Bis(s) zum Ende aller Tage von abgemeldet (Renesmees Fortsetzung zu Breaking Dawn) ================================================================================ Kapitel 9: Fremde Welt ---------------------- Kapitel 9: Fremde Welt Der Aufenthalt in Washington war nur von kurzer Dauer und wir waren schnell im nächsten Flieger nach Pisa. Niemand war sonderlich gesprächig, nur Edward erzählte mir einige Dinge über Italien und vermittelte mir einen Eindruck davon, was mich in Volterra erwarten würde. Bella sah währenddessen stur aus dem Fenster und ich wusste, dass sie ihren alten, menschlichen Erinnerungen nachhing. Immer, wenn jemand über Volterra sprach, dann verfinsterte sich ihre Miene kurz und mittlerweile wusste ich auch, warum. Damals hatte sie Edward davor gerettet sich den Volturi auszuliefern und sie hatte mir gesagt, dass sie sich bewusst immer wieder an diese menschlichen Gedanken zu erinnern versuchte, damit sie sich auch in ihr Vampir Gedächtnis brannten. Dank meines guten Erinnerungsvermögens konnte ich auch Jahre, nachdem ich mit Edward das letzte Mal italienisch geübt hatte, noch sämtliche Grammatik- und Vokabelkenntnisse ohne Verzögerung aus meinem Gedächtnis hervorholen. Alec warf uns anfangs im Flugzeug einen misstrauischen Blick zu, als wir anfingen uns nicht nur über Italien, sondern uns auch in ihrer Sprache zu unterhalten, während Demetri und Jane stur auf den Sitz vor ihnen blickten. Wie sie da so saßen, sahen sie aus, wie Schaufensterpuppen und ich fragte mich, ob es daran lag, dass sie sich sehr konzentrieren mussten, um diesem ganzen Menschengeruch um uns herum zu wiederstehen. Ich wagte jedoch nicht diese Frage auszusprechen, denn Jane war während des zweiten Fluges anscheinend noch schlechter gelaunt. Alle paar Stunden hörte man sie besonders tief einatmen, als würde sie seufzen und für einen kurzen Moment änderte sich dann ihr Blick von uninteressiert zu finster. Bella, Edward und ich versuchten uns so normal, wie möglich, zu verhalten und die drei Volturi in der Reihe neben uns weitestgehend zu ignorieren. Nur das Bordessen verwirrte die Stewardessen, denn ich war die Einzige von uns, die wirklich etwas aß. Alle anderen ließen ihre Portionen unbeeindruckt zurückgehen und ich fand, dass es tatsächlich so schlecht schmeckte, wie immer alle behaupteten. Selbst Jacobs Essen schmeckte dagegen richtig gut. Jacob. Der Gedanke an ihn tat in diesem Moment sogar mehr weh, als bei Zafrina, während ich noch nicht wusste, wie ich für ihn fühlte. Meiner Gefühle war ich mir mittlerweile bewusst, doch trotzdem war es irgendwie nicht einfacher geworden. Ich hatte das merkwürdige Gefühl, dass ich Jacob nun einfach lieben musste, denn er kümmerte sich trotz allem so liebevoll um mich und war so besorgt, dass ich schon fast ein schlechtes Gewissen bekam. Ich schüttelte den Kopf und damit auch diese Gedanken von mir ab. Edward sah mich nur kurz an und streichelte mir liebevoll über die Wange, während er leicht grinste. Eine angenehme Wärme breitete sich in mir aus und ich war sehr glücklich, dass er anscheinend nicht mehr versuchte jeden meiner Gedanken zu kommentieren. Wir befanden uns in einer äußerst merkwürdigen Situation und da konnten wir alle solche Dinge nicht gebrauchen. Es war zwar keine wirklich schlimme Sache, doch bei unseren gespannten Nerven konnten eben solche Kleinigkeiten der berühmte Tropfen sein, der das Fass zum überlaufen bringt. Ein leicht klingelndes Geräusch ertönte und über uns gingen die Anschnall-Leuchten an, bevor sich das Flugzeug leicht, sogar fast unmerklich nach vorne zu senken begann. „Sehr geehrte Fluggäste, wir befinden uns nun im Sinkflug auf Pisa. Die gesamte Crew wünscht ihnen einen angenehmen Aufenthalt und hofft, sie bald wieder bei uns begrüßen zu dürfen.“ Schon wenige Minuten später sahen wir das Festland und sanken immer tiefer, bis wir schließlich auf dem Rollfeld des Pisas Flughafens landeten. Schon beim Rückflug von Chile war mir aufgefallen, dass die Landung aus der Sicht eines Halb-Vampirs sehr interessant war. Man hatte das Gefühl, dass man sich mir normaler Geschwindigkeit über das Rollfeld bewegte, bevor das Flugzeug dann doch radikal abgebremst wurde und man wieder zur menschlichen Geschwindigkeit gezwungen war. Außerdem schienen die meisten Menschen irgendwie das Bedürfnis zu haben bei einer erfolgreichen Landung in die Hände zu klatschen, doch ich fand es absolut furchtbar. Der Pilot erledigte einfach nur seine Arbeit und falls dies einmal schief gehen sollte, so hätte zumindest der menschliche Teil dieses Flugzeuges sowieso kaum eine Chance das zu überleben. Meine Befürchtungen erwiesen sich natürlich als berechtigt und es beruhigte mich, dass Bella neben mir ebenfalls die Augen verdrehte und die Hand vor den Kopf schlug. „Das habe ich schon als Mensch nicht gemocht.“ Ihre Worte waren so leise, dass nur wir sie hören konnten und Edward grinste sie an. „Deine Tochter hat das also von dir geerbt.“ „Ich glaube eher, dass unsere Tochter das von uns beiden hat. Ich erinnere dich nur an den Flug nach Jacksonville, als“ Sie wurde unterbrochen, als die Meldung kam, dass das Flugzeug seine endgültige Parkposition erreicht hätte und Jane daraufhin so schnell wie möglich, ohne aufzufallen, von ihrem Sitz aufsprang und uns zur Eile drängte. Tatsächlich schafften wir es, als erste am Gepäckband zu stehen, doch wie es kommen musste, waren unsere Koffer mit die letzten, die auf dem langen Band auftauchten. Einige andere Koffer waren schon zum wiederholten Male an uns vorbei gekommen und mittlerweile standen Jane und vor allem auch Alec so genervt hinter uns, dass sie ihre Hände zu Fäusten geballt hatten. Also schnappten wir unsere Koffer und verließen schnell das Flughafengebäude, um uns ein Taxi zu beschaffen. Mit den Koffern weigerten wir uns zu laufen und Jane wirkte alles andere als erfreut, dass wir auf dieses langsame Fortbewegungsmittel zurückgreifen mussten. Für einen kurzen Moment war sie außer sich vor Wut und verlor ihre Beherrschung. Sie sah Edward an und kniff ihre Augen so zusammen, wie sie es immer tat, wenn sie ihre Gabe einsetze. Obwohl Edward es sicherlich in ihren Gedanken gelesen hatte, gab er keinen Ton von sich und ich erwartete, dass er gleich auf dem Boden liegen und sich vor Schmerzen winden würde, doch Bella war schneller. Ich selbst spürte überhaupt nichts, doch ich wusste, dass sie ihren Schutzschild um uns gelegt hatte. Die letzten Jahre bestand keine direkte Gefahr für uns, doch trotzdem hatte sie immer wieder mit ihrer Gabe geübt und beherrschte sie nun in allen Situationen. Ihr Ehrgeiz war geweckt worden und sie war unheimlich stolz darauf, dass sie einen wertvollen Beitrag zum Schutz der Familie leisten konnte. „Versuch es gar nicht erst. Du hast sowieso keine Chance. Zügel endlich deine Wut und lass uns zusehen, dass wir nach Volterra kommen.“ Wie immer, zeigte sich Jane unbeeindruckt und starrte uns wieder gelangweilt an, während Demetri zwei Taxen für uns aufgetrieben hatte. „Einen Versuch war es wert. Strapaziert unsere Geduld nicht.“ Ohne ein weiteres Wort stiegen die Volturi-Mitglieder in das erste Taxi, als wir die Koffer auf die beiden Autos verteilten und dann hastig einstiegen. Die Situation war immer noch etwas angespannt und das änderte sich auch nicht, als nach ungefähr anderthalb Stunden die Stadtmauern Volterras in Sicht kamen. Merkwürdigerweise hielten wir direkt hinter der Stadtmauer und während Demetri einfach in die Hosentasche griff und den Fahrern dicke Bündel Geld in die Hände drückte, öffnete Alec die schwere Holztür eines kleinen Hauses direkt an der hohen Stadtmauer gelegen. Wir schlüpften schnell in den großen, vollkommen mit Holz verkleideten Raum. Es gab keine Fenster und es befanden sich keinerlei Möbel darin. Nur eine Treppe, die ziemlich steil in die Tiefe führte, war mitten im Raum und wir wollten gerade hinter Jane hinunter steigen, als Demetri uns aufhielt. „Wartet. Euer Gepäck könnt ihr hier lassen. Es wird im Laufe des Tages in eure Gemächer gebracht. Momentan hält es uns jedoch zu sehr auf. Wir wollen euch schnellstens zu unseren Meistern bringen.“ Ich sah Bella und Edward fragend an, doch als die beiden langsam nickten und begannen die Treppe herunter zu steigen, wusste ich, dass es in Ordnung war. Was waren schon einige Kleidungsstücke, wenn wir hier auf unsere Existenz Acht geben mussten? Langsam folgte ich ihnen die klapprige Treppe hinunter und sah mich interessiert um. Von den Erzählungen meiner Familie wusste ich, dass die Volturi die Stadt beherrschten und schon vor Jahrhunderten die unterirdische Welt ausgebaut und vernetzt hatten. Wir gingen eine ziemlich weite Strecke durch enge Gänge und kamen immer wieder zu großen, tropfenden Höhlen, in denen mehrere solcher Gänge zusammen liefen. Einige Zeit lang dachte ich, dass wir uns in der Kanalisation befanden, doch in den Gängen verliefen keine Wasserwege und auch der typische, beißende Gestank von Fäkalien und Urin fehlte vollkommen. Allerdings begegneten uns ständig kleine Horden von Ratten und die Dunkelheit war für unsere Augen zwar kein Problem, doch zu Hause bevorzugten wir trotz allem immer Licht. Nach ungefähr 10 Minuten führte uns, mitten in einer der größeren Höhlen, plötzlich eine breite, marmorne Treppe hinauf in einen großen Raum. Auch hier gab es keine Fenster, doch dafür war fast alles, was man anfassen konnte, vergoldet und an der Decke hing ein Kronleuchter mit funkelnden Steinen, bei dem Esme neidisch geworden wäre. Mitten im Raum blieb Jane stehen und drehte sich zu uns um. „Wartet hier. Unsere Meister werden euch gleich mit ihrer Anwesenheit beehren.“ Edward zischte kurz und starrte sie finster an, bevor er sich gerade aufrichtete und seine Miene sich zu einem fiesen Lächeln verwandelte. „Mach dich nicht so wichtig. Natürlich werden sie uns gleich aufsuchen, da Alec eben eine Abzweigung genommen hat und uns bereits angekündigt hat. Die Frage ist nur, warum tun sie das nicht in ihrem geliebten Thronsaal?“ Sofern es möglich war, dass Janes Gesicht sich noch mehr verfinsterte, tat es dies. „Die bevorzugte Räumlichkeit wird momentan renoviert. Ihr müsst euch mit diesem Saal begnügen.“ Mit diesen Worten gingen sie und Demetri zu einer Tür an der vorderen Seite des Raumes und stellten sich wie zwei Statuen vor die Wand, um auf die Ankunft ihrer Meister zu warten. Glücklicherweise mussten wir nicht lange warten, denn Anscheinend waren die Volturi Herrscher zu neugierig, um ihre Gäste die gewöhnliche halbe Stunde warten zu lassen. Erst kamen Marcus, Caius und dann Aro schnellen Schrittes in den Raum und blieben dicht vor uns stehen. Wie schon einen Tag zuvor, formatierten sie sich, wie ihre drei Abgesandten es bei uns in Forks getan hatten und natürlich bildete Aro die Spitze. An sein markantes Gesicht konnte ich mich noch sehr gut erinnern, doch mich erstaunte ihr Gesamtbild. Sie alle waren, nicht wie gewöhnlich in schwarz, sondern in ein helles beige gekleidet und wirkten tatsächlich ein wenig gehetzt, als hätten wir sie bei irgendetwas gestört. Sehr schnell setzte Aro jedoch wieder seine perfekte, freundliche Maske auf und hob die Hände, als wolle er uns alle auf einmal umarmen, bewegte sich jedoch keinen Schritt vorwärts. „Ah, meine Freunde. Ein überraschender Besuch. Wir freuen uns sehr, euch hier begrüßen zu dürfen. Was können wir für euch tun?“ Er faltete die Hände vor der Brust und sah Edward erwartungsvoll an. Dieser jedoch sah mich an und überließ mir das Wort, was Bella anscheinend nicht so sonderlich gefiel, da sie sehr skeptisch drein blickte. Mir sollte es nur Recht sein, schließlich war ich diejenige, die dafür gewesen war, mit nach Volterra zu kommen und hier um Hilfe zu fragen. Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich an Aro. „Alec hat euch bestimmt schon erzählt, warum wir hier sind. In unserer Familie wusste niemand, warum meine Gabe plötzlich versagte. Allerdings konnte Carlisle feststellen, dass ich Krankheitssymptome zeige, wenn ich zu angestrengt versuche meine Gabe anzuwenden. Wir hatten gehofft, dass bei euch schon einmal ein ähnlicher Fall vorgekommen ist und ihr uns helfen könntet.“ Edward knurrte bei den letzten Worten fast unhörbar und ich wusste, dass ihm diese Situation, trotz aller logischen Argumente, gegen den Strich ging. Er vergaß jedoch nicht, dass es letztendlich um mich ging und er riss sich zusammen. Bella hingegen blickte zwar etwas finster drein, doch sonst zeigte sie ihren Unmut nicht. Aro hingegen wirkte entzückt darüber, dass wir uns tatsächlich in ihre Obhut übergaben und um Hilfe baten. Er lächelte und seine Augen leuchteten vor Aufregung. „Alec hat mir tatsächlich erzählt, dass du deine faszinierende Gabe verloren hast, doch ich muss gestehen, dass es mich überrascht, dass ihr ausgerechnet bei uns Hilfe sucht.“ Bella setzte zu einer Antwort an, doch Aro fuhr direkt fort. „Was natürlich nicht heißen soll, dass wir euch nicht helfen wollen. Allerdings muss ich euch darum bitten, euch noch ein paar Stunden zu gedulden. Unsere Aufzeichnungen werden gerade durchsucht. Da du ja auf Schlaf angewiesen bist, wird Jane euch nun euer Gemacht zeigen und morgen werden wir dann hoffentlich mehr wissen.“ Er machte eine Handbewegung in Richtung Jane und drehte sich dann um die eigene Achse. „Seid willkommen und fühlt euch, wie zu Hause. Selbstverständlich dürft ihr euch hier frei bewegen und Jane wird dafür sorgen, dass es euch an nichts fehlt.“ Wieder lächelte er und dann verschwanden die drei Volturi Herrscher ohne ein weiteres Wort wieder aus der Türe hinaus, aus der sie gekommen waren. Für jeden, der Aro nicht kannte, klang dies, wie eine nette Einladung mit persönlicher Betreuung, doch in Wirklichkeit hatte er über Jane die Möglichkeit, uns ständig unter Beobachtung zu halten. Da wir uns dessen durchaus bewusst waren, konnten wir uns gut darauf einstellen und schließlich blieb uns nichts anderes übrig, als uns damit abzufinden. Wir folgten Jane durch einige dunkle Gänge und Räume und da sie sich alle sehr ähnelten, hätte fast befürchten müssen die Orientierung zu verlieren. Glücklicherweise ließ mich mein vampirischer Teil nicht im Stich und schon nach wenigen Minuten kamen wir zu einer dicken, verzierten Eichentür, die zu unserem Zimmer führte. Wie auch schon in den Fluren gab es hier keine Fenster und alles wirkte sehr dunkel und ließ darauf schließen, dass wir uns immer noch unterirdisch aufhielten. „Da nur das Kind schlafen muss, hat Aro befunden, dass ein Gemach für euch alle reicht. Ihr könnt eure Koffer auspacken und dann in unserer Bibliothek helfen nach einer Lösung zu suchen.“ Natürlich wartete sie wieder gar nicht erst die Antwort ab, sondern verschwand mit wehendem Umhang aus dem großen Raum und knallte laut die Tür hinter sich zu. Wahrscheinlich war sie froh sich endlich nicht mehr zurückhalten zu müssen und die Tür hatte ihren Ausbruch glücklicherweise überstanden. Sie wackelte zwar gewaltig und wurde halb aus den Angeln gerissen, doch sie gab nicht nach. Nachdem sie weg war, atmete ich tief durch und zusammen mit Bella und Edward packten wir unsere Koffer aus. Die Sachen waren allerdings schnell in dem großen Schrank verstaut, der, wie anscheinend alles, was hier aus Holz bestand, mit feinen Schnitzereien verziert war. So auch das Himmelbett am anderen Ende des Raumes, von dem ganze Staubwolken aufflogen, als ich mich darauf schmiss. „Anscheinend wird dieser Raum nicht sonderlich oft benutzt.“ Lachend schnappte ich mir die Bettdecke und Bella die beiden Kissen, um sie draußen auf dem Flur auszuschütteln. Edward hingegen ging währenddessen mit einem von Bellas alten T-Shirts über die restlichen Möbel um sie vom Staub zu befreien. Wir brauchten nicht lange und das Zimmer war endlich in einem bewohnbaren Zustand. „Also ein 5 Sterne Hotel ist das hier aber definitiv nicht“, witzelte ich, doch weder Bella noch Edward gingen darauf ein. „Eigentlich würde ich mich nur sehr ungerne von dir trennen, aber wir kriegen eine einmalige Chance geboten, wenn wir ihnen in der Bibliothek helfen.“ Edward lehnte an der Wand und hatte eine Hand so an sein Kinn gehoben, wie er es immer tat, wenn er angestrengt über etwas nachdachte. Ich verdrehte die Augen. Natürlich, mich konnte man ja nicht ungeschützt lassen. Gerade, als ich meine Gedanken laut aussprechen wollte, mischte sich Bella ein. „Jane würde Renesmee nichts tun. Selbst, wenn wir nicht hier mit in Volterra wären, wüsste sie, was das für Folgen hätte, wenn sie sich vergisst. Außerdem kann unsere Tochter sich gut alleine verteidigen.“ Bei den letzten Worten grinste sie mich an und streichelte mir über den Rücken. Es war einfach erstaunlich, wie sie mit ihren mütterlichen Gefühlen die Situation manchmal genauso schnell erfassen und auswerten konnte, wie mein gedankenlesender Vater, der nun ziemlich mürrisch dreinblickte. „Das gefällt mir trotzdem nicht. Kannst nicht wenigstens du hier bleiben, Bella?“ Sie stand auf und umarmte ihn, bevor sie ihn küsste und ihm durchs Haar ging. „Könnt ihr euch ein Zimmer nehmen?“ Wieder verdrehte ich die Augen und ließ mich auf das Bett fallen. Die beiden ignorierten mich jedoch geflissentlich und küssten sich noch einmal. „Ich soll hierbleiben, damit du alleine in den Genuss ihrer Bibliothek kommen kannst? Das hättest du wohl gerne.“ Bella lachte und boxte ihm scherzhaft in die Seite. „Vielleicht kann ich auch mitkommen.“ Erwartungsvoll sah ich meine Eltern an, obwohl ich wusste, dass es wenig Sinn hatte. Allerdings war es einen Versuch wert. Vielleicht würden sie ja wirklich nachgeben. Außerdem war es, wie Edward schon festgestellt hatte, eine wirklich einmalige Chance. Carlisle hatte uns schon viel von der riesigen Bibliothek erzählt, auf die er selbst einmal Zugriff hatte, als er bei den Volturi gelebt hatte. Selbst einmal in dieser einzigartigen Wissensansammlung zu stöbern, war ein Privileg und meine Eltern hatten großes Glück. Auch, wenn sie sich bestimmt andere Umstände gewünscht hätten, so wussten sie diese Chance wohl zu nutzen. „Kommt nicht in Frage. Selbst, wenn wir dabei sind, ist es wesentlich gefährlicher, wenn du mit zu dieser Ansammlung fremder Vampire kommst, als wenn du hier mit Jane alleine bleibst.“ Damit war für Edward das Thema beendet und Bella und ich wussten, dass es keinen Sinn hatte noch mehr zu diskutieren. Allerdings mussten wir uns auch eingestehen, dass er Recht hatte und seufzten beide. Als hätte sie gewusst, dass wir fertig waren, klopfte es an der Tür und Jane trat ein. Sie war anscheinend kein Freund von Warten und Geduld war nicht ihre Stärke. „Meine Meister erwarten euch in der Bibliothek. Den Weg dorthin findet ihr, wenn ihr meiner Spur folgt.“ Sie deutete auf die Tür und machte damit unmissverständlich klar, dass Bella und Edward sich unverzüglich auf den Weg machen sollten, was diese auch taten. Bella warf mir noch eine Kusshand zu und schloss dann die dicke Tür hinter sich. Jane sah mich kurz abschätzend an und setzte sich auf einen Stuhl neben den Kleiderschrank. Dann schien sie mich gar nicht mehr zu beachten und sah starr auf die gegenüberliegende Wand. Ich war ziemlich irritiert und beobachtete sie einige Minuten, bevor ich das Schweigen nicht mehr aushielt. „Warum hilfst du nicht beim Suchen in der Bibliothek?“ Ich drehte mich auf den Bauch und ließ die Beine in der Luft baumeln, während ich auf ihre Antwort wartete. Sie blickte weiterhin auf die Wand und rührte sich nicht, doch wenigstens kam nach einigen Sekunden eine Antwort. „Weil ich hier auf dich aufpassen muss.“ Das war es. Kurz und knapp und ich bezweifelte, dass ich mehr aus ihr herauspressen konnte, selbst wenn ich ihr noch hunderte Fragen stellen würde. Stattdessen versuchte ich eine andere Taktik. Ich kramte meinen MP3-Player aus meiner Tasche und steckte mir die Kopfhörer in die Ohren. Der Player war noch nicht sonderlich alt, aber meine Playlist hatte sich schon seit Jahren nur wenig verändert. Einzig die neuen Lieder der Rockmonster kamen neu hinzu und auch ab und zu, wenn Edward ein neues Lied komponiert hatte. Ich stellte mein derzeitiges Lieblingslied unserer Band ein, sprang vom Bett auf und fing an laut zu singen und dazu zu tanzen. „Wir haben viel erlebt, wir haben viel gelacht. Das Dasein ist zu schön, um zu schlafen in der Nacht. Den ganzen Tag haben wir Zeit, die Nacht ist für uns bereit. Wir sind für uns da bis in die Ewigkeit…“ Die erste Minute zeigte Jane weiterhin keinerlei Regung, doch dann begann sie genervt zu seufzen und mich finster anzustarren. Den Rest des Liedes sah sie mich nur böse an, doch in der Mitte des nächsten Liedes sprang sie von ihrem Stuhl auf und ballte die Hände zu Fäusten. „Verdammt, hör auf damit! Du bringst einen ja in den Wahnsinn. Was soll das?“ Ich lachte, wodurch ihr Blick noch wütender wurde und zog mir die Stöpsel aus den Ohren. „Endlich zeigst du mal Emotionen. Ich dachte schon du spielst wieder Schaufensterpuppe, wie du es auch im Flugzeug getan hast.“ „Bloß, weil wir jetzt alleine sind, musst du nicht frech werden. Hüte deine Zunge und lass mich in Ruhe.“ Sie wollte sich wieder auf ihren Stuhl setzen, doch ich kam ihr zuvor und eilte wie ein Blitz zwischen sie und den Stuhl. „Glaub mir, wenn ich frech wäre, dann würde das anders aussehen. Ich habe einfach nur die Befürchtung, dass wir hier noch eine ganze Weile zusammen aushalten müssen und ich persönlich würde diese Zeit nur ungerne komplett schweigend verbringen.“ Immerhin löste sie in diesem Moment ihre Fäuste und verdrehte die Augen, bevor sie mich wieder ernst ansah. „Das ist mir egal. Ich will mich nicht unterhalten, sondern einfach meine Zeit hier absitzen.“ Ich seufzte und raffte die Schultern um etwas zu tun, was ich niemals getan hätte, wenn diese merkwürdige Situation nicht aufgetreten wäre. „Hör zu, es tut mir leid. Damals, bei uns zu Hause, wollte ich dir keine Angst machen...“ „Pah!“, spie sie aus und drehte sich um, sichtlich um ihre Beherrschung ringend. „Als ob du mir Angst machen könntest! Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich sollte euch einfach nur kontrollieren und du machst das alles so schwer. Heute soll ich nur bei dir bleiben und du machst auch diesen Tag zur Hölle. Warum tust du das?“ Das waren die längsten Sätze, die ich je aus ihrem Munde vernommen hatte und erstaunt zog ich die Augenbrauen zusammen, als sie sich so vor mir offenbarte. Anscheinend hatte ich es wirklich geschafft sie zu berühren. Sie wirkte sehr verwirrt und das wiederum verwirrte mich. Warum verstand sie nicht, dass unsere Lebensweise so grundlegend anders war, dass ich ihr absolut nichts Böses wollte? Ich machte einen Schritt auf sie zu und streckte die Hand nach ihr aus, doch ich traute mich nicht, sie zu berühren. „Ich will es dir nicht schwer machen. Ganz im Gegenteil, ich verstehe nicht, wieso es dich so sehr stört, dass ich nett zu dir sein will.“ Ruckartig drehte sie sich herum und wollte mir gerade etwas entgegnen, als die Tür aufging und meine Eltern eintraten. Blitzschnell deuteten sie die Situation und machten sich kampfbereit. Ein Knurren kam aus Edwards Kehle und auch Jane ging in Abwehrhaltung. Ich hob beide Hände und versuchte mit einer beschwichtigenden Geste klar zu machen, dass hier ein Missverständnis vorlag. „Edward, Bella, beruhigt euch. Das ist anders, als es aussieht. Alles ist in Ordnung.“ Glücklicherweise vertrauten mir meine Eltern und entspannten ihre Haltung umgehend. Jane löste ihre Anspannung nur langsam, sah mich noch einmal kurz an und verschwand dann ohne ein weiteres Wort aus der Tür. „Was war hier los?“ Bella sah Jane hinterher und schloss dann langsam die Tür, bevor sie mich zum Bett schob, damit wir uns setzen konnten. Dann sah sie mich eindringlich an und auch Edwards Blicke spürte ich auf mir ruhen. „Ich habe versucht sie aus der Reserve zu locken. Sie hatte tatsächlich vor die ganze Zeit hier schweigend abzusitzen, aber ich wollte die Chance nutzen und mich mit ihr unterhalten.“ „Unterhalten? So etwas kann Jane doch gar nicht. Was hast du getan, dass sie so gereizt war?“ Bella sah mich fassungslos an und Edward verschränkte die Arme vor der Brust, während er leicht den Kopf schüttelte, als er in meinen Gedanken sah, was passiert war. „Ich hab Musik gehört, gesungen und getanzt, um sie dazu zu bringen eine Reaktion zu zeigen. Und das habe ich auch geschafft. Sie hat mich gefragt, warum ich ihr alles so schwer mache und als ich die Situation mit ihr klären wollte, kamt ihr zur Tür herein und habt das Ganze falsch gedeutet.“ Ich legte mich aufs Bett, breitete die Arme aus und schloss die Augen. „Sie hat dich was gefragt? Wie kamt ihr darauf?“ Bellas Gesichtsausdruck wechselte innerhalb von wenigen Sekunden von fassungslos zu fragend und schließlich zu irritiert. Ich seufzte, wie ich es in den letzten Tagen irgendwie ständig tat, und öffnete die Augen wieder, um Bella anzusehen. „Ich habe mich bei ihr entschuldigt, dass ich ihr anscheinend damals bei uns Angst gemacht und daraufhin meinte sie, dass sie keine Angst hätte, ich ihr aber ständig alles so schwer machen würde. Bitte“, fing ich an, bevor meine Eltern noch etwas dazu sagen konnten. „Bitte mischt euch da nicht ein. Nächstes Mal, wenn wir alleine sind, dann kann ich bestimmt noch einmal mit mir reden. Lasst mich das machen.“ Ich sah die zweifelnden Blicke und war froh, als sowohl Edward, als auch Bella nickten. Langsam richtete ich mich wieder auf und sah sie dankbar an. „Danke. Glaubt mir, ich brauche nur ein wenig Zeit. Warum seid ihr eigentlich schon zurück? Habt ihr etwas gefunden?“ Bisher war ich von den Gedanken an Jane abgelenkt gewesen, doch nun regte sich ein leichter Hoffnungsschimmer in mir. Konnte es wirklich sein, dass sie schon nach so kurzer Zeit eine Lösung gefunden hatten? Ich wusste nicht, wie groß die Bibliothek der Volturi war, doch anscheinend hatten sie schon alles durchsucht und waren zu einem Ergebnis gekommen. Bella senkte jedoch den Kopf und sprach leise. „Leider nicht. Die Bibliothek ist so gigantisch, dass selbst wir wohl mehrere Tage brauchen werden. Leider hat die gesamte Anhängerschaft der Volturi absolut keine Ahnung, wie es zu dem Verlust einer Gabe kommen kann. Außerdem kommt hinzu, dass nur Demetri, Felix, Alec und wir beide in die Bibliothek dürfen, um sie systematisch abzusuchen. Allerdings hat das auch Vorteile und wir bekommen möglichst viel mit. Das heißt allerdings auch, dass du in den nächsten Tagen noch einige Zeit mit Jane verbringen musst.“ „Kein Problem. Das kommt mir sogar gelegen. So kann ich versuchen mich noch einmal mit ihr zu unterhalten.“ Bella blickte wieder skeptisch, doch dann wandte sie sich an Edward. „Edward, du wolltest dich bei Alice melden.“ Er nickte und holte sein Handy aus der Hosentasche. „Hier unten habe ich kein Netz. Ich bin gleich wieder da.“ Bevor er aus der Tür herausschlüpfen konnte, rief ich nach ihm. „Edward?“ „Was ist?“, fragte er und sah mich neugierig an. „Tust du mir einen Gefallen?“ Gekonnt setzte ich meinen Dackelblick auf, den ich jahrelang an meiner Familie trainiert hatte. Dazu legte ich den Kopf schief und ließ mein Haar über die Schulter fallen. Die gewünschte Reaktion erfolgte prompt und Bella grinste. „Was denn, mein Engel?“ Daraufhin grinste ich. „Ich habe meine Tante schon lange nicht mehr geärgert. Kannst du ihr erzählen, dass mein Koffer verloren gegangen ist und ich keinerlei Kleidung hier habe?“ Edward lachte nur, ging aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. „Jetzt ist es aber genug. Es ist spät und du solltest schlafen. Nachts bleiben wir hier bei dir und wenn du morgen früh wach wirst, wird Jane uns ablösen, damit wir weitersuchen können.“ Sobald sie es ausgesprochen hatte, spürte ich, wie müde ich doch war und machte mich gähnend fertig zum Schlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)