Anruf aus der Hölle von Chino (Manche Informationen sollte man nicht verschweigen.) ================================================================================ Kapitel 1: Anruf aus der Hölle ------------------------------ Anruf aus der Hölle Per Alter, ich sollte nicht mehr so viel saufen. Ich habe den dumpfen Verdacht, dass JJ und ich es doch ein wenig übertrieben haben. Und das an einem Samstag. Normalerweise reicht uns doch der Freitag. Aber irgendwie wurde da ja nicht so viel draus. Als Fin und Eddie abgehauen sind ist Coco auch nicht mehr lange geblieben und JJ war auch schon um 3 Uhr zu müde. Allerdings haben wir uns heute nochmal getroffen, weil Finnie nicht zu erreichen war. Irgendwann war sogar der Rum weg. „Glotz nich‘ so!“, schnauze ich eine alte Oma an, die an einem Sonntagvormittag nichts besseres zu tun hat, als ihren Dreckspudel Gassi zu führen und mich wie einen Schwerverbrecher anzustieren. Hey, haben die den selben Friseur? Sie guckt, als hätte ich sie in ihrer Vermutung bestätigt und zieht das Mistvieh mit sich, welches gerade an meinen Spingern geschnüffelt hat und vermutlich jeden Moment das Beinchen heben wollte. Dreckstöle. Ich sehe auf mein Handy, um rauszufinden, wie spät es jetzt eigentlich ist. Scheiße, Akku leer. Meine Fäuste in die Taschen meiner Lederjacke stopfend stampfe ich weiter heimwärts und ignoriere die rote Fußgängerampel als auch den hupenden Autofahrer. Ob Finnie Freitag noch gut nach Hause gekommen ist? Bestimmt, Eddie ist viel zu lieb um irgendwas Unanständiges mit dem Kleinen anzustellen. Trotzdem würde es mich ja mal interessieren, was die beiden noch gemacht haben. Fin ruft bestimmt an, wenn was Bahnbrechendes passiert ist. Ich kichere ich mich hinein und ernte misstrauische Blicke der Passanten. Muss aber nicht daran liegen, das nächste Schaufenster an dem ich vorbekomme, sagt mir, dass ich ziemlich scheiße aussehe. Ich gehe weiter, der Anblick ist ja gruselig. Vielleicht sogar erbärmlich. Aber nur vielleicht. Habe ich zu Hause eigentlich noch was zu essen? Hey, in meiner Hosentasche finde ich ‘nen Zehner, also noch schnell ab zum Supermarkt – der zum Glück auch an einem Sonntag geöffnet hat. Nicht, dass ich mich schon wieder woanders durchfuttern muss. Brot und Käse sollten bis Montag wohl reichen. An der Kasse wandert noch ‘ne Kippenschachtel auf das Band. Ich bezahle, lasse die Kippen in meiner Jacke verschwinden und klemme mir mein Essen unter den Arm. Jetzt aber wirklich mal nach Hause. Dort angekommen verrät mir meine Küchenuhr, dass es bereits 13 Uhr ist. Den Käse schmeiße ich in den doch nicht so leeren Kühlschrank – Wuhu, ich hab‘ noch Joghurt! – und das Brot auf die Anrichte. Gerade drehe ich mich um und will meine Jacke ausziehen, da fällt mein Blick schon auf den Boden. „Nee, oder?“ Mit dem linken Fuß tippe ich in die braunen Krümel. „Holmes… Watson…“ Seufzend sehe ich die beiden Fellknäuel an, die gerade um die Ecke auf mich zulaufen und sich schnurrend an meinen Beinen reiben. „Ihr habt meine letzen Brownies getötet… schämt euch. Schande über euch. Schande über eure Kuh!“ Holmes maunzt mich klagend an. „Ey, ICH habe die Küche nicht in eine Krümelhölle verwandelt!“ Watson fährt seine Krallen in meine Schnürsenkel und zieht daran. „Hättet ihr nicht noch eben auf mich warten können? Ihr wisst, dass ich lieber selbst hungere als euch fasten zu lassen!“ Holmes macht sich daran die Alufolie, in welcher die Brownies noch eingewickelt waren, erneut zu bearbeiten. „HOLMES!“ Noch ehe ich ihn schnappen kann sind er und sein Kumpan wieder aus der Küche verschwunden. Seufzend lege ich meine Jacke auf den kleinen Küchentisch und mache mich daran die letzten Überreste des Massakers zu beseitigen. Inzwischen ist es 16 Uhr, ich habe geduscht, die Futter- und Wassernäpfe meiner beiden Mitbewohner gefüllt, den Fernseher angemacht und jetzt suche ich mit einer Zigarette zwischen den Lippen mein Feuerzeug im Wohnzimmer. „Komm schon, zeig dich!“ In dem Moment klingelt mein Telefon. „Argh!“ Dem Geräusch folgend stolpere ich beinahe über Watson, der es sich neben dem Sessel bequem gemacht hat. „Janßen,“ raunze ich in den Hörer. „Du verdammter Arsch!!!“ „Oh, hey Fin.“ Ah, da bist du ja! Das Feuerzeug vom Tisch nehmend lasse ich mich auf die Couch fallen und zünde mir die Kippe an. „Alter, ich hasse dich!“ „Ich hab‘ dich auch lieb, Finnie.“ Wo ist dieser verdammte Aschenbecher denn schon wieder? „Dir ist schon klar, dass du mir eine Menge tränenreicher Nächte hättest ersparen können, oder?!“ Gefunden. „Hm? Erkläre dich mein Freund, ich weiß nicht wovon du redest.“ „Ich war gestern bei Eddie und hab‘ da so einiges erfahren.“ „Oho, was habt ihr denn so getrieben?“ Ich höre, wie Finnie schnaubt und sehe seine erzürnte Schnute geradezu vor mir. „Wir haben nur geredet, nichts weiter.“ „Schade, ich dachte jetzt tischst du mir hier super sexy und heiße Stories auf.“ Er übergeht meinen belustigten Ton. „Per… Eddie hat mir da was erzählt.“ Scheiße, Fin klingt so ernst. „Fin, was ist passiert?“ Ich mache mir jetzt irgendwie doch Sorgen. „Per… KANN es sein, dass du mir eine KLEINIGKEIT verschwiegen hast, als ich auf eure Schule gewechselt habe?!“ „Scheiße man, wovon redest du?“ „Jetzt tu doch nicht so unschuldig!!!“ „Ich weiß wirklich nicht was du meinst, was hat er dir denn gesagt?!“ „Per, er hat mir erzählt, dass er schwul ist und dass es ihn wundert, dass du Plappermaul es mir nicht gesagt hast!!!“ Fuck. „Oh.“ Das ist mein Ende. „Ja, oh.“ Er wird mich töten. Langsam und qualvoll. „Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?“ Scheiße, wer kümmert sich um Holmes und Watson? „Per? Rede.“ Ich sollte meinen Anwalt kontaktieren, ich muss noch mein Testament aufsetzen. „Per…“ Wer wird meinen Eltern Bescheid geben? „Bist du noch da?“ JJ sollte meinen Wodka bekommen. „Per?“ Hoffentlich wird meine Beerdigung nicht zu schnulzig. „PER!“ „Huh? Ach fuck!“ Vor Schreck habe ich mir auf die Jogginghose geascht. „Wo bist du denn jetzt schon wieder mit deinen Gedanken? Ich will sauer auf dich sein, das geht nicht, wenn du nicht zuhörst!“ „Bei meiner Beerdigung. Meinst du, Muddi würde das volle Programm durchziehen?“ „Äh… zuzutrauen wäre es ihr. Aber… ach verdammt, deine Gedanken ergeben eh keinen Sinn für mich! Also nochmal von vorne: WAS hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?!“ „Ich… bin ein vergesslicher Volltrottel, der nicht nachgedacht hat, welche Folgen das für seinen besten Freund nach sich ziehen kann?“ „Klingt logisch.“ „Vergibst du mir?“ Ich höre ihn seufzen. „Ja, dir sei vergeben. Aber nur, wenn du mir morgen Brownies mitbringst!“ „Die letzten haben Holmes und Watson vorhin getötet. Genügend Zutaten habe ich auch keine mehr…“ „WAS kannst du eigentlich?“ „Dich einladen mit den Zutaten herzukommen, die Nacht durchzumachen und dann zusammen zur Schule zu gehen!“ „Klingt fair. Wann soll ich vorbeikommen?“ „Wann du willst, den Schlüssel hast du ja. Und dann erzählst du mir, was ihr noch angestellt habt!“ „Ausnahmsweise. Bis nachher dann.“ „Bye.“ Ich lege das Telefon wieder auf den Tisch und ziehe an meiner Zigarette. Zum Schluss klang Finnie ja regelrecht verträumt. Den hat’s wohl voll erwischt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)