Ein Blick hinter das Eis von abgemeldet (oder wie Joey nicht nur den Eisprinzen bezwang, sondern auch die letzte Schlacht überlebte...) ================================================================================ Kapitel 4: Erkenntnis --------------------- Wenn ich gestern schon gedacht habe, dass ich verrückt bin... nun, heute weiß ich es! Echt jetzt. Ich muss verrückt sein. Es gibt keine andere logische Erklärung und auch keine unlogische, also überhaupt keine. Und nach letzter Nacht kann es auch keine mehr geben. So viel steht mal fest. Denn... Ich habe geträumt. Von Kaiba. Und es war KEIN Alptraum. Puh. Es lässt sich eben nicht leugnen. Und verdrängen kann ich es schon gar nicht. Seit dieser Typ mir im Park geholfen hat, kann ich einfach nicht anders. Ich muss an ihn denken. Immerzu und egal was ich versuche... es wird schlimmer. Sehr viel schlimmer - wie der Traum beweist. Nein, Joey, keine Einzelheiten. Mir war heute morgen schon schlecht genug. Verständlich, wenn man von Kaiba träumt, oder? Ich weiß echt nicht was das soll, geschweige denn was mit mir los ist und schon gar nicht warum dieser Kerl zur Zeit diese... Wirkung auf mich hat. Heute morgen habe ich ihn doch schon fast gesucht auf dem Schulhof. Ernsthaft. Ich habe als erstes Ausschau nach Kaiba gehalten. Doch der Arsch war nicht da. Und kam auch nicht. Und mir ist es unmöglich mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Ok, das ist jetzt nichts neues, aber normalerweise denke ich dann an Duelle, an Mädchen, Pizza... irgendeinen Mist. Aber definitiv nicht an Kaiba. Aber seit seinem Abgang gestern... Nein, genauer gesagt, seit unserem merkwürdigen Dialog ist ausgerechnet dieser scheintote Lackaffe in meinem Kopf. Unablässig. Immer zu. Ich kann sogar hin und wieder noch mal diesen Blick auf mir spüren. Diesen neuen Kaiba-Blick. Selbst in der Vorstellung treibt es mir die Röte ins Gesicht. Was zur Hölle passiert da mit mir? Ich wünschte ich könnte zum Arzt gehen, irgendeine Spritze bekommen und gut ist. Aber was soll ich dem sagen? ´tschuldigung, ich habe seit gestern akkuten Kaiba? Oh Mann. Selbst für meine Verhältnisse ist das verrückt. Und bei all dem hat dieser Arsch auch noch den Nerv mich allein zu lassen. Ich meine, er ist doch schließlich Schuld. Er hat mich infiziert, wenn man so will. Keinen Plan wie er das gemacht hat und warum, aber er ist Schuld. So. Jetzt gehts mir schon etwas besser. Nein, eigentlich nicht, aber auf ihn wütend zu sein ist leichter als... Gott, ich will nicht an ihn denken. Und auch nicht an seine Augen. Schon gar nicht an die und an seinen Mund auch nicht. Dieses Lächeln. Was bildet er sich ein. Weil er nicht wollte, dass ich verletzt werde... Hallo? Dreht sich denn alles um ihn. "Ja, im Moment schon." Fuck, diese böse kleine Stimme ist genau so sarkastisch wie er. Und fuck² genau wie er hat sie Recht. "Warum ausgerechnet ich?" Ups. Das war laut. Jetzt starren mich alle an. Ich grinse entschuldigend. "Schön, dass sie endlich wach geworden sind, Mr. Wheeler." Mein Klassenlehrer schenkt mir einen missbilligenden Blick. Wieder eröte ich. Wenigstens ist ER diesmal daran nicht Schuld. ER. Ich ertappe mich, wie ich zu seinem leeren Platz hinstarre. Was ER wohl gerade macht? Wahrscheinlich sitzt er in seinem megastylischen Büro und wälzt irgendwelche megawichtigen Akten, während ich hier sitzen muss in Gedanken bei... Ich sollte ihm eine reinhauen. Ja, das wäre das Beste. Keine Fragen mehr, schon gar kein Entschuldigungen und auch keine Dankesreden mehr. Einfach eine mitten in die Fresse und... "Joey!" Tea starrt mich an. Ich habe gerade mein Mathebuch verprügelt. Ich sinke immer tiefer. "Was ist denn nur los mit dir? Du bist ja ganz durch den Wind." Ja, das trifft es, Tea. Ich bin definitiv durch den Wind. "Keine Ahnung... hab schlecht geschlafen." Ich zucke mit den Schultern. Sie sieht mich weiterhin missbilligend an. Danke auch. Das hat gerade noch gefehlt. Ich muss etwas unternehmen. *** Ich werde etwas unternehmen. Ich bin schon so gut wie dabei. Ich habe zwar nach wie vor keinen wirklichen Plan, aber einen Grundgedanken, wenn man so will. Und den werde ich nun umsetzen. Ich glaube, die anderen merken auch, dass ich verrückt werde. Zum Glück konnte ich mich nach dem Unterricht wortlos abseilen. Yugi hat mir zwar noch was hinterher gerufen, aber ich bin einfach weiter. Nein, das hier ist eine Sache, die ich alleine regeln muss und ich werde sie jetzt auch regeln. Also zumindest meine Grundidee umsetzen. Was mich zu Kaibas Villa führt. Verdammt ist das Ding groß. Wofür braucht der Kerl soviele Zimmer, wenn er doch meist in seiner Firma ist? Hm. Das werde ich ihn irgendwann mal fragen. Jetzt gibt es wichtigeres zu klären. Ich hoffe er ist da. Schon während ich klingele weiß ich, dass die Grundidee doch nicht so genial war. Ich meine, was soll ich denn sagen? Hallo Kaiba, warum wolltest du nicht, dass ich verletzt werde? Bitte sag mir das, damit ich wieder ruhig schlafen kann und... Oh Mann, wie behämmert. Der hält mich dann doch für den totalen Freak. Wobei... das tut er sowieso. Der Punkt ist also egal. Wie auch immer. Ich habe geklingelt jetzt wird es durchgezogen und theoretisch kann ich ihm immer noch eine reinhauen. "Sie wünschen?" Ich glaube es ist Rolands Stimme, die aus der Sprechanlage kommt. Habe ich ernsthaft gedacht, dass sich Kaiba selbst darum kümmern würde? Lächerlich. "Hier ist Joey Wheeler. Ich möchte zu Mr. Kaiba." Klingt doch fast professionell, oder? "Haben Sie einen Termin?" Ähm... "Nein. Ich..." Es war eine spontane Idee. Mist. Vielleicht auch besser so. "Warten Sie bitte einen Moment." "Oh. Ok." Ich warte, während Roland wohl das Urteil des Meisters abholt ob der Köter vorgelassen wird oder draußen bleiben muss. Gott, ich werde sarkastisch. Der Spruch hätte fast von Mr. Sarkasmus himself sein können. "Mr. Kaiba lässt bitten. Warten sie am Tor, sie werden sofort abgeholt." Höflich bedanke ich mich bei der Sprechanlage und warte. Es dauert tatsächlich nicht lange bis ein Pinguin kommt. Er wirkt sehr gewichtig. "Mr. Wheeler, bitte folgen sie mir." Er wartet keine Antwort ab und ich folge. Minuten später betrete ich das Heiligtum des Fürsten der Finsternis oder war es Eiseskälte? Ich muss unwillkürlich schaudern. Nein, nicht dass es kalt wäre, im Gegenteil. Es ist sogar recht gemütlich für so einen großen Schuppen und es gibt eine Menge zu sehen. Wow. Der Eisprinz wohnt nicht schlecht. Ich schaffe gar nicht alles in mich aufzunehmen und gleichzeitig dem Pinguin zu folgen. "Bitte, Mr. Wheeler. Mr. Kaiba erwarte sie." Man öffnet mir die Tür und ich zögere. So. Jetzt gibt es also kein zurück mehr. Ich muss es jetzt durchziehen. Warum verlässt mich nur jetzt der Mut? Ich trete ein und bin erst einmal irritiert wie groß der Salon ist. So groß, dass ich auf Anhieb keinen Menschen sehe. "Kaiba?" frage ich irritiert. Die Tür hat man schon hinter mir geschlossen. "Joey!" antwortet eine freudige Stimme und der andere Kaiba läuft auf mich zu. Der kleine Mr. Kaiba. Vielleicht hätte ich mich präziser ausdrücken sollen. Das sagt Kaiba mir auch immer. Oh Mann. "Hallo Mokuba." Ich grinse ihn liebevoll an. Im Gegensatz zu seinem Bruder ist er ein wahrer Sonnenschein. Hat schon ne gewisse Ironie, oder? "Schön dich zu sehen. Aber... naja, eigentlich wollte ich zu..." "Dacht ich mir." unterbricht der Kleine mich. "Aber Seto ist noch nicht da. Doch er wird sicher innerhalb der nächsten halben Stunde kommen, deshalb dacht ich mir du unterhältst dich solange mit mir. Magst du was trinken?" Wow. Keine Fremdwörter, keine gemeinen Ausdrücke und dazu noch ein strahlendes Lächeln. "Klar, gerne. Dann warte ich hier mit dir." erwidere ich und entspanne mich automatisch. Noch habe ich Galgenfrist. Und im Notfall... "Tee?" Ich nicke nur und trete unsicher näher ins Zimmer. "Setz dich ruhig und machs dir bequem." Mokuba hat schon das Austelefon in der Hand. Aha. So läuft das hier. Was für ein Service. Ich nehme auf der großen runden Couch Platz und sehe mich weiter um. Im Hintergrund gibt Mokuba seine Bestellung auf und ich muss grinsen. "So... erledigt." Jetzt kommt er zu mir und nimmt mir gegenüber Platz. Er ist wie immer gut gelaunt, naja, kein Wunder bei der Hütte. "Und alles klar bei dir?" Ich nicke. "Ja, eigentlich schon." Was soll ich auch sagen? Nein, dein Bruder hat mich verflucht. "Schön." Er grinst. Eines dieser süssen Kindergrinsen, die geradezu ansteckend bin. Seltsamerweise frage ich mich insgeheim wie Seto wohl als Kind war. Hat er auch gegrinst? Waren seine Haare zerzaust? Oder hatte er schon damals diesen unbeugsamen harten Blick darauf? Fragen über Fragen und Scheiße, warum beschäftige ich mich damit? "Was willst du denn von Seto?" fragt er schließlich. Ähm ja. Gute Frage. "Also ich..." Zum Glück werden wir unterbrochen. Der Tee kommt. Ein Hausmädchen serviert ihn wie ich es aus Filmen kenne. Stilvoll und steif. Während sie ausschenkt überlege ich mir was ich sagen soll. Auf einmal erscheint mir die ganze Idee verrückt genau wie der Rest der Sache. Ich sollte gehen. "Also?" fragt Mokuba und seine großen Augen haben einen solch herrlich unschuldigen Blick. Er reicht mir eine Tasse und ich stelle sie vor mir ab. "Ach, ich wollte nur mit ihm über einen kleinen Zwischenfall im Park reden..." Klingt doch nach ner vernünftigen und recht plausibelen Antwort, oder? Einen Moment sieht Mokuba mich fragend an. "Ach, du meinst die Schlägerei?!" meint er dann und nun ist es an mir ihn fragend anzusehen. "Du weißt davon?" Er nickt heftig. "Klar... ich musste Seto doch auch verarzten. Aber Pst! Er wollte eigentlich gar nicht zugeben, dass er sich verletzt hat." Mokuba strahlt und in seinem Blick liegt eine solche Heldenverehrung, dass es mir die Sprache verschlägt. Und schlagartig wird mit bewusst, dass Seto sich ja wirklich und wahrhaftig mit vier Kerlen geprügelt hat. Kerlen, denen ich mit meiner kämpferischen Erfahrung unterlegen war. "Was hatte er denn?" will ich wissen. "Ich sag´s auch nicht weiter!" Ich zwinkere ihm verschwörerisch zu. Er grinst unwillkürlich. "Nur ne kleine Prellung an der Hand." entgegnet er leise. Ich nicke. "Und du? Hast du dich auch verletzt?" Ich schüttele den Kopf. "Nicht wirklich... Ich hatte Glück." Er nickt zustimmend. "Stimmt, wenn Seto nicht gewesen wäre..." Erkenntnis Nr. 2 innerhalb von wenigen Minuten. Mokuba wusste tatsächlich von der Sache, ich meine, nicht nur oberflächlich. Kaiba hatte ihm erzählt, dass er mir geholfen hatte. Fast hätte ich mich an meinem Tee verschluckt. "Ja, wenn Kaiba nicht gewesen wäre, wäre es wahrscheinlich übel ausgegangen." Ich übertreibe, aber hey, der Kleine verehrt seinen Bruder. "Ich hätte nicht gedacht, dass er dir davon erzählt, ich meine, dass er irgendjemanden davon erzählt, dass er mir..." Ich spreche es nicht aus. An Mokubas Gesicht kann ich ablesen, dass er es auch so versteht. Er grinst vielsagend. "Also wirklich erzählt hat es mir Seto auch nicht. Er erzählt doch nie viel. Man muss ihm die Sachen aus der Nase ziehen." Er zwinkert mir zu. Ich nicke nur und denke nach. Versuche es zumindest. "Hat es dich nicht gewundert, dass er ausgerechnet mir geholfen hat?" platzt es dann aus mir heraus. Mokuba lacht. "Seto wollte eben nicht, dass du verletzt wirst." erwidert er ruhig. Schon wieder. Seto, ich meine, Kaiba wollte nicht, dass ich verletzt werde. Als wäre damit alles gesagt. "Hm." "..." "Ach...nichts." Er sieht mich plötzlich mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen an. Ich kann ihn nicht deuten, aber ich habe das Gefühl, dass er überlegt. "Bist du deshalb hier?" will er schließlich wissen. Keine Ahnung was er mit deshalb eigentlich meint, aber ich nicke mal einfach. Er tut es auch. Nicken. Nachdenklich. Bedächtig. Und wieder scheint er zu überlegen. "Du weißt, dass Seto nicht so gut darin ist Gefühle zu zeigen." Nein, es ist keine Frage, eine Feststellung. Ich nicke wobei ich nicht so gut für reichlich untertrieben halte. Kaiba mag in allem gut sein, was er anfängt aber wenn es um Gefühle geht, dann ist er ein stümperhafter Amateur. Und das ist noch freundlich ausgedrückt. Doch das kann ich Mokuba natürlich nicht sagen, auch wenn er es vielleicht sogar weiß. "Seto lässt nicht gerne jemanden an sich heran..." redet der Kleine weiter. "Selbst mir gegenüber fällt es ihm schwer. Ich weiß, das ist keine böse Absicht von ihm, er ist eben so. Verschlossen meine ich. Das liegt an unserer Vergangenheit." Er sieht mich nicht an während er redet. Ich bin nicht einmal sicher ob er mit mir spricht oder zu sich selbst. "Was ich damit sagen will, es ist nicht so, dass jeder ihm egal ist, außer mir. Auch wenn es manchmal so aussieht." Seine schwarzen Augen fixieren mich jetzt. Ich bin nicht sicher ob ich ihn richtig verstehe, ob er mir damit tatsächlich etwas zu sagen versucht. Mir speziell. Ein merkwürdiges Gefühl beschleicht mich plötzlich. Ich muss unwillkürlich an Kaibas Augen an diesem Nachmittag denken. Die Art wie er mich angesehen hatte. Er... Er war besorgt gewesen. Ernsthaft besorgt. Um mich. Langsam dämmert mir etwas, aber kann das tatsächlich sein? Ich wage es nicht den Gedanken weiter auszuführen. "... und du bist ja auch sein Hündchen." Die letzten Worte reißen mich jäh zurück in die Realität. Was hatte er gesagt? Ich hatte nur den Schluss verstanden, aber das hatte genügt um mich aus der Fassung zu bringen. Ich starre Mokuba fassungslos an, ich bin außer Stande etwas zu entgegenen. Ja, nicht einmal nachzufragen. Ich fasse es einfach nicht. Das kann einfach nicht sein. Ich muss mich irren. Mein Gehör muss defekt sein. Wieder dieser Ausdruck. Sein Hündchen. Ich muss es wissen. Ich muss wissen was das bedeutet und wenn Kaiba es mir schon nicht sagen will oder kann oder was auch immer, Mokuba wird es. "Wie meinst du das?" frage ich deshalb. Aber eine Antwort bekomme ich nicht mehr. Die Tür wird geöffnet und wir werden wieder unterbrochen. Nur das es diesmal kein Dienstmädchen ist, das gleich wieder geht. ER ist es. Kaiba. Ich spüre wie sich alles in mir zusammenzieht. Und ich sehe ihm an, dass es ihm genauso geht. Wir sehen einander an und... "Seto!" Mokuba ist zu ihm gelaufen und umarmt ihn. Es ist seltsam mitanzusehen wie alle Anspannung und Härte von ihm abfällt, wenn er auf den Kleinen trifft. Ich kann geradezu beobachten, wie sich eine Verwandlung an ihm vollzieht. Mit einem Mal liegt keine Kälte mehr in seinen Zügen, ja, die markanten Züge werden direkt weich und der zynische Mund verliert seine Härte und auch den feinen Spott. Bislang konnte ich das Schauspiel nur ein, zwei Mal aus der Ferne beobachten, jetzt aber sehe ich es nah und deutlich und... verdammt, Kaiba ist tatsächlich ein Mensch. Ich habe mich nicht geirrt. Der Blick seiner Augen, die jetzt auf Mokuba ruhen, sind sanft, ja, gütig und... Ich spüre wie ich erstarre. Das ist fast genau der Blick mit dem er mich ansgesehen hat. Nur, dass in dem Moment noch Sorge mit im Spiel war. Fasziniert beobachte ich das Schauspiel, ich weiß, es wird nur wenige Sekunden andauern, dann wird er die Maske wieder hochziehen und sich mir zuwenden. "Soweit wie er es noch vermag." vernehme ich wieder diese kleine Stimme. Nein, diesesmal ist sie nicht sarkastisch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)