Unerwünschte Gefühle von Snuggle ================================================================================ Kapitel 16: Lügner ------------------ Erschöpft ließ sich Miyako auf das Bett ihres Hotelzimmers fallen. Dieser Tag war wieder einmal extrem anstrengend gewesen. Immerhin standen sie vor dem großen Durchbruch, das spürte sie und dann könnten sie diesem Drecksschwein endlich ein für alle mal das Handwerk legen. Und wenn es erst einmal so weit war, würden keine jungen, unschuldigen Frauen mehr auf so grausame Weise sterben müssen. Und dafür würde Miyako alles geben, das schwor sie sich. Die Auswertung der gefundenen Spuren dauerte allerdings länger als erwartet. Eines stand jedoch fest: Sie stammten eindeutig vom Täter, alles andere konnte ausgeschlossen werden. Mit jedem Tag kamen sie der Lösung des Falls ein Stückchen näher, doch die Uhr tickte. Sie mussten ihn schnappen, bevor er es schaffen konnte zu fliehen oder gar seinen nächsten Mord zu verüben. Wie lange arbeitete sie denn schon an diesem Fall? Und wie lange befand sie sich schon in Osaka? Mittlerweile fühlte es sich an wie eine Ewigkeit. Die junge Frau konnte nicht sagen, woran es lag, aber bereits seit einigen Tagen dachte sie immer wieder verstärkt über Chiaki und sich nach. Sie war sich bewusst, dass sie ihn in den letzten Monaten sehr vernachlässigt hatte. Der Beruf kostete sie viel Zeit und Aufmerksamkeit und da war ja auch noch... Sie kniff die Augen zusammen. Zu schmerzhaft waren die Erinnerungen an das, was zwischen ihnen vorgefallen war. Der dunkle Schleier, der sich seitdem über ihre Beziehung gelegt und dafür gesorgt hatte, dass sie einen großen Teil des gegenseitigen Vertrauens eingebüßt hatten. Mittlerweile war das schon gut zwei Jahre her und sie war sich noch immer nicht bewusst, ob sie ihm das vergeben sollte. Andererseits wusste sie aber auch, dass ihre Beziehung, sollte sie es nicht tun, unter keinem guten Stern stehen würde. Aber hatte er denn nicht ihr Vertrauen wieder verdient? Sollte sie ihm denn nicht wieder ein Stück entgegenkommen? Sie wollte ihn nicht verlieren, das würde sie nicht verkraften... Sie würde sich also etwas einfallen lassen müssen, dass dazu beitragen konnte, dass sie sich wieder aneinander annähern konnten. Seufzend drehte sich die 24-jährige auf die Seite und schloss die Augen. Es wäre wohl besser, wenn sie morgen wieder darüber nachdenken würde. Erst einmal brauchte sie viel Schlaf. Wohlig seufzend öffnete Maron ihre Augen und rollte sich in den weichen Kissen zur Seite. Dabei fiel ihr Blick auf den schlafenden Mann neben ihr...Chiaki. Ihr Chiaki. Bei diesem Gedanken blieb ihr nichts anderes übrig als zu lächeln. Auch wenn der Abend des Banketts bereits einige Tage her war, konnte sie noch immer nicht fassen, was Chiaki ihr gesagt hatte. Welche Entscheidung er getroffen hatte. Seit diesem Abend verbrachten sie jede einzelne Nacht gemeinsam und versuchten natürlich auch, tagsüber gemeinsam möglichst viel Zeit zu verbringen, um sich noch besser kennenzulernen. Insofern es eben auch möglich war. Denn ein Problem gab es noch: Sie durften ihre Liebe noch immer nicht offen zeigen. Da Miyako noch immer nicht aus Osaka zurückgekehrt ist, wollte Chiaki den endgültigen Schlussstrich noch nicht ziehen. Nach einer solch langen Beziehung wollte er das lieber persönlich mit ihr klären. Einerseits hatte Maron dafür vollstes Verständnis, doch andererseits zerrte die Situation an ihren Nerven. Sie hatte Miyako nie schaden wollen und auch wenn sie versuchte, diese Gefühle zu unterdrücken, so plagte sie dennoch das schlechte Gewissen. Das einzige, was sie in diesem Fall beruhigen konnte, war die Tatsache, dass Chiaki selbst beschlossen hatte, die Beziehung zu Miyako zu beenden und somit die Verlobung zu lösen. Und doch beschäftigte sie es ungemein, wie es danach wohl weiter gehen würde. Vorsichtig strich sie dem Schlafenden eine Strähne seines blauen Haares aus dem Gesicht. "Schon so nachdenklich am frühen Morgen, mein Engel?" Damit würde die Brünette aus ihren Gedanken gerissen und musste sogar ein bisschen lächeln. Ohne zu antworten, kuschelte sie sich an ihn und genoss einfach nur die Wärme seines muskulösen Körpers. Chiaki schloss daraufhin seine Arme um sie und drückte ihr einen liebevollen Kuss in ihr weiches Haar. Es fühlte sich einfach wunderschön an, jeden Morgen mit dieser Frau in seinen Armen aufwachen zu können. Ein Gefühl, das er so noch nie verspürt hatte. Noch nicht einmal bei... er versuchte seine eigenen Gedanken zu unterbrechen. Auch wenn er Maron sein Wort gegeben hatte und dieses auch niemals zurücknehmen konnte, plagte ihn auf einmal ein schlechtes Gewissen, wie er es noch nie wahrgenommen hatte. Doch warum war es auf einmal so präsent? War es denn nicht das, was er wollte? Einen Schlussstrich setzen und endlich mit der Frau glücklich werden, die er wirklich innig liebte? Warum musste nur alles so kompliziert sein? Er wurde erst aus seinen Gedanken gerissen, als sich Maron aus seinen Armen wandte und aus dem Bett stieg. "Ich könnte dich aber dasselbe fragen." Mit einem süßen Lächeln auf den Lippen begann sie ihre Klamotten zusammenzusammeln. Chiaki konnte ihr dabei nur fasziniert zuschauen. Dabei musterte er ihren nackten Körper. Ihre schlanke Figur, die leicht zersausten Haare, das perfekte Gesicht, ihre knackiger Po. Allein schon ihr Wesen löste in ihm eine unglaubliche Zuneigung und eine große Sehnsucht aus, die er bisher in dieser Intensität noch für keinen Menschen empfunden hat. Als Maron all ihre Klamotten wieder gefunden hatte, legte sie diese sorgfältig zusammen und schlurfte noch etwas verschlafen auf die Badezimmertür zu. Sie brauchte jetzt erst einmal eine heiße Dusche, die Nächte waren jedesmal zwar wunderschön, aber, da Chiaki so unersättlich ist, auch sehr kräftezehrend. Noch bevor sie überhaupt nach der Türklinke greifen konnte, spürte sie zwei starke Hände an ihrer Hüfte und Chiakis nackten Körper an ihrem Rücken. "Nanana, du willst doch wohl nicht ohne mich duschen gehen, meine Liebe?" Schon wieder bildete sich eine Gänsehaut auf Marons Armen, als er ihr diese Worte ins Ohr wisperte. Ob seine Wirkung auf sie wohl jemals nachlassen würde? "Das würde ich mich doch niemals trauen." Ein wenig musste er bei dieser Aussage schmunzeln. Dann begann er bereits ihren Hals mit Küssen zu verwöhnen und seine Hand über ihre Brüste und ihren Bauch nach unten gleiten zu lassen. Erschrocken keuchte die junge Frau als diese schließlich ihr Ziel erreichte. "Du bekommst wohl nie genug, was?", presste die Brünette etwas heiser hervor. "Niemals, mein Engel." Schelmisch grinsend drehte sich die 24-jährige in seinen Armen um und führte ihren Geliebten mit einem liebevollen und gleichzeitig anzüglichen Blick in das Badezimmer. Leise vor sich hin summend, zog sich Maron um. Sie hatte gerade Mittagspause gemacht und freute sich nun auf ein bisschen Freizeit. Sie hatte es ein wenig eilig, da sie auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für Chiaki war und davor noch einen Arzttermin wahrnehmen musste. Sie fühlte sich im Moment teilweise etwas unwohl und wollte das lieber überprüfen lassen. Sie arbeitete noch nicht allzu lange bei Frau Tsukamoto, da wollte sie sich noch nicht unbedingt krankschreiben lassen. Zudem wäre es schade, wenn sie ausgerechnet an Chiakis Geburtstag im Bett liegen müsste. Sie wollte ihn nämlich überraschen. Sie hatte schon mehrmals versucht, ihn darauf anzusprechen, was er an diesem besonderen Tag denn machen wolle. Doch hatte er einfach jedesmal abgeblockt und geantwortet, dass er sich aus diesem Tag nicht besonders viel machte. Er sein einfach "ein Tag wie jeder andere auch". Diese Aussage stimmte sie etwas nachdenklich. Gerade der Geburtstag ist doch ein Tag, der gefeiert werden sollte. Für sie selbst hatte der Geburtstag eine besondere Bedeutung: Es war schon immer der Tag im Jahr gewesen, an dem sie das Gefühl hatte, nicht ganz alleine zu sein und immerhin ein wenig geliebt zu werden. Zwar erhielt sie nur selten eine Karte von ihrer Mutter, doch an diesen Tagen gab sich immerhin ihr Vater ein bisschen Mühe, ihr einen einigermaßen schönen Tag zu bescheren, auch wenn sonst ihr Verhältnis nicht das beste war. Und auch in Kindergarten oder Schule bekam ein Geburtstagskind besondere Aufmerksamkeit. Vor allem als Kind war dies immer aufregend und spannend gewesen. Warum also dachte Chiaki so über seinen eigenen Geburtstag? Was hatte ihn dazu gebracht, diesen Tag so wenig Interesse entgegen zu bringen? Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm. Maron wartete im Empfangszimmer darauf, aufgerufen zu werden. Dabei schweifte ihr Blick immer wieder zur Uhr. Wenn sie noch in die Innenstadt wollte, um sich nach einem Geschenk umzusehen, ging ihr langsam aber sicher die Zeit aus. Doch schon kurz darauf kam eine Krankenschwester ins Zimmer und fragte nach Maron Kusakabe. Lächelnd sprang sie auf, kam jedoch plötzlich ins Schwanken, was dazu führte, dass die Krankenschwester zu ihr eilte und sie erst einmal stützen musste. "Ist alles okay, Miss Kusakabe?" Besorgnis schwang in ihrer Stimme mit. Tief atmete die Brünette ein und aus, dann war der kurze Anfall auch schon verflogen. "Ja, nur ein kleiner Schwächeanfall..." "Haben sie das in letzter Zeit des Öfteren? Die Frau Doktor wird sich das sofort ansehen." Nach ungefähr dreißig Minuten konnte Maron das Untersuchungszimmer wieder verlassen. Nachdem die Ärztin von ihrem Schwächanfall im Wartezimmer erfahren hatte, wollte sie die junge Frau auf Herz und Nieren testen. Bis jetzt konnte die Ärztin nichts Auffälliges bemerken und bat Maron darum, eine Blutprobe entnehmen und ins Labor schicken zu dürfen. In circa einer Woche würde Maron dann die Ergebnisse erhalten. Auch wenn die Brünette nicht daran glaubte, dass sie etwas ergeben würden. Sie fühlte sich zwar in letzter Zeit nicht sonderlich gut, oft ausgelaugt mit hin und wieder auftretender Übelkeit, von den gelegentlichen Schwächeanfällen ganz zu schweigen. Aber so schlimm würde es schon nicht sein. Kaum hatte Maron die Praxis verlassen, konnte sie einen großen Mann mit blauen Haaren auf sie zukommen sehen. Es war Kaiki, Chiakis Vater. "Hallo, Maron, wie geht es dir? Wir haben uns seit dem Bankett nicht mehr gesehen. Und Chiaki kam ja danach auch nicht mehr zurück. Wir haben angenommen, dass er dich doch noch nach Hause gebracht hatte." "Hallo, Herr Nagoya. Ja, er hat mich nach Hause gebracht. Er hat mir dann nur noch gesagt, dass er sich sehr müde fühle und danach muss er wohl in seine Wohnung gegangen sein." Wie sehr sie diese Lügerei doch satt war... "Lassen wir doch diese Förmlichkeiten, du weißt doch, dass du mich duzen kannst." Bei diesen Worten lächelte der Ältere. Ein Lächeln, das die junge Frau gerne erwiderte. Chiakis Vater war einfach ein sehr netter Mann. Schon des Öfteren hatte Maron darüber nachgedacht, wie er und Chiakis Mutter wohl reagieren würden, wenn sie herausfänden, was sich zwischen ihrem Sohn und der Brünetten entwickelt hatte. Würde sie Verständnis zeigen und sich vielleicht für ihren Sohn freuen? Oder würden sie sie dafür hassen, dass sie Miyako quasi hintergangen hatte? Daran wollte Maron erst garnicht denken. "Entschuldige mich bitte, Kaiki, aber ich muss jetzt wirklich los. Bis bald!" "Das hoffe ich, Maron." Maron war auf dem Rückweg zu ihrer Arbeitsstelle. Leider hatte der Termin doch länger gedauert als erwartet und so hatte sie leider keine Zeit mehr gehabt in die Stadt zu gehen, um einige Läden zu durchstöbern. Sie lief gerade an einer kleinen Bar vorbei, als sie in Gedanken versunken direkt in eine Person hineinlief. Bevor sie auf dem harten Boden aufkommen konnte, wurde sie allerdings in die Arme des vermeintlich Fremden gezogen. Ein schüchterner Blick nach oben genügte, um Chiaki in diesem zu erkennen. Erleichtert atmete sie aus, rappelte sich auf und löste sich von ihrem Geliebten, auch wenn sie es wohl genossen hätte, noch ein wenig in seinen Armen liegen zu können. Als sie sich aber wieder aufrecht hinstellen wollte, sackte sie kurz wieder etwas zusammen, woraufhin Chiaki sie bestimmt am Arm packte, um sie aufzufangen. "Ist alles okay mit dir, Maron?" Die Besorgnis in seiner Stimme war nicht zu überhören. "Was? Oh...ja alles okay. Der Kreislauf macht mir heute nur etwas zu schaffen. Nichts, um das du dir Sorgen machen müsstest." Ein kleines Lächeln sollte ihre Worte noch bekräftigen. Chiaki musste nicht unbedingt wissen, dass sie sich schon des Längeren mit diesem Problem herumplagte. Er würde sich nur unnötig Sorgen machen. Immerhin hatte doch jeder mal Probleme mit dem Kreislauf, nicht wahr? "Bist du dir da wirklich sicher?" "Ja." Da war es wieder. Dieses Lächeln, das ihn so sehr in seinen Bann nahm, dass er einfach nichts mehr sagen konnte. "Aber ich will dich auch nicht länger aufhalten. Ich muss wieder auf die Arbeit zurück." "Ich bin eigentlich gleich mit einem guten Freund verabredet...und du bist dir sicher, dass du das alleine schaffst?" "Jetzt mach dir mal nicht ins Hemd. Ich bin ein großes Mädchen, ich pack das schon." Am liebsten hätte sie ihm zur Besänftigung einen Kuss auf die Lippen gedrückt, aber sie befanden sich auf einer öffentlichen Straße und das war, leider, noch immer zu riskant. Also streichelte sie ihm nur über den Arm, bevor sie ihm noch einmal zuzwinkerte und sich dann wieder auf den Weg in Richtung Praxis machte. Seufzend sah er ihr nach, dann öffnete er die Tür der Bar und trat ein. "Chiaki, altes Haus, da bist du ja endlich!" Freudig wurde er mit einem Handschlag von einem jungen Mann begrüßt. Er hatte lange, lilafarbene Haare und fast goldfarbene Augen. Chiaki nahm schon seit Längerem an, dass es sich um Kontaktlinsen handelte und, dass er sich die Haare färbte. Aber das war auch nicht gerade ein Thema, über das sich zwei Männer unterhielten. Gekleidet war sein Gegenüber komplett in schwarz. "Access, Kumpel, schön dich mal wieder zu sehen!" Access und Chiaki waren bereits seit der Schulzeit gute Freunde. Während des Studiums des Blauhaarigen hatten sie sich aber leider etwas aus den Augen verloren. Während Chiaki für sein Medizinstudium nach Tokio gezogen war, war Access nie der Typ für sowas gewesen. Bereits während der Schulzeit war er eher mehr der Rebell. Nach dem Schulabschluss hatte er zwar eine Ausbildung angefangen, diese aber wieder abgebrochen, um eine Bar in Momokuri zu eröffnen, die er zusammen mit seiner Freundin Fin betrieb. Und die Bar lief wirklich gut, war vor allem bei der jüngeren Generation äußerst beliebt. "Chiaki, ich hatte garnicht gewusst, dass du heute vorbeikommen wolltest", wurde er von der Seite angesprochen. "Dann hat dir Access wohl mal wieder was verschwiegen. Aber ich freue mich auch, dich zu sehen, Fin." Fin hatte einen kurzen, grünen Bob. Genau wie Access zierten ihre Arme große Tattoos. Sie war schlank und auch wenn sie vielleicht nicht jedermanns Typ war, so war sie doch ausgesprochen hübsch. Ihre Klamotten waren zwar auch komplett schwarz, mit ihren Reizen geizte sie allerdings nicht. Nachdem Fin den beiden Männern jeweils ein Bier gezapft hatte, setzten sich diese an einen Tisch in einer Ecke, in der sie sich ungestört unterhalten konnten. Immerhin hatten sie sich schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gesehen. Nachdem die zwei Freunde über alle möglichen Themen gequatscht hatten, kam der Lilahaarige auf etwas zu sprechen, das ihm schon die ganze Zeit auf der Zunge lag. "Sag mal, wie läuft es zwischen dir und Miyako denn so?" Bei dieser Frage fuhr sich Chiaki mit beiden Händen über sein Gesicht. "Frag bloß nicht. Im Moment ist einfach alles so schrecklich kompliziert!" "Und ich wette, das hat bestimmt was mit der Kleinen eben vor der Tür zu tun." Geschockt schaute der Blauhaarige seinen Kumpel an. "Woher...?" "Ach komm, tu doch nicht so. Ich hab euch beide beobachtet und alleine die Art, wie du sie ansiehst spricht ja schon Bände! Und ganz nebenbei...ich hab dir schon die ganze Zeit gesagt , dass du Miyako abschießen solltest. Das mit euch beiden war ja schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt, wenn du mich fragst. Und komm mir jetzt nicht wieder mit diesem 'Aber-du-weißt-doch-was-zwischen-uns-vorgefallen-ist-Quark', okay?!" Chiaki seufzte wieder auf. Access und Miyako konnten sich noch nie ausstehen. Miyako fand Access zu rebellisch und egoistisch und Access fand sie dementsprechend prüde, bieder und konservativ. Vermutlich war es besser, dieses Thema wie immer einfach unkommentiert zu lassen. Also ergriff Access wieder das Wort: "Also, zurück zum Thema: treibst du es mit der Kleinen?" "Access, du..." "Ja oder nein?" Chiaki bemerkte, dass er Access nichts vormachen konnte, doch er wusste auch, dass er ihm wirklich vertrauen konnte, also kam er wohl nicht drum herum, die Wahrheit wortwörtlich auf den Tisch zu legen. "...Ja! Ja...aber so einfach ist das nicht. Da ist noch so viel mehr im Spiel und ich...ich...diese Frau ist einfach nur der pure Wahnsinn!" "Herrje Chiaki, du musst ja echt verschossen sein in diese...wie war gleich ihr Name?" "Maron. Da gibt es nur ein Problem....als sie nicht mehr mit der Situation klar kam, wollte sie mich verlassen, also habe ich...habe ich ihr gesagt, dass ich mich von Miyako trennen werde, um mit ihr zusammen zu sein." Access stieß laut Luft aus. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. "Und lass mich raten: du beginnst zu zweifeln, ob du Miyako wirklich verlassen kannst nach allem, was zwischen euch vorgefallen ist?" "..." "Herrgott, das ist doch schon zwei Jahre her! Mein Rat als Freund: tu einmal das, was dich wirklich glücklich macht!" Verständnisvoll fügte er noch hinzu: "Und ich habe das Gefühl, dass diese Frau dein persönlicher Schlüssel zum Glück ist..." "Und das hat er wirklich gesagt, Maron?" "Ja wirklich!" Maron telefonierte schon seit geschlagenen zwei Stunden mit Rinako, einer Freundin, die sie bereits aus dem Studium kannte und mit der sie seitdem in engem Kontakt stand. Und jetzt, da sich Chiaki für sie, Maron, entschieden hatte, war es wohl an der Zeit, die ganze Geschichte zu beichten. Immerhin war Rinako an dem Abend mit in der Bar gewesen, als Maron Chiaki traf. "Mein Gott, dich hat es ja richtig erwischt! Ich freue mich für dich, aber lass mich dir noch einen Rat geben: Sei bitte vorsichtig! Du weißt doch, wie Männer sind und ich will nicht, dass du verletzt wirst..." "Ich weiß Rinako, aber...aber ich habe das Gefühl, dass ich ihm wirklich vertrauen kann." "Das hoffe ich für ihn! Du kannst ihm ausrichten, dass ich persönlich vorbei kommen werde, um ihm den Hintern zu versohlen, wenn er dir wehtun sollte!" Maron musste bei dieser Bemerkung herzhaft auflachen. Rinako war schon immer sehr direkt gewesen, doch die Brünette konnte sich jederzeit auf ihre Freundin verlassen. "Und was machen die Vorbereitungen für seinen Geburtstag? In deiner SMS klangst du ja ziemlich verzweifelt." "Frag bloß nicht! Morgen ist es soweit und ich habe noch immer keinen genauen Plan. Ich dachte, dass ich uns etwas koche und wir uns dann einen schönen Abend machen könnten, aber ich hatte gehofft, ihm noch etwas Besonderes schenken zu können." "Zum Beispiel?" "Ach, keine Ahnung. Das ist doch echt zum Verücktwerden!" "Tut mir leid, Maron, aber da kann ich dir nun wirklich nicht weiterhelfen. Dann musst du ihn halt verführen." "Aber das mach ich doch ständig." Geschockt schlug sich Maron die Hand vor den Mund und lief prompt rot an. Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Vermutlich schon, denn sie konnte Rinako am anderen Ende der Leitung laut auflachen hören. "Maron, Maron, Maron, du hast es ja faustdick hinter den Ohren! Lässt jahrelang keinen Kerl an dein Heiligstes und jetzt kannst du anscheinend nicht genug bekommen. Dein Auserwählter muss ja echt eine Granate im Bett sein." "Rinako!", rief Maron empört aus, was aber nur dazu führte, dass diese noch lauter auflachte. "Schon gut, schon gut. Ich wollte nur mal nachhaken." In diesem Moment begann Marons Telefon in kurzen Abständen zu piepsen, was der 24-jährigen symbolisieren sollte, dass noch eine andere Person versuchte, sie zu erreichen. "Du, Rinako, ich unterbreche dich wirklich ungern, aber ich glaube, ich habe da noch einen anderen Anruf in der Leitung. Ich ruf dich wieder an, ciao!" Dann beendete sie die Unterhaltung und nahm den anderen Anruf an. "Hallo, Maron Kusakabe hier." "Guten Tag, Frau Kusakabe, hier spricht Fumiko Aino von der Praxis von Frau Akima, ich wollte sie darüber informieren, dass ihre Blutergebnisse bei uns eingetroffen sind." "Oh okay, gab es etwas Auffälliges?" "Ich müsste Sie bitten, nochmal ins Krankenhaus zu kommen." Chiaki lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück. Wie gut diese Stille doch tat! Den ganzen Tag schon kamen alle möglichen Kollegen zu ihm, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Das war sicher auf dem Mist seines Vaters gewachsen, dabei müsste dieser doch am besten wissen, warum er diesen Tag nicht feiern möchte. Verband er mit diesem seit zwei Jahren einfach zu schlechte Erinnerungen. Auf einmal hörte er, wie sein Handy anfing zu klingeln. Ein kurzer Blick auf den Display ließ ihn erstarren. Nur zögerlich drückte er auf den grünen Hörer. "He-Hey, Miyako...was gibt es denn?" Mit zitternden Händen besah sich Maron noch einmal Chiakis Geburtstagsgeschenk und legte dieses dann behutsam in eine kleine hölzerne Schachtel. Das war doch wirklich nicht zu fassen. Gestern mittag war sie noch total verzweifelt gewesen, weil sie nicht wusste, wie sie ihn überraschen konnte und jetzt? Jetzt saß sie hier und zitterte, weil sie nicht wusste, wie er reagieren würde. Vielleicht lag es aber auch daran, dass es dabei um so viel mehr ging, als nur ein simples Geschenk. Dann stand sie von dem Stuhl auf und sah sich um. Sie befand sich in Chiakis Wohnung. Das Licht war gedämmt, überall brannten Kerzen und in der Mitte des Zimmers stand ein Tisch, auf dem Maron das selbstgekochte Abendessen bereits liebevoll angerichtet hatte. Anschließend warf sie noch einmal einen Blick in den Spiegel. Sie hatte sich extra schick gemacht. Ein eng anliegendes, schwarzes Etuikleid, dazu schlichte, ebenfalls schwarze Pumps und ein paar dezente Perlohrringe. Die braunen Locken fielen ihr leicht um die Schultern. Was sie darunter trug, würde Chiaki noch früh genug erfahren. Bei diesem Gedanken umspielte ein kokettes Lächeln ihre dezent geschminkten Lippen. Dann hörte sie auch schon, wie ein Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde. Als Chiaki die Tür seines Appartments öffnete, weiteten sich prompt seine Augen: Die ganze Wohnung war in warmes Licht gehüllt, überall standen Kerzen und auf dem Tisch ein köstlich duftendes Abendessen. Er wusste sofort, wer sich diese Mühe gemacht hatte. Und das ausgerechnet für ihn. Im nächsten Moment trat bereits Maron in den Raum. Sie sah einfach atemberaubend aus. Elegant und doch so sexy. In ihren Händen hielt sie eine geheimnisvolle Schachtel. Der Blauhaarige konnte nicht genau sagen, woher dieses Gefühl kam, doch irgendwie wirkte seine Geliebte sehr nervös auf ihn. Dennoch kam sie lächelnd auf ihn zu, legte ihre Hände um seinen Nacken und legte ihre Lippen sanft auf die seinen. Mit leichtem Zögern erwiderte der nun 26-jährige den Kuss und versuchte, sich einfach fallen zu lassen. Er legte so viel Wärme und Leidenschaft in diesen Kuss, als wäre es ihr letzter. Erkundete ihren Mund als wäre es das letzte Mal, dass er dieses Gefühl genießen durfte. Doch schon im nächsten Moment überkam ihn das schlechte Gefühl, das ihn schon den ganzen Tag verfolgte. Er löste den Kuss, wagte es jedoch nicht, Maron in die Augen zu sehen. Dadurch verunsichert legte Maron ihre Hände auf seine Wangen und versuchte, seinen Blick einzufangen, doch er wich ihr immer wieder aus. Was war nur los? "Es gefällt dir nicht." Es war keine Frage, es war mehr eine traurige Feststellung. "Doch Maron, das...das ist es nicht!" "Und was ist es dann?" Sie hatte Mühe, ruhig zu bleiben, doch sie hatte die Hoffnung, dass sie den plötzlichen Stimmungsumschwung ihres Geliebten auf diese Weise aufklären konnte. "Das kann ich dir nicht sagen, Maron." Langsam wurde die Brünette ungeduldig. Warum konnte er nicht einfach mit der Sprache rausrücken? "Warum nicht, Chiaki? Rede mit mir!" Sie wurde lauter. "Weil du mich hassen würdest!" Damit herrschte erst einmal eine unangenehme Stille. So verletzt hatte die 24-jährige Chiaki noch nie erlebt. Er war unendlich aufgebracht und sie traute sich nicht, etwas zu sagen. Hatte vielleicht sogar Angst, die Wahrheit zu erfahren. Zu ihrer Überraschung war es aber Chiaki, der das Wort ergriff. Er hatte sich an die Balkontür gestellt und schaute hinaus in die Nacht. "Miyako hat mich angerufen." "Und hast du..." "Ich...ich konnte nicht, Maron." Marons Herz setzte bei diesen Worten kurz aus. Immer deutlicher konnte sie spüren, wie sich die Angst in ihrem Inneren ausbreitete. "Und warum nicht?" Ihre Stimme zitterte, Tränen versuchten sich einen Weg nach oben zu bahnen. Auch wenn sie noch nicht wusste, was los war, so hatte sie dennoch ein schlechtes Gefühl. Es fühlte sich für sie wie eine Ewigkeit an, in der sie darauf wartete, dass Chiaki eine Antwort gab. "Maron...kannst du dich noch an den Abend im Club erinnern? Du hattest zu viel getrunken und als ich dich dann hierher gebracht habe, hast du mich gefragt, was zwischen Miyako und mir vorgefallen ist. Ich glaube du hast verdient, die Wahrheit zu erfahren." "..." "Weißt du...das ganze ist genau heute vor 2 Jahren passiert... Miyako hatte früher Feierabend gemacht, um mich an meinem Geburtstag zu überraschen. Ich hatte erst in ein paar Stunden mit ihr gerechnet, also...also habe ich mich mit einer anderen Frau verabredet. Wir hatten uns zu diesem Zeitpunkt bereits seit ein paar Wochen immer wieder regelmäßig heimlich getroffen, aber ich hatte keinerlei Gefühle für sie und an diesem Abend...habe ich wieder mit ihr geschlafen...", während Chiaki erzählte, machte er immer wieder kleine Pausen, um tief durchzuatmen. Es war eindeutig, dass es ihm schwerfiel, Maron alles zu erzählen. Doch nun gab es kein Zurück mehr, er hatte eine Entscheidung getroffen. "Als Miyako nach Hause kam, hat sie uns natürlich erwischt. Du...du hättest ihr Gesicht sehen sollen. Als würde die Welt für sie zusammenbrechen! Ich habe versucht, ihr zu erklären, wie leid mir alles tut, dass ich sie lieben würde und, dass mir an dieser Frau nichts liege. Sie hat einfach nur geweint, geschrieen und dann...dann hat sie auch noch gedroht, sich etwas anzutun. Und dann ist sie einfach weggerannt und draußen auf der Straße...ist sie vor ein Auto gelaufen." Ohne es bemerkt zu haben, liefen Maron einzelne stumme Tränen über das Gesicht. Auch wenn Chiaki vermutlich so viele Details ausließ, konnte sie doch genau mitempfinden, wie er sich gefühlt haben musste...wie er sich auch in diesem Moment fühlte. Auf einmal fühlte auch sie sich so unendlich schuldig. "Ich habe im Krankenhaus jeden Tag an ihrem Bett gesessen und als sie dann wieder aufgewacht ist, haben wir lange gesprochen und dann...dann hat sie mir gestanden, dass sie das Auto hat kommen sehen und dennoch...dennoch ist sie weiter gerannt... Weißt du, ich musste ihr versprechen, dass ich für immer bei ihr bleiben würde. Ich konnte ihr einfach nicht beichten, dass ich eigentlich vorhatte, sie zu verlassen..." Seine letzten Worte waren fast nur ein Flüstern, dann sah er Maron direkt an. Doch diesmal war sie es, die den Blick abwendete. "Ich...Ich bin ein schrecklicher Mensch." "Nein, Maron, das darfst du nicht denken! Dich trifft keine Schuld! Verstehst du denn nicht, warum ich so sehr bei mir haben wollte? Miyako kann mich niemals so glücklich machen wie du es kannst, aber ich habe das Gefühl, ihr etwas schuldig zu sein. Angst, dass sie ihre Drohung von damals wahr macht. Ich schaffe es einfach nicht, sie zu verlassen." Er ließ seiner Verzweiflung einfach freien Lauf, hatte seine letzten Worte fast hinausgeschrieen. "Du...du hast gesagt, dass du mich lieben würdest." "Das tue ich, Maron und daran...wird sich auch nie etwas ändern." Er trat auf sie zu, nahm ihr Gesicht in seine Hände und flüsterte mit tränenerstickter Stimme: "Ich werde dich immer lieben." Maron entfuhr ein lautes Schluchzen. Sie fühlte sich traurig, verraten und doch im nächsten Moment so wütend, dass sie seine Hände einfach wegschlug. "Fass mich nicht an!" Chiaki schwieg, richtete seinen Blick nach unten. Er verstand Maron, hatte mit dieser Reaktion gerechnet. Stumm lief ihm eine einzelne Träne über die Wange. Nur weil er so feige war, würde er die wichtigste Person in seinem Leben verlieren. Die Frau, die er als einzige jemals innig und aufrichtig geliebt hatte. Maron hatte einfach etwas besseres als ihn verdient... "Ist es nun also vorbei?" Maron gab sich alle Mühe, stark zu sein, doch am Liebsten wäre sie sofort auf den Boden gesunken und hätte ihren Tränen freien Lauf gelassen. "Das...das ist noch nicht alles...", Was sollte denn noch alles kommen? Genügte es ihm denn nicht, dass er ihr gerade das Herz aus der Brust gerissen hatte? Wollte er, dass sie noch mehr leiden musste? ,"Miyako...sie wollte mich überraschen und hat...sie hat unsere Hochzeit nach vorne verschoben...Sie hat heute bereits die Einladungen verschickt." Eine weitere Träne. Das gab der verzweifelten Brünette den Rest. Laut schluchzend drehte sie sich um und rannte aus der Wohnung. Weg von dem Mann, der ihr das Herz zerrissen hatte. Die Schachtel hielt sie dabei fest umklammert. Alleine zurück blieb Chiaki, der nun auch seine eigenen Tränen nicht mehr vollends zurückhalten konnte. In ihrer Wohnung ließ sich Maron verzweifelt an einer der Wände hinabgleiten. Die Hände fest auf ihr Gesicht gepresst. In ihrer Brust machte sich ein stechender Schmerz breit, der sich anfühlte, als würde ein Dolch in dieser stecken. In der Dunkelheit fühlte sie sich so furchtbar einsam. Noch immer zitternd griff die 24-jährige nach dem Telefon und wählte eine Nummer. Nach kurzem Klingeln wurde auch schon abgehoben. "Hallo, Rinako hier." "Rinako...hier ist Maron." In diesem Moment konnte und wollte sie einfach nicht verbergen, wie sie sich fühlte. "Oh mein Gott, Maron, was ist passiert?" "Er...er hat mich verlassen." Die Tränen wollten nicht stoppen, also entkam ihr bei diesen Worten erneut lautes Schluchzen. "Maron...das tut mir ja so leid. Ich hatte dich doch noch gewarnt! Aber weißt du was? Wenn er nicht zu schätzen weiß, was er an dir hat, dann hat er dich auch nicht verdient." "Aber..." "Aber was, Maron?" Die Brünette griff nach der Schachtel, die neben ihr auf dem Boden lag. Sie öffnete diese und nahm behutsam das Ultraschallbild aus dieser heraus. Und dann brachte sie die Worte heraus, die ab nun alles verändern würden: "Ich bin schwanger." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)