Bis(s) zum Ende aller Tage von abgemeldet (Renesmees Fortsetzung zu Breaking Dawn) ================================================================================ Kapitel 8: Fatale Fehler ------------------------ Kapitel 8: Fatale Fehler Gähnend schlürfte ich von meinem Bett in Richtung Kleiderschrank. Obwohl ich am Vorabend besonders früh ins Bett gegangen war, fühlte ich mich nicht sonderlich erholt. Als Bella mich geweckt hatte wollte ich eigentlich noch etwas liegen bleiben, doch dann erinnerte sie mich an den Besuch der Volturi und ich versuchte mich innerlich aufzuraffen. Bella war mir schon vorausgeeilt und hielt mir einen weißen Sommerrock und eine hellblaue Bluse hin. „Ich verstehe nicht, wieso du das mitmachst. Du bist alt genug, um dir deine Kleidung selbst auszusuchen.“ Sie schüttelte den Kopf, während ich den Rock anzog und lachte. „Weil sie dir zuvor gekommen ist. Wenn du mich als Kind nicht in Sachen Kleidung in ihre Obhut gegeben hättest, dann würden mir diese hübschen Sachen, die sie mir immer bereit legt, heute wahrscheinlich nicht gefallen. Stattdessen würde ich Jeans und T-Shirt tragen.“ Nun lachte auch Bella und nahm die Bluse vom Bügel. Sie war am Kragen mit dunkelblauen Blumenstickereien verziert und sogar die Knöpfe stellten kleine Rosen dar. Alice schaffte es wirklich immer wieder meinen Geschmack zu treffen und Jasper hatte mir einmal verraten, dass es eine unheimliche Herausforderung für sie war. Bei allen Anderen konnte sie vorhersehen, ob ihnen die Kleidung gefallen würde, doch bei mir musste sie sich auf ihren Instinkt verlassen. Wenn sie dann richtig lag, machte es sie unheimlich glücklich. Das hatte natürlich zur Folge, dass Alice noch besser gelaunt war, als sonst und das spiegelte sich auch in ihrer Beziehung wieder. Schnell war die Bluse angezogen und auch die blauen Ballerinas und der passende Haarreifen lagen parat. Während ich in die Schuhe schlüpfte, steckte mir Bella liebevoll den Reif in die Haare und lächelte mich an. Dann kam Edward in Windeseile nach oben und lehnte sich gegen meinen Türrahmen. Er verschränkte die Arme lässig vor der Brust und sah mich an. „Du wirst mit jedem Tag hübscher.“ „Danke.“ Eine leichte Röte stieg in meine Wangen und ich sah ihn fröhlich an. Es war ein schönes Gefühl Komplimente zu bekommen, doch von meinem Vater war es etwas ganz Besonderes. Er sagte so etwas nicht, wenn er es nicht wirklich meinte und ich war glücklich, wenn er stolz auf mich sein konnte. Bella schloss den Kleiderschrank und schob mich sanft in Richtung Tür. „Wir müssen los. Alice hat gesehen, dass sie kommen, sobald die Wolken aufziehen.“ Erst jetzt blickte ich zum Fenster und erhaschte einen Blick auf das Wetter. Es war tatsächlich richtiges Sommerwetter und die Sonne erhellte die Umgebung. Das Blätterdach des Waldes strahlte in einem saftigen Grün, Raubvögel zogen ihre Kreise und am Horizont konnte ich eine große, dunkle Wolke ausmachen. Mit ihr würden Jane, Alec und Demetri bei uns eintreffen. Als wir uns auf der Treppe nach unten befanden, erklang aus dem Wohnzimmer ein lautes Poltern und Krachen. Wir beeilten uns, um zu sehen, was geschehen war und stimmten in das Lachen ein, dass mittlerweile ausgebrochen war. Emmett hatte versucht noch ein wenig Schlagzeug zu spielen, bevor es ernst wurde und der Drehstuhl dieses Mal unter seinem Gewicht kapituliert. Es sah äußert lustig aus, wie er da halb im Schlagzeug hing. Ein Fell war von seinem Arm zerstört worden, ein anderes von seiner Faust zertrümmert, als er, wütend über sich selber, darauf geschlagen hatte. Edward eilte zu ihm und hinderte ihn lachend daran in seiner Wut noch mehr zu zerschlagen. Emmett beruhigte sich, wie immer, schnell und sah sich den Schaden genauer an. „Diese Felle sind aber auch immer viel zu schnell durch. Wir müssen unbedingt mal überlegen, ob es eine Vampir freundlichere Variante gibt.“ Sogar Emmett selber lachte jetzt mit uns und es herrschte eine angenehme, ausgelassene Stimmung. Niemand sah besorgt aus und ich war der festen Überzeugung, dass in ein paar Stunden alles wieder in Ordnung sein würde. Dann könnten wir uns in aller Ruhe darüber Gedanken machen, wie ich meine Gabe wiederbekommen würde. Während Esme die Reste der Felle in die Küche brachte, um sie weg zu schmeißen, verdunkelte sich das Zimmer langsam. Ein kurzer Blick nach draußen genügte um zu erkennen, dass die dunkle Wolke uns erreicht hatte. Jacob erhob sich vom Sofa und stellte sich hinter mich, bevor er die Arme um mich schlang, wie er es schon immer getan hatte, wenn ein Volturi zur Kontrolle vorbeikam. Dieses Mal jedoch drückte er sich besonders eng an mich und sah finster durch die großen Glaswände hinaus auf den Waldrand. „Sie kommen. 10 Sekunden.“ Auf Alice war Verlass und so sahen wir sie pünktlich aus dem Wald auf die Wiese vor unserem Haus rennen. Mitten drauf bremsten sie dann abrupt ab und bewegten sich in menschlicher Geschwindigkeit auf uns zu. Meine gesamte Familie war inzwischen aufgestanden und Bella hatte ihren Platz in unserer Mitte eingenommen. Schon vor vielen Jahren hatten wir uns diese Art der Formation angewöhnt, da sie so ihren Schild am besten über uns breiten konnte. Und dann war der Moment gekommen. Schon an ihrer Formation konnte man die Rangordnung unter den dreien erkennen. Jane befand sich in der Mitte und war immer gut einen Schritt vor ihrem Bruder, der links von ihr ging, und dem deutlich größeren Demetri rechts von ihr. Es war lange her, dass ich Jane und vor allem auch Demetri gesehen hatte, doch sie hatten sich mir so ins Gedächtnis eingebrannt, dass mir sofort einige Veränderungen auffielen. Bei unserem letzten Zusammentreffen war Demetri auffällig angriffslustig gewesen. Er hatte es kaum erwarten können zu kämpfen und war sichtlich enttäuscht, als Aro den Befehl zum Rückzug gegeben hatte. Dieses Mal jedoch sprach die Neugier aus seinem Gesicht und er sah sich interessiert um. Jane hingegen blickte mit ihren blutroten Augen starr geradeaus und ihre Miene verriet ihre Anspannung. Die Lippen hatte sie fest aufeinander gepresst und ihre Hände waren zu Fäusten geballt. Sie war die Einzige, die ihre Kapuze hochgezogen hatte. Einige Strähnen ihrer blass braunen, schulterlangen Haare schauten darunter hervor und bewegten sich im sanften Wind, der zusammen mit der großen Wolke aufgezogen war. Alec hingegen sah so aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Mit vollkommen gerader Haltung und mit beinahe lässig herabhängenden Armen, schritt er schnell hinter seiner Schwester her. Einzig sein Blick verriet seine Anspannung, denn er sah abwechselnd Jane und mich an. Für einen kurzen Augenblick fragte ich mich, ob sie ihm von unserer besonderen Begegnung damals erzählt hatte, doch dann waren sie vor unserer Glaswand, deren Tür Esme kurz vor ihrem Erscheinen geöffnet hatte, und ich konzentrierte mich darauf, möglichst gelassen zu wirken. Sie blieben vor der Türe stehen und erst nachdem Carlisle ihnen zugenickt und sie freundlich hereingebeten hatte, traten sie vorsichtig ein. Demetri wirkte nun noch neugieriger und sah sich innerhalb von Sekunden im ganzen Raum um, während Jane sich direkt vor Edward platzierte. Erstaunt stellte ich fest, dass sie wirklich noch kleiner war, als Alec und Edward nur knapp bis zur Schulter reichte. Doch trotz ihrer Größe stand sie angriffslustig, wie ein Terrier vor ihm und blickte ihn ernst an. „Wir freuen uns über euren unerwarteten Besuch. Fühlt euch bitte wie zu Hause.“ Noch bevor Esme ganz zu Ende gesprochen hatte, fing Jane an zu Lachen. Ihre Stimme war von Natur aus sehr hell und hoch und passte zu ihrem jungen Aussehen. Ihr Lachen jedoch verstärkte diesen Effekt so weit, dass es mich an das Lachen von bösen Hexen in Kinderfilmen erinnerte, die gerade an einem teuflischen Plan arbeiteten. Schnell schob ich den Gedanken aus meinem Kopf. Ich musste mich mehr darauf konzentrieren bei der Sache zu bleiben und aufzupassen. Meiner Meinung nach würden wir diese Situation schon bald hinter uns gebracht haben, doch ich hatte meiner Familie versprochen nicht unvorsichtig zu werden. „Unerwartet? Wohl kaum. Auch, wenn ich es nicht gerne zugebe, aber dank eurer kleinen Kristallkugel hier, seid ihr sogar besser informiert, als wir.“ Wir alle, außer Edward, sahen bei dem Wort Kristallkugel automatisch zu Alice, die schelmisch grinste und die Arme vor der Brust verschränkte. Die Volturi wussten, dass Alice nichts sehen konnte, was mit den Wölfen oder uns Halbblütern in Verbindung stand, doch das musste man ja nicht extra noch einmal erwähnen. Demetri grinste vor sich hin und Alecs Gesicht zeigte, wie immer, keine Regung, während Jane heute die Rolle unseres Kontrolleurs übernahm. „Kommen wir direkt zum Punkt. Wir wollen zeitig wieder nach Hause und möchten das hier gerne schnell hinter uns bringen.“ „Und wir erst.“ Emmett hatte es zwar sehr leise vor sich hin gebrummelt, doch es war laut genug, dass wirklich alle es verstanden haben mussten. Alec reagierte sowieso nicht, doch sogar Jane ließ sich nichts anmerken. Einzig Demetri zog die Augenbrauen zusammen warf Emmett einen finsteren Blick zu. Sie schienen es wirklich eilig zu haben, wenn sie sich das gefallen ließen. Jane wandte sich von Edward ab und kam einen Schritt auf mich zu. Ich lächelte sie an, als wäre alles normal und hoffte innerlich ein wenig, dass sie es vielleicht irgendwann einmal erwidern würde. Sie blieb mit einigem Abstand vor mir stehen und blickte mich ernst an. „Es scheint alles in Ordnung zu sein. Glücklicherweise hatten wir einen Auftrag in Mexiko und konnten noch nach dir sehen. Aro wird hocherfreut sein, dass dir nichts zugestoßen ist.“ Ich bemerkte, dass Bella zu einer Antwort ansetzte, und ging schnell dazwischen, denn ich war nun wirklich alt genug, um mich selbst äußern zu können. „Zafrina war schon sehr oft bei uns und ich hatte ihr vor langer Zeit schon versprochen sie auch einmal zu besuchen. Das habe ich nun getan und ein wenig Urlaub gemacht. Wir hatten viel Spaß.“ „Davon bin ich überzeugt.“ Sie drehte sich herum und war innerhalb einer halben Sekunde bei Alec und Demetri, die sich bereits herumgedreht hatten, um schnell zu verschwinden. Jane zog sich ihre Kapuze wieder über den Kopf und sah mich wieder an. „Nächstes Mal habt ihr nicht die Ehre, dass mehrere von uns kommen. Alec wird diese Aufgabe wieder übernehmen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich ebenfalls herum und wollte aus der Tür hinausgehen, als sie kurz stockte und noch einmal ins Wohnzimmer zurückkam. Eigentlich war ich in dem Moment, als sie fast aus der Tür hinaus war, dabei erleichtert aufzuatmen, doch stattdessen waren wir nun alle sprachlos. Nur Alice und Edward sahen sich kurz an. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, kam sie wieder auf mich zu und hielt mir ihre Hand hin. Erstaunt sah ich sie an. „Mein Meister bittet dich deine Erinnerungen über mich an ihn zu senden. Zeige mir deine Bilder der Reise, damit er sie durch meine Gedanken empfangen kann.“ In diesem Moment hatte ich meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle und sog scharf die Luft ein. Schnell sah ich zu Bella, die mir zunickte und dann ergriff ich langsam Janes Hand. Vielleicht würde ich Glück haben und meine Gabe würde wieder funktionieren. Ich musste es einfach versuchen, denn wir alle wussten, dass sie es niemals akzeptieren würden, wenn wir nur Ausreden erfinden würden. Deshalb hielt mich niemand auf. Alles hing von mir ab und ich spürte, wie sich mein Magen ein wenig verkrampfte. Ich atmete tief durch, schloss meine Augen und konzentrierte mich sehr stark darauf, Jane einige Bilder aus Brasilien zu zeigen. Schon nach wenigen Sekunden öffnete ich die Augen wieder, um ihre Reaktion zu sehen. Sie zeigte tatsächlich eine Regung, doch es wirkte genervt. Ich konzentrierte mich erneut und strengte mich so sehr an, dass ich merkte, wie ich die Kiefer aneinander presste und leicht zu zittern begann. Janes Züge wandelten sich langsam und sie blickte mich fragend an. Ich spürte, dass ich dabei war die Grenze zu überschreiten und der bekannte Nebel verwirrte meinen Kopf. Alec konnte es nicht sein, denn Bella schützte uns und ich hörte auf mich anzustrengen. Vorsichtig ließ ich Janes Hand los und spürte, wie Jacob mich an den Schultern festhielt, als ich zu schwanken begann. „Was ist hier los?“ Janes Stimmt klang wieder sehr hoch und schrill und man sah ihr an, dass sie verwirrt war und die Situation absolut nicht einschätzen konnte. Schnell eilte Edward zu uns und führte mich in Richtung Sofa, wo ich mich ausruhen konnte. Wie schon am vorherigen Tag, schloss ich die Augen und tatsächlich verschwand das mulmige Gefühl schneller. „Ich wiederhole mich nur ungerne: Was ist hier los?“ Jane schrie fast und hatte die Hände zu Fäusten geballt. Alec und Demetri waren inzwischen ebenfalls wieder ins Haus gekommen, um zu sehen, was sich dort abspielte. Ich sah, wie Demetri alle Muskeln anspannte. Selbst ohne Jaspers Gabe spürte man seine Lust zu Kämpfen und ich sammelte meine Kraft, um dem entgegen zu wirken. „Das wissen wir leider auch nicht. Meine Gabe funktioniert nicht mehr.“ „Nessie, nicht.“ Jacob flüsterte und trotzdem hallten seine Worte durch das Zimmer, als hätte er gebrüllt. Ich wusste, dass es ein Fehler war ihnen die Wahrheit zu erzählen, doch das war der einzige Weg, um vielleicht sogar an eine Lösung zu kommen. Die Volturi hatten mehr erlebt, als jeder andere Clan der Welt. Vielleicht kannten sie einen ähnlichen Fall und konnten mir helfen. Ich wusste, dass es meiner Familie nicht gefiel, doch da ich eh aufgeflogen war, konnte ich genauso gut diese Chance nutzen. „Seit ich aus Chile zurückgekehrt bin, funktioniert meine Gabe nicht mehr. Jedes Mal, wenn ich versuche sie einzusetzen, dann wird mir schwindlig.“ Janes Gesicht glich wieder einer Maske und sie sah kurz zu Alec, bevor sie sich mir zuwandte. Ihr Blick war eiskalt und das tiefe Rot ihrer Augen erzeugte einen Schauer auf meinem Rücken. „Ihr wusstet davon und habt uns angelogen, es wäre alles in Ordnung.“ Emmett wollte etwas dazu sagen, doch Jane fuhr unbeeindruckt fort. „Ein Glück für euch, dass wir bereit sind euch diesen Frevel zu vergeben. Allerdings müssen wir nun einschreiten. Ihr versteht doch sicher, dass wir über alles genauestens Bescheid wissen müssen, damit wir unserem Meister berichten können, was geschehen ist. Ich würde euch raten, nichts aus zu lassen.“ „Es reicht, wenn ihr im berichten könnt, was ihr momentan wisst. Wir können uns sehr gut alleine darum kümmern.“ Bellas Stimme klang ungewohnt hart und streng. Die Stimmung im Raum war innerhalb weniger Sekunden gekippt und meine Familie hatte sich in einem Kreis um mich herum versammelt. Schnell spürte ich, dass es mir besser ging und ich erhob mich langsam wieder von der Couch. „Es geht ihr gut. Das ist alles, was Aro wissen muss. Wenn er mehr erfahren möchte, dann erzählen wir es ihm nur persönlich.“ Bella hatte sich während dieser Worte direkt neben mich gestellt und mir einen Arm um die Hüfte gelegt. Es war ein eindeutiges Zeichen an Jane uns in Ruhe zu lassen, denn sie wusste, dass meine Mutter unser einziger Schutz gegen ihre teuflische Gabe war. Ich streifte mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und erwiderte Bellas Umarmung. Jane legte den Kopf leicht schief und zog die Augenbrauen zusammen. Erstaunlicherweise grinste sie dann selbstsicher und lachte kurz auf. Dabei fiel die schwarze Kapuze von ihrem Kopf herunter. „Wenn dies euer Wunsch ist, dann werde ich ihn euch gerne erfüllen. Da ihr euch weigert uns die Situation zu erklären, muss ich darauf bestehen, dass Renesmee mit uns nach Volterra kommt.“ „Niemals. Aro kann seinen Hintern selber hierhin bewegen, wenn er wissen will, was los ist.“ Erstaunt sah ich Edward an. Ich hatte von ihm noch nie solche Ausdrücke gehört. Er musste wirklich wütend sein, wenn sich so vergaß, doch Jane ließ sich davon nicht im Geringsten beeindrucken. Ganz im Gegenteil, jetzt lachte sie laut auf. Dieses Mal jedoch klang sie wirklich erheitert und es hatte keinerlei Ähnlichkeit mehr mit ihrem furchteinflößendem Hexenlachen. „Mein Meister hat in Volterra einige Dinge zu erledigen und ist unabkömmlich. Ihr habt keine andere Wahl. Kommt mit uns und dann wird alles geklärt.“ Edward wollte auf Alecs Worte antworten, doch dieses Mal kam ihm Carlisle dazwischen. Er war ein geborener Diplomat und versuchte die Situation mit seiner ruhigen, rationalen Stimme etwas zu beschwichtigen. „Wir würden uns gerne beraten. Wärt ihr so nett uns kurz alleine zu lassen?“ Er sprach leise, doch er sah besonders Jane eindringlich an. Sie hatte aufgehört zu lachen und zuckte mit den Schultern, bevor sie sich umdrehte und Alec und Demetri ein Zeichen gab hinaus zu gehen. „Ihr habt 5 Minuten.“ Mit diesen Worten verschwand sie selbst hinaus in den Wald. „Das kommt überhaupt nicht in Frage!“ Edwards Stimme donnerte durch den Raum und ein Knurren entfuhr ihm, wie ich es das letzte Mal vor etwas mehr, als 12 Jahren von ihm gehört hatte. „Er hat Recht. Das bedarf keiner Diskussion.“ Jacob hatte sich neben mich gesetzt und funkelte Rosalie böse an. Diese verschränkte die Arme vor der Brust und sah Carlisle Hilfe suchend an. Ich fand ihre Idee sogar eigentlich ganz gut, doch momentan war meine Familie so in ihre Diskussion vertieft, dass niemand auf mich achtete. Carlisle sah erst zu Jacob, dann zu meinem Vater. „Ihr wisst genau, dass Rosalie Recht hat. Wenn wir es strikt ablehnen, dann haben wir in wenigen Tagen fast die kompletten Volturi hier bei uns und wenn wir Pech haben, dann bleiben sie, bis wir das Problem mit Renesmees Gabe gelöst haben. Wenn man bedenkt, dass wir noch keinen Ansatz haben, dann kann das einige Zeit dauern.“ „Aber…“ „Lass mich ausreden!“, herrschte Carlisle Jacob an, der leise widersprechen wollte und dann betreten zu Boden blickte. Ich spürte, dass er wusste, dass Rosalie und Carlisle Recht hatten, doch er war zu stolz und würde das niemals zugeben. Das Einzige, was er wollte, war mich zu beschützen. Wie konnte ich ihm das übelnehmen? „Renesmee muss ja nicht alleine mit ihnen gehen. Ich vermute, dass es ihnen auch Recht ist, wenn 2 oder 3 von uns mitkommen. Hauptsache sie haben das Gefühl, dass sie alles unter Kontrolle haben.“ Betreten trat ein kurzes Schweigen ein. Alle wussten, dass es unangenehm, aber unumgänglich war, dass ich mit nach Volterra ging. Diese bedrückte Stimmung hatte ich in den letzten Tagen allzu häufig aushalten müssen und war es satt. Während meiner Reise hatte ich gelernt, dass man manchmal Dinge tun musste, die einem nicht gefielen und man dem stellen musste. Man dürfte sich nur nicht unterkriegen lassen und dem Ganzen positiv gegenüber stehen. „Vielleicht können sie mir sogar helfen. Sie haben jahrhundertelange Erfahrung wissen vielleicht, was mit mir los ist. Und wenn ihr mich begleitet“, ich sah erst Bella und dann Edward an, „dann kann gar nichts passieren.“ Noch ehe ich ausgesprochen hatte, stupste Jacob mich in die Seite und sah mich ernst an. „Natürlich komme ich auch mit. Ich lasse dich nicht alleine mit diesen ganzen Menschenblutsaugern.“ „Du weißt genau, dass sie dich gar nicht ernst hinter die Stadtmauern lassen würden. Wir können auch sehr gut auf unsere Tochter aufpassen.“ Edward schien zu bemerken, dass er einen scharfen Ton eingeschlagen hatte und fügte beschwichtigend hinzu: „Du kannst uns hier behilflich sein, indem du dem Rest der Familie bei der nötigen Recherche unterstützt. Wir müssen sämtliche Quellen anzapfen, um herauszufinden, was los ist. Vielleicht kannst du auch bei deinem Volk nachfragen.“ Jacob wollte etwas erwidern, doch Alice legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah zur Balkontür. „10 Sekunden“, flüstere sie und wir standen auf, um uns zu positionieren. Exakt 10 Sekunden später traten Alec, Demetri und, ihnen voran, Jane aus dem Dickicht heraus. Sie hatten uns tatsächlich keine Sekunde mehr gelassen, um uns zu beraten, doch glücklicherweise waren wir uns schneller einig geworden, als gedacht. Bevor Jane irgendetwas sagen konnte, kam ihr Bella zuvor. „Wir werden mit euch nach Volterra kommen und ich sage bewusst wir. Renesmee, Edward und ich werden euch begleiten. Gebt uns eine halbe Stunde, dann haben wir gepackt. Alice sucht in dieser Zeit einen Flug heraus.“ Es missfiel ihnen sichtlich, dass Bella dies nicht als Frage formulierte, doch dann lächelte Jane so süß, wie Honig. Sie wusste, dass sie ihr Ziel erreicht hatte und säuselte: „Mein Meister wird sicherlich hocherfreut sein euch wieder zu sehen. Hoffentlich wird diese Freude nicht durch dieses kleine… Problem… getrübt.“ Sie sah mich scharf an und ich lächelte ihr nur freundlich zu, bevor ich mit Rosalie nach oben ging. Sie wusste, wo Alice´ Kleidungsvorrat für mich war und wir packten schnell meinen kleinen, roten Koffer, während Bella und Edward in ihrem Häuschen waren, um zu packen. Vom Wohnzimmer hörten wir, wie Carlisle versuchte die Volturi-Vertreter in ein leichtes Gespräch zu verwickeln und vernahmen sogar das Klicken der Tasten, während Alice nach einer Flugverbindung suchte. Nach wenigen Handgriffen waren wir fertig und am oberen Treppenabsatz hielt Rosalie mich kurz auf. „Pass auf dich auf.“ Sie sah mich ernst an und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Ich umarmte sie fest und blickte ihr tief in die Augen. „Sei du bitte lieb und ärgere Jacob nicht zu sehr.“ Das Gefühl eines Déjà-vu ergriff mich und ich erinnerte mich, warum. Noch vor wenigen Wochen hatten Bella und Edward das zu mir gesagt, als ich mit ihm für wenige Tage alleine bleiben sollte. Damals war noch alles in Ordnung gewesen und erst dann hatten sich die Ereignisse förmlich überschlagen. Jacob hatte mir seine Liebe gestanden und ich nicht gewusst, wie ich damit umgehen sollte. Dann war ich bei Zafrina, die mir sehr geholfen hatte und direkt danach bei Nahuel. Alles Erlebte hatte mich verändert, doch erst zu Hause angekommen hatte ich erkannt, wie stark. Nach Volterra zu fliegen war für mich eine Chance, um meine neu gewonnene Motivation zu testen. Ich hatte mir fest vorgenommen alles positiv zu sehen und das Beste aus allem zu machen. Und wenn meine einzige Chance darin bestand, dass ich zu den Volturi musste, so würde ich mich dem fügen. Ich seufzte und straffte die Schultern, bereit meinem Schicksal entgegen zu treten. Rosalie trug meinen Koffer und wir konnten hören, wie Carlisle im Wohnzimmer versuchte Jane bei Laune zu halten. Anscheinend war sie es nicht gewohnt zu warten und ihre Stimme klang äußerst gereizt, als sie nachfragte, wie lange es denn noch dauern würde. Wir kamen die Treppe herunter und sahen, dass Edward und Bella noch nicht wieder zurück waren. Jedoch betrat Alice den Raum, mehrere Ausdrucke in der Hand haltend. „Einen Direktflug gab es nicht. In Washington habt ihr eine Stunde Aufenthalt und von dort aus geht es dann weiter bis nach Pisa.“ Sie ordnete die Papiere und sah die drei Volturi-Mitglieder eindringlich an. „Seid ihr Flugbereit oder müssen wir euch erst noch Papiere besorgen?“ Jane beachtete sie gar nicht erst und Alec sah sie nur abwertend, aus dem Augenwinkel heraus, an. Demetri seufzte kurz, verdrehte die Augen und übernahm dann die Antwort. „Natürlich haben wir Papiere. Wir müssen für alles gerüstet sein.“ Während er diese Worte sprach, kehrten Bella und Edward zurück und Esme erhob sich. „Carlisle und ich fahren euch zum Bahnhof.“ Edward nickte und auch ohne die Fähigkeit des Gedanken Lesens, wusste ich, worauf sie hinauswollte. Wenn sie uns bis zum Flughafen begleiten würden, dann würden die Volturi es nicht wagen auf falsche Gedanken zu kommen. Erst am Flughafen, wenn sie Gefahr liefen als Vampire enttarnt zu werden, wollten Carlisle und Esme uns dann mit ihnen alleine lassen. Nur, weil wir auf ihren Vorschlag eingegangen waren, bedeutete es nicht, dass wir unvorsichtig wurden. Bis Volterra würden wenigstens nicht in der Unterzahl sein, wobei ich nicht wusste, ob sie mich als vollwertigen Kämpfer ansahen. Esme gab den drei Volturi neue Kleidung, da sie in ihrem schwarzen Umhängen zu sehr aufgefallen wären und es missfiel ihnen sichtlich auf unsere Kleidung zurückgreifen zu müssen. Wir ließen uns Zeit, um uns von Rosalie, Emmett, Jasper und Alice zu verabschieden und ignorierten Jane, die sich in immer kleiner werdenden Abständen laut räusperte. Uns blieben noch 4 Stunden, bis unser Flug ging und wir mussten Alice noch einige Male beteuern, dass wir auf uns aufpassen würden. Edwards Gabe würde uns rechtzeitig vor Gefahren warnen und Bellas Schutzschild psychische Angriffe vereiteln. Wir mussten schwören, dass wir uns täglich mindestens zwei Mal melden würden, bevor wir dann mit Carlisles 3er BMW und Esmes neuem Lexus GS zum Flughafen von Seattle fuhren. Der Abschied am Flughafen war für mich noch schlimmer, als der zu Hause, da wir von diesem Zeitpunkt an alleine, ohne den Rest unserer Familie, mit Jane, Alec und Demetri unterwegs waren. Zwar war ich durchaus glücklich, dass meine Eltern mich begleiteten, doch es war trotz allem ein anderes Gefühl, als wenigstens noch zwei oder drei andere Familienmitglieder uns begleitet hatten. Während wir in der Abfertigungshalle darauf warteten an Bord zu gehen, saßen wir schweigend zusammen und beobachteten uns gegenseitig. Es war merkwürdig, vor allem die brutale und unnahbare Jane in solch normaler Kleidung zu sehen. Es verlieh ihr automatisch die Ausstrahlung eines normalen, amerikanischen Durchschnittsbürgers und es fehlte eigentlich nur noch ein Lächeln auf ihren Lippen. Alec hingegen sah in seiner Jeans und dem sandfarbenen Pullover fast aus, wie in dem schwarzen Mantel der Volturi und auch Demetri wirkte in den dunklen Sachen, die Esme ihm gegeben hatte, wie immer. Jane hingegen fiel total aus dem Bild. Sie trug einen langen, weißen Rock mit einem rosa Oberteil und ihre eigenen, schwarzen Ballerinas dazu. Wenn ich ihr unter anderen Umständen begegnet wäre, so hätte ich sie direkt sympathisch gefunden und ihre Nähe gesucht. Auch die Augenfarbe, die Alice für ihre Kontaktlinsen ausgesucht hatte, passte sehr gut zu ihren hellbraunen Haaren, ein kräftiges Grün. Alec war besonders überrascht gewesen, als Alice uns mehrere Mega-Packs Kontaktlinsen gegeben hatte und er hatte sogar zugegeben, dass selbst sie niemals auf diese Idee gekommen waren. In den seltenen Momenten, wo sie unter Menschen waren, ohne sie töten zu wollen, hatten sie einfach immer die Blicke und die natürliche Abneigung ertragen. So saßen wir eine Weile schweigend in der Abfertigungshalle und dann wurden wir aufgerufen und konnten unsere Plätze im Flugzeug einnehmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)