Wenn der Mond fällt von Fuega (Die Freiheit der Wölfe) ================================================================================ Kapitel 9: Das Vergessen ------------------------ Wer ist dieser Tarr?“, knurrte Misha ungeduldig. Nori konnte genau sehen, dass sein ganzer Körper nur auf Bewegung wartete, auf eine Chance zu rennen, zu kämpfen und zu entkommen. Er schien von seinem Kopf bis zu der Rute mit Energie gefüllt. „Nur ein Wolf aus dem Rudel. Er mag dich nicht, “ „Niemand mag das“, „aber er ist aufmerksamer als die anderen. Ich glaube er beobachtet mich. Ich finde ihn unheimlich.“ „Meinst du, er würde dich aufhalten, wenn du fliehst?“, fragte Misha nachdenklich, und beäugte Nori. „Nun, ich denke er hätte keinen Grund dazu, eigentlich dürfte es ihn nicht interessieren.“, sinnierte die kleine Wölfin, doch wirklich sicher war sie sich nicht. „Nun, dann musste du aufpassen. Wie weit bist du mit dem Graben?“ „Ich würde durch das Loch passen, du nicht.“, bemerkte Nori mit einem Seitenblick auf den massigen Körper, „Die Wolken haben sich zusammengezogen. Es wird bald anfangen zu regnen, dann werden wir weggebracht und alles war umsonst. Und der Gang wird kaum mehr nutzbar sein, mit so viel Schlamm…“ So diskutierten und redeten die Wölfe eine ganze Weile, und je länger sie nachdachten, desto klarer wurde ihnen, dass der ganze Plan mehr vom Zufall als von ihrem Geschick abhing. Alles schien gegen sie zu arbeiten, die Menschen hatten Misha immer noch nicht freigelassen, das Gewitter würde bald kommen und Tarr wurde zum Risiko für die beiden. Die nächsten Tage wurden für Nori zur Zerreißprobe, immer wieder lief sie zu dem Loch, schüttelte den aufdringlichen Timber ab, grub und redete mit Misha. Was wäre, wenn die Menschen nicht rechtzeitig kämen um den Wolfs herauszulassen? Was wäre, wenn die Regenfälle zu früh einsetzen würden? Was wäre, wenn Tarr sie aufhalten würde? Was wäre wenn… Nacht auf Nacht brach Nori vollkommen erschöpft zusammen, alleine auf der Wiese. Vielleicht sollte sie hier bleiben, für Mara. Aus der lustigen, optimistischen Jungwölfin war eine Maschine geworden. Schlafen, fressen, graben, schlafen fressen, graben… Ihre Gedanken begannen sich im Kreis zu drehen. Müde wanderte sie durch den Nebel, die Menschen streckten ihre Hände durch den Gitterzaun und fuhren mit langen Fingernägeln durch ihr Fell, doch sie trottete einfach weiter, auf das Loch zu. Tarr stand hinter ihr, die Augen leuchteten gelb. „Ich weiß wo sie ist, ich weiß wo sie ist.“, knurrte er höhnisch. Wovon sprach er? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Wer war wo? Langsam fraß sie das Menschenfressen, es war gut. Sie musste gar nicht weg, sie konnte bleiben. Hier war es warm, hier hatte sie Futter. Sie hatte einmal einen Plan gehabt. Verwirrt ging sie zu dem Zaun, wo wollte sie hin? Einst, war da dieser Fremde. Mit einem Mal verlor sie den Grund unter den Pfoten, fiel und fiel und fiel in ihr selbstgegrabenes Loch. Nori atmete zu schnell, ihr Schädel pochte, als sie im Gras lag. Wo war sie? Es war nur ein Traum gewesen, alles nur ein Traum, versuchte sie sich zu beruhigen. Wie lange hatte sie geträumt? Wie viel von dem Traum war Traum und wie viel war Realität gewesen? Die Wolken hatten sich näher zusammengezogen, Stille lag über dem Gehege. Ohne Nachzudenken rannte sie, so schnell sie ihre Beine trugen zu dem Innengehege. Sie musste den Wind in ihrem Fell fühlen. Mit Höchstgeschwindigkeit, stolpernd, kam sie vor dem Gehege des Wolfes zum Stehen. „Was bei allen gefrorenen Wäldern?“ Panik glitzerte in goldbraunen Augen. „Ich vergesse sie. Misha, ich vergesse sie! Ich vergesse mich!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)