Auch schöne Blumen welken von Arietta (> Drei kleine Geschichten über eine ganz besondere Freundschaft <) ================================================================================ Kapitel 1: Chuu --------------- <-- "Freundschaft ist die Verbindung der Seelen." Zitat von Voltaire "Ich hoffe ich schaffe das..." "Kriegst du schon hin!" "Sicher?" "Ganz sicher Chuu." Ich spüre Erikas Hand auf meiner Schulter während wir die so gut wie leergefegte Straße entlanggehen. Ich wünschte sie würde ewig dort bleiben. Eris Hand auf meiner Schulter, meine ich. Obwohl ich sie kaum spüre, da sie so leicht ist wie eine Feder, geht doch eine angenehme Wärme von ihr aus. Ich hab' meine Eri lieb. Und nein, nicht "lieb" lieb, wie ihr sicher jetzt denkt! Einfach nur lieb. Es ist freundschaftliche Liebe. Ja, das gibt's auch! "Wenn du das sagst, glaub' ich dir, Eri. Ich geb' mir auch ganz viel Mühe." "Solltest du auch. Es ist deine Nachprüfung. Wenn du die Schule wechseln musst, weine ich." "Im Ernst?" "Ich schwöre es!" Scheiße. Ist das wirklich ihr Ernst? Ich will nicht, dass sie weint. Das wäre schlimm. Nein, mehr als schlimm! Eri weint ja sonst nie. Sie lächelt immer. Und sie ist selbstbewusst und schlau. Und beliebt und ziemlich cool. Nicht so wie ich. Mein Paps meinte mal zu mir, dass es zwei Sorten von Menschen gibt. Die, die bewundert werden, und die, die bewundern. Ich gehöre ganz sicher zur zweiten Sorte. Ich bin nunmal die stille Chuu. Nicht besonders klug, nicht besonders hübsch. Und auch nicht besonders beliebt. Ich persönlich komme gut damit klar. Mein Paps findet das aber nicht gut. Der sagt, ich solle mir ein Beispiel an Eri nehmen. Weil sie so toll ist, und auch schon mal einen Freund hatte. Warum meine Eltern das wissen? Weil ich Zuhause fast nur von Eri erzähle. Hört sich etwas krank an, oder? Das sagt meine Mama immer. Dass ich "Erika-Besessen" bin. "Erika-Besessen"...bah. Ich hasse diesen Ausdruck. Aber wenn es nach Mama geht, sollte das Wort längst in den Duden aufgenommen worden sein. Mein Paps sagt dann immer mit einem toternsten Klang in der Stimme, dass sie doch stolz sein soll. Meine Freundschaft zu Eri wirke sich positiv auf mich aus. Und bevor Mama gereizt antworten kann, verschwindet Paps mit der Entschuldigung, seine geliebte Automodellsammlung putzen zu müssen. Ich grinse dann immer eine halbe Stunde vor mich hin. "Ich...ich geb' mir Mühe." "Wie gesagt, ich will's hoffen." "Ich verspreche es." "Gut, ich nehm dich beim Wort!" Langsam werde ich nervös. Merkt sie denn nicht, dass ich innerlich total unsicher bin? Dass ich die ganze Zeit wie wild büffle, aber diesen Mathe-Kram einfach nicht auf die Reihe bekomme? Naja, ich kann es eigentlich gut verstecken. Konnte ich schon immer. Vorallem vor ihr gebe ich mir damit Mühe. Eri will, dass ich selbstbewusster werde. Sie sagte mal, dass sei ihr großes Ziel! Es steht zwar hinter dem Wunsch, bald Kunst zu studieren an, aber es steht auf ihrer "Das-wünsch-ich-mir"-Liste ziemlich weit oben. Fünf Jahre kennen wir uns nun schon, und so lange arbeitet sie schon an mir und meinem kümmerlichen Ego. Ich will nicht, dass sie merkt, dass es eigentlich vergebens ist, und dass ihre harte Arbeit umsonst war. Das würde mir auch wehtun. Ich will gar nicht an ihren enttäuschten Blick denken. Alleine die Vorstellung daran ist die Hölle. Aber...wenn ich die Nachprüfung nicht schaffe, wird sie sicher auch enttäuscht sein. Es ist wie ein Teufelskreis. Zum verrückt werden. "So, hier sind wir. Dein Haus. Bis morgen dann, und lern' noch fleißig." "Mach' ich, Eri. " "Tschüssi." "Tschüss." Wir verabschieden uns voneinander. Mit Wangenküsschen. Darauf bin ich wirklich stolz. Eri macht das mit all ihren Freundinnen. Die sind meistens schon älter, weil sie viele von ihnen auf Partys kennenlernt. Es sind richtig coole Mädels. Und hübsch sind die auch. Fast wie Models. Eri wollte mit damals nie Wangenküsschen geben. Bis vor zwei Jahren nicht. Immer hat sie sich geweigert. Das hat mich etwas eifersüchtig gemacht. Aber als ich sie darum anbettelte, hat es sich bei uns als Begrüßungs- und Abschiedsritual eingefügt. Fast hätte ich Freudensprünge gemacht. Ich fühlte mich so dazugehörig. Richtig in Eris Freundeskreis aufgenommen! Endlich! Nur Eri schien nie ganz begeistert von der Küsschen-Sache. Ich weiß nicht wieso. Dabei sind wir doch Freundinnen. Und wenn ich ihren Worten glauben kann, was ich natürlich tue, dann bin ich ihre beste Freundin. Das ist eine Stelle, um die mich viele beneiden sollten. Aber irgendwie nimmt es niemand so wahr. Vielleicht, weil ich nie mit Eri feiern gehe? Oder wir nur selten zusammen in der Stadt sind? Wir sitzen nunmal lieber nur in ihrem oder meinem Zimmer und reden. Das ist auch mal genz schön. Ich sehe Eri nach, als sie mir den Rücken zudreht und den Weg weitergeht. Ich blicke ihr so lange hinterher, bis sie nach einpaar hundert Metern nach rechts abbiegt und hinter einer Hauswand verschwindet. Nun krame ich den Hausschlüssel aus meiner Hosentasche und gehe zur Haustür. Diese schließe ich schnell auf. Ich betrete das Haus und lausche kurz. Stille. Heute bin ich wohl allein zuhause. Ja, sicher bin ich das. Mama und Paps sind bestimmt mal wieder weg. Ich seufzte tief, ziehe meine Schuhe aus und knalle die Haustür zu. Dann laufe ich die Treppen hoch und oben direkt in mein Zimmer. Dort bleibe ich stehen. Meine Augen treffen den Schreibtisch. Auf diesem liegt noch ein aufgeschlagenes Mathebuch. Ein Folterinstrument in meinen Augen. Schlapp und alles andere als motiviert setze ich mich an den Tisch, sehe müde auf die ganzen Zahlen herab und seufze erneut. Scheiß Mathe. Wegen dir und der blöden Physik bleib ich vielleicht sitzen. Diese zwei dummen Fächer wollen mich von meiner Eri trennen. Ein grausames Verbrechen. Und ein Unverzeiliches noch dazu. Genervt schlage ich das Buch zu und blicke auf den Kalender, der genau vor mir an der Wand hängt. Das morgige Datum ist rot eingekreist. Da schreibe ich meine Nachprüfung. Ich spüre, wie mir schlecht wird. Und mit einem mal auch heiß und kalt. Ich kann Mathe nicht. Ich kann es nicht. Egal was ich versuche mir einzureden. Ich werde morgen versagen. Das weiß ich. Aber ich will nicht. Erika wird weinen...das hat sie gesagt. Aber wird sie wirklich? Sie hat doch so viele andere Freundinnen. Auch in unserer Klasse. Die werden sie schon ablenken. Aber...Moment mal. Warum denke ich jetzt sowas? Will ich mich damit beruhigen? Erika und ich sind befreundet! Und nicht nur das, wir sind beste Freundinnen! Wenn ich weg bin, wird sie mich nicht einfach so ersetzen... ...oder etwa doch? Ende des ersten Kapitels Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)