Criminal Minds - Das Leben danach von Flitzkatze ================================================================================ Kapitel 3: Leichenschau ----------------------- „Und jetzt sollten wir Prentiss und Chief Strauss noch aufklären, wen wir zu allererst besuchen werden“, meint Morgan mit einem Lächeln auf den Lippen. Die anderen Teammitglieder schmunzeln. Wie ich diese stumme Überheblichkeit hasse. Wir haben Chicago fast erreicht. Prentiss und Strauss sehen beide hoch. „Arthur Hepburn“, sagt Gideon. „Ein Serienkiller, der vor ungefähr vier Jahren in Chicago sein Unwesen trieb. Wir haben ihn entlarvt. Seine Opfer hielten ebenfalls den Zettel mit ihrem Verbrechen in der Hand. Er wurde auf lebenslänglich verurteilt“, erklärt JJ. „Also ist das hier wohl ein leidenschaftlicher Bewunderer, der das Werk des Meisters vollenden will“, schlägt Prentiss vor. „Oder ein Nachahmungstäter, der sich durch die Kopie von Hepburns Verbrechen noch mehr Aufmerksamkeit in den Medien erhofft“, meint Gideon. „Das werden wir noch früh genug herausfinden. Gideon, du gehst zu Hepburn. Nimm Prentiss mit, er kennt sie noch nicht, das wird ihn verunsichern. JJ und ich werden uns dem Sheriff vorstellen. Morgan, Reid, ihr geht in die Pathologie.“ Entweder bin ich auch noch paranoid, oder ich bin wirklich der einzige, den Hotch nicht ansieht. „Wo möchten Sie mich dabeihaben?“, wirft Chief Strauss mit einem zuckersüßen Lächeln ein. Holla, die alte Wachtel habe ich fast vergessen. „Da Sie sowieso nicht hier sind“, erklärt Hotch mit leichtem Spott in der Stimme, „Ist das prinzipiell egal. Es wäre mir jedoch recht, wenn Sie Agent Jareau und mich begleiten würden, ich denke, dass Ihre bürokratischen Kompetenzen hier am sinnvollsten aufgehoben wären.“ Strauss lächelt, wenn auch ein etwas totes Lächeln. Besten Dank, Hotch. Der Jet geht in den Landeanflug. In Chicago ist es genauso stickig und heiß. Wir warten auf ein Gewitter. Vier Stunden und zehn Minuten. Ich frage mich, wieso das FBI nur schwarze Wagen fahren darf. Heute vermittelt der SUV nämlich das Fahrgefühl eines Backofens auf Rädern. Morgan und ich verschmelzen langsam mit den Sitzen, während wir den wenig erregenden Geruch unseres Schweißes inhalieren. Meine Ärmel sind ein wenig hochgekrempelt, die Haare hängen mir nass ins Gesicht. Die Stimmung ist genauso bedrückend wie die Hitze. Ich glaube, Morgan hat mich aufgegeben. Er war der einzige Mensch, der ab und zu ein paar nette Worte für mich hatte, das rechne ich ihm hoch an. Aber seine pseudo-psychologische Tour geht mir wirklich mächtig auf den Geist. Spencer hätte sie vielleicht nützlich gefunden, und wenn nicht nützlich, dann wenigstens nett. Aber ich nicht. Worte können hier nicht helfen. Ich habe Morgan deutlich genug signalisiert, wie wenig ich mir aus seinen Ratschlägen mache, und wir haben uns stumm auf Stillschweigen geeinigt. Nachteil: Autofahrten dauern ohne Unterhaltung unglaublich lange. Ablenkung fehlt. Von Spencers Tasche löst sich ein Faden. Ich zupfe daran herum und rechne in Gedanken Zweierpotenzen, um mein Gehirn irgendwie zu beschäftigen. Wir erreichen das gerichtsmedizinische Institut bei zwei hoch 54 383. Der Geruch. Desinfektionsmittel und geronnenes Blut. Wenigstens ist es kühl im Keller. Morgan seufzt sogar zufrieden und streckt sich, als wir die Pathologie betreten. Die drei Leichen sind auf verschiedenen Tischen aufgebahrt und jeweils mit einem Tuch bedeckt. Mein Magen verkrampft sich ein wenig und ich fühle mich schon wieder als Verlierer. Es sind Leichen, herrgott. Die haben Spencer früher auch nichts ausgemacht. Morgan begrüßt den Doc mit Handschlag. Ich bleibe dezent im Hintergrund und besehe mir die toten Körper, nachdem der Gerichtsmediziner sie abgedeckt hat. „Harry Rhymes, das erste Opfer. Großflächige Hämatome in Gesicht und Abdominalbereich. Fraktur des Schlüsselbeins und mehrerer Rippen. Magen leer, wie bei den ersten beiden Opfern.“ Die Tonlage des Arztes ist sachlich und so kalt wie seine Kühlfächer. Sie macht mir mehr zu schaffen als der Geruch. Sie macht mir mehr zu schaffen als mir lieb ist. „Der Schläger“, stellt Morgan fest. „Mit gleicher Münze zurückgezahlt.“ „Kein Mageninhalt?“, frage ich und bemühe mich, meine Stimme ebenso beiläufig klingen zu lassen. „Nein“, meint der Arzt. „Er hat sie festgehalten“, schlussfolgert Morgan. „Das liegt nahe.“ „Lindsey Higgins, zweites Opfer, Tod durch Ersticken; Zeichen mehrfacher Vergewaltigung.“ Morgan stutzt. „Was stand auf ihrem Zettel?“ „Diebin“, sage ich und kann mich nicht von ihrem toten Gesicht abwenden. „Was hat er ihr gestohlen?“, fragt Morgan verständnislos. Mir ist es klar. „Ihre Würde.“ „Ross Leicester, das dritte Opfer, weißt außer den Würgemalen um den Hals keine Zeichen sonstiger Gewalteinwirkung auf.“ „Er ist der Lügner“, bemerke ich. Morgan nickt. „Da ist keine Folter möglich.“ „Oder die Folter war eher psychischer Natur“, sage ich und denke an Raphaels Revolver. Versager. „Das werden wir wohl nie erfahren“, meint Morgan und sieht mich mit seinem Psychiaterblick an. Ich runzle die Stirn und betrachte angestrengt die Würgemale. Schau weg, ich habe alles im Griff. Bevor wir aus dem Aufzug steigen, klopft Morgan mir auf die Schulter. Ich würde ihm am liebsten die Hand brechen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)