Dragon Age: Origins von Himitsu-chan (Bestimmung) ================================================================================ Kapitel 53: Geschunden ---------------------- Alles drehte sich, alles war wie benebelt und stumm. Das Gefühl, als würde ich im Wasser davon treiben, weit und entfernt. Ganz weit… Etwas strich über meine Wange und mein Haar, es war federleicht und sanft. Eine angenehme Wärme breite sich in mir aus, ich genoss das Gefühl der Zuneigung und schmiegte meine Wange in die liebkosende Hand. So…vertraut… „Zevran?“, flüsterte ich erschöpft und zwang mich endlich dazu, schwerfällig die Augen zu öffnen. Mein Kinn wurde angehoben und ich blickte nun geradewegs in zwei braune musternde Augen, die mich geradezu belustigt beobachteten. Nach kurzem Stutzen wurde mir bewusst, dass dies unmöglich Zevrans Augen sein können! Er hat dieses flüssige Gold, um welches ich ihm beinahe beneidet hatte, aber diese Augen…waren so tief braun, wie die tiefste Erde. Erschrocken starrte ich mein Gegenüber an, erkannte den Bart und die Glatze wieder! Dieser widerwärtige Shem hat mich abgestochen! Sofort spuckte ich ihm mitten ins Gesicht und zischte ungehalten. „Ich bring dich um!“ Gerade wollte ich auf ihn losstürzten, als ich im selben Moment höllische Schmerzen in meinen Schultern und Armen bemerkte. Ich konnte meine Arme nicht bewegen, waren sie doch über meinem Kopf mit einem dicken rauen Seil an einem der Deckenpfosten befestigt. Meine Handgelenke schmerzten und brannten bereits infolge der Reibung des Seils auf meiner Haut. W-was… geht hier vor sich?! Wütend zog ich an dem Seil, mit dem meine Hände zugebunden hatte und mir so kaum Bewegungsfreiheit ließ. Im selben Moment jedoch knallte eine Hand hart auf meine Wange und ließ mich erschrocken Aufjammern. Sofort schmerzte meine Wange unangenehm und ließ mich wütend aufblicken. Dieser… elende… Doch der Shem mit Glatze wischte sich ungehalten meine Spucke aus dem Gesicht und musterte mich abschätzend. „So ein ungestümes Verhalten muss einfach getadelt werden“, sprach er in einer monotonen Tonlage.. Aufgebracht zog ich an meiner Fessel und ignorierte den brennenden Schmerz in meinen Handgelenken und auf meiner Haut. Meine Arme waren also absolut bewegungsunfähig… dann eben meine Beine, denn die sind immerhin nicht irgendwo festgebunden! So kraftvoll wie ich nur konnte trat ich nach ihm, wollte diesen widerlichen Shem treffen, doch ein explosionsartiger Schmerz in meiner Bauchgegend ließ mich augenblicklich gepeinigt aufstöhnen. Die Kraft in meinen Beinen war augenblicklich verschwunden, lediglich die Fessel trug nun mein Gewicht. Der Schmerz in meinen Armen und Schultern brachte mich ebenfalls zum gequälten Ächzen. Fest kniff ich die Augen zu, in der Hoffnung den Schmerz irgendwie ausblenden zu können. Ich vergaß… er hat mir ja ein Messer in den Bauch gerammt! Sein belustigtes Lachen drang in meine Ohren und ließ meine Wut sofort mit einer Intensität wiederkehren, dass die Schmerzen wie weggeblasen waren. Diesem arroganten Mistkerl wird das Lachen gleich vergehen! „So impulsiv. Ich sehe schon, ich muss dich erst einmal zähmen“, sprach der Glatzkopf erheitert. Ich schnaubte. „Reiß dein Maul lieber nicht soweit auf!“, spie ich ihm entgegen. Er lachte erneut belustigt und strich sich nebenbei durch seinen Bart, als er mich dabei beobachtete, wie ich mehrmals wütend an meiner Fessel zog und wieder fluchte. Dann auf einmal ging er noch einen Schritt näher auf mich zu; war nur noch eine Handbreit von meinem Gesicht entfernt. Es brachte mich dazu, so schnell wie möglich Abstand zwischen diesem abartigen Shem und mir zu bringen. Allerdings anstrengend, wenn ich mir dabei schmerzvoll den Rücken durchdrücken muss, Weggehen war ja keine Option. „Ich bin Caladrius. Ab sofort dein Meister, also Meister Caladrius. Hast du das verstanden?“, fragte er langsam nach, fast so als wäre ich etwas blöde im Kopf. Bereits jetzt wird mir die ganze Situation jedoch zu bescheuert! „Ich bin Kallian! Und mir geht es am Hintern vorbei, wer du bist! Und Meister nenn' ich dich aufgeblasenen Shem bestimmt nicht!“, sprach ich zornig und funkelte diesen Caladrius verächtlich an. Sofort hörte ich gedanklich Alarith’s Schelte, schließlich sprach er immer wieder davon, wie grausam, unberechenbar und böse diese Blutmagier doch waren. Interessierte mich jedoch gerade herzlich wenig! Dass dieser Mann vor mir ein Magier war, zweifelte ich definitiv nicht an. Er trug eine grüne Robe, seine Schultern waren jedoch mit seltsam schwarzen Federn besetzt. Welch armer Vogel musste wohl dafür sein Leben lassen? Nicht weit von ihm entfernt konnte ich seinen schwarzen Zauberstab auf einem kleinen massiven Eichentisch entdecken. Dutzende von Landkarten lagen auf dem Tisch. „Ja, ich weiß, wie du heißt. Dein Vater röchelte doch noch erbärmlich deinen Namen, bevor er dann verreckte“, meinte Caladrius mit einem falschen Lächeln, doch mir blieb augenblicklich das Herz stehen. Vater!! Sofort kehrten sämtliche Erinnerungen an seinen Tod mit unvorstellbarer Wucht zurück in mein Bewusstsein. Seine toten Augen, die in die Leere blickten. Sein plötzlich erschlaffter Körper und diese Unmengen an Blut. Blut… so viel Blut. Und meine Unfähigkeit, meinen Papa zu beschützen. Verstört starrte ich erneut in die schadenfrohen braunen Augen von Caladrius, als ich bemerkte, wie mir die Sicht verschwamm. Schnell blinzelte ich verzweifelt, um meine Tränen nicht allzu deutlich zu zeigen. Doch spätestens als ein leises Schluchzen meiner Kehle entwich war es sinnlos, ihm noch irgendetwas verbergen zu wollen. Auch bemerkte ich die Nässe auf meinen Wangen und wütend biss ich die Zähne zusammen, als ich mir meiner Schwäche bewusst wurde. Eine Schwäche, die ich niemals hätte zulassen dürfen! „Das ist alles deine Schuld, du elender Mistkerl! Dafür werde ich dich töten!“, schrie ich verzweifelt auf und warf mich nach vorn, in der Hoffnung, die Fessel dadurch zum Reißen zu bringen und mich auf den Shem zu stürzen. Er ist schuld! Er ist schuld daran, dass mein Vater tot ist! Er ist schuld daran, dass so viele Elfen ihr Leben lassen mussten! Er ist Schuld daran, dass meine Heimat einfach so vernichtet wurde! Und er ist Schuld daran, dass mein ganzes Leben einfach nur noch ein Trümmerhaufen ist! Alle die ich je geliebt habe, müssen wegen mir eines qualvollen Todes sterben. Mutter, Onkel Methor, Tante Pila, Vater… und vermutlich noch Sorris. Niemanden konnte ich beschützen oder retten. Weil ich einfach zu schwach war. Mein Körper zitterte stark, als ein erneutes Schluchzen meine Lippen verließ. Etwas Schreckliches fiel mir ein und ließ mein Herz erneut quälend zusammenziehen. Panisch sah ich mich in dem kargen, kleinen Raum um. Wo ist Shianni?! Was ist mit ihr geschehen? Wo ist meine Base?! „Shianni!“, rief ich angsterfüllt und zog erneut heftig an der Fessel, die sich kein bisschen lösen wollte. Selbst als ich bemerkte, wie etwas nasses und klebriges meine Arme hinunterlief, rieb ich meine längst aufgeschürfte und blutige Haut weiter an dem rauen Seil. Ich muss zu ihr!! Ich will sie nicht verlieren, nicht meine kleine Shianni! Eine erneute Ohrfeige traf mich mit voller Wucht auf meine tränenverschmierte Wange , ich schrie überraschend auf. Der dumpfe Schmerz auf meiner Haut ließ mich kurz nach Luft schnappen und wimmern. Verdammte Scheiße, das war sogar noch schmerzvoller als die vorherige! Hasserfüllt und bebend vor Zorn stierte ich Caladrius an, der seine Hand nun ruhig an seinem kleinen Tuch säuberte und mich gelangweilt betrachtete. „Bis du nun fertig mit deinem sinnlosen Unterfangen? Dieses Schmierentheater können wir uns beide sparen, meinst du nicht?“ Er war nun direkt vor mir, sein Atem konnte ich beinahe schon auf meiner erhitzen Haut spüren… und das machte mich wahnsinnig. Dieser verdammte Shem soll mir nicht zu nahe kommen! „Noch einen Schritt, Mensch, und ich garantiere dir, es wird dein letzter sein. Meine Freunde sind tot und mein Leben ist in Scherben wegen dir und deiner Art. Ich habe nichts zu verlieren!“, warnte ich mit gefährlich leiser Stimme, bereit diesen Menschen auch in den Hals zu beißen, sollte er mir näher kommen. Ich würde mich bis zum Letzten wehren, selbst mit gefesselten Händen! Caladrius schmunzelte einmal und musterte mein Gesicht ausgiebig. Er schien jedes kleine Detail genauestens zu betrachten und sich einzuprägen. „Du sagst es. Du hast nichts mehr zu verlieren, also gib dich mir hin. Das wäre definitiv schmerzloser als das was gleich folgt, solltest du nicht kooperieren.“ Fast schon verwirrt sah ich ihn an, fasste mich aber schnell wieder und behielt meine wütende Miene bei. Angespannt starrte ich direkt in seine Augen, in denen ich jedoch nichts lesen konnte. Was erzählt dieser Mensch da eigentlich? Ich soll mich ihm hingeben?! Nur über meine Leiche lasse ich mich von diesem widerwärtigem Shem anfassen! Niemals stimme ich zu! „Ich werde mich niemals von deinen Dreckshänden anfassen lassen!“, spie ich ihm verächtlich direkt ins Gesicht und zerrte wieder zornig an den Fesseln, die sich jedoch immer noch nicht lösen wollten. Er seufzte kurz ungehalten und besah sich mein scheinbar nutzloses Unterfangen eine Spur frustrierter. Dann hob er plötzlich seine Hand, beinahe wäre ich zusammengezuckt, wieder in der Voraussicht, geschlagen zu werden. Doch es geschah nichts. Dann ließ er die Hand wieder sinken und musterte mich ruhig. Gerade wollte ich ihm an den Kopf werfen, dass er mir mit seinem verwaschenen Geschwätz auf die Nerven geht, als kein Ton über meine Lippen kam. Erschrocken weitete ich meine Augen; versuchte mich irgendwie zu bewegen… doch es geschah wiederholt nichts. Nicht einmal meinen kleinen Zeh konnte ich bewegen. Langsam kroch Panik in mir hoch, als ich Caladrius anschaute, der mich musterte und diesmal die Hand an meine schon leicht geschwollene Wange legte. Alles schrie in mir, mich zu wehren. Zu treten, schreien oder zu beißen. Aber ich konnte absolut nichts dagegen unternehmen, denn mein ganzer Körper fühlte sich absolut steif an. „Du siehst, ich könnte mit dir tun und lassen was ich will. Es ist äußerst großzügig von mir, dass ich dir sogar eine Wahl lasse“, sprach er gelassen und beugte sich nun zu mir herab. Sein warmer Atem streifte meine Haut, was Übelkeit in mir auslöste. Beim Erbauer, warum kann ich mich nicht wehren?! WARUM? Dann auf einmal sah ich, wie Caladrius erneut das Messer aus seiner Seitentasche zog, welches er mir in den Bauch gerammt hatte. Sofort hatte sich mein Herzschlag beschleunigt und ich ahnte Übles, als ich auf die Klinge starrte. Will der Glatzkopf mich erneut abstechen? Er führte das Messer näher an mich heran und griff mit der anderen Hand an meinen Hosenbund. Unfähig mich zu wehren, schickte ich Stoßgebete zum Erbauer und hoffte, dass es schnell gehen würde. Was auch immer genau passieren würde, es wäre vermutlich nichts Angenehmes. Caladrius hielt mich am Hosenbund fest und zerschnitt diesen einfach mit dem Messer. Er riss das gesamte Kleidungsstück längs an meinen Beinen auf und zog es mir vom Körper. Genau dasselbe tat er dann ebenfalls mit meiner Tunika, riss das gesamte Kleidungsstück längs auf und ließ es dann zu Boden fallen. Nackt stand ich vor ihm, hätte gezittert wenn ich könnte, doch ich rührte mich immer noch nicht. Sämtliche Muskeln waren wie festgefroren. Mich einem Shem so verletzlich zu zeigen, brachte mich fast dazu, vor Verzweiflung zu heulen. Doch mit letzter Kraft widerstand ich dem Drang und schluckte stattdessen mein letztes bisschen Würde herunter. Niemals… gebe ich mich so einfach geschlagen! Da muss er mir schon vorher die Kehle aufschlitzen. Der Magier begutachtete meinen Körper, verweilte mit seinen Augen an manchen Stellen länger, als bei anderen. Dann jedoch erschien ein zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen und er steckte das Messer wieder weg. „Du trägst viele Narben, also bist du ziemlich kampferprobt. Das ist gut“, lobte er erfreut und tätschelte meinen Kopf, fast so wie bei einem Hund. Ich bring ihn um! Ganz langsam und Stück für Stück, das steht fest! Es wird ein qualvolles Ableben für diesen Menschen, das schwöre ich! Auf einmal erhob Caladrius erneut die Hand und sämtliche Muskeln in mir erwachten erneut zum Leben. Entgeistert schnappte ich nach Luft und genoss erst einmal das Gefühl, meine Glieder bewegen zu können. Es fühlte sich alles so steif an… Dann starrte ich den Mann erneut wütend an. Heftig zog ich mit aller Kraft an meiner Fessel, doch das Einzige, was ich bekam, waren noch mehr Schmerzen auf meiner Haut. „Ich bring dich um! Wie machst du das?!“, fuhr ich ihn verärgert und auch etwas verwirrt an. Er ist Schuld daran, dass ich mich nicht mehr bewegen kann, sobald er auch nur die Hand erhebt. Das ist… unheimlich! Caladrius schmunzelte leicht und hob nun leicht mein Kinn an, als er mir schamlos in die Augen blickte, was mich unruhig werden ließ. Ich darf ihm bloß nicht zeigen, dass ich langsam Panik bekomme! Ich hasse es, hilflos zu sein. „Blutmagie, meine Liebe. Ich dachte das wüsstest du mittlerweile“, säuselte er beinahe und strich mit seinen Daumen nebenbei über meine erhitze Wange. Erschrocken weitete ich meine Augen. Also doch! Er ist ein Blutmagier, genau wie Alarith es behauptet hat. „Jemanden zum Erstarren zu bringen ist das Geringste, zu dem ein Blutmagier fähig sein sollte“, meinte der Glatzkopf unbeeindruckt, während ich hart schlucken musste. Das Geringste?! Was, beim Erbauer, kann es denn noch alles geben? Mir reichte es schon, einfach zu erstarren und keine Kontrolle mehr über meine Muskeln zu haben. Egal wie sehr ich mich auch bemühte, ich schaffte es einfach nicht, auch nur den kleinen Finger zu bewegen. Also gut, ich sollte ruhig bleiben! Alles wird gut… irgendwie. Caladrius strich mir erneut durch mein kurzes Haar und musterte mein Gesicht. Voller Abscheu starrte ich den Dreckskerl an und hoffte so, unbeeindruckt von seinen Spielchen auf ihn zu wirken. „Hör mir nun zu. Es gibt kein Entkommen für dich, sämtlicher Widerstand deinerseits ist zum Scheitern verurteilt. Niemand wird kommen um dich zu retten“ Seine Worte ließen mir einen kalten Schauer über den Rücken jagen, doch ich biss nur grimmig die Zähne zusammen und stierte ihn verbissen an, mein Körper erneut zum Bersten gespannt. Will der etwa, dass ich hier heulend vor ihm zusammenbreche?! Da kann er lange darauf warten! Außerdem werden bestimmt bald meine Freunde kommen um mich zu retten, ich weiß es einfach. Ein brennendes Gesindeviertel ist einfach nicht zu übersehen. Egal, wie umnachtet manche Bewohner Denerims waren. Der Glatzkopf schritt nun gemächlich um mich herum und musterte scheinbar mit Ergötzen meinen trotzigen Blick. „Spürst du es denn nicht? Dieses sanfte Hin- und Herschunkeln? Du bist auf hoher See, meine Liebe“ …was? Perplex starrte ich in sein amüsiert blickendes Gesicht, dann sah ich mich unsicher um. Der Raum in dem ich mich befand, war aus Holzdielen gebaut, nirgendwo konnte ich Stein erkennen. Der Raum hatte eine seltsam wirkende runde Wand auf meiner gegenüber liegenden Seite. Selbst als ich mich leicht konzentrierte, spürte ich dieses leichte Schwanken. Ganz leicht, kaum wahrnehmbar. Doch ich hatte es zuerst auf meinen Gemütszustand geschoben, immerhin hab ich gerade jetzt andere Sorgen, als mich über einen schwankenden Boden Sorgen zu machen. Wenn ich mich gerade wirklich mitten auf dem Meer befinde, habe ich ein Problem. Und zwar ein ziemlich großes. Zwar kann ich schwimmen, aber die Strecke, die wir gewiss schon zurückgelegt haben, werde ich niemals ohne Hilfe schaffen. Aber vielleicht erzählt dieser Shem auch nur Märchen, um mir Angst zu machen?? Doch als ich Caladrius in die Augen starrte um ihm wütend anzuschreien, dass er keine Märchen zu erzählen braucht, da fand ich etwas in seinen braunen Augen, das mir den Atem raubte. Absolute Klarheit und Gewissheit. Er machte mir nichts vor. Er belügt mich nicht. Ich konnte es ihm ansehen und genau das macht mich nun doch langsam nervös. Wie sollen die anderen mich dann jemals finden können?! „Wir sind auf dem Weg nach Tevinter. Dort werden wir die nächste Zeit bleiben. Die anderen Magister benötigen etwas mehr Überzeugungskraft“, sprach der Mensch den letzten Satz eher zu sich selbst. Magister?! Tevinter?! Von was redete dieser Irre eigentlich? Ich verstehe das alles absolut nicht! „Wer… genau bist du?“, fragte ich leise nach und blickte zu dem Mensch auf, der sich gelassen durch seinen Bart strich. Auf meine Frage schien er nicht antworten zu wollen. Stattdessen baute er sich vor mir auf, gab mir nun noch mehr das Gefühl, absolut hilflos und schwach zu sein. Dass ich nackt und gefesselt vor ihm hängen muss, ist sowieso schon die größte Schmach. „Es gibt einen einzigen Grund, warum du hier bist und nicht unten in den Käfigen, bei den anderen Sklaven. Du kannst kämpfen“ Verblüfft starrte ich drein. Was… hat er gesagt? Die anderen Sklaven? Sind die Elfen aus dem Gesindeviertel etwa auch auf dem Schiff? Deswegen… der Überfall? Wegen Sklaven? Mir wurde schlecht. Einen Ort, der Heimat zerstört, nur um Profit zu schlagen. Mehr nicht. „Du… widerlicher-“, fing ich grollend an, wurde aber unterbrochen, als ich grob am Kinn gepackt wurde. „Und da du kämpfen kannst und mir deswegen nützlich bist, wirst du mir dienen. Entweder freiwillig oder weniger freiwillig. Es liegt an dir.“, sprach Caladrius leise lauernd und fixierte mich. Oh, da muss ich nicht lange überlegen. „Ich werde dich töten“, antworte ich ihm düster und meinte es todernst. Wenn ich nicht in so einer misslichen Situation stecken würde, wäre der Shem längst vor Schmerz am Heulen. Der Glatzkopf seufzte einmal theatralisch und strich sich durch seinen Bart, dann drehte er sich um und ging zu dem kleinen Schreibtisch gegenüber. „Das hatte ich schon vermutetet. Nun gut, wie du willst. Devera, bring sie rein!“, rief er plötzlich laut. Augenblicklich wurde die Türe aufgerissen. Die Elfin, die mir meinen Vater genommen hatte, betrat nun das karge Zimmer; hinter sich her zog sie an den Haaren gepackt, ein junges Mädchen. Mit Entsetzen musste ich erkennen, dass dieses Mädchen mit ihren feuerroten, kurzen Haaren niemand anderes ist als Shianni! Sofort wich die anfängliche Mordlust der schieren Panik und Angst. „Shianni!“, rief ich besorgt, kämpfte erneut gegen die Fesseln an, versuchte irgendwie, zu ihr zu gelangen. Doch meine bewusstlose Base wurde knapp vor mir einfach fallen gelassen. Verzweifelt zerrte ich an den Fesseln, rieb mir erneut die Haut auf, als ich alles daran setzte, um endlich zu ihr zu gelangen. Doch ich schaffte es nicht… Shiannis linkes Auge zierte ein Veilchen, vermutlich wurde sie vorher misshandelt. Ein Stich ging durch mein Herz und ließ mich beinahe schluchzen. Sie ist so nah vor mir, ich könnte sie fast erreichen und dann wegschaffen! Weit weg von diesem schrecklichen Ort. Doch… ich kann es nicht. Ich kann ihr einfach nicht helfen. Caladrius trat nun auf mich zu, in der Hand hielt er etwas, was wie ein Seil aussah. Doch der Shem blieb nun dicht vor mir stehen und hielt mir besagtes Seil nun direkt vor die Augen. Doch wie ich mit Schrecken feststellen musste, handelte es sich nicht um ein Seil, sondern um eine Peitsche. Sie besteht aus einem schmalen Lederriemen, welcher an einem an langen Stiel befestigt ist. Unwohl musste ich schlucken, als ich mich zurück erinnerte. Damals als ich ein Kind war, hatte ich einmal Äpfel geklaut und wurde dafür von den Soldaten ausgepeitscht. Nur fünf Mal, aber das hatte bereits ausgereicht, um mich schmerzvoll ins Reich der Träume zu schicken. „Den Griff einer Peitsche nennt man Peitschenstiel, Stock oder Knauf. Der Strick oder Riemen wird Peitschenschnur oder Schlag genannt. Der Faden am äußersten Ende der Schnur heißt Treibschnur, Schmitze, Schnäpper oder Knallschnur.“, erklärte Caladrius begeistert und zeigte mir jeden Bestandteil genau. Erbauer… ich spürte, wie mir der Schweiß herunter rann, obwohl es hier drinnen kalt war. Hektisch sah ich mich um, nach irgendwas oder Jemanden, der mir helfen konnte. Doch das einzige, was ich erblickte, war diese verdammte Elfin mit ihren toten Augen, die mich fixierte. „Warum lässt du das zu?! Warum?! Du bist auch eine Elfin!“, schrie ich sie wütend und verzweifelt an. Tränen brannten verräterisch in meinen Augen und ich versuchte nicht zu schluchzen. Hier mit heiler Haut raus zu kommen, begrub ich gleich vorweg. Ich war völlig den Launen dieses Magisters ausgeliefert, der mir nun sein neues Spielzeug vorstellt. Und ich weiß ganz genau, wer gleich mitspielen darf… „Es ist sinnlos, Devera Vorwürfe machen zu wollen. Ihr Geist und Körper gehört allein mir“, sprach Caladrius ruhig. Ich sah überrascht zu ihm auf. „Was?“, fragte ich verwirrt nach und schaute nochmals kurz zu Devera, die immer noch keine Miene verzog. Ein aufkommendes unheimliches Lächeln auf Caladrius Lippen ließ mir meine Nackenhärchen aufrichten und erschrocken den Atem anhalten. „Ein guter Puppenspieler kontrolliert die Fäden seiner Puppe nur perfekt, wenn er weiß, wie er sie lenken muss“ Seine warme Hand legte sich auf meine Wange, als ich ihn mit entsetzt aufgerissenen Augen anstarrte. „Sie gehört mir, genau wie du“ Damit ließ er die Hand sinken und verschwand aus meinem Blickfeld. Angespannt versuchte ich meinen Kopf zu drehen, doch Caladrius hielt sich in einem Winkel auf, in dem ich ihn einfach nicht sehen konnte. Was hat dieser Irre nur vor?! Was hat er da nur von sich gegeben? Das behagt mir alles nicht! Sofort sah ich zu der brünetten Elfin, die sich nun zu Shianni hinab beugte. Gerade wollte ich sie beschimpfen, dass sie sich ja von meiner Base fernhalten soll, da fing besagter Magister plötzlich an zu sprechen. „Die Peitsche kann geworfen werden und zum Erzeugen von Geräuschen wie Zischen oder Knallen verwendet werden. Eine Peitsche kann für optische Signale verwendet werden, wusstest du das?“ Besagter Knall schallte nun unheilbringend in dem Raum wieder, als der Shem mit der Peitsche einmal ins Leere schlug. Fast zuckte ich zusammen und starrte leicht zitternd die gegenüberliegende Wand an. Das wird schmerzhaft... ziemlich. „Bring es schon hinter dich, Shemlen“, flüsterte ich angespannt. Ein tiefes Lachen ertönte, was mich erneut zum Zittern brachte. Dieser Mann wird es genießen, mir die Seele aus dem Leibe zu schlagen. Aber… ich bleibe standhaft! Ich muss… Betrübt sah ich zu Shianni, die nach wie vor bewusstlos vor Deveras Füßen lag. Hilfesuchend schaute ich zu der besagten Elfin, doch sie erwiderte meinen Blick mit kalter Gleichgültigkeit. „Bitte… hilf uns“, flüsterte ich und eine kleine Träne lief meine Wange hinab, als mir nur zu bewusst wurde, dass es sinnlos war, sie um Hilfe zu bitten. „Ich habe dir die Wahl gelassen. Aber nun muss ich sowohl deinen Körper, als auch deinen Geist brechen. Ah, das wird wirklich eine ziemliche Sauerei werden“, meinte der Shem nun beinahe frustriert. Ehe ich darauf eingehen konnte, zerschnitt der erste Peitschenhieb die Luft und schlug mit ungeheuer Wucht und Geschwindigkeit auf meinem Rücken ein. Der explosionsartige heftige Schmerz raubte mir die Luft aus den Lungen und ich japste. Sofort bäumte ich mich auf, zog zitternd an den Fesseln und kniff vor Schmerz die Augen zusammen. Der nächste Schlag erfolgte sofort, riss mir den Rücken auf und ließ mich laut aufschreien. Heißes Blut lief meinen bebenden Körper hinab. Ich wimmerte nur noch. Ein weiterer erbarmungsloser Schlag traf mich kurz darauf, riss die Haut erneut auf und brachte noch mehr hervorquellendes Blut zum Vorschein. Hektisch atmete ich ein, hatte jedoch das Gefühl, nie genug Luft in den Lungen zu haben, da ich immer wieder aufschluchzen musste. Ich konnte mein Zittern nicht mehr unterdrücken, weinte nun erbärmlich weiter, als dieser Shem immer wieder und weiter mit der Peitsche auf mich einschlug. Meine Beine trugen mich längst nicht mehr, lediglich die Fessel hielt mein Gewicht. Das schreckliche Knallen der Peitsche, das jedes Mal erfolgte, wenn sie auf meinen geschunden Rücken einschlug, sorgte für eine schreckliche Panik in mir. Gleich wieder Schmerz, gleich wieder Qual… und gleich wieder absolute Hilflosigkeit. Nach ungefähr zwanzig weiteren Peitschenhieben hing ich schlaff an meiner Fessel, den Blick zu Boden gerichtet. Blut lief erst meinen geschunden Rücken entlang, dann schließlich an meinen Beinen und hatte auf dem Boden bereits eine kleine Pfütze gebildet. Meine Atmung schwach; die Sicht schon verschwommen, als mich schreckliche Schmerzenswellen durch meinen Körper jagten und meinen Rücken in Flammen stehen ließ. Mein ganzer Hals war bereits nass vor Tränen. Doch eine seltsame Müdigkeit ergriff von mir Besitz, zerrte an mir, hielt mich davon ab, die Augen offen zu halten. Zu gerne würde ich mich hingeben, wenn ich dann endlich… „B-base“ Es war so leise, so leise… dass ich es fast nicht gehört hätte. Doch dieses Flüstern, dieses so leise Flüstern… Shianni. Mühsam kämpfte ich gegen meine nahe Bewusstlosigkeit, die weiterhin an mir zerrte, und richtete meine verklärten Augen auf das Elfenmädchen zu meinen Füßen. Shianni zitterte, starrte zu mir auf und schluchzte einmal heftig auf, als sie sich an ihren Tränen verschluckte. Verzweifelt streckte sie ihre bebende Hand nach mir aus. Ehe ich jedoch etwas erwidern konnte, hörte ich dumpfe Schritte und spürte kurz darauf eine Hand, die sich auf meine Stirn legte. Ein kurzer stichartiger Schmerz bohrte sich in meinen Kopf und ich musste gequält keuchen. Dann wurde alles tiefschwarz. Verwirrt blickte ich mich um, als ich mitten in der Finsternis stand. Nirgendwo war etwas oder jemand zu sehen. Es herrschte Stille, als sich das Gefühl in mir ausbreitete, einfach nur dahinzugleiten. Was war nur gerade passiert? Warum bin ich hier? Bin… bin ich tot? „Ich vertraue auf dich. Du wirst den Zirkel retten“ Überrascht wirbelte ich herum, erblickte aber niemanden zu der schallenden Stimme. Dennoch kam mir diese Stimme so bekannt vor… so vertraut. Laut rauschte das Blut in meinen Ohren, als ich mich unsicher umschaute und schluckte. Warum bin ich hier? Wo bin ich? Plötzlich hörte ich Schritte. Angespannt sah ich auf und sah, wie nun jemand auf mich zulief. Eine Elfin in Robe und fast schneeweißem Haar. „N-neria“, hauchte ich perplex und starrte auf sie, die sich nun langsam näherte. Damals als ich den Zirkel der Magi um Hilfe ersuchte, musste ich ihn erst vor diesen Abscheulichkeiten reinigen und Neria war dabei- „Du…hast mich sterben lassen“, hauchte die blasse Elfin anklagend und starrte mich an. Augenblicklich bildete sich auf ihrer Robe ein Blutfleck, der zunehmend größer wurde. Meine Augen weiteten sich verschreckt, als im Hintergrund plötzlich Uldred entdeckte. Der wahnsinnige Blutmagier verwandelte sich im selben Moment in eine riesige Abscheulichkeit, genau wie damals in unserem Kampf. „Neria! Pass auf!“, schrie ich und rannte auf sie zu, um sie noch zu retten. Doch egal wie schnell ich auch rannte, ich bewegte mich einfach nicht vom Fleck. Uldred spießte sie vor meinen fassungslosen Augen erneut auf. Ein lauter Schrei entwich meiner Kehle, als ich verzweifelt versuchte, sie immer noch zu retten. Doch im selben Augenblick verschwand die aufgespießte Elfin einfach wieder. Schwer atmend sah ich mich verwirrt um. Was…? War das ein Traum? Aber hier sieht es keineswegs aus wie im Nichts. Es ist einfach alles nur schwarz und trostlos hier. Vielleicht... einfach nur eine schlechte Erinnerung. „Ich brauche die Medizin für meinen Bruder!“ Wieder eine schallende Stimme, die von überall zu kommen schien. Laute gequälte Schreie folgten nun und ließen mich zusammen zucken. Was geht hier nur vor sich?! Zu meinem Entsetzen sah ich plötzlich einen schwer verletzten Elfen auf dem Boden liegen. Hastig rannte ich zu diesem und beugte mich unsicher über ihn. Sein Rücken war regelrecht aufgerissen, Blut lief seinem Körper entlang. … das… kommt mir plötzlich so schmerzlich bekannt vor. Doch der Elf öffnete schlagartig die Augen. „Du… hast mich zu Tode peitschen lassen! Nur wegen dir bin ich gestorben. Und mein Bruder dank dir auch, er starb an seiner Krankheit“, flüsterte der Elf voller Hass. Erschrocken stolperte ich zurück und starrte mit großen Augen zu dem Elf, den ich mittlerweile als Feron wieder erkannte. Damals als Vater so krank gewesen war, hatte ich mich mit Feron darum geschlagen, wer nun die Medizin bekommt. Ich gewann und er verlor sein Leben, als die Wachen ihn fanden. Vor meinen Augen wurde er zu Tode ausgepeitscht. „Feron!“, flüsterte ich ungläubig, wich verstört von seiner geschundenen Gestalt zurück. Das kann nicht sein… er… ist doch tot. Dann herrschte wieder Dunkelheit. Ängstlich schaute ich mich um und schluckte einmal hart. Ein leichtes Zittern erfüllte mich und ich schaute nervös umher. Neria, Feron…warum sind die plötzlich hier? Sie sind beide gestorben. Vor meinen Augen. Damals... und nicht jetzt! Dann hörte ich ein leises Scharren, und mein Herz schlug automatisch vor Schreck heftiger, so dass ich drauf und dran war, meine ganze Panik hinauszuschreien. Ich will weg von hier! Das ist alles so unheimlich! „Schöne Frau, schöne Augen, schönes Haar. Riecht wie Dampf, wenn Wasser brennt. So blau wie der tiefste Stein“ Ruck! Dieser Zwerg in den tiefen Wegen! Seine Stimme habe ich sofort erkannt, schließlich liegt unser Treffen noch gar nicht so lange zurück. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und atmete abgehackt, die Unsicherheit wuchs mit jedem Mal heftiger in mir an. Auch Ruck starb… Besagter Zwerg tauchte nun plötzlich vor meinen Füßen auf. Seine eh schon verkrüppelte Erscheinung nun komplett deformiert, schwarzer Geifer floss aus seinem Mund und den unzähligen schwarzen Pusteln auf seiner mittlerweile grauen Haut. Anklagende verderbte Augen starrten zu mir auf, ließen mich vor Ekel zurück weichen. „Schöne Frau… ließ mich sterben. Ganz allein! Nur wegen dir ist Ruck tot!“ Wieder ein Stich in meinem Herz, der mir den Atem nahm und beinahe dazu führte, dass ich umgekippt wäre. Alles fing an, sich gefährlich zu drehen. Tränen der Verzweiflung flossen ohne mein Zutun über meine Wange und ließen mich beben. „R-ruck, ich wollte nie… dass… dass du dazu wirst!“, verteidigte ich mich verzweifelt, doch alles was ich als Antwort bekam, war ein unheimliches Lachen seinerseits. Die Plage spritze er mir dabei auf meine Füße, als sich seltsame Tentakeln aus seinem Körper wucherten. NEIN! Laut schrie ich auf, kniff meine Augen zusammen und hielt mir meine Ohren zu. Ich will hier weg, ich will hier weg und zwar so schnell, wie es nur geht! Wimmernd sank ich zusammen und hoffte so, dem ganzen Elend entkommen zu können. Warum auf einmal erscheinen sie mir alle? Neria, Feron und nun auch noch Ruck. „Shh, warum weinst du denn?“, fragte eine sanfte Stimme mich und strich mir beruhigend über den Rücken. Erschrocken fuhr ich zusammen und drehte mich hastig um. Doch wen ich erblickte, ließ mir erneut die Tränen in die Augen steigen. Das ist unmöglich… absolut unmöglich! „Mutter“, entwich es mir, als ich die junge Elfin in fast meinem Alter, mit rotem langen Haar und bernsteinfarbenen Augen erblickte. Ihr schönes grünes Kleid lag eng an ihr und war faltenfrei. Schluchzend stürzte ich mich in ihre Arme und weinte hemmungslos. Ihr blumiger Duft umgab mich, und ich schluchtze auf, als sie tröstend die Arme um mich legte. Solange habe ich diesen Duft nicht mehr in der Nase gehabt... solange... Mama! Du bist wieder da! Ein plötzliches Röcheln, brachte mich dazu, sofort wieder die Augen aufzureißen. Das grüne Kleid von meiner Mutter färbte sich nun blutrot. N-nein! Hilflos starrte ich zu meiner Mutter, als sie mich anschaute, ein feines Rinnsal lief dabei aus ihrem Mund. „Ah, Kallian. Sieh nur… deine Mutter stirbt, weil du ein ungezogenes Mädchen warst…“, röchelte sie heiser. Meine Pupillen verengten sich, unzählige Tränen liefen meine Wangen hinab und ich zitterte. Damals auf der Brücke... der Regen. Und die Wachmänner, die sie mir einfach nahmen. Nein... nicht die Wachmänner... sondern ich. Es war meine Schuld, dass sie starb. Allein meine Schuld… Sie starb, weil ich törichtes Mädchen mich mit den Wachmännern anlegte. Eng drückte ich sie an mich, ich begann wieder heftiger zu weinen, weil ich mich noch immer gegen die Erinnerungen zu wehren versuchte, als ich Mutters toten Leichnam vor mir sah. Bitte nicht noch einmal! Bitte! Dann löste sich Mutter plötzlich auf, war einfach verschwunden und nichts als Leere lag in meinen Armen. Nur Leere… Ein lauter und schmerzerfüllter Schrei entwich meinen bebenden Lippen und ich ließ mich nun erschöpft niedersinken. Es ist alles meine Schuld… alles. Neria starb wegen mir…Feron und Ruck. Und… Mama. Schluchzend rollte ich mich zusammen, zog die Beine dicht an meinen zitternden Körper und flüsterte immer wieder um Vergebung. Die Gesichter von Feron, Neria und Ruck kurz vor ihrem Tode bohrten sich unermüdlich in mein geschwächtes Bewusstsein. „Base!“ Erschöpft atmete ich ein, meine Haut fühlte sich so kalt an. Wieder diese Stimmen. Ist das etwa Shianni, die mich da ruft? Ich muss – ich muss zu ihr! Sie braucht meinen Schutz. Sie muss hier irgendwo sein, bestimmt hat sie Angst. Quälend langsam richtete ich mich auf und blickte mit tränenverschleierten Augen in die Dunkelheit, die mich umgab. „Base!“ Shianni, sie ist es! Sofort folgte ich ihrem Rufen, das stetig lauter wurde, je schneller ich ging. Mit zittrigen Fingern wischte ich mir immer wieder über die Augen, versuchte die Tränen zum versiegen zu bringen, doch ich schaffte es einfach nicht. Das Weinen war beinahe ein Dauerzustand geworden. Plötzlich packte mich etwas an den Füßen. Laut schrie ich geängstigt auf und starrte nach unten. Grüne aufblitzende Augen, blondes Haar. Und ein Schwert, welches sich zwischen seine Rippen versengt hatte. „Nelaros.“, hauchte ich, wehrte mich nicht mehr und wurde hinab gezogen. Ich starrte in seine ebenso grünen Augen, die mich voller Abscheu musterten, als wir auf Augenhöhe waren. Er ist es wirklich… „Sieh nur, was du angerichtet hast!“, fuhr er mich aufgebracht an und ich zuckte ergeben zusammen. Leise schluchzend sah ich zu Boden und wimmerte. „E-es tut mir leid… ich wollte nie… dass… du...“ Weiter kam ich nicht, denn er schlug mir ins Gesicht, so dass ich zu Boden fiel und kurz benommen liegen blieb. Ein dumpfer Schmerz entstand auf meiner Wange, als sie leicht anschwoll. Erschöpft blieb ich liegen und weinte leise. Ich habe es doch nicht besser verdient… alles ist allein meine Schuld. Nur wegen mir mussten die anderen so schrecklich leiden und dann auf so qualvolle Art sterben. Nelaros starb, weil ich mit Vaughn angelegt hatte. Weil er mich retten wollte... mich jämmerliches Ding. Ein Knistern drang in mein Ohr. Schnell hielt ich mir diese zu und hoffte so, dem weiteren Alptraum zu entgehen, in dem ich mich gerade befand. Doch jemand packte mich an der Schulter und zog mich grob nach oben. Erschrocken riss ich meine Augen auf und blickte direkt in grüne Augen, welche sich unnachgiebig in meine bohrten. "Papa", flüsterte ich unsicher, als in sein Gesicht sah. Tränen huschten über meine Wangen, als ich ihn nochmals musterte. Er steht direkt vor mir... so wie immer. Wenn er nur nicht so unheimlich schauen würde, dann würde ich mich sofort in seine Arme werfen. "Sieh dich um.", flüsterte er dicht an meinem Ohr. Zögerlich horchte ich auf und sah mich dann langsam um. Wieder erblickte ich Flammen, dieselben Flammen wie gerade eben noch im Gesindeviertel. Doch mitten in den Flammen erblickte ich Leichen, die mir bekannt vorkamen. Sofort hechtete ich voran; erblicktes rotes Haar. Viel rotes Haar. Shianni, Sorris und Alarith! "NEIN!", schrie ich verzweifelt, stürzte mich in die Flammen, doch statt heißer Funken schlug mir der harte Boden entgegen. Alles war wieder still und ruhig. Bis mein herzzerreißendes Schluchzen die gespenstige Stille erneut durchbrach. Ich will nichts hören! Bitte lasst mich hier einfach nur liegen und sterben! Ich bin hier völlig allein, niemand wird kommen und mich retten. Das wurde mir nur jetzt allzu deutlich bewusst. Auch meine Freunde werden nicht kommen, wahrscheinlich sind sie sogar froh, dass ich fort bin. Habe ich sie doch jedes Mal in große Schwierigkeiten gebracht. Sie werden nicht kommen um mich zu retten, schließlich stehen wir jetzt fast vor dem finalen Schlag. Meine Hilfe wird nicht mehr benötigt, Alistair wird König werden und Elissa an seiner Seite sein. Leliana kehrt nach Orlais zurück, Morrigan wird ihre unheimliche Mutter töten, Wynne kehrt in den Zirkel zurück und Oghren wird mit dieser Felsi um die Wette fluchen. Und Zev… Zevran… wird mich einfach vergessen, schließlich bin ich für ihn ja nichts weiter, als ein kleiner Zeitvertreib für zwischendurch. Austauschbar und ersetzbar durch hunderte andere, die nur zu gerne den Platz in seinem Bett einnehmen. Ein gequälter Schluchzer entwich mir, als ich mich zusammen rollte und nur noch zitterte. Alles war so schwer, alles war so schrecklich… an allem bin ich selbst Schuld. Sie sind alle nur gestorben wegen mir und nun werde ich vergessen werden. Weil ich ein nichts bin, ein Niemand… absolut bedeutungslos. „Komm her, ich nehme dir deinen Schmerz“ Schmerzen… Erlösung? Müde hob ich meinen Kopf und erblickte eine schemenhafte Gestalt vor mir stehen. Aber… wer? Leicht ballte ich meine Hände zu Fäusten, dann sank mein Kopf wieder erschöpft nieder und ein Keuchen entglitt mir. „Lass mich in deinen Geist und ich schwöre dir, niemand wird dir mehr Schmerzen zufügen“ Erneut dieses Flüstern, dieses Flüstern, dass sich so tief in meinen Kopf bohrte und mir beinahe Kopfschmerzen bereitete. Aber würde es hier dann endlich enden? Würden die schrecklichen Erinnerungen endlich aufhören? Zitternd und langsam hob ich meinen Arm zu der verschwommenen Gestalt. Im selben Moment wurde meine Hand ergriffen und die Dunkelheit die noch um mich herum war, verwandelte sich in absolute Finsternis, die mir sämtliche Sinne raubte. Alles war wie weggewischt. Sogar ich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)