The Demonic Liar von abgemeldet (The Golden Goblet) ================================================================================ Kapitel 1: Episode 1.1 ---------------------- Blut an ihren Händen, Blut an ihren Füßen … Blut in ihrem Gesicht. Eisige Kälte ließ sie schaudern und eine fast schmerzhafte Gänsehaut breitete sich auf ihrem ganzen Körper aus. Das erste, was ihr auffiel, als sie ihre Lider aufschlug, welche Magneten glichen, war die tiefe Dunkelheit – und nicht nur die um sie herum, sondern auch die in ihrem Kopf. Und da war noch mehr Blut auf ihrem Kleid. Im Dunkeln wirkten sie wie rostbraune Flecken. Was war geschehen? Wie war sie hier gelandet? Der Geruch von Moos, Erde und Nässe stieg ihr in die Nase. Zudem roch es ein wenig verbrannt. Nun, zumindest wusste sie, dass sie sich in einem Waldstück aufhielt. Blieb nur noch die Frage, was sie hier zu suchen hatte – zusammen mit all dem Blut. Sie hatte doch niemanden umgebracht, … oder etwa doch? Erschrocken fuhr ihr Kopf in alle Richtungen und ihre Augen suchten verzweifelt ihre unmittelbare Umgebung ab. Doch sie war alleine, wie sie feststellen musste. Zum einen beruhigte sie das natürlich ungemein, aber zum anderen schockierte sie diese Einsamkeit; wie messerscharfe und eiskalte Klauen umklammerte die Unwissenheit und das Alleinsein sie. Nein, dieses Gefühl war mehr wie eine Woge, welche sie unter sich begrub. Dunkles, kaltes Wasser drang in ihren Mund, in ihre Kehle und versuchte sie zu ertränken. Sie ertrank an Gefühlen! Sie musste von hier verschwinden, und zwar sofort! Und wo zur Hölle kam all das Blut her? Ihre zittrigen Hände begannen vorsichtig, ihren ganzen Körper abzutasten. Blut bedeutete immer eine offene Wunde und um sich selbst ruhig zu stellen, musste sie diese verdammte Wunde finden. Aber da war nichts. Keine Kratzer, keine Schnitte, keine fehlenden Körperteile. Bis ihre Finger über etwas an ihrem Hals entlangglitten. Dabei handelte es sich jedoch um keine Wunde, dafür aber um einen Gegenstand. Eine feine Schnur, die ihren gesamten Hals umgab. Und vorne befand sich etwas Hartes. Ein kleiner Anhänger? Eine Kette! Aufgeregt umschloss sie mit ihrer Hand den Kettenanhänger und atmete tief ein und aus. Ihr Herz raste, stoppte dann wieder und vollführte mehrere waghalsige Sprünge gegen ihren Brustkorb. Das war es! Diese Kette war der Schlüssel zu allem, das spürte sie – nein, das wusste sie ganz genau! Automatisch erhob sich ihr erschöpfter Körper, wobei sie einen dumpfen Schmerz im Knöchel spürte. Doch das war jetzt nicht wichtig. Sie musste von hier fort, irgendwohin, wo man ihr erklären konnte, was los war. Sie wusste nicht einmal, wer sie eigentlich war. Unter anderen Umständen hätte sie vielleicht angefangen, zu weinen, aber die Tränen kamen nicht, denn ihr Körper wusste, wohin sie musste. Ihre schmerzenden Füße trugen sie durch den Wald, ohne, dass sie sich Gedanken über den Weg machen musste. Sie trug keine Schuhe, weshalb sie jede kleinste Erhebung im Erdboden spürte. Jeden Grashalm und jeder Zweig, der sich erbarmungslos in ihre Fußsohle grub. Es schien, als ob der Wald sie dazu aufforderte, augenblicklich zu verschwinden. Als ob er etwas gesehen hatte, was er überhaupt nicht hatte sehen wollen… Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis sie endlich die Innenstadt erreicht hatte. Woher sie den Weg so genau gewusst hatte, wusste sie nicht. Vielleicht befanden sich all diese Dinge in ihrem Unterbewusstsein, in dem ein undurchdringlicher Nebel herrschte. Bewusst kam sie an diese Informationen jedenfalls nicht, was das Ganze auch nicht gerade leichter machte. Und zu ihrem Pech versagte ihre geheime Informationsquelle genau da, wo sie sie am meisten brauchte. In ihren Augen war es ein Ding der Unmöglichkeit, sich in dieser anscheinend ziemlich großen Stadt zurecht zu finden. Auch wenn jemand so nett sein und ihr helfen würde, käme sie kein Stück weiter, wo sie doch selbst nicht wusste, was das alles auf sich hatte. Verzweifelt vergrub sie ihre von Blut und Erde verschmierte Hand in ihrem Haar. Es konnte sich hierbei genauso gut um einen äußerst schlimmen Albtraum handeln. Sie musste nur die Augen zusammenkneifen und hoffen, was sie auf der Stelle tat … bis ein ohrenbetäubendes Quietschen wie von Bremsen sie aus ihrem Hoffen und Flehen riss. Sie stand am Anfang einer schmalen, dunklen Einfahrt, in der zwei helle Scheinwerfer wie die Augen eines Monstrums aufleuchteten. Und genau dieses Augenpaar kam geradewegs auf sie zu. Dieses Monster wollte sie mit Haut und Haaren verschlingen! Sie würde in einem dunklen Schlund vor sich her krepieren … als sie plötzlich kräftige Arme zur Seite stießen, weg von der Gefahr und in die rettende Sicherheit. Ein Schrei stieg langsam in ihr hoch, durchbrach aber dennoch nicht die Oberfläche. Der Schrei blieb hinter Schloss und Riegel und ihre Lippen öffneten sich keinen Spalt. Abermals durchfuhr ein glühender Schmerz ihren Knöchel und mit den Knien voran landete sie auf dem steinharten Asphalt. Wenn keine Blockade in ihr geherrscht hätte, so wäre nun der richtige Zeitpunkt für ein paar ausgemachte Flüche gewesen. Warum sie aber keinen Zugriff auf ihre Stimme hatte, blieb vorerst ein ungelöstes Rätsel, denn ihre Aufmerksamkeit wurde wieder auf etwas anderes gerichtet: Ihren Retter! Der ragte wie eine Art Schatten bedrohlich über ihr auf. Sie vernahm noch ein aufgebrachtes „Verdammt! Pass' das nächste Mal besser auf, Mädchen!“ des rücksichtslosen Autofahrers, ehe sie begann, nach dem Gesicht des Fremden zu suchen. Saphirgrüne Augen. Ihr Herz pumpte eifrig, damit ihr Körper optimal durchblutet wurde. Sie brauchte keine Angst vor ihm zu haben. Er war ihr genauso vertraut wie die Kette um ihren Hals. Wahrscheinlich kannte sie ihren Retter sogar besser als sich selbst. Erwartungsvoll streckte sie ihre Arme nach ihm aus und versuchte, ihn zu greifen zu bekommen, als er ihr plötzlich auswich. Sie hätte schwören können, dass sich eben noch ein Lächeln auf seinem Gesicht befunden hatte, aber das war nun fort, genauso wie das vertraute Funkeln in seinen grünen Augen. Dass er ihr einfach ausgewichen war, traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Hatte ihr Gefühl sie getäuscht? War dieser Mann einfach nur nett gewesen, indem er sie vor einem schrecklichen Autounfall bewahrt hatte? „Du kannst dich an nichts mehr erinnern, nicht wahr?“, erklang seine tiefe Stimme. Jedes Wort und jeder Ton drang wie Nadelspitzen in ihren Körper. Sie kannte diese Stimme und auch ihr Körper schlug darauf an! Doch anstatt zu antworten, blickte sie ihn nur stumm an. Ihre Miene wirkte … nun ja, ratlos. Was hätte sie darauf antworten sollen? Er wusste es anscheinend selbst. Müde und geschafft senkte sie ihren Kopf und blickte auf ihr verschmutztes Kleid. Sie wollte sich erinnern und ihm sagen, dass etwas nicht mit ihr stimmte, aber es funktionierte nicht. Es war, als ob ihr Körper ein eigenes Leben hatte und nicht mehr auf die Befehle ihres Verstandes und Gehirnes reagierte. Nichtsdestotrotz brachte sie noch ein lasches Kopfschütteln zustande, bevor sie ihm wieder in die Augen blickte. Er schüttelte nur mit dem Kopf und raufte sich die Haare. „Ist in Ordnung. Steh' auf, ich nehme dich mit zu mir. Aber solange du dich nicht an mich erinnerst, werde ich dich nicht anfassen. Und du mich nicht, verstanden?“ Leuchtete in seinen Augen so etwas wie Schmerz auf? Hatte sie ihn vielleicht verletzt? Nein, das konnte nicht sein. Sie brauchte ihn doch. Niemals hätte sie ihm wehtun können. Also musste sie sich wieder erinnern und versuchen, das gutzumachen, was sie verbrochen hatte. Ihm zuliebe und weil diese Dunkelheit in ihrem Kopf an ihren Kräften zerrte. Nickend kämpfte sich die junge Frau auf die Beine und folgte dem jungen Mann humpelnd die Straße entlang, bevor eine dunkle Limousine vor ihnen anhielt und sie so in diese einsteigen konnte. Das dunkle Auto rauschte von dannen und ließ die nächtliche Innenstadt hinter sich. All die blinkenden Werbebanner verloren an Wirkung und die Menschen waren nur noch zur Dekoration dar – wie Fische in einem Aquarium. Diese Nacht war das Ende eines schrecklichen Erlebnisses und der Beginn einer dunklen Geschichte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)