Der Morgen nach einem Gewitter von Shiara_chan ================================================================================ Kapitel 1: Der Tod ------------------ Mein schlimmstes Erlebnis „Glaube an Wunder, Liebe und Glück. Schau nach vorn und nie zurück. Tu was du willst und steh dazu. Denn dieses Leben lebst nur du.“ „Ich war sieben Jahre alt, ein Alter in dem man sich nicht viele Gedanken darum macht, wie Böse die Welt sein kann. Man ist fröhlich, lacht und lebt in den Tag hinein. Ich hatte an dem Tag Geburtstag, es war November. Ein regnerischer Monat im Jahr, aber auch ein Monat voller Wunder und Far-ben. Meine Eltern waren mit mir und meinem kleinen Bruder in einen Frei-zeitpark gefahren. Wir hatten viel Spaß, haben gelacht und allerlei Unsinn gemacht. Zum Abschluss eines schönen Tages gab es für alle ein Eis, was wir auf dem Heimweg genüsslich aßen. Wie jeden Abend brachte meine Mutter mich ins Bett, deckte mich zu und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut mein Schatz.“ Meinte sie noch sanft, ehe sie sich aufrichtete, das Licht ausmachte und das Zimmer verlies. Ich war erschöpft, schlief daher schnell ein. Es war ein seltsames Gefühl was mich in der Nacht wieder geweckt hatte. Wenn ich es beschreiben sollte, würde ich sagen es fühlte sich an, wie eine böse Vorahnung. Ein ungutes Gefühl was man hat wenn sich etwas schlim-mer ereignet. Eine Art Vision dessen was noch kommen würde. Ich war nur ein Kind, wusste nicht was ich davon halten sollte. Fürchtete mich, hatte Angst und kletterte aus meinem Bett. Ich wollte zu meinen Eltern, sah auf die Uhr. Sie musste noch im Wohnzimmer sitzen, wie jeden Abend. Ich ging also die Treppe hinunter, tapste Barfuß über die kalten Flurfliesen und machte die Tür zum Wohnzimmer auf. Sonst hatte mich immer ein Duft von frischen Keksen und Milch empfangen, das Lieblingsessen meiner Mutter. Doch nun, da war etwas anderes. Etwas….Fremdes. Kaltes. Es roch nach Metall…nach Tod. Es roch als hätte man Kupfermünzen im Mund und könnte sie nicht heraus nehmen. Ja genau, so roch der Tod. Nach Kupfermünzen im Mund. Ich machte also die Tür auf und blickte in das entsetzte Gesicht meiner Mutter. Sie lag auf dem Boden, erst jetzt er-kannte ich, dass sie sich nicht bewegte. Sie war Tod, das Blut floss noch immer über ihren Körper herab zum Boden und bildete eine kleine Larche. Ich blickte umher, musste feststellen das meinem Vater und mein kleiner Bruder dasselbe wiederfahren war. Sie alle Drei lagen auf dem kalten Boden, Blutüberströmt, ausgeweidet und Tod. Ich stotterte irgendwas, was, kann ich kaum noch sagen. Ich begriff es einfach nicht, wir hatten doch so viel Spaß gehabt und jetzt? Viel zu Spät hatte ich den Mann gesehen der alles getan hatte, er stand in der Ecke, sah zu mir hinüber und grinste. Ein fieses Grinsen, ein Grinsen das nichts Gutes verhieß. Er schritt auf mich zu, im Licht eines vorbeifah-renden Wagen glitzerte sein Messer auf, an dem noch immer das frische Blut klebte und zu Boden tropfte. Ich bemerkte ihn erst als er mich packte, mich mitriss in die Küche, mich auf den Küchentisch zog und…und mich anfass-te. So wie man ein Kind einfach nicht anfassen sollte. Wie lange es so ging weiß ich nicht mehr, ich weiß nur, dass ich irgendwann ein Messer zu packen bekam und zustach. In den Magen, dann rannte ich los. Draußen stürmte es, es regnete in Strömen aber ich rannte weiter. Bis zur Nächsten Nachbarin dauerte es zu Fuß locker eine halbe Stunde, den-noch rannte ich. Klopfte wie wild an der Tür, erzählte aufgelöst, stotternd was passiert war. Noch bevor die Polizei da war, war der Mörder geflüchtet. Mörder. Das wäre zu harmlos, Mörder bringen einen Menschen um, er hat ein Blutbad angerichtet. Es dauerte Wochen, Monate ja sogar Jahre ehe ich wieder Vertrauen zu Menschen fassen konnte und noch viel länger dauerte es, ehe der Schmerz endlich leichter wurde. Ich erkannte aber, dass der Schmerz nie vergehen wird. So wie früher wird es nie wieder und das Ich was ich damals war, ist längst Vergangenheit. Manchmal spricht es noch zu mir, meldet sich aus der hintersten Ecke meiner Selbst. Und dann wird alles nur noch schlimmer und ich merke erneut, was er mir genommen hat und denke daran was ich tun würde, wenn ich ihn noch einmal treffe. Ich hoffe für ihn, dass er es niemals gewahr wird.“ Sie erzählte es Monoton, so wie sie es immer erzählte. Dieselbe Wortwahl, dieselbe Erzählung. Er seufzte, rieb sich kurz über das Gesicht. So kamen sie nicht voran. Seit Wochen war sie nun schon seine Patientin, und immer wieder erzählte sie diese Geschichte und das immer in denselben Worten. „Lena…so kommen wir nicht voran. Du bist hier weil du zusammen gebro-chen bist und…“ er stockte, überlegte nach den passenden Worten. „Und weil ich durchgedreht bin auf der Arbeit.“ vollendete Lena seinen Satz. „Ja ich weiß schon warum ich hier bin, mein Boss glaubt ich sei Verrückt.“ Ein Grinsen stahl sich auf ihre Lippen. „Und wissen sie was? Ich denke sogar er hat Recht.“ Meinte sie dann. „Es fehlt nicht mehr viel und sie können mich wirklich einweisen lassen.“ Nickte sie zustimmend zu ihrer Aussage. Er ver-blüffte, damit hatte er nicht gerechnet. „Wie…wie meinst du das?“ fragte er dann nach, fürchtete sich insgeheim ein wenig vor der Antwort. „Ganz ein-fach.“ Erhob sie sich aus ihrem Sessel, schlenderte in einem Gemütlichen Gang zum Fenster und zog ein 9 mm aus ihrer Jackentasche. „Ich habe ge-nug von der Welt. Ich habe das Licht gesehen und den dunklen Tunnel…ich verabschiede mich jetzt.“ Entsicherte sie die Waffe, drückte sie sich an die rechte Schläfe. „Auf Wiedersehen Herr Therapeut.“ Lächelte sie ihm zu. Rein, Unberührt, Ehrlich und Aufrichtig. „Ich danke Ihnen, dass sie mir geholfen haben. Es versucht haben.“ Meinte sie dann noch, drückte in dem Moment ab. Er war noch aufgesprungen, schrie sie solle es nicht tun, aber es war zu spät. Blut, Knochensplitter und Gehirnmasse verteilte sich auf der Scheibe, zeichnete ein blutiges Autogramm dessen was dort eben geschehen war. Er stand nur da, starrte ihren leblosen Körper an, merkte gar nicht wie er am ganzen Leib zitterte, reagierte selbst dann nicht als seine Sekretärin schreiend, beinahe kreischend neben ihm stand. Die Zeit schien einfach ste-hen zu bleiben, sie war nicht langsamer geworden, sie blieb einfach stehen. Sodass er die Möglichkeit hatte, alles noch einmal im Kopf abzuspielen. Hät-te er es verhindern können? Wenn ja, wie? Diese und weitere Fragen dräng-ten sich ihm auf und würden wohl unbeantwortet bleiben. Denn eines steht fest, der Tod kommt und steht plötzlich vor der Tür. Er kündigt sich nicht an und lässt sich auch nicht herein bitten. Er ist wie... ein Morgen nach einem heftigen Gewitter. Er kommt, immer, nur weiß selten einer, wann er kommt. Und selten wehrt sich jemand dagegen, kann es verhindern oder gar vorher-sagen. Denn der Tod ist der letzte Abschnitt, den jeder von uns meistern muss, auf seine ganz eigene, persönliche Art. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)