Das fehlende Teil von angeljaehyo (Deutschland ist seit so langer Zeit nicht ganz.) ================================================================================ Prolog: Ein neuer Wind weht durch das Land ------------------------------------------ A/N Ludwigs PoV. Ein neuer Wind weht durch mein Land. Auf meine Geschichte zurückblickend muss ich sagen, dass ich mich ziemlich verändert habe. Meine Geschichte ist geprägt von Stolz und Eigensinn - zwei Eigenschaften, die ich von ihm gelernt habe. Die ich an mir schätze, gerade weil ich sie von ihm gelernt habe. Obwohl sie schon so viel Schlechtes angerichtet haben. Ein gewisses Gefühl von Überlegenheit gab mir vermeintlich das Recht, über andere Völker zu bestimmen. Blut floss in Strömen. Frauen schrieen, Kinder weinten, Männer fielen. All dies aus einem Bestreben heraus, das idealistischer und chauvinistischer und dümmer nicht hätte sein können. Idealismus hat uns beide schon immer geprägt. Doch mit seinen Ideen kamen diese Ansprüche, die mich und unser Land in den Ruin trieben... ... und ihn in den Tod. Eigentlich sind kleine Kinder doch immer so. Glauben an das unendlich Gute, meinen, ihre Meinung sei die einzig Richtige - und sind dabei wirklich dumm. Warum finden Menschen Kinder dann süß und hassen... uns? Er war wie ein kleines Kind in einem Körper eines Erwachsenen. Und doch war er anmutig und voller Stolz, wenn er nicht daran dachte, Eindruck schinden zu müssen. Wenn er selbstvergessen auf unserem Schiff stand, das neueste der Flotte, mit der wir seiner Meinung nach die englische versenken könnten (welch ein Fehler). Das Haar wehte ihm ins Gesicht, doch das machte nichts. Normalerweise sieht man fern zum Horizont, wo nichts anderes zu sehen ist als das weite Meer. Er war anders. Voller Stolz blickte er zurück auf die Küste. Auf unser Land. Das Deutsche Reich. Das war kurz vor der ersten Katastrophe. Trotz Hunger und anderer Strapazen überlebten wir diese. Doch er wollte wieder mehr, er brauchte wieder mehr - und weil er es wollte, wollte ich es auch. Schließlich war es für unser Wohl. Denn was scherte es uns, wie es anderen ging, solange wir beide zusammen waren? Nur uns sollte es gut gehen, wir interessierten uns nicht für die anderen. Ich wollte nur ihn. Und er wollte die Welt. Ich weiß bis heute nicht, wieso. Wenn wir gemeinsam unsere Pläne schmiedeten, glühten seine Augen vor Begeisterung. Und wenn er dachte, dass ich wegsah, sah er mich mit diesem Blick an, der besagte, dass alles klappen würde. Dass alles gut gehen würde, dass wir zusammenbleiben würden, für immer, in einem wunderschönen Reich, das er speziell für uns... für mich... erschaffen würde. Ich ließ mich mitreißen, nein, ich selbst war genauso eine treibende Kraft in unserem Amoklauf wie er, wünschte seine Wünsche freiwillig. Ich wollte der perfekte kleine Bruder für den perfekten großen Bruder sein. Seite an Seite mordeten, plünderten, verwüsteten wir, ohne Sinn und Verstand, nur uns selbst im Kopf, nur unsere schöne, gemeinsame Zukunft. Sein Lachen klingt mir bis heute in meinen Ohren. „Das größte, beste und tollste Land der Welt, kleiner Bruder, unter DEINEM Namen! Nur du verdienst das, und ich werde dafür kämpfen.“ Er war einfach alles für mich. Als wir nebeneinander schwerverletzt auf dem Schlachtfeld lagen, hielt er meine Hand ganz fest. Seine Augen loderten noch immer, sagten mir, wir schaffen das trotzdem, obwohl England, Frankreich, Amerika und Russland um uns herum standen. Es war ihm egal. Es war ein intimer Moment zwischen ihm und mir, und er hielt meine Hand, in der ich kein Gefühl mehr hatte, so sehr fest. Ich sah es daran, wie seine Knöchel weiß wurden. Ich starrte nur seine Hand an, denn das Blut in seinem Gesicht konnte ich nicht verkraften. Ich konnte es nicht verkraften, dass er sich keiner Schuld bewusst war, während mir schlagartig klar wurde, was wir angerichtet hatten. Ich konnte es nicht verkraften, die Konsequenzen bereits zu kennen. Zwei Jahre später verschwand er. In diesen zwei Jahren schmiedete er natürlich wieder Pläne, fieberhaft, wie im Wahn. Er wusste, was auf ihn zukam. Jetzt ist er seit 63 Jahren weg. Und ich bin allein. Die anderen sind nett zu mir, und ich weiß, was er und ich getan haben, ich weiß, dass er niemals einsichtig war, ich weiß, dass er schlichtweg böse ist. Sein ehrlicher Stolz und seine ehrliche Liebe zu unserem Land. Nie habe ich ein reineres Gefühl miterlebt. Sein ehrlicher Stolz und seine ehrliche Liebe zu mir. Nie habe ich ein reineres Gefühl erfahren. Ich bin nicht ganz. Ein neuer Wind weht durch mein Land. Wenn ich auf die Straßen sehe, sehe ich Leute aus aller Herren Länder. Es gibt viele Probleme, doch auch viele positive Erlebnisse. Hand in Hand leben sie hier in unse...- in meinem Land. Ganz anders als früher. Wahrscheinlich besser. Ich wandere durch die Städte und beobachte das Geschehen. Vieles könnte besser laufen, vieles aber klappt ganz gut. Doch manchmal frage ich mich: Warum habe ich mich so verändert? Mir macht es nichts aus, wenn hier so viele Ausländer Fuß fassen, im Gegenteil, ich weiß, dass ich der Welt etwas schuldig bin, ich weiß, dass gerade ich dies zu akzeptieren habe. Und ich würde es liebend gern akzeptieren. Wenn es nicht eine Sache gäbe: Warum ist niemand mehr stolz darauf, ein Deutscher zu sein? Nur alle vier Jahre weht meine Flagge, nur alle vier Jahre singt mein Volk lauthals von Einigkeit und Recht und Freiheit. Wieso? Was ist so furchtbar schief gelaufen? Wir sind ein großes Land, nicht mehr so chauvinistisch und dumm. Ich habe mich weiterentwickelt. Ich bin ein gutes Land. Und doch fehlt mir etwas: Mir fehlt das Feuer, das in seinen Augen loderte. Die Energie, die Vitalität, mein Idealismus. Unser Idealismus. Wo ist meine Philosophie hin, mein Durchsetzungsvermögen, meine Lebenseinstellung? Sie geht in Marketing-Produkten wie dem Oktoberfest unter. Mir fehlt das alles. Ich will wieder sein, wie ich einmal war. Ohne die Kriege, ohne das Überlegenheitsgefühl, ohne all die Pläne. Einfach nur deutsch. Ich bin nicht ganz. Ein neuer Wind weht durch mein Land. Vermummte Gestalten mit schwarzen und weißen Spraydosen tauchen auf einmal überall auf. Mein Volk merkt, dass etwas nicht mit mir stimmt. Sie machen es an der Einwanderungsquote fest, an angeblicher Nicht-Integration, es kommt zu Übergriffen. Zu Demonstrationen. Mit Sprüchen, die mich erinnern, so sehr erinnern, an die alte Tatkraft, die aber doch falsch sind, so verlockend sie auch klingen. Die vermummten Gestalten fangen ihr Graffiti an. Ich beginne, an mir selbst zu zweifeln. Wozu hat er mir ein Land gegeben, wenn ich nicht darauf stolz bin? Mein Volk ist untereinander zerstritten, es gibt kein Zusammengehörigkeitsgefühl. Sie sind nicht mehr stolz darauf, deutsch zu sein. Sie würden sich schämen, wenn sie es wären, denn dann wären sie so wie er. Ach, wenn die Leute nur sehen würden, dass er nicht nur diese Seite hatte! Die vermummten Gestalten sprühen seine Flagge an die Wand. Und auf einmal merke ich - Ein neuer Wind weht durch mein Land. Was mein Land braucht, ist - Ein neuer Wind weht durch mein Land. Die Inkarnation eines Landes ist nur die gebündelte Gedankenmasse seines Volkes - Ein neuer Wind weht durch mein Land. Und mein Volk denkt in seiner Verlorenheit an - Ein neuer Wind, ein alter Wind weht durch mein Land. Und er riecht nach Preußen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)