Missgunst, dass es heftig anfing zu regen. Widerliches Wetter, da werde ich ja noch krank! „Ich verschwinde nach drinnen!“, entgegnete ich murrend und flüchtete wieder ins trockene Schloss zurück. Beim Erbauer, wann kommt denn eigentlich mal wieder Sonnenschein? Nach zwei Tagen ging es dem Arl so weit besser, dass er mit uns zu Abend essen konnte. Also sollten wir uns alle fein zurecht machten. Wiederwillig befand ich mich mit den anderen Frauen in einem Zimmer, das extra dafür da war, Lady Isolde herrichten zulassen. Gnädigerweise durften wir es nutzen. Während ich also grummelnd in den Spiegel blickte, bürstete Leliana lächelnd mein Haar. „Kallian, dein Haar ist ziemlich gewachsen! Du solltest sie öfters durchkämmen, dann sind sie auch nicht so verfilzt wie jetzt“. Ich kniff die Augen zusammen, als die Bardin erneut mein Haar kämmte und es dabei schmerzhaft anfing zu ziepen. Wenn es nicht so fürchterlich wäre, würde ich die Haare auch öfters durchkämmen! „Gebt mir eine Schere und ich schneide mir die Haare wieder zurecht! Sie sind eh viel zu lang geworden, im Kampf behindern sie mich nur“, meinte ich frustriert. Doch Leliana schüttelte den Kopf. „Oh nein, die Haare werden nicht abgeschnitten. Ich werde Euch eine wunderschöne Frisur zaubern“, flötete Leliana fröhlich, als sie sich bereits an meinen Haaren zu schaffen machte. Zweifelnd beobachtete ich, wie sie die Rothaarige anfing, meine Haare zu flechten. Anscheinend machte es ihr großen Spaß, im Gegensatz zu mir. Elissa kämmte summend ihr blondes Haar und schien mit ihren Gedanken ganz woanders zu sein, während Morrigan nicht die geringsten Anstalten machte, sich ein Kleid anzuziehen. So typische Mädchendinge kenne ich gar nicht, wie sich gegenseitig zu bürsten und zu bemalen und zu kichern… und… argh… das ist nicht meine Welt! Frustriert wand ich den Blick ab und beobachtete Wynne dabei, wie sie sich in ein schönes, blaues Samtkleid mit weißer Spitze anzog. Es stand ihr wirklich sehr gut, wie ich zugeben musste. Die Arlessa hat uns dutzende Kleider bringen lassen, welche wir anziehen konnten. Allerdings bezweifelte ich, das ich da irgendwo hinein passen würde. Ich bin zu klein dafür. „Also. Ihr und Alistair.“, fing Leliana plötzlich an und ließ mich desinteressiert aufschauen, während Elissa beinahe ertappt zusammen zuckte. Verstohlen und eingeschüchtert sah sie zu der Bardin, die sie wissend musterte. „Was ist mit mir und Alistair?“, fragte die junge Cousland zaghaft. Leliana grinste vergnügt und betrachtete meinen geflochten Zopf zufrieden, als ich nun doch neugierig zu Elissa blickte. Hat sich zwischen den beiden etwa etwas angebahnt? Interessant. Etwas war da sowieso immer gewesen, aber nun scheint es doch wahrhaftig entflammt zu sein. „Ich habe euch küssen sehen. Das war wirklich niedlich“. Elissa sah betreten weg und kämmte schnell ihr Haar weiter. „Oh, ja… er hat mir etwas geschenkt. Und als Dankeschön wollte ich ihn küssen“. Morrigan mischte sich plötzlich verstimmt ein. „Was sollte Euch dieser trottlige Templer schon schenken können?“ Elissa sah die Sumpfhexe erbost an und stand ruckartig auf. „Er ist kein Trottel!“ Amüsiert sah ich zwischen den beiden hin und her, als Morrigan bereits die nächste Beleidigung hinterher warf und Elissa somit eine purpurne Farbe im Gesicht bekam, ohne dass sie dabei den Rouge-Pinsel schwingen musste. „Also wirklich. Hört jetzt auf mit diesem Zirkus“, meinte Wynne verstimmt und sah besonders mahnend zu Morrigan, die sich daraufhin grazil erhob und kühl zu der alten Magierin blickte. Es entstand ein kurzes Augenduell, dann verschwand Morrigan einfach aus dem Zimmer. Kurz sahen wir ihr alle nach, dann zuckte ich einmal mit den Schultern. „Morrigan ist offenbar eifersüchtig auf Euch, Elissa“, meinte ich amüsiert und musste grinsen. Morrigan ist anscheinend frustriert, das für sie nur noch Sten übrig bleibt. Elissa sah mich musternd an. „Sie mag einfach keine Templer und Alistair schon gar nicht. Aber ich kann Morrigan auch nicht besonders gut leiden“. „Wer kann das schon“, meinte ich trocken und betrachtete staunend meine neue Frisur. Sieht doch gar nicht so übel aus. Wynne seufzte einmal. „Sie hat uns schon öfters das Leben gerettet. Sprecht nicht so schlecht über sie“. Ich schüttelte sachte meinen Kopf und sah nun zu der alten Magierin. „Dennoch ist sie ein gemeines Biest. Sie ist ja noch gnadenloser als Zev. Und sogar er hat manchmal mehr Mitgefühl“. Leliana grinste mich an. „Oh, Ihr kennt Zevran natürlich von uns allen am Besten. Ich glaube persönlich aber, das Morrigan nichts anders kennengelernt hat. Flemeth wird ihr kaum Güte und Mitgefühl vermittelt haben“. Skeptisch betrachtete ich die vielen Kleider und verschränkte die Arme vor der Brust. „Die Krähen sind auch nicht gerade die Wohlfahrt, aber egal. Was soll ich eigentlich anziehen? Die Kleider sind mir alle zu groß!“ Leliana schmunzelte kurz und holte Nadel und Faden hervor. „Überlasst das einfach mir. Ich werde es schon etwas richten können“ Staunend sah ich ihr dabei zu, wie sie es tatsächlich schaffte, eines der Kleider für mich zu kürzen und meiner Größe anzupassen. „An Euch ist eine Schneiderin verloren gegangen“, meinte ich staunend und betrachte später das fertige Kleid. Leliana lächelte zufrieden. „Auf meinen Reisen musste ich öfters in verschiedene… Kleidungen schlüpfen. Nadel und Faden waren daher Pflicht“. Aufmerksam betrachtete ich Leliana, als sie sich von mir abwandte und scheinbar nicht weiter über das Thema sprechen wollte. Doch ich war mir sicher, dass sich mehr dahinter verbarg, als sie eigentlich zugeben wollte. Dennoch war ich dankbar für ihre Arbeit und zog mir das Kleid über. Mehr als skeptisch besah ich es, auf den grünen Stoff waren kleine weiße Blüten aufgestickt. Sie stachen hell unter dem dunklen Stoff hervor. Etwas staunend betrachtete ich mich erneut im Spiegel. Kleider habe ich so selten an, dass ich mich fast nicht wiedererkannt hätte. Sogar mein Haar war gebändigt und hing mir nicht wirr im Gesicht. Leliana stand hinter mir und lächelte. „Seht Ihr? Ganz bezaubernd“. Ich sah lächelnd zu den anderen Mädchen und betrachtete ihre Kleider. Tatsächlich wirkten wir wie normale Frauen, die sich einen schönen Abend machen. Beim Erbauer, dabei wird das nicht mal ein normaler Abend! Wir bereden, wie wir Loghain am schnellsten einen Kopf kürzer machen werden. Und ich war sogar begierig darauf, wie wir das genau anstellen werden. Ihn einfach heimtückisch zu vergiften wäre eine Option, aber bestimmt nicht die optimalste. Leliana und die anderen folgten mir, als wir Richtung Speisesaal gingen. Elissa sah sich aufmerksam um und schien nach jemand Ausschau zu halten. Erst als wir Stimmen hörten, hörte sie mit ihrer Suche auf und lächelte. Ich musste grinsen. Das klang eindeutig nach Alistair und Zev. Sie schienen in ein Gespräch vertieft zu sein, diesmal sogar ohne große Streiterin und Morddrohungen. Wir gingen durch einen Türbogen und fanden Zevran lässig gegen die Wand lehnend und mit Alistair sprechend, dieser starrte ungläubig den Elf an und wurde zunehmend roter. „Alistair“, sprach Elissa lächelnd und ging eilig auf ihn zu. Er trug ein weißes Hemd, das er gerade noch zuknöpfte, dazu eine schwarze Hose, die in schicke neue Stiefel gesteckt worden war und ein wohl eher symbolisches Schwertgehenk an der Hüfte. Zevran trug ein gelbes Hemd, ansonsten war er genauso gekleidet wie Alistair. Anscheinend ist das wohl die Abendgarderobe hier. „Ehm… eh, hallo Elissa“, sprach Alistair nervös lächelnd und blickte zu der jungen Cousland, die sich vergnügt bei ihm einhakte. Ich beobachtete skeptisch Zevran, als dieser verrucht grinsend Alistair und Elissa musterte. Irgendwas hat er schon wieder vor und so wie es aussieht, ist es mal wieder irgendetwas Versautes. Sein Blick fiel nun auf mich und er musterte mich aufmerksam, dann grinste er wieder. „Ah, die werten Damen. Ihr seht alle hinreißend aus.“ Ich seufzte einmal schmunzelnd, dann hörte ich den Arl bereits in der Speisekammer sprechen. Die anderen gingen schon vor, da hielt mich Zev plötzlich am Arm fest. Er küsste mich sanft auf die Lippen und hauchte mir ins Ohr: „Du siehst wunderschön aus.“ Ich biss mir auf die Unterlippe, während ich bereits die Röte auf meiner Wange spürte. „Dankeschön“, flüsterte ich und lächelte ihn an. Warum hat er das eigentlich gesagt? Mir nichts, dir nichts, nahm er meine Hand und führte uns in den Speisesaal. Allerdings ließ er sie abrupt los, als wir den Blicken der anderen ausgeliefert waren. Dann legte er wieder sein selbstsicheres Grinsen auf. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich an so einer Tafel gespeist. Der Arl, der auf einen Stock gestützt ging, teilte uns die Plätze zu. Nur Connor kletterte wie selbstverständlich auf seinen Stuhl und griff sofort nach dem Besteck. Der Bengel dufte noch solange hier bleiben, bis die Probleme im Zirkel restlos gelöst waren. Die Elfendiener trugen nacheinander die wunderbarsten Köstlichkeiten auf und ich verging beinahe vor Hunger. Oghren konnte sich natürlich nicht zügeln und verspeiste beinahe zwei Braten ganz allein. Schließlich wurde das Tischgespräch auf unser bevorstehendes Problem gelenkt. „Was genau denkt Ihr gegen Loghain zu tun, Arl?“, fragte Alistair, nachdem sich Eamon eine Weile über Loghains Gräueltaten während der Schlacht in Ostagar aufgeregt hatte. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten“, warf Eamon ein. „Politisch gesehen können wir nicht einfach nach Denerim spazieren und Loghain töten“, erklärte er. „Ihr könnt es nicht. Aber wir können es“, warf Zevran plötzlich ein. Das wäre ziemlich makaber. Loghain hetzt uns Zev an den Hals, damit er uns tötet. Und dann wird er zum Schluss doch von Zev getötet. Irgendwie gefällt mir die Idee doch sehr gut. Der Arl sah Zevran an. Er schien zu verstehen. Doch dann glitt sein Blick zu Alistair. „Können wir nicht einfach hingehen und… Loghain töten?“, fragte ich. Irgendwie schien es doch letztendlich auf etwas anderes hinauszulaufen. Eamon lachte amüsiert auf. „Das ist ja politisch noch inkorrekter“, wehrte er ab. „Beim Erbauer, wen kümmert es. Wir haben einen Meuchelmörder aus Antiva an unserer Seite“, meinte ich genervt. „Der Meuchelmörder würde wohl kaum zu ihm vordringen, zumal Loghain Zevran kennt“, warf Alistair ein. „Und zumal es Loghain war, der ihn angeheuert hat, um uns zu töten.“ Zevran wirkte regelrecht enttäuscht, musste sich aber eingestehen, dass Alistair Recht hat. Verdammt, also können wir den einfachen Weg mal wieder vergessen! „Wir haben keine Armee um gegen Loghain vorzugehen. Nur die Verbündeten, die Ihr Euch im Kampf gegen die Verderbnis gesucht habt. Und wenn wir all unsere Kräfte auf Loghain verschwenden, können wir nichts mehr gegen die Dunkle Brut ausrichten“, erklärte Eamon und fuhr sich durch den Bart. „Es ist eine verzwickte Sache.“ „Bleibt uns nur noch ein Landthing“, meinte Fergus abwesend. Ich sah auf. Landthing? Wo sich alle Adligen versammeln um über irgendetwas zu diskutieren und dann abzustimmen? „Aber das ist nicht besonders aussichtsreich, oder? Highever und Denerim stehen seit Kurzem auch unter dem Einfluss von Arl Howe“, sagte Isolde plötzlich. Arl Eamon sah sie erschrocken an. „Was sagt Ihr da?“ Sie nickte bestätigend. „Teyrn Cousland und seine gesamte Familie wurde vor etwa einem Jahr, also zur selben Zeit als Loghain Euch vergiften ließ, von Howes Soldaten überfallen. Soweit ich weiß, sind alle bei dem Angriff umgekommen. Und aus einer sicheren Quelle wissen wir, dass auch Denerim zu Howes Einfluss gehört.“ Elissa schlug plötzlich hart auf den Tisch, ihr fein gebürstetes Haar hing ihr nun wirr im Gesicht. Trotzdem konnte ich ihre Augen wütend aufblitzen sehen. „Was will sich dieses Aas eigentlich noch alles unter den Nagel reißen?!“ Gute Frage, er schien viel abzubekommen. Und jetzt sogar Denerim? Aber was ist mit Vaughn? Als ich ihn zuletzt sah, lebte dieser Penner ja leider noch. Ob Howe ihn einfach umbringen ließ? „Arl Urien ist in Ostagar gefallen“, warf Tegan ein und sein Blick verdunkelte sich wütend. „Sorgfältig aus dem Weg geräumt.“ „Das ändert natürlich einiges“, murmelte Eamon seufzend. „Aber es gibt noch andere Adlige, die es sicher interessieren wird, was Loghain in der Vergangenheit so getrieben hat. Ein Landthing wird die beste Möglichkeit sein, Loghain mit seinen Verbrechen zu konfrontieren.“ Das klang wenigstens nach einem Plan. Allerdings nicht nach einem leichten. „Loghain hat starke Verbündete unter den Adligen. Jedoch sind unsere Anschuldigungen ohne jegliche Beweise. Sie werden Loghains Verbündete zum Nachdenken bringen, aber wir brauchen etwas, eine Herausforderung, die Loghain nicht so leicht ignorieren kann. Wir brauchen jemanden mit einem größeren Anspruch auf den Thron, als Loghains Tochter, der Königin.“ Meine Augen wurden groß und alle Blicke legten sich plötzlich auf Alistair, während absolute Stille herrschte. Mit einem Mal wurde mir wieder bewusst, das Alistair ja der Halbbruder von König Cailan ist. Das würde bedeuten, er hätte das Recht dazu, König zu werden. Beim Erbauer… der König?! „Ihr meint… Alistair?“, fragte Leliana unsicher. „Ich würde das nicht vorschlagen, wenn wir noch eine Alternative hätten. Aber das Undenkbare ist aufgetreten“, entschuldigte sich der Arl. „Nein“, sagte Alistair aufgeregt. „Das könnt Ihr doch nicht von mir verlangen!“ „Alistair, es ist deine Pflicht. Willst du, dass Loghain gewinnt? Eigentlich müsste ich Loghain unterstützen.“ Alistair sah zweifelnd zu Boden, während Elissa ihm besorgt ihre Hand auf seine legte. „Ich will Loghain genauso wenig als Regenten und nur so können wir es wirklich schaffen. Er ist wahnsinnig geworden und er ist daran schuld, dass mein Neffe einen schrecklichen Tod fand, er ist Schuld an dem, was Ihr hier seht. Sein Mordanschlag hat mir sehr zugesetzt, ich werde nie wieder derselbe sein.“ „Sag nicht so was, Bruder“, meinte Teagan leise und legte seinem älteren Bruder die Hand auf die Schulter. „Wynne ist guter Dinge.“ „Mag sein, aber auch der Magie sind Grenzen gesetzt. Dieser Giftanschlag hat mich zehn Jahre meines Lebens gekostet und ich war davor schon nicht mehr der Jüngste...“ Eamon seufzte schwer. „Wie auch immer, wir müssen etwas gegen Loghain unternehmen. Unsere Eltern und Großeltern haben nicht umsonst drei lange Jahrzehnte gegen die Besatzer aus Orlais gekämpft, um wieder einem Theirin auf den Thron zu verhelfen, dem rechtmäßigen Herrscher Fereldens.“ Ich sah Alistair an und erkannte, wie ihn das Wissen quälte, wieder hilflos dabei zusehen zu müssen, wie andere für ihn entschieden. Aber was blieb uns denn für eine andere Wahl? Ich hatte diesen Weg, in den ich gezwungen wurde, auch nicht gewollt und doch ging ich ihn, weil ich einfach keine andere Wahl mehr hatte. Jetzt, genau in diesem Moment, verstand ich erst, was es bedeutete, ein Grauer Wächter zu sein. Gedankenversunken blickte ich auf mein Essen und schloss schließlich reumütig die Augen. Ein Grauer Wächter. Später am Abend ging ich wieder hinaus auf den Hof, um frische Luft zu tanken. Arl Eamon gab uns den besten Wein zu trinken, das leckerste Essen überhaupt und dennoch fühlte ich mich plötzlich so leer. Schließlich würden wir morgen wieder nach Denerim aufbrechen. Und uns dann Loghain entgegenstellen. Wieder wurde mir bewusst, dass ich nie wieder zu meiner Familie zurückkehren könnte, da das als Grauer Wächter einfach unmöglich war. Für immer an diesen beschissenen Orden gebunden, bis ich an meiner Verderbtheit sterbe. „Kallian“, hörte ich plötzlich und drehte mich rasch um. Alistair kam auf mich zu und lächelte dabei schwach. „Störe ich?“ „Nein, natürlich nicht. Du störst nie.“ Er blieb neben mir stehen und ließ den Blick schweifen. „Es ist alles so unfair“, fing er auf einmal an und brachte mich so dazu, zu ihm aufzusehen. „Ja, das Leben ist immer unfair. Egal wie du es auch drehst und wendest“, stimmte ich grimmig zu und sah in den dunklen, wolkenverhangen Himmel. Er seufzte einmal schwer und strich sich über seine Nasenwurzel. „Ich wollte nie König werden, oder sein. Diese Aufgabe gebührte Cailan und nicht mir. Ich… kann das einfach nicht.“ Langsam ergriff ich Alistairs Arm und sah ruhig in seine Augen, die mich voller Zweifel anblickten. „Du musst entscheiden, was du für richtig erachtest, Alistair. Du hast ein gutes Herz, du bist mutig und du warst derjenige, der meine Sicht auf die Menschen komplett geändert hat.“ Ich musste schmunzeln. „Wir haben schon auf so vielen Schlachten miteinander gekämpft. Ich würde dir jederzeit mein Leben anvertrauen“. Seufzend sah ich in die Ferne und ließ mir den kalten Wind durch mein Haar wehen. „Es ist mir eigentlich gleich, wer König wird. Anora hat in den letzen fünf Jahren regiert, das weiß jeder. Aber sie hat bestimmt denselben eiskalten Charakter wie Loghain.“ Ein Grinsen schlich sich auf meinen Lippen. „Wenn ich denn dann vor dem König knien muss, dann würde ich das am liebsten bei dir machen. Du wärst sogar der erste Adlige, bei dem ich das komplett freiwillig machen würde“. Es herrschte Schweigen, als wir gemeinsam in die Ferne blicken und unseren Gedanken nachgingen. „Hättest du dir das jemals vorstellen können? Dass wir beide hier stehen und über das Schicksal Fereldens bestimmen?“, fragte er plötzlich leise. „Nein“, meinte ich ebenso leise und blickte besorgt zum Vollmond hinauf. „Nie in meinem ganzen Leben hätte ich je damit gerechnet“. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)