Voyage scolaire von Bartimaeus (oder: Was auf einer Klassenfahrt passiert, wenn man sich von der Gruppe trennt) ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Hoffe, es gefällt!^^ Wir beide standen da und starrten das Gebäude an. Die verwitterte Schutzmauer war an mehreren Stellen zusammengebrochen und der schwarze Eisenzaun, der das Tor darstellte war verbogen und verrostet. Alles wurde schon von Moos und Schlingpflanzen überwuchert, was darauf schließen ließ, dass dieses alte Gebäude schon lange leer stehen musste. Oder der Besitzer war einer von der faulen Sorte und kümmerte sich nicht darum, dass es langsam in den Wald überging. Das Gemäuer selbst bestand aus zwei hohen Türmen... eine Art sechseckiges Gebilde vor diesen Türmen und hinter ihnen noch ein Gebäude, dass in die Länge gezogen war und ungefähr die Ausmaße eines halben Fußballfeldes hatte. Alles wurde geschmückt von… verwitterten Zinnen, zerbrochenen Buntglasfenstern, kaputten Verzierungen, wie Engelsstatuen und großen Säulen. Vor ein paar Jahrhunderten war dieses Schloss sicher mal atemberaubend schön gewesen. Jetzt war es eher… eine Kulisse für einen schlechten Dracula-Streifen. Und trotzdem… irgendwie juckte es mich in den Fingerspitzen und ich ging auf das verbogene Tor zu. „Was… Hast du vor?“, fragte eine Stimme hinter mir und eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich sah verwundert hinter mich. „Was wohl? Rein gehen!“, erwiderte ich und schüttelte die Hand ab, um weiter zu gehen. „Lass uns weiter...“, kam es mit unwohler Stimme von dem Größeren. „Es bringt uns doch nichts, da jetzt rein zu gehen…“. Ich hob die Brauen. „Was denn? Hast du Schiss, oder was? Jetzt komm schon, Mann, wann hat man schon mal die Gelegenheit in so ein Ding rein zu kommen, ohne was zahlen zu müssen und ohne nervige Aufseher??“, erwiderte ich begeistert und packte Steven am Arm um ihn mit mir mit zu ziehen. Jetzt war ich es mal, der hier vorweg ging! So! „Aber…“, kam es zweifelnd von dem Braunhaarigen. „Sei kein Frosch, man… Vielleicht ist ja sogar was Wertvolles drinnen… Oder, wenn wir Glück haben, lebt vielleicht ja doch jemand da.“, auch wenn ich das bezweifelte. Ich zwängte mich durch den verbogenen Stahl und Steven folgte mir zögernd. „Alter… Ich hätte echt gern mein Handy dabei…“, dann würde ich das hier alles fotografieren. Das war wirklich wie in einem waschechten Gruselfilm, mit allen drum und dran! Überwucherter Garten, ein Springbrunnen, an dem der Efeu schon hinauf kletterte… Ein einst weißer Kiesweg, der durch den Vorgarten zu dem riesigen Tor führte. Ein großer aus Eisen geformter Torbogen empfing uns. Große Rosenbüsche wucherten darüber und empfingen uns mit riesigen Blüten. „Wow… echt schick…“, musste ich zugeben und blieb kurz stehen, um eine der Rosen auf meiner Höhe zu betrachten und versuchsweise daran zu schnuppern. Schade… sie dufteten nicht. Ich verzog den Mund und hob den Kopf wieder. Dabei bemerkte ich aus den Augenwinkeln, dass Steven mich anstarrte. „Was is?“, fragte ich leicht angegriffen und wandte mich rasch wieder ab, um weiter zu gehen. Was glotzte der so dumm?! Durfte man jetzt nicht mal mehr an Blumen riechen, oder was? Ich folgte dem Kiesweg, es knirschte leise unter meinen Füßen. Ein bekanntes Geräusch… Jedes mal wenn ich unsere Auffahrt hochging, knirschte es genauso… „Abgeschlossen ist schon mal nicht…“, stellte ich verwundert fest, als wir schließlich vor der großen Tür standen und ich sie einfach aufdrücken konnte. Das Holz war mindestens armdick und ließ sich nur langsam und mit viel Kraft aufschieben. Ein stickiger, modriger Geruch stieg mir in die Nase, als ich das Innere des Schlosses betrat. Es war einigermaßen hell durch die großen, rechteckigen Fenster zu beiden Seiten. Der Boden war zwar mit einer dicken Staubschicht bedeckt, aber man erkannte Fließen. Sie bildeten verschlungene Muster, in der Mitte der Eingangshalle war sogar ein roter Teppich ausgelegt. An den Wänden hingen große Gemälde, Waffen und riesige Schilde. Hier und da sogar Matratzen große Teppiche, die ganze Geschichten zeigten. Dicke, rote Vorhänge wurden von gelben Kordeln festgehalten und von der Decke hingen mehrere, kleine Kronleuchter. An den Seiten standen sogar große Vasen und da war, ich glaubte es kaum, eine vollständige Ritterrüstung! Das alles hier schien wirklich verdammt alt zu sein, was die Staubschicht anbelangte, die wirklich Zentimeter dick sein musste. „Das muss alles ein Vermögen wert sein…“, flüsterte Steven neben mir, der mit weit aufgerissenen Augen und geöffnetem Mund umher starrte. „Alleine diese Teppiche.. Oder die Gemälde…“. Ich kannte mich zwar nicht aus mit Antiquitäten oder sowas, aber ich glaubte ebenfalls, dass das hier verdammt viel Wert war. „Und du wolltest nicht hier rein gehen, hm?“, meinte ich schelmisch an Steven gewandt und schlug mit der Faust leicht gegen seine Schulter. Er warf mir ein flüchtiges Stirnrunzeln zu und ging dann auf dem Teppich entlang zur breiten Treppe, die wohl in den ersten Stock und in die Türme führen musste. Also echt mal.. konnte der nicht wenigstens mal lächeln? Das war doch nicht zu viel verlangt! Grummelnd folgte ich ihm die Treppe rauf, auch wenn ich noch kurz stehen blieb, um mir die Porträts an zu sehen. Meistens waren Frauen mit pompösen Frisuren und Kleidern zu sehen, die ihm Halbprofil dasaßen und kleine Hündchen auf ihrem Schoß sitzen hatten. Auch ein Mann mit einer richtigen Uniform war auf einem der Gemälde abgebildet. Er stand mit strenger Haltung da und starrte geradezu herrisch zu mir hinunter. „Man… hier wird’s ja immer teurer…“, stellte ich fest, als wir uns im ersten Stock umsahen und uns noch mehr Kostbarkeiten entgegen schrien. Gemälde, Kronleuchter, Möbel, noch mehr Ritterrüstungen, ganze Waffenausstattungen hingen an den Wänden. Schwerter, Morgensterne, Lanzen, Schilde mit Drachenköpfen oder Löwen. Sogar das selbst mir bekannte ‚P‘, das mit dem Kreuz, war auf einen der Schilde zu sehen. „Wundert mich, dass das hier alles noch so unberührt steht…“, murmelte Ich und kratzte mir am Kinn. „Vielleicht ist das Schloss Privatbesitz von irgendeinem reichen Sammler.“, mutmaßte Steven und hob die Brauen. „Wir sollten wieder gehen… wenn das hier jemanden gehört, dann dürften wir nicht mal hier sein.“. Ich warf ihm einen zweifelnden Blick zu. „Meinst du, hier kommt jemand und kontrolliert das? So verwahrlost wie das hier aussieht…“. Ich konnte irgendwie nicht glauben, dass sich hier jemand um das Schloss kümmerte, bei der dicken Staubschicht. „Lass uns trotzdem gehen.“, nuschelte Steven, etwas drängelnder und wandte sich zurück zur Treppe. Aber aus dem Weggehen wurde nichts mehr, denn als wir in der Eingangshalle waren, konnten wir durch den Fenstern sehen, wie es heftig regnete. „Na herrlich.“, kam es trocken von Steven und er verschränkte die Arme, schenkte mir einen strengen Blick. „Was is?“, erwiderte ich und hob unschuldig die Hände. „Als ob ich was dafür kann, dass es regnet. Zumindest haben wir ein Dach über den Kopf und müssen uns nicht wieder unter Bäumen verkriechen.“, murrte ich angegriffen zurück. Also echt, konnte der mal aufhören zu nörgeln? Es wurde eh langsam dunkel und für die Nacht hatten wir schon mal einen Schlafplatz! Ich wusste gar nicht, warum sich der Kerl so aufregte. War doch ziemlich praktisch, oder nicht? „Ich schlaf hier.“, stellte ich fest, als wir nach Schlafzimmern suchten und eins mit einem großen Bett fanden. Es war so, als wäre ich in einem alten Sissi-Film gelandet. Großes Himmelbett, riesiges Balkonfenster, ein Ebenholzschrank, der bis zur Decke reichte (leider leer) und alles mit Teppich ausgelegt. Die Vorhänge waren weinrot, der Rest des Zimmers in einem leichtem Lachs-ton. Die Decke war bemalt. Kleine, dicke Engelskinder auf Wolken, die mit Instrumenten spielten. Ich fand diese dicken Kinderengel immer scheiße hässlich. Was war an den Teilen nur so toll? „Nebenan ist noch ein Zimmer…!“, rief Steven aus dem Flur. „Schön!“, rief ich ironisch zurück und runzelte die Stirn. „Dann schlaf mal da...!“. Irgendwie war es ein gruseliges Gefühl… In diesem riesigen Zimmer ganz alleine zu pennen, in so einem unbekannten, leeren Schloss, dass sicher älter war, als unser ganzes Lehrerkollegium zusammen. Und das sollte schon was heißen bei den ganzen Tattergreisen, die wir als Lehrkraft hatten. Aber was soll’s… War ja nicht so, als hätte ich Schiss, oder sowas, es war einfach nur ungewohnt. Mitten in der Nacht riss mich ein lautes Krachen aus dem Schlaf. Ich zuckte heftig zusammen und fiel seitlich aus dem Bett. „Was?! Was?!“, rief ich alarmiert und sah mich panisch um, während ich versuchte mich aus den unzähligen Decken zu befreien. „Scheiße, man! Was zum...!“, fluchte ich wild herum und schlug diese scheiß Decken von mich, strampelte mich frei und sprang endlich auf die Beine. Wütend und verwirrt sah ich mich um. Alles war stockduster. Ich seufzte entnervt und fuhr mir durch das Gesicht, wollte gerade wieder zum Bett tasten, da donnerte er es heftig und ein greller Lichtblitz erhellte kurzzeitig das Zimmer. Mein Blick glitt zur Tür, in dessen Rahmen eine schwarze Gestalt stand. Ich schrie entsetzt auf, stolperte rückwärts und fiel über die Decken auf dem Boden. „Ich bin‘s…“, kam es dann in dem kurzen Moment der Stille von dem Kerl an der Tür. „DU ARSCHLOCH! WEISST DU EIGENTLICH WIE SEHR ICH MICH ERSCHROCKEN HABE??!!“, brüllte ich Steven an, den ich jetzt, wo der Blitz erloschen war, kaum noch sehen konnte. „‘Tschuldige…“, nuschelte Steven und ich hörte seine Schritte. Meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit und ich erkannte, wie er auf mich zukam und mir die Hand hinhielt. Ich war versucht sie weg zu schlagen, ließ mir dann aber aufhelfen. Seine Hand war groß und er hatte ganz warme Handflächen. Meine waren vor Schock ganz kalt. Mit einem starken Ruck stand ich auch schon auf den Füßen und spürte neben mir Stevens Atem im Nacken. Es war ein merkwürdiges Gefühl kaum etwas zu sehen und dann so dicht nebeneinander zu stehen. „Was… War das für ein Krach?“, fragte ich schließlich und ließ seine Hand wieder los. Ich faltete meine Hände zusammen und spürte noch die Wärme der anderen Hand. „Ich weiß nicht. Es kam von oben… Vielleicht… ist ein Blitz eingeschlagen.“, seufzte Steven und seine Kleidung raschelte, als er sich durch die Haare fuhr. „Lass uns nachsehen.“, beschloss ich und ging Richtung Tür. „Warum?“, erwiderte Steven ungläubig. „Weil ich wissen will, was da passiert ist!“. „Hab ich doch gesagt… ein Blitz ist-“, ich unterbrach ihn genervt, „Jaja, ich will trotzdem gucken!“. Nach dem Schock war ich eh zu aufgekratzt, um mich wieder hin zu legen. Ich hörte, wie Steven hinter mir grottig seufzte. Aber er folgte mir. „Man, ist das finster…“, murmelte ich, während wir durch den Flur gingen und ich mich zur Treppe wandte. Naja, zumindest wusste ich wo es zur Treppe ging, schließlich hatten wir genug Zeit gehabt, uns hier um zu sehen. Auch der zweite Stock war unversehrt. Also musste wohl das Dach und vielleicht der Dachboden was abbekommen haben. „Lass uns lieber nicht da hoch.“, kam es von Steven, als wir schließlich vor der Holztreppe hoch zum Dachboden standen. „Wieso nicht?“, gab ich genervt zurück. „Du bist echt ein Angsthase, Steven.“. Die Stufen knarrten heftig, als ich die Treppe hochstieg. Steven folgte mir nicht. „William…“, murmelte Steven mit Unbehagen in der Stimme. Entnervt sah ich mich zu ihm um. „Alter, reg dich mal ab! Du bist sowas von übervorsichtig! Als würd gleich irgendein Massenmörder auf mich zu-“, plötzlich brach der Boden unter meinen Füßen weg und ich fiel vorne über, rutschte nach unten und konnte mich gerade noch so an der nächsten Holztreppenstufe festhalten. „Will!“, rief Steven entsetzt und stürzte nach vorne, um mich aus dem Loch in der Treppe zu ziehen. „Ah! Verdammt! Scheiße! So eine Scheiße!“, fauchte ich, während ich versuchte mich hoch zu ziehen. Meine Beine taumelten im Nichts und ich versuchte verzweifelt Halt zu finden. „Ha-Halt still!“, versuchte Steven mir zu befehlen, während er mit seinen Armen in das Loch griff und sich seine Hände um meinen Brustkorb schlangen. „Au-Aua-Hey, was machst du-AUA!“, beschwerte ich mich schmerzerfüllt, als Steven an mir ruckelte und mich hoch zu ziehen versuchte. Er stemmte die Beine rechts und links von mir und riss mich dann mit einem Ruck aus dem Loch. Ich flutschte geradezu aus heraus direkt in die Arme des Größeren. Wir fielen beide hinten über, naja ich landete zumindest weich auf Steven drauf. „Au…“, murrte ich trotzdem nochmal, um meinen Unmut kund zu tun und rollte ich mich von dem Anderen runter. Dieser blieb einen Moment liegen und richtete sich dann mit trockener Miene auf, schenkte mir einen Blick über seine Brillengläser hinweg und richtete sich auf. Erst wollte ich genervt etwas kommentieren zu diesem –Du bist so dumm-Blick von der Brillenschlange, ließ es dann aber bleiben. Meine Augen wanderten zu dem Loch in der Treppenstufe, in dem ich vor ein paar Sekunden noch gehangen hatte und rieb mir die schmerzenden Hüften, mit denen ich steckengeblieben war. „Danke…“, überwand ich mich dann doch noch und sah wieder zurück zu Steven, aber dieser hatte sich schon abgewandt und ging wieder zurück. Hey! Sag mal, konnte der mal zuhören, wenn ich mich bedankte?! So ein Arschloch! Beleidigt verzog ich das Gesicht und folgte dem Anderen dann in einigem Abstand. Blödes Arschloch, dummer Mistkerl.. Wie konnte der mich einfach ignorieren, wenn ich mich schon durchrang und mich bedankte, hm?! In Gedanken bombardierte ich den Rücken des Größeren mit Schimpftiraden, bis wir schließlich wieder zu den Beiden Zimmern kamen. Wütend stapfte ich in mein eigenes und knallte die Tür zu. Vielleicht ein etwas alberner Auftritt, aber gut… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)