Protect me von abgemeldet (SasuSaku [♥.]) ================================================================================ Kapitel 1: Flying fish ---------------------- Meine Laune hatte sich seitdem gestrigen Abend nicht gebessert. Im Gegenteil sie hatte sich verschlimmert. Es war nicht die Tatsache, dass meine Mutter anscheinend blind bereit wäre, das Bund der Ehe mit einem mir nichtbekannter Mann zu schließen, sondern es war der Gedanke daran, der mich fast umbrachte. Der Gedanke daran mit einem fremden Mann in einem Haus zu wohnen, ihn tagtäglich sehen und schlimmstenfalls ihn als Stiefvater anzuerkennen, war für mich so surreal wie fliegende Fische am Himmel. Meine Finger wurden langsam vom Feuerzeug mit dem ich die ganze Zeit spielte warm. Jedoch konnte ich mich so erinnern, weswegen ich überhaupt hier war. Ich betrachte den Grabstein näher. Ich konnte die Worte die darauf eingemeißelt waren schon auswendig. Ich kannte die Schriftzüge, die abgekratzten Stellen und sogar den eingetrockneten Vogeldreck, der jemand versucht hat wegzuwischen, es aber noch die weißen Ränder zu sehen waren. Es war wie ein ewiges Ritual, dass ich verfolgte. Tag für Tag. Jahr für Jahr. Ich nahm die Schultasche von meiner Schulter runter und kramte eine Kerze heraus. Es war eine stinknormale Wachskerze, keine Besonderheit. Ich stellte sie vor dem Grabstein hin und hielt das Feuerzeug an den Docht. „Damit du’s hier schön warm hast, Daddy.“, murmelte ich leise. Der Friedhof war zu dieser Tageszeit menschenleer, jedoch fühlte ich immer die Anwesenheit anderer Personen. Es mag seltsam klingen, doch ein Friedhof war für mich nie leer. Wenn ich also mit meinem Dad reden konnte, hieß es auch, dass die anderen Toten uns zuhören konnten. Deswegen sprach ich immer leise, wenn ich mit meinen Vater unter uns bleiben wollte. Ich setzte mich auf das feuchte Gras neben dem Grab. Ich legte meine Hände auf die Erde, an der Stelle wo mein Daddy begraben wurde. Wenn ich das tat, fühlte ich mich wieder mit ihm verbunden. Ich spürte einfach die Energie von ihm, die durch meinen Körper strömte. Es war ein warmes Gefühl. So wie eine Umarmung von der Mutter, die man lange Zeit nicht gesehen hatte. Es hatte was Magisches an sich, jedenfalls für mich. Wahrscheinlich bildete ich es mir nur ein, aber so stellte ich mir vor, dass mich Dad besser hören konnte, besser zu spüren, vielleicht sogar besser verstehen. „Ich hab dir ja versprochen zu erzählen, wenn Mom wieder etwas Dummes tut. Ich glaube aber es wird dir nicht gefallen.“ Ich biss mir auf die Lippen und traute mich nicht weiterzureden. Auch wenn er tot war, ich konnte es kaum über’s Herz bringen das Vorhaben meiner Mutter zu berichten. Es würde ihm doch das Herz brechen. Er hatte sie wirklich geliebt. Und jetzt ihm klarzumachen, dass sie demnächst in den Armen eines anderen Mannes liegen würde, mit einem anderen Mann einschlafen würde und auch aufwachen, war wirklich das Schwerste, was ich je tun musste. Aber ich fühlte mich verpflichtet es zu sagen. Es wäre unfair meinen Dad im Glauben zu lassen, dass seine Frau ihm ewig treu blieb. Ich betrachtete noch mal den Spruch, der unter dem Todesdatum meines Daddys stand. „In ewiger Liebe deine Frau und Tochter.“ Das Gewissen, das meine Mutter eigentlich haben sollte, verschlechterte sich mit jedem Mal bei mir, als ich diese Worte las. Ich schloss die Augen, da es mir nur so möglich war, ihm von der bevorstehenden Hochzeit zu unterrichten. Eine winzig kleine Träne machte sich selbstständig und folgte ihrem Weg meiner Wange hinunter bis ich sie schließlich an meinem Mund schmecken konnte. So salzig. Ich hasste salzige Sachen. Sie waren mir einfach zuwider. „Du weißt, dass ich dich für immer und ewig lieben werde, Daddy.“ Mein Flüstern wurde zu einem Hauchen. Selbst für mich schwer zu verstehen, doch ich wusste, dass er mich klar und deutlich hören konnte. Unbewusst krallten sich meine Hände in die Erde. Es war so verdammt schwer. Ich fühlte diesen Druck um meinem Herz herum, der gleichzeitig von allen Seiten presste. Immer fest, immer schlimmer. Meine Luftröhre schnürte sich zu und meine Tonhöhe war höchstwahrscheinlich nur für Hunde hörbar. „Aber Mom wird heiraten. Einen anderen Mann.“ Nach diesen Worten spürte ich einen kühlen Wind in meinem Gesicht, der meine tränennasse Wangen erzittern ließ. Ich wusste ganz genau, dass es Daddys Antwort war, jedoch verstand ich sie nicht, deswegen sprach ich weiter. „Bitte verzeih mir, dass ich ihr diese Scheißidee nicht ausreden konnte. Sie war so glück...“ Meine Stimme brach mitten im Satz ab. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. Statt weiter zu reden, schluchzte ich auf. Und noch einmal. Und wieder. Und ein Drittes mal. Es wollte gar nicht aufhören. Dabei hatte ich mir doch geschworen nicht zu weinen. Ich beugte meinen Oberkörper nach vorne bis ich die einzelnen Grashalme meine Nase kitzelten, doch das war im Moment nicht von Belang. Die Erde zwischen meinen Finger, setzte sich unter meinen Fingernägel fest. Mein Körper bebte vor lauter Schluchzer und meine Augen wollten nicht aufhören salzige Flüssigkeit abzusondern. Es tat so verdammt weh, daran zu denken. Einzig allein diesen Gedanken zu haben. Ich hatte panische Angst. Angst meinen Daddy zu vergessen, so wie meine Mutter es getan hatte. Nach einigen Minuten beruhigte ich mich wieder. Ich musste aufhören. Ich durfte Daddy nicht zeigen wie schwer es mir fiel. Ich musste stark bleiben für Dad. Für uns beide. Denn er kann es nicht mehr. Das hab ich ihm versprochen und daran werde ich mich auch halten. Ich rappelte mich auf und klopfte den Dreck von meinen Klamotten. An meiner Jeanshose waren schon dunkle Grasflecken zu sehen. Auch die beige Stoffjacke hatte einpaar Dreckklümpchen mitgezogen. Ich sah auf die Kerze. Der Wind hatte sie bereits ausgeblasen. Ich wusste was dies zu bedeuten hatte. Ich musste die Hochzeit verhindern. Entschlossen wischte ich mit meinen dreckigen Händen die Tränenspuren weg und zeigte meinen Daddy das strahlendste Gesicht, das ich ihm immer schenkte, wenn ich mich von ihm verabschiedete. „Bis bald, Paps.“ Ich lächelte kurz, bevor ich meine Tasche schnappte, den Reißverschluss zuzog und dann in Richtung Ausgang schlenderte. Natürlich war ich schon viel zu spät dran um mit den Bus zufahren, aber das lag daran, dass ich meinen Gefühlsausbruch nicht miteingerechnet hatte in meinem morgendlichen Besuch. Es erschien mir schon fast peinlich und kindisch so etwas in aller Öffentlichkeit gemacht zu haben. Aber normalerweise tummelte sich niemand auf den Friedhof herum, deswegen könnte ich beruhigt sein. Doch seit dem ich den Friedhof verlassen hatte, und insbesondere meine Gefühle dort liegen gelassen hatte, kam es mir vor als verfolgte mich Jemand. Es war ein wahnwitziges Gefühl, dass sich in meinen Magen durchkämpfte. Meine Hände wurden schwitzig und ich kaute schon wieder auf meinen Fingernägeln. Doch das Gefühl verschwand nicht. Ich sah mich beinahe panisch um, entdeckte aber niemanden Auffälliges und genau das machte mich stutzig. Warum sollte eine Person, die jemanden verfolgt auch auffällig sein? Also in Prinzip war es doch jeder, der unauffällig war. Der Bus kam erst in zwanzig Minuten. Zu lange um alleine an der Bushaltestelle zu stehen. Es war zwar erst Herbst und somit etwas heller an dieser Uhrzeit, aber trotzdem fühlte ich mich unbehaglich. Also beschloss ich, da ich so oder so zu spät zur Schule kam, zu Fuß zu gehen. Schon nach wenigen Metern verklomm dieses Gefühl langsam und ich konnte beruhigt weiter gehen. Doch etwas machte mir doch zu schaffen. War ich wirklich paranoid geworden? Ich schüttelte den Kopf. So wichtig auf dieser Welt war ich nun wieder auch nicht. Es würde wahrscheinlich nicht mal jemand merken, wenn ich jetzt verschleppt wurde. Doch genau diese Tatsache machte mich doch zum perfekten Opfer. Ich klatschte mir auf die Stirn. Aber zu welchem Zweck sollte man mich verschleppen? Hatte ich etwa wirklich so viel, dass für den Kidnapper interessant sein könnte? Ich fühlte mich echt zu wichtig heute. Als ich an einer Gasse vorbei ging, ja genau die, die man nur in Krimifilmen sah, hörte ich gedämpfte Geräusche. Ich drehte meinen Kopf nach links und entdeckte zwei finstere Gestalten, die mit den Fäusten diskutierten. Doch dies passierte so diskret, dass es niemanden sonst auffiel. Oder vielleicht wollte es niemand auffallen? Ich jedoch wollte nicht ignorant wie die Welt sein schaltete mein Hirn, das mit dauernd Warnungen sendete, einfach ab. Ich trat einige Schritt hinein und blieb dann zehn Meter vor den Typen stehen. Anscheinend hatten sie mich aber immer noch nicht bemerkt. „Hallo?“, versuchte ich die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Fehler. Die beiden Kerle schauten mich verwirrt an, schon fast entgeistert. Wahrscheinlich hätte keiner vermutet, dass ein kleines unbedeutendes Mädchen dazwischen ging. Und als ich in den wutverzerrten und mordlustigen Gesichtern sah, klinkte sich mein Hirn wieder ein und explodierte vor aufgestauten Warnmeldungen. „Ehm... Tag.“, sagte ich gedehnt und könnte mich am liebsten selbst dafür ohrfeigen. Aber das konnten die Typen ja für mich erledigen. Dachte ich wirklich im Ernst ich könnte die große Superheldin spielen und die beiden aufhalten? Als ich die Kerle aber genauer betrachtete, bemerkte ich, dass sie wahrscheinlich in meinem Alter waren. Jedoch wurde das Gesicht von dem einem mit hässlichen Narbe über’s Auge geziert. Der andere hatte zerzauste Haare, die ihm wirr ins Gesicht fielen und eine verdunkelte Sonnenbrille. „Lebensmüde?“, fragte mich derjenige mit den ungeordneten Haaren. Ich wusste keine Antwort. Vielleicht? Doch für die Antwort biss ich mir auf die Zunge. Der mit der Narbe grinste hässlich und ging auf mich zu. Ehe ich mich versah wurde ich am Arm gepackt und mitgezerrt. „Hey, du Troll. Lass mich los!“, befahl ich und zerrte vergeblich an meinen Arm. Fast schon hilfesuchend schaute ich zu dem anderen Jungen, der jedoch mich nur belustigt angrinste. „Gehört die dir?“, fragte der Troll. Der Andere hob abwehrend die Hände hoch. Ich pustete mir eine Strähne aus dem Gesicht. Mein Gott, ich war nicht giftig. Anscheinend waren ihre Streitigkeiten über was auch immer geschlichtet. Vielleicht war ich ja doch eine Heldin? „Wenn ich mich kurz einmischen dürfte. Ich gehöre wohl keinem, sondern besitze wie jeder Mensch einen eigenen Willen und vor allem ein Recht darauf nicht so behandelt zu werden.“ Ich zog nochmals kräftig an meinen Arm, doch der Troll lachte mich nur aus. „Lass mich los, Narbengesicht“, kam es mir über die Lippen und plötzlich wurde es still. Fehler. Ich hörte nicht einmal die dämlichen Vöglein zwitschern, die mich sonst immer am Morgen nervten. Das Gesicht des Jungen verzerrte sich zur rasender Wut. „Wie hast du mich genannt?“ Der Druck auf meinen Handgelenk wurde stärker und seine Augen immer rasender. Auf einmal wurde ich mit voller Wucht gegen die Wand gepresst, das mir fast den Atem nahm. „Hey Kiba. Lass sie los.“, kam es schon fast gelangweilt vom Anderen. Aber unternehmen tat er nichts. Stattdessen zupfte er seine Strähnchen zurecht und strich seine Jacke glatt. So ein arroganter... „Halt’s Maul. Ich dacht du kennst sie nicht, also geht dich das hier ein Scheiß an.“, vermittelte Kiba ihm mit lauter Stimme ohne den Blick von mir abzuwenden. „Und nun zu dir.“ Ein gefährliches Knurren kam aus seiner Brust wie die eines Raubtieres, kurz vor seinem Jagdsprung. Ich versuchte ihn von mir wegzudrücken, doch er gab mir keine Chance, stattdessen drückte er mich immer fester an die Wand bis ich befürchten musst, dass er meine ganzen Innereien zerquetschte. „Hör auf.“, bat ich ihn, doch er war erbarmungslos. Kiba hob seine geballte Faust. Meine Augen schlossen sich reflexartig. Ich machte mich schon auf den unerträglichen Schmerz gefasst und den gebrochenen Nasenrücken. Doch dann ließ er mich los und ich öffnete automatisch wieder die Augen als ich den Druck nicht mehr spürte. Ich sah wie der andere Junge ihn herumgerissen hatte und ihn von mir fern hielt. „Du hast wohl vergessen, dass du mir Geld schuldest, du Hund!“, knurrte mein Retter Kiba an. Mir wurde das alles zu viel. Von den Ereignissen wurde mir einfach nur schlecht. Ich beobachtete wie das Narbengesicht versuchte sich von seinen Griff loszureißen und auf ein mal viel mir auf, dass er sogar etwas schlaksig war und nicht so stark wie ich befürchtet hatte. Der andere war auch eher schmal als muskelprotzig, doch er hatte irgendetwas düsteres an sich. Seine pechschwarzen Haare bildeten einen starken Kontrast zu seinen Haaren und ließen in bleich wirken. Vampirmäßig. Das Narbengesicht versuchte ihm ins Gesicht zu schlagen, doch der Schwarzhaarige blockte den Angriff ab und verpasste ihm einen Stoß mit dem Knie ins Gemüt. Ich konnte es nicht ertragen, wenn sich noch zwei vor mir Verprügelten. Warum musste ich nur in diese dämliche Gasse gehen? Kiba keuchte leicht, fing sich aber schnell ein und boxte mit der Faust die Magengegend des anderen. „Hört auf!“, schrie ich fast verzweifelt. Ich zitterte am ganzen Körper. Mein Atem ging schneller. Und ein salziger Schleier versperrte mir die Sicht. Nein, bloß nicht weinen. Wenn es sein muss, dann werd un ohnmächtig, aber heul jetzt bloß nicht, Sakura, mahnte ich mich in Gedanken. Der Schwarzhaarige schnellte zu mir und sah mich strafend an. Kiba nutzte diese Chance und zerrte seinen Gegner an seiner Jacke. Von dem Ruck fiel ihm glatt die Sonnenbrille auf der Nase. Ab da geschah alles wie in Zeitlupe. Die dunklen Gläser zerbrachen in kleine Splitter auf den harten Boden. Das Narbengesicht trat einen Schritt zurück und starrte ebenso entsetzt wie ich auf die Brille. Der andere realisierte es kaum und sah ebenfalls wie paralysiert auf den Boden. Nach einigen totschweigenden Sekunden, die vergingen wie drei Leben, fasste sich der Schwarzhaarige wieder. „Verschwinde.“, zischte er so kontrolliert wie möglich. Ich wusste nicht so Recht zu wem er es sagte, doch Kiba schien schnell das Weite zu suchen. Oh Gott, der wollte doch nicht seine Wut jetzt auf mir auslassen? Na dann mal, tschüss, ne? War nett und so, muss jetzt mal gehen, bis zum nächsten Mal. Vielleicht sehen wir uns in einer anderen Welt, wo ich keinen Gerechtigkeitssinn und einen Mund hatte? Ich senkte meinen Blick und erblickte meinen Ranzen der mir von der Schulter geglitten war. Binnen Sekunden später wurde ich aber schon wieder gegen diese Scheißwand gepresst. Mein Gott, könnt ihr mich nicht einfach zerstückeln ohne mich irgendwo drauf zu pressen? Turnt es euch Ghettokinder etwa an ein Mädchen so hilflos zu sehen? Ich war mehr als genervt, doch die Angst überstieg dieses Gefühl. „Wegen dir ist meine Brille ein Stück Schrott.“, brachte er mir die Situation bei. „Na und?“, sagte ich desinteressiert, während mein Herz vor Aufregung fast platzte. Der Blick des Jungen wurde wütender. „Na und?! Du weißt wohl nicht...“ „...wenn du vor dir hast.“, beendete ich seinen Satz gelangweilt. Mussten solche Typen immer so arrogant sein? Das gefiel dem Jungen anscheinend nicht und packte mich am Kiefer, damit ich ihm zwangsläufig in die Augen sehen konnte. „Ich könnte jetzt deinen Kopf gegen die Wand knallen, damit du bewusstlos wirst und dann dein Genick brechen und dich hier liegen lassen, falls ich gute Laune hätte. Ist die wenigstens das bewusst?“ Ich sog scharf die Luft ein. Das konnte der doch nie und nimmer ernst meinen! Statt mir weiter zu drohen sah er auffällig unauffällig auf meine Haare. „Ist das dein Ernst? Rosa?“, fragte er mich und musterte mich abfällig. Ich wunderte mich wie schnell er das Thema wechseln konnte. Doch anscheinend faszinierten ihn meine Haarfarbe so sehr, dass er dabei ein nachdenkliches Gesicht machte und völlig vergessen hatte, dass er mich grade umbringen wollte. Okay, als ich sagte, dass ich irgendwann vergewaltigt auf der Straße liegen bleiben würde, war dies eigentlich nur ein sarkastische Bemerkung meinerseits und nicht eine Aufforderung es wahr werden zu lassen. Ich habs nicht mal laut ausgesprochen, doch anscheinend reichte schon der Gedanke daran. Ich schauderte. Er ließ von mir ab und verschränkte die Arme. Ich atmete erleichtert aus, war jedoch trotzdem verwirrt. Egal, rosa sei Dank, ich lebe noch. „Name?“, fragte er mich ungeduldig als hätte ich nur meine Höflichkeit vergessen mich vorzustellen. Ich biss mir auf die Unterlippe und wollte nicht antworten. Vielleicht war das irgendein Trick? Er beugte sich zu mir runter und sah mir in die Augen. Jetzt, wo er seine Brille nicht aufhatte, bemerkte ich, dass er einen seltsamen schwarzen Ton in den Augen hatte. Vielleicht war es ein ganz dunkles Braun? Zwar hielt er mich nicht fest, doch ich fühlte mich trotzdem bedrängt. „Name?“, presste er nochmals zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Haruno. Haruno Sakura. Freut mich Sie kennen zu lernen“, gab ich mit sarkastischen Unterton von mir. Wie erwartet blitzen seine Augen gefährlich auf und irgendwas bedrohliches konnte ich aus seiner Brust hören. Es klang schlimmer als ein Knurren. „Haruno?“, fragte er noch einmal nach und ich sah wie er die Hände zu einer Faust ballten. Sein Gesicht wirkte angespannt, als würde es sich kontrollieren wollen. Ich nickte ängstlich. Oder jedenfalls dachte ich das. Ich war viel zu versteift um mich zu bewegen bis auf mein Mundwerk natürlich. Er schloss die Augen und atmete tief durch, doch das machte mir noch mehr Angst. Was ging in seinem Kopf vor, verdammt? „Du schuldest mir ’ne Sonnenbrille, Haruno.“ Meinen Namen würgte er nur mit viel Mühe raus. Okay, jetzt war ich endgültig verwirrt. „Verschwinde jetzt. Das klären wir später.“, ordnete er an und sah mich noch einmal verachtungsvoll an. Als ich mich nicht rührte, gab er nur ein „Tze“ von sich und ging dann selber aus der Gasse. Ich starrte auf die gegenüberliegende Wand als hätte ich ein Geist gesehen. Was zum Teufel war das? Ich wusste ja gar nicht, dass das eben der Teufel höchstpersönlich war. Ich bemerkte das vom Schock meine Hände zitterten. Ich war komplett unfähig mich zu bewegen. Selbst das Atmen fiel mir schwer. Erst als ich alles nochmals Revue passieren ließ, fiel mir auf wie tief ich in der Scheiße steckte. Was legte ich mich auch nur mit solchen Typen an? Ich erschrak mich zu Tode als mein Handy plötzlich anfing zu klingeln. Aber dies holte mich schließlich in die Wirklichkeit zurück. Mit bebenden Händen nahm ich das Hände aus der Hosentasche und nahm ab. „Ja?“, krächzte ich in den Hörer. Ich bemerkte erst jetzt wie ausgetrocknet meine Mundhöhle war. „Sakura? Du hörst dich ja grausam an. Was ist los? Warum bist du nicht in der Schule?“ Die Stimme TenTen’s beruhigte mich wieder einwenig. „Sorry, ich erklär’s dir später.“, versprach ich und legte wieder auf. Fehler. Denn nun fühlte ich mich allein. Beziehungsweise ich war allein, fühlte mich jedoch beobachtet. Mit schnellen Schritten ging ich wieder zur Bushaltestelle und erwischte grade noch so den Bus. Als ich mich auf einen Sitzplatz setzte, sah ich wie noch zwei weitere Jungen reinstürmten. Eigentlich interessierte ich mich nicht sonderlich für das männliche Geschlecht, wahrscheinlich war ich einfach eine Spätpubertierende oder so was, doch die beiden erinnerten mich extremst an den Jungen vor hin. Mir fiel auf, dass ich nicht mal wusste wie sein Name war. Die zwei Jungen, die sich in die Sitzreihe hinter mir setzten, hatten dieselbe Brillen an wie der andere. Und als die beiden an mir vorbei gingen, blickten sie kurz beide zu mir und in der selben Sekunde sahen sie wieder weg. Wie merkwürdig. Ich fühlte mich wieder ganz unbehaglich und machte mich so klein wie möglich. Doch ich kriegte das Gefühl nicht los als würden sie mir mit ihren stechenden Augen Löcher in den Hinterkopf bohrten. Sicher war das nur Einbildung... „Ach du heiliger verschimmelter Pferdeapfel, wie siehst du den aus?“, fragte mich meine Freundin mit geschocktem Gesichtsaudruck. Diese Vergleiche, die sie immer machte, waren nicht nur beleidigend sondern meistens auch immer treffend. Aber sah ich den wirklich, im wahrsten Sinne des Wortes, Scheiße aus? Ich zuckte nur mit den Schultern und tat so als ließe mich mein Aussehen kalt. TenTen war mit dieser Reaktion anscheinend nicht zu Frieden und zog mich sogleich von meinen Platz hoch auf dem ich mich eben hingesetzt hatte, bevor sie mich mit auf die Mädchentoilette zerrte. Im Moment hatte ich gar keine Lust auf eine Maniküre oder Pediküre. Ich wollte einfach diesen Schultag hinter mir bringen und ebenfalls das Essen, bei dem ich den verfluchten Idioten, der meine Mutter verführt hatte, kennen lernen durfte. Ich ließ die Prozedur einfach über mich ergehen. Die Brünette befeuchtete ein Tuch und wischte mir den Dreck aus dem Gesicht. Jedenfalls vermutete das dort Schmutz hang. In den Spiegel zu schauen, traute ich mich nicht. Dann nahm sie sich tatsächlich noch die Zeit um mir zwei Zöpfe zu flechten. Ich hätte schon befürchtet, dass wir den ganzen Unterricht verpassten. Wenigstens besaß sie den Anstand um mich nicht auszufragen, dies würde sich in der Pause jedoch spätestens ändern. „Et voilà, une belle garcon!“, verkündetet sie stolz. Ich verdrehte die Augen. Hatte sie mich wirklich ‚Hübsche Junge’ genannt? Was war so schwer an ‚fille’? Oder zumindest ‚un beau garcon’? Aber dank ihr sah ich nicht mehr wie eine wandelnde Blamage aus und hielt deswegen den Rand. Ich nickte ihre dankend zu und wir gingen wieder in die Klasse. Ich war nie besonders gut gewesen Gefühle auszudrücken oder die passenden Worte zu finden. Auf der Beerdigung meines Vater zum Beispiel, bekam ich kein Wort raus als mich mindestens 30 Augenpaare erwatungsvoll anstarrten und warteten bis ich irgendetwas Nettes sagte und wie traurig ich war, dass er nicht mehr bei uns war. Im Prinzip war es eine einfache Sache, doch die Praxis war wieder etwas anderes. Man könnte sich das mit Unmengen von kleinen Kindern vorstellen. Alle wollen unterhalten werden, zum Lachen gebracht werden, doch der Clown, also ich, steht versteift wie die lebendige Freiheitsstatur vorne und war gezwungen etwas Witziges zu tun. Natürlich hatte das Clown schon seine Tricks zu Hause im Stillen geübt, doch vor einem Publikum wirkte er noch ganz verkrampft und hilflos. Zurück zum Unterricht. Zu meiner Überraschung hatte ich nur eine Schulstunden verpasst. Die blondhaarige, mollige Frau, die uns vergeblich versuchte in unseren pubertierenden Köpfe ein Hauch von Biologie beizubringen, damit wir es auch an der Struktur verstehen, bevor wir an die Selbstversuche gingen, war heute besonders extrovertiert. Meine Diagnose war entweder zwei Liter Kaffe intus oder eine starke Antidepressiva. Doch es stellte sich bald heraus, dass ein anderer Grund für ihre gute Laune war und natürlich ließ sie nicht die Gelegenheit aus uns diese völlig uninteressante Geschichte zu erzählen. Ich seufzte und legte den Kopf in die Hände. Da war mir Biologie doch lieber gewesen. Aber etwas Gutes hatte es ja, es bemerkte wirklich niemand, dass ich gefehlt hatte. Doch das war schon eine Art Gewohnheit. Ich war schon immer ziemlich unsichtbar für den Rest der Welt. Nicht mal anständig mobben konnten die mich. Die blonde Frau setzte sich auf den Rand der Pults. Dieser drohte beinahe unter ihrem Gewicht einzubrechen, doch anscheinend merkte es die Lehrerin nicht. „Sensei, was wollen Sie uns den jetzt erzählen?“, fragte einer aus der Klasse und ich konnte die Stimme Ino Yamanaka zuordnen. Ich hatte nicht viel mit ihr zu tun. doch ich war trotzdem überrascht gewesen, dass sie tatsächlich mitbekam, über was im Unterricht geredet wird auch wenn es nichts zum Klassenstoff passte. Von ihr wusste niemand viel, nur dass sie einer ziemlich schlimmen Clique angehören musste. Sie nannten sich glaube ich Diamonds. Unsere Lehrerin sah die blondhaarige Yamanaka strafend an. Sie mochte es nicht, ;Sensei’ genannt zu werden. Sie war der Meinung, es ließe sie so alt wirken. Doch von ihren Ansprüchen konnte Ino nun wirklich nichts wissen. Das sah man an ihrem Gesicht, dass sie die Reaktion der Lehrerin nicht verstand. „Tsunade-sama.“, korrigierte die Frau ihre Schülerin. Langsam überspannte ‚Tsuande-sama’ wirklich die Spannung. Es war noch nerviger als auf eine Antwort meiner Mutter zu warten. Besonders, da mich das Geschwaffel der Frau nur halb so viel interessierte, wie die meiner Mutter. „Tsunade-sama...“,verbesserte sich Ino stöhnend. Anscheinend ging ihr das Getue der Lehrerin ebenfalls auf die Nerven. Als Tsunade schlussendlich ihre Jugend zurückerlangt hatte, streckte sie ihre rechte Hand zur Klasse hinaus. Ich verstand nicht, doch als ich genauer hin sah, entdeckte ich etwas Glitzerndes. Ich sog scharf die Luft ein und versetzte mich in eine Schockstarre. Er war ein Gefühl als, wenn man dir die Nase abgerissen hätte und überflüssigerweise dann noch mal einen Kinnhaken verpasst bekommen würde. „S-Sie heiraten?“, fragte jemand erstaunt, aber ich war viel zu unfähig um die Stimme einer Person einzugliedern. Es waren so verdammt viele Stimmen im Kopf. Die meiner Mutter, die mir erzählte, dass sie heiraten würde, meines Vaters, der mir versprach uns niemals zu verlassen, sogar der von meiner Freundin TenTen, die mir erzählte wie beschissen ich aussah. Seltsamerweise brachte mich dieser Aussagesatz wieder in das Diesseits zurück. Ich konnte mir vorstellen wie blass ich in diesem Moment geworden war und die besorgten Blicke meiner Mitschüler schienen an mir zu haften. „Alles okay, Sakura?“, flüsterte TenTen neben mir. Ich nickte nur mit den Kopf und tat als würde ich irgendeine Stelle im Biobuch nachlesen. Das seltene Interesse an mir legte sich wieder und alle sahen wieder Tsunade’s Ring an, was stolz präsentiert wurde. „Sie heiraten?“, wiederholte ein Schüler und die Lehrerin schüttelte diesmal entgeistert den Kopf. Irgendwie wünschte ich mir meine Mutter würde über die Frage den Kopf schütteln. „Ich bin noch zu jung zum Heiraten. Ich wollte euch nur zeigen, dass ich einen Freund habe und deswegen wahrscheinlich länger brauche um eure Test nachzuschauen.“ Die Meinung darüber war in der Klasse geteilt. Ein erleichtertes Kichern und ein enttäuschtes Seufzen war zu hören, die wahrscheinlich erwarten hatten, an der Hochzeit teilzunehmen. Wie naiv waren die den eigentlich? Trotzdem fühlte ich mich besser und mein Magen entknotete sich wieder. Ich wurde dennoch wütend. Hatte sie keinen Schnapsglas dem sie das erzählen konnte? Meiner Meinung nach, war das nur eine Ausrede um mit ihrem Ring rumprahlen zu können. Ich heftete es schließlich auch nicht auf die schwarze Tafel, wenn ich einen Freund hatte. Als die blondhaarige Frau mit dem Unterricht fortfuhr und es keine Überraschungen mehr auf mich warteten, fiel ich wieder in meinem neutralen Zustand zurück. Ich spürte wie sich meine Muskeln entspannten und wie schwer meine Augenlider wurden. Der ganze Tag obwohl er nicht mal richtig angefangen hatte, hatte mich erschöpft. Erst das viele Weinen und dann noch die Begegnung mit diesen schrägen Typen. Ich hoffte ich würde ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. Komisch aber, dass ich das erst jetzt bemerkte, dass ich so müde war. Das Sprechen der Lehrerin war für mich nur im Hintergrund als in leises, monotones Summen zu hören und das Knistern von Papierchen brachte das ganze in eine harmonische Stimmung. Ich fühlte mich wie an einem Lagerfeuer, wo die Wärme ins Gesicht gestrahlt wird und man den leisen Erzählungen der anderen lauscht. Die gute Laune, die jedermann verbreitete und die kühle Nachtfrische, die einen Abklang zum Feuer machte. Meine Gedanken waren einfach abgeschweift. Es war so friedlich. So sorgenlos. Irgendetwas pickste mich an der Schulter. Ich versuchte es mit der Hand abzuwehren, doch es hörte nicht auf in meine Haut rumzubohren. Vielleicht würde es verschwinden, wenn ich still bleibe und mich nicht bewege. „Sakura.“, hörte ich ein gedämpftes Flüstern. Moment kann man ein Flüstern den dämpfen? Ist es nicht schon gedämpft, wenn man flüstert? Während ich über diese Belanglosigkeit nachdachte, wurde ich beinahe aufgespießt. Ich schreckte hoch und fand mich im Klassenzimmer wieder. Wie kam ich bitte ins Klassenzimmer. Wie ich feststellte war die Klasse beinahe leer, nur die Brünette, die langsam ihren spitzen Bleibstift zurück in das Mäppchen steckte, sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich wusste das sie ein Kichern unterdrückte. „Mensch, Sakura. Was ist nur los mit dir? Du bist schon seit heute morgen so fertig gewesen.“ Ihr Blick wandelte sich von einem Belustigten zu einem Besorgten. Doch ich schüttelte nur den Kopf und versuchte zu lächeln. Ich sah an ihrem Gesichtsausdruck, dass es mir kläglich misslang. „Du weißt du kannst es mir erzählen, okay? Falls du jemanden zu reden brauchst, ich glaube ich bin in deinem Handy unter ‚Beste Freundin’ zu finden.“ Sie lächelte mir aufmunternd zu, bevor sie ihre Tasche schnappte und aufstand. „Wohin gehst du?“, fragte ich verwirrt und stopfte meine Sachen ebenfalls in meinen Ranzen. „Erstens wir haben Pause und zweitens muss ich noch zum Theaterclub um etwas zu besprechen. Anscheinend gefällt den meisten dort dein Gesicht nicht.“, lachte TenTen. „Mich hat ja auch keiner gefragt.“, murmelte ich etwas beleidigt, doch sie tätschelte meine schmerzende Schulter und ging dann aus dem Raum. Ich tat es ihr gleich. Als ich durchs Schulgebäude lief, bemerkte ich mit Zufriedenheit, dass die Plakate mit meiner Visage endlich verschwunden waren. Endlich musste ich mir nicht dauernd wie durch einen Spiegel blicken. Um ehrlich zu sein, fand ich mich nicht grade großartig schön. Meine Haut war zu bleich und meine Stirn zu breit. Außerdem hatte ich total schmale Lippen und war außerdem noch einwenig kleinwüchsig. Selbst meine Brüste waren mit meinen 15 Jahren noch eher flach. Früher litt ich wirkliche Depressionen an mein Aussehen. Ich konnte mich einfach ganz und gar nicht leiden. Die Geschichten in denen perfekte Mädchen beschrieben werden mit vollen Lippen und langem Haar, verabscheute ich. Sie waren so unrealistisch und zeigten mir wie wenig ich hatte. Doch schließlich hab ich mich damit abgefunden als ich meine Haare rosa gefärbt hatte. Ich mochte diese Farbe eigentlich nicht sonderlich, doch wie ich fand passte sie perfekt zu meiner blassen Haut und den grünen Augen. Heute war ich alleine auf dem Pausenhof. Wie immer lag ich unter der alten Eiche, wo normalerweise auch TenTen immer lag und die Schüler rundherum fotografierte. Oh ja, sie liebte das Fotografieren. Und sie machte wirklich schöne Bilder solange ich nicht darauf zu sehen war. Ich dagegen hatte keine besondere Talente. Na schön, ich war ziemlich gut in der Schule. Ich möchte ja nicht angeben, aber wahrscheinlich war ich Jahrgangsbeste. Manche verstanden einfach nicht wie ich so viel Zeit mit lernen verbringen konnte. Doch wenn man keine besonderen Hobbys hatte, dann würde man merken, dass man ziemlich viel Freizeit hatte. Ich schlug das Mathebuch auf und holte die Aufgaben nach, die ich den ersten beiden Stunden verpasst hatte. Quadratwurzeln. Was für ein Schwachsinnsthema. Das war nun wirklich das Einfachste. Doch als ich grade anfangen wollte die Antworten aufzuschreiben, bildete sich ein Schatten vor mir, der mir die Sonne versperrte. Ich blickte hoch und sah in drei ziemlich finstere Gesichtern. Mein Herz setzte für einen Moment lang aus und die Spucke blieb mir im Hals stecken. Der Kugelschreiber fiel mir aus der Hand und der Wind blätterte das Mathebuch wieder zu. „Du?“, fragte ich entsetzt und hüpfte ungeschickt auf. Doch bevor ich wieder fallen konnte, hielt mich jemand am Handgelenk fest. „Haruno, richtig?“ Ich traute meinen eigenen Augen nicht. Das war doch der Typ von heute Morgen! Ich schielte ebenfalls zu den anderen zwei, die neben ihm standen und erkannte sie auch sofort wieder. Es waren die zwei Jungs aus dem Bus. „W-was wollt ihr von mir?“, fragte ich mit zitternder Stimme und sah abwechselnd allen ins Gesicht. Jetzt konnte ich die Typen auch näher betrachten. Die hinteren zwei hatten beide braune Haare, der eine für einen Jungen unnatürlich lange und der andere hatte die Haare zu einer hochkomplizierten Frisur hochgesteckt. Irgendwie erinnerte es mich an eine Annanas. Sein Anblick vermied es mir ihn auf irgendeiner Weise ernst zu nehmen. Da konnte er so düster dreinblicken wie er wollte. Aber eigentlich hatte ich den Eindruck, dass er sich gar nicht die Mühe machte, böse zu wirken, sondern eher gelangweilt aussah. Mit einem kurzen Räuspern zog der Anführer der Truppe meine Aufmerksamkeit wieder zu sich und nagelte mich mit seinen Blick fest. Meine Augen konnten sich gar nicht mehr abwenden von ihm. Nicht, dass er besonders hübsch wäre, vielleicht war er das auch, aber im Moment hatte die Angst alle anderen Gefühle weggedrückt, aber seine Augen waren tief schwarz, sodass er einfach fesselte. Abgesehen von den Augenringe, die sich leicht lila unter den beiden Augen abbildeten. Die vielen Kratzer und bläuliche Flecke auf dem Gesicht wiesen darauf hin, dass er grade eine Prügelei hinter sich hatte. Ich vermutete es war das Narbengesicht, denn die Jungs hinter ihm sahen noch ganz passabel aus. „Du schuldest mir Geld, Kleine.“, sagte er mit einer düsteren Tonlage, die meine Nackenhaare zum aufstellen brachte. Ich verstand den Sinn seiner Worte nicht. Wie, Geld? Hatte ich etwas von ihm ausgeliehen? Daran würde ich mich doch sicher erinnern, so verkümmert war mein Hirn nun wieder auch nicht. Er verdrehte die Augen als er meinen verständnislosen Gesichtsausdruck sah. Der Junge kramte etwas aus seiner Lederjacke raus und drückte es mir in die Hände. Jetzt war ich komplett verwirrt. Ich öffnete meine hand und fand einige Glasscherben vor. Vorsicht inspizierte dies und bemerkte, dass es dir mal eine Brille gewesen sein musste. Plötzlich fiel es mir wie ein Schuppe vom Auge. Natürlich! Die dämliche Brille ist ja auf den Boden zerbrochen und wem gab der Typ offensichtlich die Schuld? Ich zog eine Augenbraue hoch und zählte die Sekunden, die vorbeistrichen. Vielleicht half es auch einfach ahnungslos zu tun, aber wahrscheinlich brachte das eh nichts. Das Ding müsste ganz schön teuer gewesen sein, sonst würde er ja nicht so einen Wind drum machen. Höchstwahrscheinlich war die Brille sogar mehr Wert als mein Leben. Als ich merkte wie ungeduldig der Junge wurde, tat ich so als würde ich verstehen. Ich setzte eine Unschuldsmiene auf und sah ihn mit geweiteten Augen an. „Oh“ Der Junge mit der Ananasfrisur seufzte erleichtert. Erschrocken wanderte ich von einem Typen zum anderen. „I-ich kann das nie und nimmer bezahlen“, stotterte ich und drückte ihm die Splitter wieder an die Brust, als würde schon allein durch das Berühren meiner Hände noch mehr an Wert verlieren. Immerhin war die Brille jetzt Schrott und überhaupt nichts mehr Wert. Dar Anführer verdrehte wieder die Augen um mir zu zeigen, wie egal es ihm ist, doch dann verdüsterte sich sein ganzer Gesichtsausdruck wieder. „Du bezahlst.“ „Wie?“, fragte ich. „Entweder Bar oder...“, er machte eine kurze dramatische Pause, dabei fingen meine Hände vor Aufregung an zu zittern. „... mit deinem Körper.“ Alles drehte sich im Kreis um mich. Mit meinem Körper? Lieber Gott, hilf mir! Ich biss mir auf die Unterlippe um nicht gleich loszuheulen. Ich wollte einfach nur weg von hier. Scheiße, er machte mir wirklich Angst! Die zwei anderen Jungs fingen an zu grunzen. Wie gemein. Was war den daran verdammt noch mal so witzig? „Ich glaube, sie versteht das falsch, Sasuke.“, sagte der Junge mit den langen Haaren ruhig. Mir traten Tränen in die Augen, doch ich blinzelte sie wieder weg. Wovon redeten sie? Der Angesprochene reagierte entsprechend und verdrehte abermals die Augen. Acha, Sasuke hieß er also. Klingt irgendwie nach einem Katzennamen. „Du sollst dich doch nicht prostituieren, dafür wärst du nicht mal hübsch genug. Also fühl dich nicht so wichtig.“, sagte Sasuke eiskalt. Ich spürte wie die Angst sich langsam zur Wut umwandelte. Am liebsten hätte ich dem Kerl eine gescheuert. Langsam wurde mir das zu blöd. Könnten die mal Klartext reden und hier nicht so rumeiern? „Was den jetzt.“, fragte ich gereizt ließ die unbrauchbare Brille fallen, die ich immer noch in den Händen hielt. Ich hatte so fest zugedrückt, dass ich mir Wunden reingeschnitten hatte, doch ich ignorierte es. Ehe ich mich versah, wurde ich am Handgelenk gepackt und wütend angeblickt. Also das war wirklich eine Steigerung zum düsteren Blick. Mein Herz fing unkontrolliert an zu pochen und das Knurren, dass aus seiner Kehle kam ließ mir gleichzeitig das Blut in den Adern gefrieren. Wahrscheinlich sah ich jetzt nicht nur blass, sonder leichenblass aus. Noch blasser und ich wäre durchsichtig. „Gewöhn dir gefälligst einen anderen Ton an, Kleine.“ Er drückte so stark zu, dass ich befürchten musste, dass er mir die Knochen brechen würde. Ich biss mir auf die Zunge um nicht loszuschreien. Lass mich doch einfach in Ruhe, bat ich im Stillen. „Hey, ihr verschimmelten Mutanten“, hörte ich eine so gut bekannte Stimme, dass mir wieder die salzige Flüssigkeit in die Augen schoss. Der Druck auf meinen Händen lockerte sich bis er schließlich völlig von mir abließ. „TenTen.“, schluchzte ich vor Freude, doch ich traute mich nicht zu bewegen. Meine liebe, schusselige, wundervolle TenTen stand mit verschränkten Armen und todesgefährlichem Blick da und knöpfte sich erst mal die drei Typen vor. „Geht erst mal duschen, bevor ich ein Mädchen bedroht, ihr Spatzenhirne.“ „Was willst du überhaupt?“, fragte die Ananasfrisur. „Hat dir jemand erlaubt zu sprechen?“, keifte sie zurück. Der Angesprochene und der Junge mit dem langen Haaren knurrten gefährlich und traten einen Schritt vor. Plötzlich hatte ich Angst um TenTen und gleichzeitig bewunderte ich sie. Sie war nicht so ein verdammter Feigling wie ich gewesen. So stark und selbstbewusst. Das Gegenteil von mir. Ich schämte mich fast, dass ich mich so schnell unterbuttern ließ. Wäre ich doch nur ein bisschen wie TenTen. Könnte ich doch auch endlich meine gedanken aussprechen als sie nur sarkastisch daher zu denken. „Uchiha, nimm deine Hunde an die Leine. Schon vergessen was wir abgemacht haben?“ Sasuke rührte sich nicht. TenTen verdrehte die Augen und ging einfach an ihm vorbei. „Komm mit, Sakura.“ Sie nahm mich sanft aber bestimmt an den Schultern und führte mich weg von diesen Monstern. Die Pause war schon längst zu Ende und der Schulhof wirkte verlassen. „TenTen, ich... ich... danke“ Ich schluckte meinen Frust runter. TenTens Miene wurde noch härter. Es schien als wäre sie auch wütend auf mich. „Sag mal geht’s noch, Sakura? Was legst du dich mit diesen Dummbeuteln an? Die hätten dich wie ein dreckiges Insekt zerquetschen können“ Wieder so ein Vergleich, aber diesmal munterte es mich seltsamerweise auf. „Was grinst du so blöd?“, fragte sie beleidigt. „Ist schon okay“, kicherte ich ohne besonderen Anlass. Wahrscheinlich war ich einfach nur erleichtert. Irgendwann stimmte auch die Brünette mit ein. „Komm wir müssen in die Klasse“ „Stimmt, warum bist den nicht schon längst dort?“, fragte ich verwirrt. Alle anderen Schüler waren schon reingegangen. „Ich musste noch etwas mit der Theatergruppe besprechen. Hat länger gedauert.“ Wie zum Beweis hob sie ihre Kamera hoch, die sie immer um den Hals trug. „Richtig, hast du mir ja erzählt.“ „Aber jetzt erzähl du mal. Was ist den überhaupt passiert? Was hast du mit Uchiha und seiner Drecksbande zu tun?“ Mir fiel auf wie schlecht sie über die Jungs sprach. Kannte sie die etwa näher? „Nun ich habe Mathe gemacht, glaub ich und dann... oh stimm, mein Mathebuch. Geh schon mal in die Klasse, ich erzähl dir später was passiert ist. Ich hab mein Buch am Baum vergessen.“ Während ich das sagte, klatschte ich mir auf die Stirn und Tenten verdrehte die Augen. „Ja ja, ist gut.“ Sie tätschelte mir die Schulter und ging dann zum Gebäude. Meine Hand brannte wie Feuer, doch ich traute mich nicht sie anzusehen. Stattdessen steckte ich sie einfach in die Jackenrache und lief noch mal zum Baum. Tatsächlich lag es immer noch dort. Könnte ja sein, dass diesem Uchiha oder wie auch immer eingefallen wäre, dass er unbedingt Rache an meinem Buch nehmen müsste. Aber das wäre wahrscheinlich doch zu kindisch gewesen. Als ich mich bückte um das Buch aufzuheben, spürte ich eine starke Hand an meinem Arm. Erschrocken wirbelte ich mich und sah abermals in die tiefschwarzen Augen von Sasuke. Ich hatte das Gefühl innerlich leer zu sein, wenn ich rein sah. „Nach der Schule, am Eingangstor. Du wartest.“ Er ließ meinen Arm los und ging dann zum Gebäude der Zweitklässler. Vor Schreck hatte ich vergessen zu atmen. Ich sah ich hinterher und langsam kamen auch die Gefühle wieder zurück. Das war überraschend jetzt Oh mein Gott, der Horror war also noch nicht vorbei? Ich hätte es wissen müssen. Ich faste mir verzweifelten an den Kopf. Moment, nach der Schule konnte ich nicht hin. Ich hatte doch noch dieses Essen vor mir mit dem Verlobten meiner Mutter. Scheiße. Beides schlechte Optionen. Ich kaute überlegend an meinen Fingernägeln. Irgendwas müsste ich mir was einfallen lassen um diesem Jungen zu entwischen. Ich schüttelte den Kopf und ging in das Gebäude für Erstklässler. Mir wird schon was in den Sinn kommen. Hoffe ich... Während ich überlegte wie ich das mit der ungewollten Verabredung regelte, hatte ich das Gefühl zu verbluten. Eine eisige Kälte umschlang mein Herz, doch das Feuer brannte in meiner Hand. Es schmerze und gleichzeitig betäubte meine Angst den Schmerz. Automatisch schaute ich zu den Splittern, die verstreut im Gras lagen. An ihnen klebte mein Blut. Ich war mir sicher, dass es nicht der letzte Tropfen ist, den ich in naher Zukunft verlieren werde. Mein Atem ging schnell und mein Herz hämmerte mir gegen die Rippen. Geschafft, ich hatte es geschafft. Ich fasste mir an die Seite als ich dort ein Stechen vernahm. Egal, das war es wert. Völlig verschwitzt und durstig ging ich zum Restaurant wo schon meine Mutter auf mich wartete. Ich versuchte mich zu beruhigen, doch ich sah an dem besorgen Ausdruck meiner Mutter, das mir das nicht gelang. „Was ist den passiert, Sakura. Bist du gerannt?“ Ich winkte nur ab. Jetzt hatte ich wirklich keine Lust ihr die Geschichte zu erzählen. „Warum stehst du vor dem Restaurant und gehst nicht rein?“ Meine Mutter lächelte verlegen. „Ich wollte auf Fugaku und ich warten, bevor ich rein gehe“ „Aha“, machte ich nur und wischte mir mit den Ärmel den Schweiß von der Stirn. Meine Mutter schien das gar nicht zu bemerken. Ich fühlte mich als hätte ich ein Marathon gelaufen. Nach dem ersten Klingelzeichen, hatte ich mir meine Tasche geschnappte und bin rausgerannt. Nicht mal von TenTen hatte ich mich verabschiedet. Dann bin ich blind weggerannt, einfach nur weg von dort. Nun, jetzt musste der Verlobte eben mein verschwitztes Ich sehen und meine Bandage an der Hand. Meine Mutter schien andere Probleme zu haben, aber ich machte ihr keinen Vorwurf. Bestimmt war sie noch aufgeregter als ich. Trotzdem was ich ein gutes Abschreckmanöver. Eigentlich sollte ich diesem Uchiha dankbar sein. Mein Herzschlag normalisierte sich wieder und die Seitenstechen waren kaum mehr zu spüren. Bald würde ich diesem Typen, der meine Mutter verführt hatte, also kennen lernen. Das war einfach so absurd! Wie schon gesagt, der Gedanke allein, das dieser Mann meine Mutter jemals glücklicher machen würde, war so realistisch wie fliegende Fische am Himmel. Und ganz ehrlich wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass man fliegenden Fischen begegnet? So gut wie unmöglich, deshalb brauchte ich... „Ah, Sakura. Guck mal ein Zeppelin!“ Ich hörte meine Mutter begeistert in die Hände klatschten und in den Himmel hinausstarren. Aus Reflex tat ich dasselbe und sah direkt in ein riesiges Auge. Drum herum waren Schuppen zu erkennen. In der Mitte des überdimensional Ballons war ein Schriftzug von einem neuen Fischrestaurant zu erkennen, inklusive Telefonnummer. Ich traute meine Augen nicht. Ich blinzelte um mich zu vergewissern, dass ich nicht träumte. Aber um Gottes Willen leider, war ich mit meinen vollen Bewusstsein in der Realität. Doch aus irgendeinem Grund sah mich ein riesiger fliegender Fisch an und es kam mir vor als würde er einzig und allein mich anstarren. Okay, nächstes Mal überlege ich es mir zweimal mich gegen das Schicksal und seiner Bestimmungen aufzulehnen. „Arisa.“, hörte ich hinter mir jemanden rufen. Obwohl ich diese Stimme zum ersten Mal hörte, wusste ich sofort wer die Person war. Halb traumatisiert winkte ich dem Fisch zu und es schien als würde er zur Antwort schelmisch Grinsen. _________________________________________________________________________________ So, erstmal 'tschuldigung für die lange Wartezeit. Als Entschädigung erst mal ein Monsterkapitel von mir. Ich muss sagen, dass ich ziemlich stolz auf mich bin. Wegen der Wörterzahl natürlich. xD Vielleicht wird euch das ein oder andere ziemlich unwichtig erscheinen, was ich da verzapf, aber das kommt noch. Ich hoffe wirklich sehr, dass es euch gefallen hat und das ihr mir weiterhin so schön treu bleibt. Ich liebe euch x3 (Schon im ersten Kapitel ein Liebesgestädnnis, was passiert wohl im Zweiten xD) P.S. Eventuell will ja jemand mein Betareader werden, dann bekommt er die nächsten Geschichten auch früher zugeschickt, natürlich ist aber auch ein wenig Arbeit dran ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)