Dragon Age: Origins von Himitsu-chan (Bestimmung) ================================================================================ Kapitel 52: Befangene Gedanken ------------------------------ Frustriert sah ich auf meinem juwelenbesetzten Ohrring und strich sacht über einen kleinen leuchtblauen Edelstein, welcher mit viel Präzision in das schimmernde Gold eingearbeitet war. Ohne Zweifel war er von hohem materiellem Wert, doch für mich bedeutete er den Anfang einer Ära. Der Anfang eines neuen Lebens. Eines gefährlichen und zugleich aufregenden Lebens. Das Leben einer Krähe bedeutet so viel. Es bedeutet, dass Leben und Tod so nah beinander liegen, dass lediglich das Schicksal entscheidet. Und dennoch boten sich mir so viele Gelegenheiten um mir Vergnügen zu gönnen, sich der Ekstase voll und ganz hinzugeben. Jedoch immer wissend, nicht zu viel hineinzuinterpretieren. Schließlich waren so etwas wie Gefühle in meinem Beruf einfach nur selbstmörderisch. Es macht blind, schwach und zu allem Überfluss abhängig. Im Großen und Ganzen also ein Verlustgeschäft, was bekommt man auch schon als Gegenleistung? Absolut nichts kann auch nur dem gleichkommen, was ich in meiner Freiheit tun und lassen kann. Absolut nichts! Ich sollte mich also lieber nach einem kleinen Stelldichein umsehen, immerhin muss ich ja meine gelobte Freiheit nutzen. Und zwar in vollen Zügen, solange ich meine Ruhe habe. Schließlich hat Kallian mir ja praktisch die Türe vor der Nase zugeknallt und zu allem Überfluss auch noch beschimpft. Tz, der Zevran von früher hätte sie einfach getötet, schließlich hasse ich Zurückweisungen, besonders solche widerspenstigen. Besonders dann, wenn ich dieser störrischen Elfin schon ein Geschenk gebe. Und sie… sie nimmt es ja nicht mal an, weil sie auf irgendwelchen wirren Gefühlsduseleien beharrt! Absolut verwerflich. Kallian, dieses verdammte…! Grimmig drehte ich den Ring in meinen Fingern und steckte ihn schließlich wieder sicher verwahrt ein. Missmutig schaute ich zur gegenüberliegenden Wand und sah kurz nachdenklich in die schwache Glut, die vom Feuer noch übrig geblieben war. Ich verstehe sie einfach nicht. Kallian war schon immer ein Rätsel, in gewissen Dingen zumindest. In anderen wiederum war sie so offen zu lesen wie ein Buch. Schließlich weiß ich, wie sehr sie doch Schmuck liebt. Sie hatte mir davon erzählt, dass sie sich als kleines Kind immer aus Plunder selbst Schmuck gebastelt hat. Das muss einfach nur lächerlich ausgesehen haben, dennoch trug sie den Tand. Warum also… warum hat sie mein Geschenk dann nicht angenommen? Ich konnte bereits dieses verheißungsvolle Glitzern in ihren Augen erkennen und ihr Lächeln. Und plötzlich beharrt sie auf diese unnützen Gefühle. Wollte den Ohrring nicht annehmen, wenn es ohne Gefühle meinerseits war. Dabei ist es doch schon ein großer Schritt von mir, sie sollte mir wenigstens entgegen kommen. Aber nein, stattdessen beschimpft sie mich, starrt mich wütend – und zu allem Überfluss auch noch so verletzt – an. Dabei sollte ich der Gekränkte sein! Immerhin weist sie mein Geschenk zurück. Nur weil ich sagte, sie solle sich nicht so viel darauf einbilden. Tz… nicht so viel… gar nichts… und… dennoch… dieser Blick… diese verdammten Augen! Ihre verdammten enttäuscht und traurig blickenden Augen. Ich seufzte und schloss meine Augen, während ich mir über meine Nasenwurzel strich. Seit Stunden geht mir ihr Gesicht nicht mehr aus den Kopf und hindert mich an meinem Schlaf… frustrierend! Nicht mal Lust auf die Perle verspüre ist gerade und das ist wahrlich außergewöhnlich. Außergewöhnlich miserabel. Wenn Kallian wieder zurück kommt, werde ich mich mit ihr auseinander setzen und diesmal wird sie mir nicht die Tür vor der Nase zuschlagen. Dafür werde ich schon sorgen. Auf einmal konnte ich dumpfe Rufe vor der Tür hören, ebenso hektische Schritte. Gelassen schaute ich Richtung Tür und murrte leise. War hier etwa mal etwas los in diesem langweiligen Anwesen? Trotz all meiner Wünsche, eine wilde Orgie wird es wohl leider nicht sein. Bedauerlich. Plötzlich wurde die Tür schwungvoll aufgerissen und für einen kurzen Augenblick war ich mir sicher, dass dort Kallian stand, das rote Haar wirbelte aufgeregt hin und her. Doch… es war die Bardin. „Kallian! Komm schnell!“, rief Leliana hektisch in das dunkle Zimmer, woraufhin ich schmunzeln musste. „Sie ist nicht hier. Was ist los?“, fragte ich desinteressiert und erhob mich nun von dem Bett. Verwirrt sah sie drein und schaute sich noch einmal aufgeregt in dem kahlen Zimmer um. „Aber… wo ist sie hin, Zevran?“, wollte die Rothaarige wissen. Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch und ging und auf sie zu. Warum ist sie denn so beunruhigt? „Ich weiß es nicht, sie wollte einmal frische Luft schnappen. Seit dem habe ich Kallian nicht mehr gesehen“, sprach ich und musterte Leliana. Die Bardin sieht blass um die Nase aus. Es muss etwas passiert sein… oho, das klingt nach Spaß und Aufregung. Leliana musterte mich kurz ungehalten, fast so als wüsste sie, warum Kallian fort war, dann atmete sie hörbar aus. „Sorris kam gerade eben hier an. Er ist schwer verletzt und hat einen Pfeil in der Schulter stecken. Wynne versucht gerade ihn zu heilen und dann hoffentlich Antworten auf unsere Fragen zu bekommen“ Sorris…? Sorris… wer war das nochmal… Ah Moment! Natürlich, dieser Elf. Irgendein Bruder oder ähnliches von Kallian. Kurz musste ich schmunzeln und strich durch mein feines Haar. „Sag bloß, er hat sich endlich mal eine Prügelei verwickeln lassen? Wird er zu einem Mann, huh?“ Leliana sah betroffen zu Boden und faltete ihre Hände wie zu einem Gebet. „Nein, er meinte nur kurz… das alles in Flammen stand, unzählige Leichen und das Gesindeviertel muss dem Untergang geweiht sein“ Verwirrt sah ich zu der jungen Frau. Was soll denn das wieder bedeuten? Hat der junge Elf etwa zu tief ins Glas geschaut, oder warum erzählt er dann solch Unsinn? Ein lautes Rufen ließ uns beide aufblicken. Sofort stürmten ein paar Dienerinnen den Gang entlang und schließlich die schmale Treppe hinunter. Es muss etwas passiert sein… und diesmal war ich mir sicher, dass es sich wohl doch nicht um Spaß handelt. Eilig folgten wir nun den aufgeschreckten Dienstmädchen, welche hektisch die Treppen hinunter stürmen und schlussendlich in den Esssaal einbogen. Als wir besagten Saal betraten, entdeckten wir auf einer langen Tafel den blutenden Sorris. Seine Kleidung zum Teil aufgerissen und durchnässt, an etlichen Stellen hatte er Schnittwunden und Quetschungen. Mit Mühe zog gerade Wynne den Pfeil aus seiner Schulter, was den Elf laut und gequält aufstöhnen ließ. Schnell waren wir bei dem jungen Elf und besahen ihn uns genau. Er war blass und zitterte am ganzen Leib. Sein Haar verdreckt und zerzaust. Ruhig besah ich mir seine Wunde in der Schulter, aus der Blut drang. Tz, er kann froh sein, dass Wynne bei ihm ist und ihn heilt. Sonst wäre Sorris vermutlich später längst an eine Infektion gestorben, oder an Fieber. Die alte Magierin legte nun sanft ihre Hand auf die blutende Wunde und tätschelte beruhigend die Wange des jammernden jungen Elfen. „Keine Sorge, alles wird gut“, sprach sie ruhig auf ihn ein. Gebannt sah ich dabei zu, wie ein sanftes warmes Licht ihre Hand zum Leuchten brachte und dieses nun in die Wunde eindrang. Wundersamerweise verschloss sich die Verletzung binnen Sekunden. Ah, diese magische Frau mit ihren noch magischeren Händen. Wer weiß, was sie sonst noch zu bieten hat. Abgesehen von ihrem wallendem Zauberbusen. Ein Schmunzeln huschte mir übers Gesicht, doch auf einmal tauchten nun auch Alistair und Elissa im Speisesaal auf. Deutlich verschlafen und spärlich bekleidet, wie ich amüsiert anmerkten darf. Vermutlich hatten die beiden noch ihr Vergnügen... „Was ist denn hier los?“, fragte Alistair verschlafen, wurde jedoch hellwach, als er das viele Blut sah und den verletzen Elfen dazu. Elissa sah nicht minder entsetzt drein. Kurz schaute ich mich aufmerksam um. Selbst Morrigan betrat nun mit kühler Miene den Saal, dicht gefolgt von Sten, Oghren und Fergus. Sieh an, nun sind wir also alle hier versammelt. Dem hektischen Tumult kann man nun mal einfach nicht entgehen. Wynne sah besorgt zu Sorris, welcher nun zaghaft die Augen öffnete und zu der alten Frau aufsah. Seine Augen wirkten glasig, beinahe leer. Doch er erhob sich mühsam, trotz Protest der Magierin. „I-ihr… ihr seid diejenigen, oder? Diejenigen… mit Kallian reist?“, sprach er mit rauer Stimme und hustete einmal schwer. Sofort eilten die Dienerinnen herbei und gaben dem Elf etwas zu trinken. Gierig trank Sorris alles aus. Skeptisch beobachte ich ihn und verschränkte die Arme vor der Brust, während ich nachdachte. Was ist so Schlimmes passiert, dass dieses Weichei mitten in der Nacht verletzt bei uns landet und ausgerechnet zu uns wollte? Immerhin ist Kallian doch bei ihm… zumindest gehe ich davon aus, mir käme kein anderer Ort in Denerim in den Sinn, an dem sie sonst sein könnte. Dann sah uns Sorris verzweifelt an und in seinen Augen glitzerte es verräterisch, als er sich mit zittrigen Händen in den Tisch festkrallte, auf welchem er immer noch saß. „Rettet uns… ich flehe euch an“, hauchte er bittend und Tränen liefen ihm nun hemmungslos über die Wangen, als ein Schluchzer seiner Kehle entwich. Verwirrt starrte jeder Einzelne von uns auf dem jungen Elf, der nun seinen Kopf weinend in seine Hände legte und am ganzen Leib stark zitterte. „Ich flehe euch an, sonst sterben sie alle!“ Wynne eilte schnell an seine Seite und legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. „Aber Junge, so beruhigt euch doch! Was ist denn los?“ Sorris schüttelte einmal den Kopf und wagte es nicht, aufzublicken. „Alles steht in Flammen, überall Tote und Verletzte. Wir versuchten zu entkommen, doch ehe wir es schaffen konnten… da wurde ich getroffen und fiel ins Wasser. Die anderen haben es nicht geschafft“, sprach er schnell und aufgeregt, dann schluchzte er noch mal und sah auf. „Sie sind alle eingesperrt, wie die Ratten in der Falle“, wisperte der Rothaarige angsterfüllt und kniff die Augen dabei zu. Wynne ergriff Sorris nun an den Schultern und drehte ihn zu sich, während sie ihn prüfend anschaute. „Wer ist eingesperrt?“, fragte sie in ruhigem Ton, doch auch die Anspannung war aus ihrer Stimme heraus zu hören. „Kallian, Cyrion, Shianni und Alarith. Und die vielen anderen Elfen im Gesindeviertel. Sie sind alle in Gefahr“, sprach Sorris nun plötzlich tonlos und starrte zu Boden. Was? Was erzählt dieser Jammerlappen hier eigentlich für Märchen? Das kann doch unmöglich wahr sein! Wer würde schon das Gesindeviertel angreifen wollen? Dort Schätze, oder Gold zu vermuten wäre idiotisch… eher Krankheiten gibt es bei dem Beutezug. „Kallian? Aber…ich verstehe nicht…bitte erklärt Euch doch genauer“, sprach Elissa erschüttert und trat einen Schritt auf Sorris zu, der sie nun mit tränenverschleierten Augen anstarrte. „Wir wissen nicht genau… vermutlich Magister aus Tevinter, meinte Alarith. Warum… ich weiß nicht…“, murmelte Sorris unsicher. Tevinter? Tz, dieses Land lebte doch praktisch nur vom Sklavenhandel und ihrer Blutmagie. Wenn die wirklich in das Gesindeviertel einmarschiert sind, könnte das wirklich für Turbulenzen sorgen. Und… wenn Kallian darin verwickelt war… Nochmals musterte ich Sorris vor mir, der nun apathisch zu Boden starrte, das Hemd immer noch blutverschmiert und durchnässt. Der Pfeil, der seiner Schulter gesteckt hatte, lag noch neben ihm. Und mit einem Mal wurde mir bewusst, dass dieser Elf wohl oder übel die Wahrheit sprach. Die Wahrheit. Und das behagte mir überhaupt nicht, ließ in mir ein ungutes Gefühl aufsteigen. Und dieses Gefühl der Besorgnis… wie ich es doch hasse. Es tritt immer öfters auf, wenn sich Kallian in Gefahr begibt. Und ist häufig der Fall. Ich drehte mich um und leckte mir kurz über meine Lippen. „Wenn das so ist, das sollten wir uns jetzt fertig machen, nicht wahr? Und zwar sofort!“ Damit verschwand ich aus dem Saal und zog mir meine Lederrüstung an und nahm meine Dolche an mich. Es wird Zeit herauszufinden, was wirklich vorgefallen ist, damit ich endlich in Ruhe schlafen kann. Und dieses widerwärtige Gefühl endlich einzudämmen, bevor ich noch wahnsinnig werde! Sorris lief nun, oder eher schwankte, vor uns. Seine Beine gaben manchmal nach, doch die anderen stützen ihn immer wieder und redeten beruhigend auf ihn ein. Trotz der eher fragwürdigen Geschichte, die uns dieser Jammerlappen aufgetischt hatte, waren wir alle mitgekommen. Sogar diese beiden stinkenden Köter begleiteten uns, schnüffelten immer wieder am Boden, oder erleichterten sich an einem nahelegenden Fass. Mein Blick jedoch glitt immer wieder zum Gesindeviertel. Allerdings konnte ich weder Flammen noch Rauch sehen, die sich dem dunklen Himmel entgegen streckten. Stimmt denn nun diese Geschichte, oder nicht? Angeblich soll doch alles lichterloh brennen, oder nirgendwo sehe ich Anzeichen davon. Misstrauisch sah ich zu Sorris, der regelrecht angsterfüllt wurde, als wir nun alle gemeinsam über die Brücke liefen, die geradewegs zum Gesindeviertel führt. „B-beim Erbauer! Warum sieht man nichts?!“, rief der Elf panisch und starrte geradeaus. Der Eingang zum Gesindeviertel war gut sichtbar, die Tore weit geöffnet und alles wirkte friedlich und ruhig. Tz, dieser Elf muss einen schlimmen Alptraum gehabt haben und dann ist er wohl oder übel durch Denerim gerannt und wurde dabei von den unzähligen Banden hier zusammengeschlagen. Kallian wird mir wahrscheinlich irgendeinen Vortrag halten, der mir jetzt schon die letzten Nerven kosten wird. Wenn es um ihre Familie ging, war sie immer ziemlich leicht zu reizen. Doch in diesem Moment lief Sorris gegen Etwas und wich erschrocken keuchend zurück. Leliana war nicht minder überrascht und hielt den verschreckten Elfen gut fest. „Was habt Ihr denn? Stimmt etwas nicht?“ Sorris starrte verängstigt nach vorn und zeigte ins Nichts. „Die unsichtbare Mauer! Die ist immer noch da!“ Skeptisch schaute ich nach vorn, doch ich konnte nichts anderes entdecken als Kallians Hütte, welche seelenruhig dastand. Nicht mal Kerzenschein konnte ich durch eines der Fenster sehen. Frustriert rieb ich mir über meine Nasenwurzel und atmete einmal genervt aus. „Das ist ja wohl ein schlechter Witz und ich bin etliche gewöhnt, dank unseres trinkfesten Zwergs“ Oghren, der nicht weit entfernt von mir stand, brüllte einmal belustigt und schwang seine große Axt. Tz, das war kein Kompliment, auch wenn er es wohl so aufgefasst hat. Morrigan drängte sich nun ruppig an mir vorbei und stieß mich dabei unwirsch zur Seite. „Aus dem Weg, ihr Narren!“, rief sie zerknirscht und stand nun augenblicklich neben Sorris, welcher immer noch ängstlich geradeaus starrte. Mit ihrer zierlichen Hand griff sie vorsichtig nach vorn, bis sie plötzlich gegen einen Widerstand stieß. Verwirrt sahen wir alle auf, als kleine Blitze durch die Luft zuckten, genau an der Stelle wo Morrigan ihre Hand hatte. Ein belustigtes Grinsen huschte über ihr Gesicht, doch sie ließ ihre Hand nicht sinken. „Eine magische Barriere. Wie interessant.“ Augenblicklich wurde mir etwas unwohler, als ich dabei zusah, wie nun auch Wynne zu Morrigan ging und vorsichtig die anscheinend magische Barriere untersuchte. Sollte es etwa doch wahr sein, was dieser Elf erzählt hat? Das alles in Flammen steht und Kallian in Gefahr ist? Aber... das kann nicht sein, immerhin kann in Denerim doch nicht eine Armee von Blutmagierin herumlaufen, ohne dass jemand Notiz von ihnen nehmen würde. Absolut lächerlich! „Ich will mich ja nicht aufdrängen, aber was können wir tun?“, fragte jetzt Alistair deutlich aufgewühlt und sah zu den beiden Frauen, die nach wie vor miteinander über die magische Barriere sprachen. Morrigan kräuselte einmal ihre Lippen und erhob ihren Zauberstab Richtung magische Barriere, Wynne tat es ihr kurz darauf gleich, das Gesicht jedoch hoch konzentriert nach vorn gerichtet. „Zurücktreten.“, meinte die Sumpfhexe kühl. Sofort kamen wir ihrer Aufforderung nach, denn die Zauberstäbe der beiden Magierinnen leuchteten hell auf. Ein grelles Licht ging von Wynnes Zauberstab aus und wilde Blitze zuckten aus Morrigans Stab hinaus, trafen immer wieder die Barriere, die nun anfing wild zu flackern und knirschende Geräusche von sich zu geben. Leicht kniff ich meine Augen zusammen und hob meinen Arm, um sie vor dem hellen Licht etwas zu schützen. Diese Magie ist mächtig und gefährlich, besonders für jemanden, der keinerlei Erfahrungen hat, damit umzugehen. Immerhin stehen diese beiden magiebegabten Menschen auf unserer Seite, auch wenn ich mir bei Morrigan von Zeit zu Zeit etwas unsicher bin. Es wird Gründe für ihr Hiersein geben, aber Nächstenliebe schließe ich als erstes aus. Plötzlich gab es einen großen Riss in der magischen Barriere, der durch ein lautes zischendes Geräusch noch untermauert wurde. Elissa schrie erschrocken auf und krallte sich an Alistair fest, der ebenfalls etwas überrascht zurückwich. Morrigan und Wynne bissen beide die Zähne zusammen, ihre Arme und Hände zitterten stark, doch beide hielten unbeirrt ihre Zauberstäbe auf die Barriere gerichtet, dessen Riss immer größer und größer wurde. Ein unheimliches Knistern umgab uns, ließ mich instinktiv nach meinen Dolchen greifen, welche ich angespannt umklammerte. Meine Augen waren weiterhin starr auf das Schauspiel vor mir gerichtet und ich wich mit böser Vorahnung etwas zurück. Angst zu haben käme einem Todesurteil gleich. Das war die erste und prägendste Lektion, die ich damals bei den Krähen gelernt hatte. Jemand der Schwäche zeigte, machte sich angreifbar für andere. Angst war Schwäche. Und auf sie folgte unweigerlich der Tod. Und ich schwor mir, niemals Schwäche zu zeigen. Weder mir, noch anderen. Schließlich will ich leben. Doch im Augenblick verspürte ich diese Angst… Angst darum, dass das Schlimmste eintreten würde. Wie ich dieses Gefühl hasse, es gräbt sich so tief in meine Gedanken ein, dass es schwer fällt, rational zu bleiben. Ein markerschütterndes Dröhnen ließ mich schwanken und mir gepeinigt die Ohren zuhalten. Doch kurz darauf wurde ich von einer plötzlichen Druckwelle umgeworfen, die anderen ebenso. Ihre erschreckten Schreie klingelten in meinen Ohren. Hastig erhob ich mich wieder und schaute voraus. Doch was ich sah, machte mich fassungslos. Eine gewaltige Feuerwand befand sich vor uns, Mir rann der Schweiß von der Stirn, als uns die großen Flammen heiß entgegenschlugen. Das Bild von einem friedlichen Gesindeviertel, das was wir eben noch gesehen hatten, hatte nun nichts mehr mit diesem zu tun. Die magische Barriere ist tatsächlich wahr! Nun ist sie in sich zusammengefallen und offenbart uns ein Bild des Schreckens. Der größte überhaupt war jedoch die Erkenntnis, dass dieser Sorris Recht hatte! Dieses verfluchte Gesindeviertel steht in Flammen! „Oh, Erbauer“, hauchte Leliana neben mir bebend. Auch die anderen waren nicht minder erschüttert, schließlich sah eben noch alles so friedlich und unscheinbar aus. Alles nur Lug und Trug, wie ich entsetzt feststellen muss… diese abnormale Magie! „Wir müssen das Feuer löschen!“, rief Fergus aufgebracht und hob seine Hand vor sein Gesicht, um sich etwas vor den Flammen zu schützen. Ehe jemand auch nur etwas darauf erwidern konnte, erklang ein panischer Schrei und wir schauten ruckartig in Richtung Flammen. Im diesem Augenblick kam ein brennender Elf aus der Flammenwand gesprungen, rannte schreiend an uns vorbei und stürzte sich schließlich die Brücke hinab. Kurz standen wir alle noch ungläubig da, unfähig das eben Geschehene zu realisieren. Lediglich durch den Aufschlag auf das Wasser wurde ich aus meiner Starre gelöst. Sofort stürmten alle auf das Geländer der Brücke und schauten runter ins Wasser. Eine verkohlte Leiche trieb an der Oberfläche. „Beim Donnerkiesel, da geht’s tief runter!“, rief Oghren brummig, doch ich verzog angewidert das Gesicht. Das ist widerwärtig, selbst für mich. Grimmig wand ich mich ab und schaute zu den Flammen, die sich wild nach oben in den sternenbesetzten Himmel streckten. Nun nahm ich auch weitere Schreie jenseits der Flammen wahr; weitere Elfen, die dem Tode nahe waren. Eigentlich kümmerte mich der Tod herzlich wenig, beschere ich ihn doch den meisten selbst. Doch wenn andere Elfen unschuldig leiden müssen, werde ich wütend. Sehr sogar. Kein Elf verdient es, einfach so abgeschlachtet zu werden. „Lord Cousland hat Recht. Wir sollten das Feuer löschen“, sprach ich gereizt und versuchte die Schreie zu verdrängen. „Ja, dem stimme ich zu“, sagte Alistair und sah dabei hilfesuchend zu Wynne, die immer noch bestürzt ins Wasser zu der Leiche schaute. Morrigan musterte mich plötzlich kühl mit ihren dämonisch wirkenden Augen, als sie mit wogenden Hüften auf mich zuschritt. Ich ließ die Hexe nicht aus den Augen, ausnahmsweise lag es diesmal nicht an ihren Brüsten, sondern eher an ihrem entschlossenen Blick, dass ich ihr meine Aufmerksamkeit zuteil kommen ließ. „Tretet beiseite“, fauchte die Schwarzhaarige, während sie ihren Zauberstab leicht hin und her schwang. Wynne löste sich nun auch aus ihrer Lethargie und ging geschwind zu der Sumpfhexe. „Morrigan, was genau schwebt Euch vor?“, fragte sie beinahe entsetzt. „Wasser“, flüsterte sie und rammte ihren Stab nun die Erde, schaute unerschrocken in die Flammen. „Ihr müsst das Wasser aus dem Fluss zu mir tragen, ich werde es dann in die Brände leiten.“ „Was? Das ist doch absolut unmöglich!“, warf Alistair verwirrt ein und sah dabei skeptisch zu der Hexe, die weiterhin in die Flammen starrte. Doch kurz darauf drehte sie sich zu ihm und betrachtete den Blonden so voller Abscheu, dass ich beinahe Mitleid mit dem Bastard empfand. „Es ist jedenfalls nicht unmöglich, dass hunderte von Elfen ihr Leben lassen. Vermutlich ist Kallian schon längst unter ihnen, während wir hier dämlich herum diskutieren, ob es möglich ist oder nicht!“ Kurz herrschte Stille, nur die Schreie und das Knistern der Flammen waren zu hören. „Einverstanden“, sprach Wynne kurz darauf entschlossen und ging wieder zum Geländer zurück und schaute in die Tiefe hinab. Sofort wichen wir alle zurück, als wir die Magie schon beinahe in der Luft spüren konnten. Angespannt biss ich die Zähne zusammen und sah zwischen den beiden Frauen immer wieder hin und her. Ihrer beider Gesichtszüge verhärteten sich. Wynne hielt ihren Zauberstab mit beiden Händen waagerecht von sich gestreckt und hatte die Augen geschlossen. Sofort wurde Wynnes Gesichtsausdruck angestrengt, als sie langsam ihren Zauberstab zögernd immer weiter nach oben hob. Ihre Arme zitterten dabei stark. Die Elemente zu kontrollieren ist bestimmt kein leichtes Unterfangen, und dann auch noch diese Menge. Der Fluss Drakon wird viel Wasser mit sich führen… ich bin begierig darauf zu sehen, wie die beiden das schaffen wollen. Ohne Vorwarnung hob Wynne nun ihren Zauberstab schwungvoll nach oben und hielt ihn über ihren Kopf, Schweiß lief ihr von der Stirn, ihr Atem war angestrengt… doch über ihrem Kopf schwebte nun eine riesige Kugel aus Wasser. Ehrfürchtig wichen die meisten zurück, als die Kugel gespenstig über uns hinweg flog, jedoch fiel immer wieder Wasser hinab… zu meinem Unmut auch noch direkt auf meine perfekten Haare. Morrigan fixierte die Kugel, biss die Zähne zusammen und schleuderte diese nun mit einer schnellen Handbewegung auf die Flammenwand. Augenblicklich zischte es heftig, weißer Rauch stieg auf… doch das Feuer war gelöscht. Wynne und Morrigan gingen in die Knie, atmeten angestrengt, beide zitterten. Elissa eilte zu der Sumpfhexe und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Alles in Ordnung mit Euch, Morrigan?“, fragte die junge Cousland besorgt nach. Sofort schlug die Sumpfhexe die Hand von der Blonden abwertend weg. „Spart Euch diese Floskeln“ Elissa sah unsicher zu Morrigan, als diese sich erhob und kühl in das Gesindeviertel schaute. „Der Weg ist frei“ Ohne zu zögern schritt ich voran und betrat das Trümmerfeld. Es brannten immer noch Häuser, doch die meisten waren bereits in sich zusammengefallen und qualmten nur noch. Ich ließ meinen Blick schweifen, überprüfte die Umgebung. Dutzende Elfen rannten panisch umher, andere lagen krümmend vor Schmerzen herum. Mein Blick glitt zu Boden. Eine kleine verkohlte Leiche lag direkt vor meinen Füßen, das Gesicht nicht mehr zu erkennen, der gesamte Körper in einem tiefschwarzen Tod ummantelt. Der Geruch des Todes umgab mich oft, doch dieser Geruch ist anders… ich bringe einen schnellen Tod, mache es meist schmerzlos für meine Opfer… doch diese Elfen hier hatten einen schmerzvollen Tod. „Wie schrecklich“, flüsterte Elissa ungläubig, als die restliche Truppe nun folgte. Leliana schaute kurz zu mir, doch ich zeigte keinerlei Regung in meinem Gesicht. Zügig ging ich weiter, besah mir jede Leiche, die fand kurz prüfend und schritt dann weiter. Bis jetzt konnte ich Kallian noch nicht entdecken… das beruhigte mich ungemein. „B-beim Erbauer!“, rief nun plötzlich Sorris, stolperte an mir vorbei und rannte dann zu einem toten Elfen, der auf dem Boden lag. Kurz schaute ich zu dem Toten und betrachte das Gesicht… irgendwie kam er mir bekannt vor… „Onkel Cyrion! Was hast du?“, schrie Sorris verzweifelt und rüttelte den Grauhaarigen an den Schultern. Doch die grünen Augen schauten ins Leere. Leliana eilte augenblicklich neben den rothaarigen Elfen und betrachtete das Gesicht des Toten. „Ist das nicht Kallians Vater?“, flüsterte sie unsicher. „Das ist er“ Abrupt drehten wir uns alle überrascht herum und entdeckten einen weiteren rothaarigen Elfen. Er hatte dutzende Schnittwunden und seine Kleidung war Großteils aufgerissen und angesengt; das Gesicht nass vom Schweiß. Doch ein erschöpftes Lächeln huschte über seine Lippen, als er Sorris musterte. „Du hast es also geschafft… dem Erbauer sei Dank“ Dann fiel er einfach zu Boden und wirbelte dabei eine Rußwolke auf. „Alarith!“ Sorris hastete nun zu besagtem Elfen und richtete ihn mühsam etwas auf, während ich eher noch starr auf die Leiche von Kallians Vater sah. Er… ist tot? Hektisch schaute ich mich um, hob den Schutt in der Nähe an und auf. Doch Kallian war nirgends zu sehen… dem Drang ihren Namen zu rufen, konnte ich kaum noch widerstehen, denn mein Herz zog sich schmerzvoll zusammen. Ein Gefühl das mich dazu brachte, erschrocken innezuhalten. Angst… Alarith hustete schwer, schaute dann jeden der Anwesenden an, die sich um ihn herum versammelt hatten und ihn besorgt musterten. Dann lächelte er müde. „Ah… ihre Freunde…ja… das seid… ihr“ Wynne legte ihre Hand auf die Stirn des älteren Elfen und schickte heilende Wellen in seinen geschundenen Körper. Sorris schluchzte nun wieder auf, schaute noch einmal kurz zu Cyrion, dann wieder zu Alarith. „Was ist passiert? Was ist mit Onkel Cyrion?“ Der ältere Elf öffnete zögernd die Augen, schaute zu Boden. „Getötet, als er Kallian vor einem Pfeil rettete.“ Alle atmeten erschrocken ein, auch ich hielt mit meiner Suche inne und schielte angespannt zu dem Elfen. Kallian lebt noch? Das ist... gut. Für den Moment zumindest. Sorris bebte kurz, kniff die Augen zu und wimmerte. „Erbauer… Onkel Cyrion…“ „Was ist hier los? Warum wurdet ihr angegriffen?“, rief nun Alistair aufgebracht, die Besorgnis war deutlich aus seiner Stimme heraus zu hören. Alartih schaute dem jungen Mann an, ein verräterisches Funkeln in den Augen. „Sklaven“, flüsterte er nur heiser. Ich starrte zu einem großen verkohlten Baum, seine dicken schwarz verbrannten Äste dampften immer noch, doch mir fiel augenblicklich die Gesichte zu diesem Baum ein, die Kallian mir damals erzählt hatte. Der Baum des Volkes. Vhenadahl. „Sklaven?“, wiederholte Elissa zweifelnd und schaute in die Runde. So recht wollte sie es nicht begreifen. Ich ging zu den anderen zurück und zog nun meine Dolche. Mein Blick starr auf diesen Alarith gerichtet, der mich nun musterte. „Wo ist Kallian?“, fragte ich ihn ruhig. Meine innere Zerrissenheit konnte ich nur mit größter Mühe verbergen. Der ältere Elf richtete sich langsam auf, nachdem Wynne ihre Hand sinken ließ. Dann strich er sich durch die Haare, schaute betrübt zu dem toten Cyrion. „Es ist sinnlos. Absolut sinnlos, ihnen zu folgen. Die Magister haben alle auf ihr Schiff verfrachtet und sind nun in Richtung Tevinter unterwegs. Auch Shianni und Kallian“, flüsterte der Elf den letzten Satz und ließ somit Sorris erneut taumeln. „W-was… meine kleine Schwester? Base? T-tevinter??“, wiederholte er zerstreut. Blitzartig war ich bei Alarith angekommen, packte ihn am Kragen und hielt ihm meinen Dolch an seine Kehle, seine angstgeweiteten Augen schauten in meine wütenden. „Warum hab ihr ihnen nicht geholfen und zugelassen, dass sie mitgenommen werden?“, fragte ich mordlüstern, drauf und dran, diesem erbärmlichen Elfen für diesen Frevel einfach die Kehle aufzuschlitzen. Er hat zugelassen, dass die beiden Mädchen einfach verschleppt werden. Ohne ihnen zu helfen, wurden sie entrissen. Wurden mir entrissen… „Zevran!“, rief Alistair erschrocken und eilte sofort auf mich zu, doch ich betrachtete ihn kaum. Immer noch starrte ich in die Augen von Alarith, der mich nun mittlerweile ruhig ansah, die Angst war wie weggewischt. „Ich hatte es versucht. Doch dann wurde ich niedergeschlagen und erwachte kurz bevor ihr gekommen wart. Ich habe es wirklich… versucht. Und jämmerlich versagt.“ Sorris packte meinen Arm und starrte mich mit tränenverschleierten Augen hilfesuchend an. „Zevran, ich flehe Euch an, lasst Alarith los! Er konnte nichts dagegen unternehmen!“ Kühl schaute ich in die braunen Augen meines Gegenübers, wog ab ob es mir nützen würde, diesem schwächlichen Elfen die Kehle aufzuschlitzen. Immerhin ist er schuld daran, dass Kallian nicht mehr da war… aber sie lebt noch. Noch… Ich ließ den älteren Elf einfach zu Boden fallen und steckte mir gelassen die Dolche ein. Fast hörte ich die anderen erleichtert aufatmen, doch ich leckte mir nervös über meine trocknen Lippen. Es ist kein gutes Zeichen, wenn ihr Vater tot ist. Sie wird es mit angesehen haben, wird gekämpft haben. Sie war blind vor Zorn und Trauer, deswegen wurde sie auch so einfach überwältigt. Plötzlich entdeckte ich Kallians Dolch unter einem verbranntem Stück Holz leicht aufblitzen. Eilig hob ich ihn hoch, betrachtete die blutverschmierte Klinge und den ebenso blutgetränkten Griff. Kallian... tz, warum musste sie nur ausgerechnet heute wieder hier her kommen? Warum nur heute?! Unwohl musste ich an den Ohrring zurückdenken und ihren enttäuschtem Blick. Das werden mir diese Magister büßen… büßen, dass sie es gewagt haben, sich einfach so an Elfen zu vergreifen. Und vor allem an... ihr. „Wir sollten uns schnellstmöglich ein Schiff suchen“, sprach ich und drehte mich zu den anderen um, die mich unsicher musterten. Doch nun meldete sich Alarith zu Wort, seine Stimme klang fast so, als würde sie brechen. „D-das sind… Blutmagier. Habt ihr denn keine Ahnung, was die mit euch anstellen? Sie können in euren Verstand eindringen, euer Blut zum Kochen bringen und euch die schlimmsten Schmerzen bereiten, bevor ihr dann jämmerlich an eurem eigenen Blut erstickt.“ Belächelnd wand ich mich ab, lief nun an den Trümmerhaufen und verkohlten Leichen vorbei. „Es gibt Schlimmeres“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)