Shitsui no Jidai von Aoiyuki (Findest du aus der Vergangenheit?) ================================================================================ Kapitel 13: Das Aufeinandertreffen ---------------------------------- An alle wünsche ich erstmal nachträglich ein frohes neues Jahr! Ich hoffe, ihr seid gut reingekommen.^^ Viel Spaß beim Lesen. Am nächsten Morgen wachte Mio um elf Uhr auf. Sie stellte fest, dass sie am Arm so gut wie keine Schmerzen mehr spürte. Auch hatte sie glücklicherweise kein Fieber mehr. Anscheinend hatte sich das Ausruhen gestern gelohnt. Herzhaft gähnte sie und erhob sich aus ihrem Bett. Sie ging ins Bad, um sich umzuziehen und eine frische Dusche zu nehmen. Sie wickelte sich in ein trockenes Handtuch und holte ihre Anziehsachen, die aus einem dunkelblauen Top, einem weißen Rock und einer blauen Haarspange bestanden. ‚Mist, ich habe ja gar keinen frischen Verband!‘, ärgerte sie sich. Erst als sie neben ihr Bett sah, hellte sich ihr Blick auf: Genau dort fand sie das, was sie brauchte. Mio lächelte. Chazz dachte wirklich gut mit, das hatte sie ihm gar nicht zugetraut. Nachdem sie den Verband gewechselt hatte, beäugte sie genauer ihre Blessuren. Ihre linke Wange war noch immer ein wenig geschwollen und an ihrem linken Bein hatte sie eine Prellung. Die anderen Verletzungen waren nach Mios Sicht nur „kleine Kratzer“. Abgesehen von ihrem Arm, um den sie den frischen Verband wickelte. Als ihr Magen knurrte, beschloss Mio, zu frühstücken, denn sie hatte einen ganzen Tag lang nichts gegessen. Sie marschierte zur ihrer Tür und legte ihre Hand auf die Türklinke, zögerte aber. Wenn sie ihr Zimmer verließe, entstände eine große Wahrscheinlichkeit, auf Chazz zu treffen. Dabei wollte sie ihm für die nächste Zeit aus dem Weg gehen. Zumal war es ihr peinlich, dass sie und Chazz... in einem Bett zusammen geschlafen haben. Die Röte stieg ihr ins Gesicht. Wie sollte sie Chazz denn so gegenüber treten? Vor allem wusste sie nicht, wie er die Situation sah. Höchstwahrscheinlich würde er sie ignorieren und so tun, als ob nichts gewesen wäre. Traurig senkte sie ihren Kopf. Dabei kamen sie doch am Abend gut miteinander aus! Aber für Chazz würde es nichts bedeuten. Ja, das war typisch für ihn. Es ging sowieso nur um ihn selbst, die anderen waren ihm egal. Vor allem sie, Mio. Für ihn war sie bloß ein unerzogenes Gör.. jedes andere Mädchen wäre ihm tausendmal wichtiger. Sie schüttelte den Kopf. Warum war sie so traurig? Sie redete von Chazz Princeton, von demjenigen, den sie von Anfang an gehasst hatte! Er konnte ihr egal sein, so wie sie es bei ihm war. Nachdem sie sich selbst beruhigt hatte, schritt sie nach draußen. Heute war wieder ein herrliches Wetter! Mio genoss die wohltuende Wärme und atmete die frische Luft ein. Ein perfekter Sonntagmorgen! Mio ging hinunter zur Kantine. Sie atmete tief durch und öffnete die Tür. Erleichtert sah sie sich um: Kein Chazz weit und breit zu sehen! Stattdessen erblickte sie Jaden und Syrus, zu denen sie sich sofort gesellte. „Guten Morgen!“ Syrus schaute auf. Auf seinem Gesicht bildete sich ein Lächeln. „Mio!! Ich bin froh, dass…“ Als er genauer hinsah, fiel der Blauhaarige beinahe vom Stuhl. „W-was.. i-ist denn mit dir passiert? D-du musst sofort zur Krankenstation!“, rief er mit hoher Stimme. Die Schwarzhaarige ging derweil an ihm vorbei und holte sich ihr Frühstück. Danach setzte sie sich seelenruhig neben ihn hin, ehe sie antwortete. „Kein Grund zur Aufregung. Sind nur ‘n paar Kratzer.“ „Kratzer?! D-das sieht alles ziemlich schrecklich aus!“ „Du siehst Gespenster“, sagte sie, während sie sich Reis in den Mund schob. „Außerdem komme ich erst in die Krankenstation, wenn ich kurz vorm Umkippen bin.“ Ihr Freund seufzte. „Unverbesserlich..“ Sein Blick wanderte besorgt zu Jaden. Mio fiel auf, dass er die ganze Zeit noch gar nichts gesagt hatte. Er hatte nicht einmal sein Essen angerührt. Der Braunhaarige blickte betrübt auf den Tisch und nahm von alldem nichts wahr. „Was ist denn mit Jaden los?“, flüsterte Mio zu Syrus. „Ich habe keine Ahnung. Gestern ging es ihm eigentlich ganz gut…“ Mio rieb sich das Kinn und dachte nach. ‚Gestern war er mit Alexis bei mir.. ob es mit ihr etwas zu tun hatte?‘ „Sag mal, Syrus, mit Jaden hattest du dich nicht gestritten, oder?“ Er schüttelte energisch den Kopf. „Auf keinen Fall! Jaden und ich hatten uns so gut wie nie gestritten!“ ‚Dann muss etwas zwischen den beiden vorgefallen sein‘, schloss Mio. Sie legte eine Hand auf seine Schulter. „Mach dir keinen Kopf! Es wird ihm die nächsten Tage bestimmt besser gehen!“ Dankbar nickte er. „ Bestimmt.“ Nach dem Frühstück machte sich die Studentin zurück in ihr Zimmer auf. In dem Moment vibrierte ihr PDA. Erstaunt sah sie nach. Na du? Ich hoffe, dir geht es wieder besser. Heute hat das Freizeitgebäude auf. Hast du Lust mit Mindy, Jasmin und mir dort hinzugehen? Alexis Mio lächelte. Natürlich würde sie kommen. Schnell tippte sie ihre Antwort ein und gab einen Treffpunkt an. Danach zog sie sich ihre Jeansjacke über, um ihren Arm und die meisten Blessuren zu bedecken, immerhin wollte sie die neugierigen Blicke der Leute vermeiden. Anschließend machte sie sich zum Treffpunkt auf. Von weitem sah sie bereits die drei Mädchen. Sie winkte ihnen zu und umarmte sie zur Begrüßung. „Wir haben uns Sorgen gemacht, weil du gestern nicht da warst“, sagte Mindy, während sie zu viert die Einkaufshalle betraten. „Meine Güte! Woher hast du diese Verletzungen in deinem Gesicht?“ „Naja…“, Mio legte sich eine Antwort zurecht, „…am Freitagabend hatte ich Auseinandersetzungen mit Fujisawa.“ „Was?!“, stieß Jasmin entsetzt aus. „Wie schrecklich…“ „Jetzt hört mal auf, Mio auszufragen, immerhin sind wir im Shoppingcenter und nicht bei einem Verhör“, sagte Alexis. Darauf lachten die Drei. „Da hast du recht. Tut uns leid, Mio, dass wir so aufdringlich waren. Also dann, wohin sollen wir zuerst gehen?“ Gemeinsam durchstöberten sie die Geschäfte und probierten die verschiedensten Klamotten an. Dabei stellte Mio fest, dass es mit ihren Freundinnen eine Menge Spaß machte, shoppen zu gehen. Bei Fujisawa herrschte die ganze Zeit über eine angespannte Stimmung und es war alles andere als entspannend. Im Moment spielten die Gedanken, die sie sonst immer bedrückt hatten keine Rolle. Es zählte einzig und allein der Spaß. „Lasst uns zum Schmuckladen gehen, ja?“, sagte Mindy. „Aber du hast doch schon genug! Lasst uns lieber in den Klamottenladen von da vorne gehen“, wandte Alexis ein. „Och nee..Jasmin, was meinst du?“ „Ich möchte mir noch eine Kette kaufen!“ „Wie wär’s wenn Mindy und Jasmin in den Schmuckladen gehen und Alexis und ich in den Klamottenladen?“, schlug Mio vor. „Okay, dann bis gleich!“ Jasmin zog Mindy mit sich. Innerhalb von ein paar Sekunden waren sie in der Menge verschwunden. „Dann mal los!“ „Warte“, sagte Alexis. Abrupt blieb Mio stehen. „Ja?“ „Also… ich bin froh, dass wir heute hier sind.“ Die Schwarzhaarige lächelte. „Ich auch. Man kann all die bedrückenden Gedanken für eine Weile vergessen.“ Alexis nickte. „Weißt du…“, begann Mio, „ich denke, du solltest dir über Jaden nicht den Kopf zerbrechen.“ Überrascht sah ihre Freundin sie an. „Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber es hat auf jeden Fall etwas mit Jaden zu tun, oder?“ Alexis blickte betrübt zu Boden. Mio ging auf sie zu und nahm sie in den Arm. „Das wird schon, da bin ich mir sicher.“ Erleichert hob Alexis den Kopf. „Danke!“ Das Mädchen wollte gerade noch etwas erwidern, als sie plötzlich eine Person von weitem erblickte. Ihre Augen weiteten sich. „Oh mein Gott!“ Wie vom Blitz getroffen rannte sie in irgendein Geschäft und versteckte sich hinter der Scheibe. Alexis sah ihr verdutzt hinterher. Was war denn jetzt auf einmal los? Sie merkte, wie sie angesprochen wurde. „Hallo, Alexis!“ Sie drehte sich um. Vor ihr stand niemand anderes als Chazz Princeton. „Äh, hallo, Chazz. Was machst du hier?“ „Ich mache Besorgungen. Hast du Lust, mitzukommen?“ „Nein, danke, ich bin mit… Mindy und Jasmin shoppen.“ Dabei deutete sie zum Schmuckladen, in dem man die beiden am Schaufenster sehen konnte. Chazz seufzte. „Na dann kann man nichts machen. Lass uns das ein anderes Mal machen, ok?“ Mit diesen Worten zog er von dannen. Sie sah ihm hinterher. Von hinten hörte Alexis, wie Mio langsam aus ihrem Versteck kam. „Mio, was sollte das? „Ist er weg?“ „Warum bist du abgehauen?“ „Er ist nicht mehr hier, oder?“ „Mio, ich habe dich was gefragt.“ „Hoffentlich taucht er nicht mehr wieder auf.“ „Mio!“ „Hm?“ „Meine Frage!“ „Achso, äh…ich bin in einen Laden gegangen?“ Alexis‘ Augen verengten sich zu Schlitzen. „Wollen wir nicht erst ins Geschäft gehen?“ Alexis schnaubte abfällig. „Eine Antwort bist du mir trotzdem schuldig.“ „Jaja, lass uns aber jetzt gehen.“ Alexis gab sich geschlagen und folgte Mio in den Laden. So schnell würde sie aber nicht davonkommen! Denn seit wann ging Mio Chazz aus dem Weg? Irgendetwas musste passiert sein, aber was? Hoffentlich würde ihre Freundin ihr bald antworten. „Haaach… was für ein klasse Tag!“ Es war vier Uhr nachmittags und die vier Freundinnen hatten ihre Shoppingtour erfolgreich vollendet. Abgesehen von dem kleinen Zwischenfall mit Chazz, wovon Alexis nach wie vor eine Antwort von Mio erwartete. „Ja, nur leider fängt die Schule morgen wieder an“, seufzte Mindy. „Glaubt ihr, wir schreiben einen Test?“, fragte Mio. „Bei Dr. Crowler denke ich schon“, vermutete Alexis. „Das bedeutet heute noch lernen…“, schloss Mio. „Willst du mit uns kommen?“, schlug Jasmin vor. „Gerne doch!“, freute sich die Slifer Red. Zusammen machten sie sich in die blaue Mädchenunterkunft auf. Bisher hatte Mio das Gebäude nur von außen gesehen, allerdings von innen überhaupt nicht. Daher konnte das Mädchen nur staunen, als sie in der Eingangshalle waren. Die Wände waren in Goldtöne getaucht und mit eindrucksvollen Gemälden ausgestattet. Man könnte meinen, sich in einem Palast zu befinden. Dasselbe galt für die Zimmer: Hochwertige Couches und edle Betten. „Ganz schön edel hier..“ „Schade, dass du hier nicht auch wohnst“, sagte Jasmin. Mio lächelte. „Vielleicht schaffe ich es nächstes Jahr, hierhin zu kommen.“ „Unbedingt, streng dich also gefälligst an!“, fügte Mindy dazu. „Abwarten..“ Die vier Mädchen machten es sich in Alexis‘ Zimmer gemütlich und setzten sich auf ihr Bett. Mindy und Jasmin lasen eine Zeitschrift, Alexis las ein Buch und Mio ging den Schulstoff noch einmal durch. Ab und zu unterhielten sie sich ein wenig, das Thema handelte jedoch zum größten Teil über Jungs. „Zane sieht am besten aus.. hach, er hat die schönsten Augen!“, schwärmte Jasmin. „Nein, Alexis‘ Bruder Atticus ist der Hübscheste der gesamten Akademie!“, erwiderte Mindy. Bei diesem Kommentar stutzte Mio, wobei sie sich für Mindys Schwärmerei überhaupt nicht interessierte. „Alexis? Du hast einen älteren Bruder?“ Die Angesprochene seufzte auf. „Ja, und er ist ein totaler Frauenheld und flirtet mit den Mädchen die ganze Zeit herum. Das macht er meistens am Strand.“ Ruckartig sah Mio von ihrem Schulbuch auf. „Was? Am Strand? Auch heute?“ Überrascht musterte Alexis sie. „Keine Ahnung, wieso?“ „Dann könnte ich ihn zu einem Duell herausfordern!“ Hinter ihr stöhnte Mindy auf. „Ach, Mio… Ich dachte, du wolltest Atticus kennen lernen.. Denkst du immer nur ans Duellieren?“ Alexis zuckte dabei zusammen. Sie hatte das alles schon einmal gehört, nämlich bei Jaden. „Uh, eigentlich nicht, aber was bringt mir das, wenn er nur herumflirtet?“ „Du bist echt ein hoffnungsloser Fall, Mio! Du hast keine Ahnung von Liebe, habe ich recht?“, stellte Jasmin fest. Die Schwarzhaarige verschränkte beleidigt die Arme vor ihrer Brust. „Das stimmt nicht!“ „Bist du etwa verliebt??“, platzte es plötzlich aus Mindy heraus. „Nein?!“, gab Mio zurück. „Sicher?“ „Ja.“ „Streitest du es nicht ab?“ „Abstreiten?! Was soll ich denn abstreiten?“ „Na dass du verliebt bist!“ „Ich sagte doch, ich bin nicht verliebt!“ „Hm… magst du nicht …vielleicht Bastion? Oder Zane?“ „Nein.. wie oft…“ „Jasmin! Lass sie doch einfach!“, nahm Alexis Mio in Schutz. „Pah, das musst du gerade sagen! Dabei bist du die Schlimmste bei deinem Jaden!“ „Jaden?! Der kann mir gestohlen bleiben!! Das Einzige, an was er denkt, ist das Duellieren! Er.. er..“, Alexis musste mit den Tränen kämpfen, „..interessiert sich nicht für mich!! Ich bin ihm vollkommen egal!!“ Auf einmal herrschte betretenes Schweigen im Raum. Man konnte das Ticken der Uhr hören. Jasmin machte sich Vorwürfe, ihre Freundin verletzt zu haben, Mindy ärgerte sich, das Thema angesprochen zu haben und Mio war sauer auf Jasmin. „Leute… vergessen wir das alles, okay?“, sagte Alexis nach einer Weile. „Alexis hat recht, es ist unnötig, darüber weiter nachzudenken“, bestätigte Mindy. Die anderen beiden nickten. Mio sah auf die Uhr. „Schon gleich fünf Uhr.. ich sollte pünktlich zum Abendessen da sein.“ Dabei musste das Mädchen unweigerlich daran denken, auf Chazz treffen zu können. „Iss doch hier!“, schlug Alexis vor. „Meinst du? Ich bin immerhin ein Slifer…“ „Macht doch nichts! Oder Leute?“ „Auf keinen Fall! Du musst unbedingt vom Essen probieren, Mio!“ „Danke, Mädels! Das werde ich!“ Um Punkt sechs gab es Abendessen. Es wurden die köstlichsten Speisen serviert, die es normalerweise nur bei fünf-Sterne Restaurants geben würde. Sie waren das Beste, was sie jemals gegessen hatte, abgesehen von damals. Sie erinnerte sich noch gut an den Koch, der zu festen Zeiten das Essen serviert hatte. Das war aber nur so lange, bis sie sechs Jahre alt wurde. Von da an hatte sich alles für sie verändert. Deshalb war es umso schöner, mal wieder etwas Richtiges in den Bauch zu bekommen, obwohl das Essen in Slifer Red ihr vollkommen ausgereicht hatte. Man musste sich eben mit dem, was man hatte, zufrieden geben. Viele der Obelisk Blue Mädchen musterten Mio, machten sich aber nichts weiter daraus und redeten normal mit ihren Freundinnen weiter. Manche kamen allerdings auch auf sie zu und führten mit ihr ein Gespräch und fragten neugierig nach, woher sie denn diese Wunden habe. Da kamen ihr Jasmin und Mindy zur Hilfe, denn es sollte immerhin nicht jeder über den Vorfall zwischen ihr und Fujisawa wissen. Alles in allem war es ein sehr entspannender und ruhiger Abend für Mio und ihre Freundinnen gewesen. Um acht Uhr machte sich das Mädchen langsam auf den Weg. „Also dann. Der Tag war wirklich klasse! Lasst uns das wiederholen, okay?“ „Klar doch!“, antworteten Jasmin und Mindy aus einem Munde. Alexis nickte ihr lächelnd zu. „Bis morgen!“ Zum Abschied umarmten sie sich und Mio machte sich auf den Weg zur roten Unterkunft. Dabei ging sie noch einmal den gesamten Tag durch. Sie konnte von Glück sahen, Chazz nicht getroffen zu haben, obwohl es im Einkaufszentrum beinahe passiert wäre. Ewig konnte sie sich jedenfalls nicht davor drücken. Hoffentlich würde das alles irgendwie gut gehen. Endlich erreichte sie ihr Zimmer und setzte sich auf ihr Bett. Sie beschloss, noch ein wenig zu lesen, ehe sie schlafen gehen würde. Am nächsten Morgen riss Mios Wecker sie aus dem Schlaf – und zwar genau eine Stunde früher als sonst. Gähnend erhob sie sich aus ihrem Bett, machte sich fertig und packte ihre Tasche. Hinterher öffnete sie vorsichtig ihre Tür und spähte nach draußen. Noch keiner da. Sie atmete erleichtert auf und ging zum Speisesaal hinunter. Alle schliefen noch, sodass Mio in aller Ruhe ihr Frühstück aß, ohne gestört zu werden. Wie immer bestand es aus grünem Tee, Reis und Misosuppe. Ihrer Meinung nach schmeckte es einwandfrei, aber die in der Kantine könnten sich auch mal etwas Neues einfallen lassen. Schließlich, mit vollem Magen, verließ sie um sieben Uhr die Unterkunft und begab sich zum Campus. Die Morgenluft war erfrischend und der Blick auf das Meer war wundervoll. Es war faszinierend, das Sonnenlicht dort reflektieren zu sehen. Das blaue Wasser funkelte in den verschiedensten Farben. Auch wenn Mio bereits seit mehreren Wochen an der Akademie war, konnte sie sich immer noch nicht am Meer satt sehen. Das lag wahrscheinlich daran, dass sie acht ganze Jahre nur dieselben grauen Häuserfassaden gewohnt war. Die Insel dagegen war das reinste Paradies. Mio erreichte das Hauptgebäude und ging vorerst in die Bibliothek, die bereits offen war. Es wäre verschwendete Zeit, schon in die Klasse zu gehen, immerhin hatte sie fast eine ganze Stunde Zeit, bis der Unterricht beginnen würde. Sie setzte sich an einen Tisch und nahm sich ein Buch, das über das alte Ägypten handelte. Seit sie die Fragen von Crowler lösen musste, fing sie an, sich für Ägypten zu interessieren. Es war sehr spannend, etwas über die Schattenduelle der Ägypter zu erfahren. Zudem handelte vieles um die Duellgeister und über die Art und Weise, wie sie beschworen wurden. Ab und zu kamen ein bis zwei Studenten aus Obelisk Blue in die Bibliothek und lasen ein paar Bücher oder sortierten die Regale neu. Interessiert sah Mio ihnen zu. Als es fünf Minuten vor Schulbeginn waren, machte sich das schwarzhaarige Mädchen zum Unterricht auf. Je später sie kam, umso geringer war die Chance, dass sie mit Chazz reden würde. Außerdem waren dann so viele Schüler im Raum, dass sie gar nicht auffallen würde. Das Mädchen betrat den Raum und setzte sich neben Bastion, der ihr einen Platz freigehalten hatte. „Morgen! Gut geschlafen?“, begrüßte sie ihn lächelnd. „Hey! Ich habe gehört, dass du bei der Prüfung nicht anwesend warst, weil du krank warst. Geht es dir wieder besser?“ „Danke, alles wie immer. Wie war dein Duell?“ Bastion grinste. „Ich habe selbstverständlich mit meinen auf das kleinste Detail berechneten Formeln gewonnen.“ „War ja klar! Aber ich könnte das nicht! Strategie allein reicht mir.“ Soeben kam der Physiklehrer herein und begann mit seinem Unterricht. Bastion und auch Mio schrieben sich die wichtigsten Informationen auf. Nach einer Stunde war der Unterricht vorbei und die beiden machten sich zur nächsten Stunde auf. Selbstverständlich hielt Mio in jeder Ecke, an der sie vorbeikamen, nach Chazz Ausschau, um ihm rechtzeitig aus dem Weg zu gehen. Der Japanisch-Unterricht ging schnell vorüber und nach einer Freistunde kam Mio erneut kurz vor Crowlers Stundenbeginn in den Klassenraum. Dieser war so voll, dass nur noch ein paar Plätze frei waren. Glücklicherweise erwischte sie einen neben Jaden. Chazz saß irgendwo anderes, jedenfalls konnte sie ihn nicht sehen. „Hey! Alles klar?“, sagte Mio. Jaden sah kurz zu ihr, blickte dann wieder stumm nach vorne. Sein Blick war trüb und alles andere als fröhlich, genauso wie gestern. „Was ist los, Jaden? Am Samstag war doch noch alles in Ordnung!“, stellte sie fest. Er schwieg. Seine Augen wanderten ein paar Reihen nach vorne zu Alexis, die sich mit Syrus unterhielt. Mio seufzte. Offenbar hatte sie sich geirrt, nichts hatte sich am Verhältnis der beiden zueinander gebessert. Am liebsten würde sie ihn fragen, was passiert war, aber es war erstmals besser, wenn sie sich heraushielt. Zudem betrat nun Crowler den Raum, sodass sie eh keine Zeit mehr dazu hatte. Zur Verwunderung Mios schrieb er ausnahmsweise keinen Test. Stattdessen führte er wie gewohnt seinen Unterricht fort und zeigte verschiedene Strategien an der Tafel. Nach zwei Stunden hatten sie endlich frei. Jedoch verließ sie nicht den Raum, sondern ging zu Alexis. „Kommst du eben mit zu Crowler? Ich wollte mit ihm die Sache mit der Prüfung abklären.“ Ihre Freundin, die ihre Sachen in ihre Tasche verstaute, nickte. Gemeinsam marschierten sie zu Crowler. Dieser sah verwundert auf. „Entschuldigung, Dr. Crowler, es geht um meine Abwesenheit an der Prüfung“, begann Mio. „Es ist nämlich so, dass…“ „Jaja, ich weiß schon Bescheid“, unterbrach er sie genervt. „Mir wurde bereits alles mitgeteilt. Du solltest demjenigen, der alles abgeklärt hat, dankbar sein!“ Die beiden Mädchen sahen sich erstaunt an. „Und jetzt entschuldigt mich!“ Mit diesen Worten packte er seine Aktentasche und verließ den Raum. „Derjenige, der alles abgeklärt hat“, flüsterte Mio leise. Sie wollte es nicht zugeben, aber sie war Chazz ganz schön dankbar. Es war offensichtlich, dass er derjenige war, der alles abgeklärt hatte, immerhin hatte er an jenem Abend mit Kanzler Sheppard gesprochen. Umso mehr war ihr bange, dem Jungen zu begegnen. Alexis verstand dagegen überhaupt nichts. „Hat irgendwer außer uns auch davon gewusst?“ Mio zuckte aus ihren Gedanken zusammen. „Keine Ahnung, ich weiß es nicht.“ Die Blondhaarige sah sie kurz an, ehe sie mit den Schultern zuckte und in Richtung Türe ging. „Dann komm! Ich will jetzt endlich den Raum verlassen.“ Die Slifer Red nickte und machte sich mit ihr auf den Weg. Dabei musste sie unentwegt an Chazz denken. Der nächste Tag verlief recht ruhig, abgesehen davon, dass Alexis Jaden die ganze Zeit ignoriert hatte. Zudem gelang es Mio, Chazz nicht über den Weg zu laufen. Wie am Montag war sie früher aufgestanden und hatte ihre Zeit in der Bibliothek verbracht. Sie war sich sicher, dass das bald ihr Stammplatz werden würde. Da sie nach dem Unterricht erneut dort hingegangen war, hatte sie völlig die Zeit vergessen. Es war bereits sechs Uhr, als sie das Hauptgebäude verließ. Hinzu kam, dass sie auf dem Weg zu ihrer Unterkunft einige Studenten von Obelisk Blue traf (sie konnte sich kaum noch an die Namen erinnern; einer hieß Raizou Mototani und der andere Taiyou…Taiyou.. Torimaki oder so ähnlich) und in einem Duell gegen beide gewonnen hatte. Desweiteren musste sie noch zu Abend essen, sodass sie erst um zehn Uhr mit den Hausaufgaben anfangen konnte. Um ein Uhr morgens schreckte sie auf und stellte fest, über ihren Sachen eingeschlafen zu sein. Dabei musste sie bis morgen für Crowler einen Aufsatz schreiben. Sie gähnte müde auf und versuchte, einigermaßen etwas Plausibles hinzuschreiben. Schließlich konnte sie um halb zwei ins Bett gehen und schlafen. Am nächsten Morgen hörte sie ein lautes Klirren und Stimmen, die durcheinander redeten. Genervt drehte sie sich auf die andere Seite um. Aber es war immer noch laut. Halbwach setzte sie sich auf und öffnete halb ihre Augen. Wieso war es am frühen Morgen denn so laut? Hatte niemand das Wort „Nachtruhe“ gehört? Sie war todmüde und gehörte zu den Leuten, die ihren Schlaf brauchten, bevor der Wecker um sechs Uhr…. Plötzlich war Mio hellwach. Sie sprang wie von der Tarantel gestochen aus ihrem Bett und blickte auf ihren Wecker. „Scheiße!! Schon halb acht?? Ich habe total verschlafen!!“, stieß sie entsetzt aus. Hastig rannte sie in ihr kleines Bad, wusch sich und zog sich an. Danach packte sie all ihre Sachen zusammen und lief in den Speisesaal. Dort herrschte ein großer Betrieb, viele Sliferstudenten hatten bereits gefrühstückt und machten sich auf den Weg zur Schule. In einer Ecke sah sie Syrus, der gerade mit frühstücken fertig war. Als er Mio sah, bildete sich auf seinem Gesicht ein Fragezeichen. „Du hier? Bist du nicht normalerweise früher auf?“ „Äh, ja, ich habe aber verschlafen.“, antwortete sie, während das Mädchen ihr Essen holte. „Soll ich auf dich warten?“ „Nein, nein geh ruhig vor, ich komme dann nach! Wo ist denn Jaden?“ „Der ist schon vorgegangen“, sagte der Blauhaarige, ehe er den Raum verließ. Wie seltsam, verschlief Jade nicht sonst? Innerhalb von ein paar Minuten verschlang Mio ihr Frühstück und machte sich auf den Weg zum Unterricht. „Wie gut, dass ich frühzeitig aufgewacht bin, sonst gäbe es noch Nachsitzen… aber zur Bibliothek konnte ich gar nicht hingehen“, murmelte sie zu sich. Um zehn vor acht erreichte sie den Campus und stieg die Treppen zum ersten Stock hinauf. Die meisten Schüler befanden sich bereits in ihren Unterrichtsräumen, sodass im Gang fast kein Schüler mehr zu sehen war. Vor ihr teilte sich der Gang nach links und rechts auf. Sie nahm links, um zum Hörsaal zu gelangen. Gerade als sie abbiegen wollte, blieb ihr Herz beinahe stehen. Sie lief direkt auf Chazz Princeton zu, der von rechts kam. Jäh blieben beide stehen. Ihre Blicke trafen sich. Mios Herz fing an zu pochen, als sie in seine grauen Augen sah. Sie drohte, sich in ihnen zu verlieren. Verlegen sahen beide zur Seite. Unbewusst verkrampften sich ihre Hände. Lange schwiegen sie sich an, bis Mio endlich zu sprechen begann: „H-Hi!“, brachte sie mit hoher Stimme über ihre Lippen. Ihre Wangen färbten sich umgehend rot. Chazz setzte ein leichtes Lächeln auf. „Hi!“ Ihr Herz pochte heftiger, je länger sie ihn ansah. Peinlich berührt sah sie zu Boden. „Wo musst du hin?“, fragte er. Sie sah perplex auf. „Äh, a-also…“ Sie hob ihren Arm und deutete nach links. „Da lang. Zu Crowler.“ Erneut lächelte er. „Hm, da muss ich auch hin.“ Er ging vor. Mio folgte ihm daraufhin. ,Oh Mann, ich benehme mich wie der letzte Idiot! Aber Chazz redet mit mir… ob das etwas Gutes zu bedeuten hat?‘ Ohne dass ein weiteres Wort gefallen war, erreichten sie den Klassenraum. Als beide zusammen eintraten, verstummte plötzlich die gesamte Klasse. Alle Blicke lagen auf ihnen. Von allen Seiten hörte man ein Flüstern. „He, ich habe gehört, dass Fujisawa Mio belästigt haben soll…“ „Hat Chazz Princeton sie etwa gerettet?“ „Ich habe gesehen, wie er abends in den Wald gelaufen ist!“ „Was hat die denn mit Chazz zu schaffen?“ „Sie sind gemeinsam in die Unterkunft gegangen!!“ „Da läuft sicher was…“ „Ich dachte, die können sich nicht leiden!“ „Princeton hat wohl den Helden gespielt.“ Hilflos musste Mio mit ansehen, wie die neusten Gerüchte unter den Schülern ausgetauscht wurden. Die Sache mit Fujisawa war das aktuellste Thema überhaupt an der Schule. Es war schrecklich, wie alle sie anstarrten als ob sie von einem anderen Stern käme. Als sie zu Chazz sah, lief es ihr kalt den Rücken runter. Er blickte kühl und abschätzig zu ihr hinunter. Seine Augen spiegelten Zorn wider. „Nein, Chazz, ich habe gar nichts…!“ „Ich dachte, du würdest dein Versprechen halten!“, zischte er ihr bissig zu. Im Hintergrund hörte man die anderen aufgeregt weiter reden. „Und was ist mit Fujisawa?!“ „Der ist mit ihr in den Wald gegangen.“ „Was da wohl passiert ist….?“ „Schau dir mal ihre Verletzungen an…“ „Sind die etwa zusammen?!“ „Bestimmt…“ Verzweifelt schüttelte Mio den Kopf. „Nein! I-ich habe wirklich nichts..“ „Und warum weiß die ganze Schule, was passiert ist?“ „D-das..“ „Ich dachte, man kann dir vertrauen!“ Verletzt blickte die Schwarzhaarige zu Boden. Was sollte sie bloß tun, damit er ihr glaubte? „Jetzt haltet endlich eure Klappe!!“ Alle verstummten und sahen zu einem braunhaarigen Junge, der aufgestanden war. Es war niemand anderes als Jaden. „Das, wovon ihr redet, ist totaler Schwachsinn!! Ihr solltet nicht alles glauben, was man euch erzählt! Mio und Chazz sind meine Freunde und sie sind diejenigen, denen ich vertraue. Also selbst wenn ihr weiter sowas erzählt, werde ich euch kein einziges Wort glauben. Es ist schließlich egal, was passiert ist. Hört auf, solche Gerüchte zu erzählen.“ Damit blickte er aufmunternd zu Mio, die seinen Blick erleichtert erwiderte. Alle verstummten und für einen Moment herrschte Totenstille. Langsam fingen leise die ersten Gespräche an und alles wurde wieder normal. Sofort setzte sich Mio zu Jaden und lehnte sich stöhnend zurück. „Ich bin dir was schuldig, Kumpel…“ „Dazu sind doch Freunde da!“ Sie wandte sich dem Sliferstudenten zu. „Danke, Jaden! Nach dem Unterricht werde ich euch alles erzählen, okay?“ So, beim nächsten Kapitel werde ich sehr auf Chazz und Mio eingehen - freut euch schon mal^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)